Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.11.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe des Streitwertes für eine Untätigkeitsklage. Mit Schreiben vom 30.11.1999 hatte der Kläger der Beklagten mitgeteilt, dass die Berechnung des Individualbudgets fehlerhaft sei, weil die bereits gekürzten Laboruntersuchungen nicht berücksichtigt worden seien. Gegen die Abrechung III/1999 hat er sodann Widerspruch eingelegt (Schreiben vom 08.02.2000) und u.a. nochmals auf den Inhalt seines Schreibens vom 30.11.1999 verwiesen. Der Verwaltungsrat der KV Nordrhein – Bezirksstelle Aachen – half dem Widerspruch nicht ab. Mit Schreiben vom 02.01.2001 begründete der Kläger seinen Widerspruch ausführlich und verwies nochmals darauf, dass das Individualbudget nicht korrekt berechnet worden sei. Mit Bescheid vom 16.05.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Bescheidgründe verhalten sich nur zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Individualbudget infolge eines Ausnahmetatbestandes erhöht werden kann. Im hiergegen gerichteten Widerspruch (23.05.2001) bat der Kläger ausdrücklich darum, auf den von ihm vorgetragenen Sachverhalt einzugehen. Am 13.02.2003 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2003 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Dem Begehren des Klägers habe nicht entsprochen werden können, weil gem. § 7 Abs. 1 HVM der Kostenanteil für Laborleistungen in den Bezugsquartalen bis einschließlich II/1999 in Höhe von 41,4 % für O I/O II und 87,3 % für O III-Leistungen dem Individualbudget nicht unterliege. Die Kostenanteile für Laboratoriumsuntersuchungen würden innerhalb der einzelnen Facharztgruppen nach § 6 HVM vorab vergütet. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Bemessungszeitraums lägen nicht vor. Eine besondere Härte sei nicht ersichtlich. Hierauf hat der Kläger die Untätigkeitsklage für erledigt erklärt.
Zur Streitwertberechnung hat der Kläger darauf verwiesen, dass er eine Erhöhung seines individuellen Punktzahlvolumens ab III/1999 um ca. 50.000 Punkte/Quartal begehrt habe. Bei einem Punktwert von 10 Pfennig folge hieraus ein Betrag von 5.000 DM/Quartal. Da es sich um einen Untätigkeitsklage gehandelt habe, sei es gerechtfertigt, den Streitwert auf 10 v.H. des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen. Der Streitwert belaufe sich, weil 17 Quartale betroffen seien, insgesamt auf 4.300 Euro. Es gehe nicht um die Gewährung einer Ausnahmeregelung zwecks Erhöhung des Individualbudgets, sondern nur um die Korrektur eines Rechenfehlers.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das LSG Nordrhein-Westfalen habe im Beschluss vom 24.07.2002 – L 11 B 9/02 KA – festgestellt, dass in einem Antragsverfahren auf Gewährung einer Ausnahmeregelung durch Erhöhung des Individualbudgets ein Zeitraum von acht Quartalen zugrunde zu legen und der so errechnete Wert um einen Kostenanteil von 50 v.H. zu reduzieren sei. Der Streitwert für die Untätigkeitsklage belaufe sich auf 10 v.H. dieses Wertes. Sofern der Kläger die Berechnung der Beklagten beanstande, sei dies in Verfahren zu klären, in denen die jeweiligen Honorarbescheide angegriffen werden. Hinsichtlich des Abrechnungsbescheides für das Quartal III/1999 sei zum Aktenzeichen S 17 KA 218/02 bereits ein Verfahren beim SG anhängig.
Mit Beschluss vom 06.11.2003 hat das SG den Streitwert auf 2.150 Euro festgesetzt. Es ist der Streitwertberechnung des Klägers mit der Maßgabe gefolgt, dass wegen des Praxiskostenanteils ein Abschlag von 50 v.H. vorgenommen werden müsse. Mit weiterem Beschluss vom 12.05.2004 hat das SG der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Die Beklagte greift den Beschluss vom 06.11.2003 mit der Beschwerde an. Das Begehren des Klägers, infolge eines vermeintlichen Rechenfehlers ein höheres Individualbudget zu erreichen, könne nur in solchen Verfahren geklärt werden, in denen die jeweiligen Honorarbescheide überprüft würden. Gehe es hingegen darum, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung vorliegen, handele es sich um einen anderen Streitgegenstand. Insoweit fehle es am Sachbescheidungsinteresse. Eine Kostenübernahme komme nicht in Betracht.
Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 06.11.2003 abzuändern und den Streitwert neu festzusetzen.
Der Kläger sieht den angefochtenen Beschluss als zutreffend an. Streitgegenstand sei eine Neuermittlung des fehlerhaft berechneten Individualbudgets. Neben den jeweils angefochtenen Honorarbescheiden habe daher auch der grundlegend rechtswidrige Bescheid des Quartals III/1999 angefochten werden müssen. Um die Prüfung von Ausnahmetatbeständen gehe es nicht.
II.
Die statthafte und auch im übrigen zulässige Streitwertbeschwerde ist unbegründet.
Nach § 197a SGG in der Fassung des 6. SGG-ÄndG (BGBI. l S. 2144) werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben, wenn – wie hier – weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Streitwert ist gem. § 25 GKG von Amts wegen durch Beschluss festzusetzen. Maßgebend für die Bestimmung des Streitwertes ist § 13 GKG. Dabei ist entscheidend das wirtschaftliche Interesse am Ausgang des Verfahrens, das nach dem Klage- bzw. Beschwerdevorbringen zu bestimmen ist (vgl. nur Senatsbeschluss vom 17.04.2002 – L 10 B 5/02 KA – m.w.N.).
Der Kläger hat sich mit seiner Untätigkeitsklage dagegen gewandt, dass die Beklagte seinen Widerspruch gegen die Ermittlung des maximal zulässigen Punktvolumens gem. § 7 Nr. 1 Abs. 2 HVM nicht binnen der Frist des § 88 Abs. 2 SGG beschieden hat. Hierdurch und unter Berücksichtigung des diesen Antrag begründenden Klagevorbringens hat er das Streitprogramm für das Verfahren S 17 KA 60/03 definiert. Die Bezugnahme auf § 7 HVM belegt, dass es dem Kläger in der Sache um die Festlegung des Individualbudgets dem Grunde nach geht. Das Individualbudget für das Quartal III/99 wird anhand der Kriterien des § 7 HVM in der Fassung vom 30.11.1996, gem. § 12 HVM zum 01.07.1999 rückwirkend in Kraft getreten, bestimmt (Rheinisches Ärzteblatt 6/99 S. 57 ff.). Die Erhöhung des Individualbudgets rechtfertigende Ausnahmetatbestände sind hingegen in § 7a HVM geregelt. Darum ging es dem Kläger in dem der Untätigkeitsklage vorausgehenden Verwaltungsverfahren jedoch nicht. Im Schreiben vom 02.01.2001 hat er dezidiert dargelegt, warum aus seiner Sicht das maximal zulässige Punktzahlvolumen nach § 7 HVM nicht korrekt berechnet worden ist. Im Schreiben vom 19.01.2001 wiederholt er dies und weist ausdrücklich darauf hin, dass er parallel zum Verfahren auf Erhöhung des Individualbudgets eine Überprüfung der maßgebenden Werte für die Ermittlung des Individualbudgets begehrt. Hierzu legt er dar, dass die Kürzungsbeträge nach § 7 HVM erst nach Minderung durch die Kostenquoten Labor eingestellt worden seien und sich deswegen zu seinen Lasten ein falsches Honorarvolumen errechne. Der den Antrag ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16.05.2001 verhält sich zu diesem Vorbringen nicht, legt vielmehr nur dar, dass die Voraussetzungen für einen Ausnahmetatbestand nicht vorliegen. Im hiergegen gerichteten Widerspruch vom 23.05.2001 drängt der Kläger darauf, dass die Beklagte sich mit seinem Vorbringen auch auseinandersetzen möge.
Nach Klageantrag und dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren steht damit fest, dass es dem Kläger jedenfalls in diesem Verfahren nicht um eine Erhöhung des Individualbudgets auf der Grundlage eines Ausnahmetatbestandes (§ 7a HVM) geht, er sich vielmehr allein gegen die Berechnung des Individualbudgets dem Grunde nach wendet (§ 7 HVM).
Soweit der Kläger den Rechtsstreit angesichts des zwischenzeitlich erteilten Widerspruchsbescheides (22.04.2003) für erledigt erklärt hat, ergibt sich nichts anderes. Zutreffend verweist die Beklagte zwar darauf, dass sie sich in diesem Bescheid ablehnend zu den Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes geäußert hat. Erklärt der Kläger den Rechtsstreit in Folge der Erteilung des Widerspruchsbescheides für erledigt, kann hieraus – entgegen der Auffassung der Beklagten – allerdings nicht geschlossen werden, im Rechtsstreit S 17 KA 60/03 gehe es um die Gewährung einer Ausnahmeregelung. Dies folgt schon daraus, daß die Hauptsache durch den Widerspruchsbescheid erledigt worden ist und der Kläger den Rechtsstreit nicht als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fortgeführt hat.
Das Streitprogramm des Verfahrens S 17 KA 60/03 legt überdies nicht die Beklagte, sondern der Kläger fest. Maßgebend ist allein, welches vom Kläger formulierte Begehren der Untätigkeitsklage zugrunde liegt. Diese beschränkt sich – wie dargestellt – darauf, dass der Kläger die Berechnung des Individualbudgets dem Grunde nach moniert. Hierzu allerdings hat sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid (auch) geäußert und im einzelnen dargelegt, warum sie die Berechnung als zutreffend ansieht. In der Sache hat sie damit, zusammengefasst in einem Bescheid, zwei Regelungen im Sinn des § 31 SGB X getroffen.
Soweit die Beklagte einwendet, die Frage, ob und inwieweit die Berechnungsgrundlagen für das Individualbudget fehlerhaft seien, könne nicht Gegenstand eines Verfahrens sein, in dem es um die Erhöhung des Individualbudgets infolge eines Ausnahmetatbestandes gehe, tritt der Senat dem bei (vgl. nur Senatsurteil vom 28.01.2004 – L 10 KA 84/02 -). Darum geht es hier jedoch nicht. Den Inhalt des Verwaltungsverfahren hat allein der Kläger durch seinen "Antrag" vom 30.11.1999, präzisiert durch diverse nachfolgende Schreiben, bestimmt. Durch diesen auf Überprüfung der Berechnungen des Abrechnungsbescheides III/1999 gerichteten Antrag hat er das Verwaltungsverfahren eingeleitet (§ 18 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Jeder Antrag ist, abgesehen von hier ersichtlich nicht vorliegenden Fällen des Rechtsmissbrauchs, innerhalb der Fristen des § 88 SGG zu bescheiden. Auf die Sinnhaftigkeit oder Unsinnigkeit eines Antrags kommt es dabei nicht an. Demgemäss ist es für dieses Verfahren nicht rechtserheblich, ob der Berechnungsfehler in einem eigenständigen Verfahren oder im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung einer Ausnahmeregelung (§ 7a HVM) oder nur durch Anfechtung der Honorarabrechnungen geltend gemacht wird. Das alles betrifft allein die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Vorliegend hingegen kommt es nur darauf an, ob die Beklagte den Antrag des Klägers auf Überprüfung der Abrechnung III/1999 innerhalb der Fristen des § 88 SGG beschieden hat. Das ist nicht der Fall.
Ausgehend von diesen Erwägungen ergibt sich: Entgegen der Auffassung der Beklagten können die im Beschluss des LSG NRW vom 24.07.2002 – L 11 B 9/02 KA – herausgearbeiteten Grundsätze zur Streitwertbestimmung nicht herangezogen werden. Der Beschluss bezieht sich auf den Streitwert in Verfahren auf Gewährung einer Ausnahmeregelung. Das entspricht – wie dargelegt – nicht dem Begehren des Klägers.
Der Streitwert ist vielmehr dergestalt zu bestimmen, dass zunächst nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers für das Quartal III/1999 zu fragen ist. Er hat unwidersprochen und nachvollziehbar dargelegt, dass auf der Grundlage seiner Berechnung das Individualbudgets ab III/1999 je Quartal um ca. 50.000 Punkte erhöht werden müsse; bei einem Punktwert von 10 Pfennig führe dies zu einem Betrag von ca. 5.000 DM/Quartal. Das wirtschaftliche Interesse geht allerdings darüber hinaus. Da der vom Kläger angenommene Berechnungsfehler, anders als ein schlichtes "sich Verrechnen", kontinuierlich alle Folgeabrechnungen erfassen würde, wird es nicht durch das Einzelquartal begrenzt. Da von der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erwarten ist, dass sie den Fehler – so er denn vorläge – von Amts wegen für alle Folgebescheide eliminieren würde, wird das wirtschaftliche Interesse des Klägers nicht nur durch das Quartal III/1999 bestimmt. Andererseits ist naturgemäß nicht absehbar, wie lange sich der behauptete Fehler auswirken würde. Spätestens mit Änderung der Grundlagen für die Berechnung des Individualbudgets würde er entfallen. Dies ist nicht quantifizierbar.
Der Senat bestimmt den Streitwert daher wie folgt: Das wirtschaftliche Interesse des Klägers wird durch den Zeitkorridor Quartal III/1999 (beginnend) und Erteilung des Widerspruchsbescheides 22.04.2003 (endend) bestimmt. Die Untätigkeitsklage war auf eine unverzügliche Bescheiderteilung gerichtet. Zumindest bis zur Bescheiderteilung hat der Kläger sein Begehren aufrecht erhalten und hierdurch sein fortdauerndes wirtschaftliches Interesse zum Ausdruck gebracht. Da der Kläger die Untätigkeitsklage nach Bescheiderteilung nicht umgestellt hat, können nachfolgende Zeiträume nicht berücksichtigt werden. Hieraus folgt, dass das wirtschaftliche Interesse des Klägers durch zwei Faktoren bestimmt wird, nämlich die Dauer des Verwaltungsverfahrens (Quartale III/1999 bis III/2003) und die summierte Höhe der begehrten Honorarauszahlung für diesen Zeitraum. Das sind: 17 Quartale x 5.000 DM = 85.000 DM./. 90 v.H. (Untätigkeitsklage) = 8.500 DM (ca. 4.300 Euro). Abzüglich eines Kostenanteils von 50 v.H. beläuft sich der Streitwert für das Verfahren S 17 KA 60/03 mithin auf 2.150 Euro.
Der angefochtene Beschluss war damit im Ergebnis zu bestätigen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei (§ § 25 Abs. 4 Satz 1 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 21.07.2004
Zuletzt verändert am: 21.07.2004