Die Beschwerde des Sachverständigen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.05.2019 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere in Anbetracht der begehrten Anhebung der Vergütung um 1.156,28 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte Beschwerde des Sachverständigen, über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Vergütung des Beschwerdeführers zu Recht auf 990,68 Euro festgesetzt.
Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den ins Einzelne gehenden Ausführungen des Sozialgerichts, die der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechen, an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen, das sich im Wesentlichen auf eine Verweisung auf das Vorbringen im Festsetzungsverfahren beschränkt, führt zu keiner anderen Bewertung.
1. Das Sozialgericht ist zutreffend von der Honorargruppe M 2 ausgegangen.
Die Frage, ob für die pro Stunde anzusetzende Vergütung des Sachverständigen die Honorargruppe M 2 oder M 3 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG einschlägig ist, bestimmt sich nach Anlage 1 zu § 9 JVEG. Danach fällt eine beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, u.a. zur Minderung Erwerbsfähigkeit und zu Invalidität, unter die Honorargruppe M 2. Der Honorargruppe M 3 werden demgegenüber Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen und zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten zugeordnet. Nach dem Wortlaut dieser Regelungen nimmt der Senat in ständiger Rechtsprechung die Abgrenzung zwischen den Honorargruppen M 2 und M 3 nach dem Schwierigkeitsgrad vor. Nur ein hoher Schwierigkeitsgrad rechtfertigt den Ansatz der Honorargruppe M 3. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein, wohingegen die Honorargruppe M 3 einschlägig ist, wenn schwierige Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostische oder ätiologische Probleme zu klären sind (vgl. zum Ganzen den Beschluss des Senats vom 20.02.2015 – L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 30; ebenso bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.02.2005 – L 4 B 7/04 -, juris Rn. 19).
Nach diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht zutreffend die Honorargruppe M 2 angesetzt. Der Schwerpunkt der Begutachtung durch den Beschwerdeführer lag nach den gestellten Beweisfragen auf der Frage, ob und in welchem Umfang eine stationäre Therapie erforderlich war oder ob eine ambulante Behandlung ausgereicht hätte. Kausalitätsfragen warf der Sachverhalt auch nach den Ausführungen des Sachverständigen insoweit nicht auf. Auf die Ursache der Erkrankungen der Klägerin kam es auch nach den Ausführungen des Beschwerdeführers für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung nicht an. Es ging vielmehr nur um das Ausmaß der Erkrankungen der Klägerin und ihre Behandelbarkeit. Ebenso wenig warf der Sachverhalt schwierige differenzialdiagnostische oder ätiologische Probleme auf. Der Beschwerdeführer hat lediglich die nach Aktenlage gestellten Diagnosen zusammengefasst. Eine Diskussion dahingehend, welche Diagnosen zutreffend sind, hat in dem Gutachten nicht stattgefunden und war nach der Beweisanordnung auch nicht zwingend erforderlich. Letztlich waren die Diagnosen nach den Ausführungen des Beschwerdeführers auch unstreitig. Der Beschwerdeführer musste sich damit gerade nicht mit einer Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben auseinandersetzen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Thüringer LSG, Beschl. V. 13.08.2013 – L 6 SF 266/13 E -, juris Rn. 29). Der Beschwerdeführer hatte damit im Wesentlichen eine reine Zustandsbegutachtung durchzuführen. Diese ging über einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad nicht hinaus. Dass aktenkundige Befunde ausgewertet und ggf. medizinischen Leitlinien geprüft werden müssen, gehört zu den durchschnittlichen Anforderungen, die an medizinische Sachverständige in fast jedem sozialgerichtlichen Gutachten gestellt werden.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers umfasste der Gutachtenauftrag nicht die Frage, wie der Krankenhausaufenthalt zu kodieren und welche DRG anzusetzen war. Hiernach ist der Sachverständige in der Beweisanordnung eindeutig nicht gefragt worden. Dies geschah auch vollkommen zu Recht, denn bei der Anwendung und Auslegung der Kodierrichtlinien handelt es sich um Rechtfragen und nicht um Tatfragen, die allein nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 402, 323 ZPO dem Sachverständigenbeweis unterliegen. Der automatisierte Subsumtionsvorgang des Groupings und damit die Ermittlung der DRG ist einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten ohnehin nicht zugänglich (zum Ganzen BSG, Urt. v. 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R -, juris Rn. 20, 27). Auf das vermeintliche "besondere Spezialwissen" des Sachverständigen zum DRG-System kam es daher nicht an. Der Senat kann dementsprechend auch dahinstehen lassen, ob – abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Senats – die Vergütungsgruppe M 3 anzusetzen ist, wenn ein medizinischer Sachverständiger – fachfremd und unzulässigerweise – ausdrücklich dazu befragt wird, ob die vom Krankenhaus angesetzte DRG korrekt ist.
2. Das Sozialgericht ist auch zu Recht von einem Zeitaufwand von insgesamt 11 Stunden ausgegangen.
a) Gründe, die es rechtfertigen, einen höheren Zeitaufwand für den Arbeitsschritt "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" als die vom Sozialgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats berücksichtigte 1 Stunde für die etwa 100 Seiten umfassenden Verwaltungs-, Gerichts- und Behandlungsakten der Klägerin anzusetzen, sind nicht ersichtlich. Der Senat hat seine in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung in den vom Sozialgericht wiedergegebenen Entscheidungen ausführlich begründet. Hiermit setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, dass und warum ein durchschnittlicher Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung wegen außergewöhnlicher Umstände im konkreten Fall mehr Zeit hätte benötigen sollen. Der relevante medizinische Inhalt der Akten erreicht keinen Umfang, der den Ansatz von 1 Stunden pro 100 Seiten als unangemessen erscheinen ließe. Dies gilt umso mehr, als es, wie bereits ausgeführt, auf Fragen der Kodierung nach der Beweisanordnung nicht ankam.
b) Die Erstellung eines Aktenauszugs und die Zusammenfassung der Krankenakte wird inhaltlich in dem Arbeitsschritt "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" und, was das bloße "zu Papierbringen" anbetrifft, mit dem 4. Arbeitsschritt "Diktat und Korrektur" erfasst. Eine gesonderte Vergütung kommt deshalb insoweit nicht in Betracht.
c) Den Zeitaufwand für die Abfassung der Beurteilung schätzt der Senat ebenso wie das Sozialgericht auf maximal 5 Stunden ein.
Der Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und der näheren Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seiner Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten. Der Zeitaufwand insoweit ist nicht schematisch nach der Seitenzahl des Gutachtens festzusetzen. Maßgeblich ist vielmehr der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall (vgl. zum Ganzen Beschl. des Senats v. 20.02.2015 – L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 29).
Danach erscheint der vom Sozialgericht berücksichtigte, objektiv benötigte Aufwand von 5 Stunden als angemessen. In jedem Fall lässt sich ein höherer Zeitaufwand nicht begründen. Dies gilt umso mehr, als, wie bereits ausgeführt, Fragen der Kodierung nicht Gegenstand der Beweisanordnung waren. Der ohne Zweifel vom Sachverständigen hierauf verwendete, nicht unerhebliche Zeitaufwand ist deshalb von vornherein nicht zu berücksichtigen.
d) Für den Arbeitsschritt "Diktat und Korrektur" hat das Sozialgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats 5 Stunden angesetzt. Einwände hiergegen macht der Beschwerdeführer nicht geltend.
3. Es ergibt sich damit zuzüglich Versandkosten (7,50 Euro) und Umsatzsteuer (158,18 Euro) ein Vergütungsanspruch in Höhe von 990,68 Euro, den das Sozialgericht zutreffend festgesetzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Erstellt am: 26.08.2019
Zuletzt verändert am: 26.08.2019