Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.02.2018 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.383,05 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung der gezahlten Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Der bei der Beklagten Versicherte, F. (im Folgenden: Versicherter) litt seit November 2008 unter Knieproblemen links.
Am 17.02.2011 wurde per MRT eine chronische Synovitis mit Gelenkerguss befundet. Eine (ambulant durchgeführte) Punktion ergab 110 ml seröses Punktat. Anschließend erhielt der Versicherte ein Cortisonpräparat. Wegen "therapieresistenter Synovitis mit Ergussbildung" wurde am 25.02.2011 nochmals (ambulant) eine Punktion durchgeführt und eine arthroskopische Abklärung in die Wege geleitet, die am 03.03.2011 (ebenfalls ambulant) in der Belegabteilung des Krankenhauses der Beklagten (St. T.-Hospital, I.) stattfand.
Danach befand sich der Versicherte weiter in engmaschiger Behandlung seines niedergelassenen Orthopäden, der gleichzeitig Belegarzt des Krankenhauses der Beklagten war. Dabei wurden folgende Befunde/Maßnahmen dokumentiert:
04.03.2011 – Innenminiskushinterhornläsion, Hypertrophie der Synovialis, Hypertrophie des corpus adiposum;
08.03.2011 – erneute Nachschau in der Praxis, status idem;
09.03.2011 – Blutsenkung mit unauffälligem Befund;
13.03.2011 – "Second-Look-Spiegelung";
15.03.2011 – zweimaliger Praxisbesuch mit Beschwerden (konnte nicht auftreten, leicht erhöhte Temperatur), zweimalige Punktion (50 ml bzw. 150 ml leicht trübes Punktat), zweimalige Injektion (jeweils 50 mg Prednisolon), Abstrich;
17.03.2011 – Punktion (180 ml trübes Punktat), Fäden der Arthroskopie wurden gezogen, Verordnung eines oralen Antibiotikums (ClindaHEXAL 900 mg).
Am 18.03.2011 wurde der Versicherte ohne Beschwerdebesserung wieder in der Praxis vorstellig. Das Ergebnis des Abstrichs lag noch nicht vor. Auf vertragsärztliche Verordnung seines niedergelassenen Orthopäden wurde der Versicherte dann zunächst in der Zeit vom 18.03. bis 23.03.2011 stationär in dem Krankenhaus der Beklagten behandelt. Einweisungsdiagnose: Zustand nach Arthroskopie linkes Kniegelenk. Therapie: lokale abschwellende Maßnahmen (ohne Erfolg); Fortsetzung der Antibiotikatherapie; erneute Punktionen (60 ml bzw. 80 ml) mit nachfolgender Besserung der Beschwerden; bei Entlassung noch kein Ergebnis des Abstrichs, vor bzw. bis zur Entlassung kein Keimwachstum nachweisbar.
Nach Wiederauftreten der Beschwerden und Vorlage der Abstrichbefunde (Escherichia coli und Enterokokken) wurde der Versicherte auf Einweisung des niedergelassenen Orthopäden (vom 28.03.2011) in der Zeit vom 29.03. bis 06.04.2011 noch einmal stationär in dem Krankenhaus der Beklagten behandelt. Einweisungsdiagnose: Zustand nach Arthroskopie linkes Kniegelenk, Spülsaugdrainage linkes Kniegelenk. Entlassungsdiagnose: Binnenschädigung des Kniegelenks links; Gelenkerguss Kniegelenk links. Therapie: Gelenkspülung am 30.03.2011 mit Drainage, aseptisch: Kniegelenk 5-810.0h – Hinweise auf eine Entzündung fanden sich dabei nicht; arthroskopische Gelenkrevision am 04.03.2011 mit Resektion einer Plica-Synovialis; Umstellung der Antibiotikagabe auf Ampicillin intravenös
Für die erste stationäre Behandlung rechnete die Beklagte ausgehend von der DRG I76B – andere Erkrankungen des Bindegewebes ohne komplizierende Diagnose, ohne äußerst schwere CC oder septische Arthritis ohne äußerst schwere CC – zunächst unter dem 01.04.2011 einen Betrag i.H.v. 1.442,33 EUR ab, den die Klägerin beglich.
Nach Abschluss der zweiten stationären Behandlung und Fallzusammenführung übersandte die Beklagte unter dem 19.04.2011 eine korrigierte "Schlussrechnung" für beide Behandlungsfälle. Dabei kodierte sie als Hauptdiagnose ICD-10 T81.4 (Infektion nach Eingriff, andernorts nicht klassifiziert) und als Nebendiagnose u.a. ICD-10 M25.46 (Gelenkerguss: Unterschenkel (Fibula, Tibia, Kniegelenk)). Davon ausgehend berechnete sie der Klägerin die Fallpauschale DRG T01C (OR-Prozedur bei infektiösen und parasitären Krankheiten ohne komplexe OR-Prozedur, ohne komplizierende Konstellation, außer bei Zustand nach Organtransplantation, außer bei Sepsis) mit 3.198,95 EUR.
Auch diesen Betrag beglich die Klägerin, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der Abrechnung (Fragen: DRG korrekt? Hauptdiagnose korrekt?) In seinem Gutachten vom 12.12.2011 kam der MDK zu dem Ergebnis, als Hauptdiagnose sei (anstelle ICD-10 T81.4) ICD-10 M25.46 zu kodieren, da sich in dem 90 ml bernsteinfarbenen Exsudat kein Hinweis auf einen Infekt gefunden habe. Die Flüssigkeit sei frei von eitrigen Einschüssen gewesen. Mangels arthroskopischer Hinweise auf eine Infektion sei ICD-10 T81.4 auch nicht als Nebendiagnose zu kodieren gewesen. Im Ergebnis sei der Behandlungsfall über die DRG I24Z (Arthroskopie einschließlich Biopsie oder andere Eingriffe an Kniegelenk, Ellenbogengelenk und Unterarm) mit 2.417,64 EUR abzurechnen.
Unter dem 14.12.2011 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie sich der Auffassung des MDK anschließe. Da der Rechnungsbetrag bereits beglichen worden sei, forderte sie die Klägerin auf, eine Gutschrift sowie eine Neuberechnung zu übermitteln.
Die Beklagte widersprach dem Gutachten des MDK. Der Keimnachweis im Punktat sei bereits im Vorfeld erfolgt. Der Versicherte habe dann vor der zweiten Aufnahme ein Antibiotikum verabreicht bekommen. Diese Therapie sei nach der Aufnahme fortgesetzt worden, wodurch es nicht mehr zu einem Keimnachweis habe kommen können. Dennoch bleibe nach Maßgabe der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) D008b ICD-10 T81.4 als Hauptdiagnose bestehen.
In einem daraufhin von der Klägerin veranlassten zweiten Gutachten kam der MDK (nach Auswertung weiterer Patientenunterlagen am 29.02.2012) zu dem Ergebnis, dass Auslöser für die stationäre Aufnahme des Versicherten der therapieresistente Kniegelenkerguss links bei Zustand nach Arthroskopie gewesen sei. Die Hauptdiagnose werde damit spezifischer mit ICD-10 M25.46 abgebildet. Ein Ressourcenverbrauch im Sinne der DKR werde für die postoperative Infektion belegt. ICD-10 T81.4 sei dann aber lediglich als Nebendiagnose zu kodieren, was sich letztlich auf die Abrechnung des gesamten Behandlungsfalles mit der DRG I24C jedoch nicht auswirke.
Die Beklagte wandte dagegen (nunmehr) ein, dass nach ihrer Auffassung ICD-10 M00.86 (Arthritis und Polyarthritis durch sonstige näher bezeichnete bakterielle Erreger: Unterschenkel (Fibula, Tibia, Kniegelenk)) als Hauptdiagnose zu kodieren sei, weil – auch aus Sicht des MDK – nicht nur ein Gelenkerguss vorgelegen habe, sondern dieser Erguss durch eine postoperative Infektion ausgelöst worden sei. Diese Diagnose beschreibe die Erkrankung am genauesten. ICD-10 T81.4 werde als Nebendiagnose angegeben, woraus sich letztlich die DRG I12C mit einem Relativgewicht von 1,225 ergebe.
In einem dritten Gutachten (vom 09.01.2013) verwies der MDK demgegenüber darauf, dass sich bei der Wiederaufnahme am 29.03.2011 palpatorisch ein großer Gelenkerguss mit 100-150 ml Flüssigkeit gefunden habe, der äußerlich reizfrei gewesen sei. Im Aufnahmelabor sei – bei normwertigen Leukozyten und leicht erhöhtem CRP – eine moderate -Erhöhung der Entzündungszeichen festgestellt worden. Die bereits etablierte Antibiose mit Clindasaar sei bei noch nicht erfolgtem Keimwachstum prophylaktisch bestehen geblieben. Bei einer erneuten Punktion sei die Entnahme von ca. 90 ml bernsteinfarbenem Exsudat erfolgt. Der Abstrich der ersten Punktion sei steril gewesen. Der Versicherte sei wegen des Kniegelenkergusses aufgenommen worden. Wegen der Verdachtsdiagnose Infekt sei die ambulant begonnene Antibiose fortgesetzt worden. Ein Infekt sei zu keinem Zeitpunkt bestätigt worden. Es verbleibe deshalb bei der Hauptdiagnose ICD-10 M25.46 und der Nebendiagnose ICD-10 T81.4.
Die Beklagte übersandte dann weitere Patientenunterlagen, denen entnommen werden konnte, dass im Rahmen der ambulanten Zwischenbehandlung Keime nachweisbar waren.
Der MDK wertete diese Unterlagen aus und kam in einem (vierten) Gutachten vom 27.05.2013 – insoweit der Beklagten folgend – zu dem Ergebnis, dass als Hauptdiagnose ICD-10 M00.86 zu kodieren sei. Den Unterlagen sei zu entnehmen, dass im Aufnahmelabor eine moderate Erhöhung der Entzündungszeichen bestanden habe. Die stationäre Behandlung sei damit durch eine infektiöse Gelenkerkrankung veranlasst worden, die als Hauptdiagnose anzugeben sei, da bereits zum Aufnahmezeitpunkt am 18.03.2011 ein Kniegelenkdefekt vorgelegen habe. Davon ausgehend seien als Nebendiagnosen (anstelle ICD-10 T81.4) ICD-10 Y84.9! (Zwischenfälle durch medizinische Maßnahmen, nicht näher bezeichnet), ICD-10 B96.2! (Escherichia coli (E. coli) und andere Enterobakteriazeen als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind) sowie ICD-10 B95.2! (Streptokokken, Gruppe D, und Enterokokken als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind) zu kodieren. Zusammen mit der Hauptdiagnose werde die zugrundeliegende Erkrankung damit umfassend und spezifisch dargestellt. Die beiden nachgewiesenen Keime seien zusätzlich anzugeben. Insgesamt ergebe sich dadurch für den Behandlungsfall die DRG I12C (Knochen- und Gelenkinfektion/-entzündung mit verschiedenen Eingriffen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe ohne äußerst schwere oder schwere CC, ohne Revision des Kniegelenks) mit einem Entgelt von 2.753,58 EUR (bzw. 2.871,27 EUR).
Die Beklagte stornierte daraufhin ihre "Schlussrechnung" und rechnete den Behandlungsfall nunmehr (unter Kodierung des ICD-10 T81.4 als Nebendiagnose) mit Datum vom 13.09.2013 über die DRG I12A mit 6.254,32 EUR ab. Auch diesen Betrag zahlte die Klägerin (im September 2013) an die Beklagte.
Danach forderte sie die Beklagte wiederholt erfolglos zur Rechnungskorrektur und Rückzahlung der nach Maßgabe der DRG I12C überzahlten Beträge auf; letztmalig mit Schreiben vom 19.06.2014 unter Fristsetzung bis zum 31.07.2014.
Am 18.08.2014 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben. Die Kodierung der Nebendiagnose ICD-10 T81.4, als nunmehr einzig noch streitiger Kodierung, sei unzutreffend, da es keinen Keimnachweis gegeben habe. Es liege in dieser Hinsicht auch kein vergütungsfähiger Aufwand vor. Überdies führe der Ansatz des ICD-10 T81.4 zu einer Doppelkodierung, da durch die Hauptdiagnose die Infektion im Kniegelenk bereits spezifisch abgebildet worden sei. DKR D012f beschreibe die Fälle, in denen Mehrfachkodierungen erfolgen dürften, jedoch abschließend. Keiner der dort genannten Fälle liege hier vor. Zudem sei eine Störung nach medizinischen Maßnahmen (gemäß DKR D015I) so spezifisch wie möglich zu kodieren. Eine Nebendiagnose sei (nach DKR D003) definiert als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose bestehe oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickle. Die Nebendiagnose ICD-10 T81.4 stehe hier im Widerspruch zur Hauptdiagnose, da schon diese eindeutig sei und damit eine anderweitige Klassifizierung vorliege. Einer weiteren Diagnose zur Einbeziehung der Infektion bedürfe es nicht. Die Verursachung des Krankheitszustandes durch eine vorhergehende Maßnahme könne (nach DKR D012f) über die Kodierung eines Sekundärcodes aus dem Kapitel XX abgebildet werden, was dem Kodierungsvorschlag des MDK entspreche. Die Beklagte schulde Verzugszinsen, da sie zur Rechnungskorrektur bis zum 28.06.2013 aufgefordert worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.383,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29.06.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kodierung der Nebendiagnose ICD-10 T81.4 sei zutreffend, weil hierdurch die Infektion genauer und spezifischer abgebildet werde. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Eingriff und Infektion werde damit deutlicher dargestellt als durch den Y-Kode (ICD-10 Y84.9!). Die Nebendiagnose ICD-10 T81.4 finde sich in der Hauptgruppe "Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen und medizinischer Behandlung, andernorts nicht klassifiziert (T80-T88)". Sie werde damit abgegrenzt von den unspezifischen Y-Kodes "Chirurgische und sonstige medizinische Maßnahmen als Ursache einer abnormen Reaktion eines Patienten oder einer späteren Komplikation, ohne Angabe eines Zwischenfalls zum Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme (Y83- Y84)". Bei der stationären Behandlung sei auch insoweit ein Mehraufwand entstanden, als währenddessen ein Antibiotikum verabreicht worden sei. Schließlich sei die Kodierung ICD-10 Y84.9! auch insofern falsch, als sie einen Zwischenfall als Komplikation kodiere. Hier sei es aber nicht zu einem Zwischenfall, d.h. einem akuten Geschehen gekommen. Die Keimbesiedlung habe sich nach der ambulant durchgeführten Kniespiegelung vielmehr sukzessiv entwickelt. DKR D012i beschreibe eine Vielzahl von Fällen, in denen Mehrfachkodierungen vorzunehmen sein könnten. Der Verweis im ICD-10 unter T80-T88 auf die Schlüsselnummern des Kapitels XX und die Schlüsselnummern B95-B98 sei nicht exklusiv zu verstehen.
Das Sozialgericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei der Ärztin für Orthopädie Dr. I.1. In ihrem Gutachten vom 13.03.2015 ist die Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass der vorliegende Behandlungsfall mit der DRG I12C abzurechnen sei. Die Hauptdiagnose sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Gabe von Antibiotika sei in der Lage, ein bakteriologisches Ergebnis zu verschleiern, sodass erst nach langer Anbrütung Keime feststellbar seien. Aufgrund der unterschiedlichen Systematik der Kapitel XIX und XX, scheide die Kodierung des ICD-10 T81.4 aus. In den – auf Kritik der Beklagten eingeholten – ergänzenden Stellungnahmen vom 22.04.2015 bzw. 25.06.2015 hat die Sachverständige ihre Beurteilung dahingehend erweitert, dass retrospektiv nicht gesagt werden könne, ob die zahlreichen Punktionen oder die Arthroskopie für die entzündliche Reaktion verantwortlich gewesen seien. Höchstwahrscheinlich habe es eine multifaktorielle Aktivierung im Kniegelenk gegeben. Ein weiteres Problem bei der Kodierung der Infektionsursache sei der genaue Wortlaut des ICD-10 T81.4, wonach Infektionen durch Infusion, Transfusion oder Injektionen zu therapeutischen Zwecken, Prothese, Implantate oder Transplantate sowie Infektionen der Wunde nach einem operativen geburtshilflichen Eingriff exkludiert würden. Der Kode schließe demnach die Infektion nach Arthroskopie ein, gleichzeitig schließe er jedoch die Infektion nach Injektion aus. Verwende man beide T-Kodes gelange man zur DRG I12A. Ein primärer Keimnachweis sei nicht erfolgt.
In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 01.09.2015 hat die Sachverständige ihre Ausführungen insoweit revidiert, als sie die DRG I12A nur irrtümlich angegeben habe. Richtigerweise resultiere aus ihren Ergebnissen die DRG I12C. Aus ihrer Sicht liege kein Ressourcenverbrauch vor.
Das Sozialgericht hat anschließend weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Zweitgutachtens bei dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Facharzt für Chirurgie, Diplom- Krankenhausbetriebswirt und Medizinkontroller Dr. M. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 31.05.2016 ausgeführt, die Kodierung der Nebendiagnose ICD-10 T81.4 komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den erforderlichen Mehraufwand bzw. das Abweichen vom Standardvorgehen nicht in der Patientenakte dokumentiert oder im Streitverfahren dargestellt hätte. Es komme daher lediglich die DRG I12C zur Anwendung.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, unter Heranziehung der DKR (2011) D010a bzw. D012i seien auch Doppelkodierungen ohne zusätzlichen Mehraufwand gerechtfertigt. Selbst Dreifachkodierungen seien danach nicht ausgeschlossen. Dies entspreche letztlich auch den vom MDK selbst herausgegebenen Kodierempfehlungen. Im Übrigen werde – entgegen den Ausführungen des Dr. M. – zur Kodierung einer Nebendiagnose in den DKR nirgends ein "Mehrbedarf" oder ein "Mehraufwand" verlangt. Die gemäß DKR D003 (durchaus) erforderliche Beeinflussung des Patientenmanagements sei hier durch die Fortführung der Antibiose belegt. Darüber hinaus seien Befund- und Laborkontrollen der Entzündungswerte dokumentiert. Die von Dr. M. geforderte Voraussetzung in Form der "Beeinflussung des Standardvorgehens für eine spezielle Prozedur" bzw. des "Abweichens vom Standardvorgehen" ergebe sich aus den DKR nicht. Diese Voraussetzung könne auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R abgeleitet werden. Der Sachverständige übersehe, dass die DKR in dieser Hinsicht bereits 2010 angepasst worden seien. Inzwischen sei danach klar, dass alle Diagnosen verschlüsselt werden dürften, auf die sich ein "Mehraufwand" beziehe.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13.12.2017 hat Dr. M. mitgeteilt, dass mit Blick auf die Weiterführung der Antibiotikagabe ein erhöhter Aufwand festzustellen sei, der separat neben der Hauptdiagnose kodiert werden könne. Eine Befund- und Laborkontrolle rechtfertige die Kodierung einer Nebendiagnose jedoch nicht. Die Kodierung des ICD-10 T81.4 scheide als nachrangig aus, da mit der Hauptdiagnose M00.86 ein spezifischer Schlüssel in Bezug auf die Erkrankung vorliege. Ein erhöhter Aufwand, welcher sich unmittelbar aus der Erkrankung bzw. Störung nach medizinischer Maßnahme ergeben habe und durch die Kodierung der Nebendiagnose ICD-10 T81.4 abzubilden sei, habe nicht vorgelegen. Die Annahme einer Beeinflussung des Patientenmanagements bzw. des Standardvorgehens für eine spezielle Prozedur oder eines Abweichens vom Standardvorgehen sei nicht gerechtfertigt.
Mit Urteil vom 20.02.2018 – der Beklagten zugestellt am 05.03.2018 – hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin habe den zurückgeforderten Betrag zu Unrecht an die Beklagte gezahlt, weil der ICD-10 T81.4 nicht als Nebendiagnose habe verschlüsselt werden dürfen und damit die beiden (zusammengeführten) Behandlungsfälle lediglich über die DRG I12C (und nicht über die DRG I12A) abzurechnen gewesen seien. Ausgehend von den DKR D002f und D003i und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (in den Urteilen vom 21.04.2015 – B 1 KR 9/15 R Rn. 19 und vom 23.06.2015 – B 1 KR 13/14 R Rn. 19) seien Nebendiagnosen für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen hätten. Im Hinblick auf Begleiterkrankungen sei dies der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingten und nach der DRG-Entscheidungslogik eine höhere Bewertung der erbrachten Leistungen nach sich zögen. Fehle es an einer dieser Voraussetzungen, sei mit der Fallpauschale für die Grunderkrankung auch der Versorgungsaufwand für etwaige Begleiterkrankungen vollständig mit abgegolten (Bezugnahme auf LSG Thüringen, Urteil vom 30.06.2015 – L 6 KR 1792/11 sowie hinsichtlich des erhöhten Aufwands auf BSG, Urteil vom 17.11.2015 – B 1 KR 41/14 R). Zusätzlich zur Hauptdiagnose seien danach (nur) solche Nebendiagnosen zu kodieren, deren Versorgung weitere und in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst hätten. Seien gemessen an dem sich ergebenden Versorgungsbedarf wegen einer Nebenerkrankung zusätzliche Leistungen zu erbringen, so rechtfertige dies die Kodierung einer entsprechenden Nebendiagnose (LSG Thüringen, Urteil vom 30.06.2015 – L 6 KR 1792/11; BSG, Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R). Nach diesen Vorgaben sei neben der inzwischen unstreitigen Hauptdiagnose ICD-10 M00.86 die Nebendiagnose ICD-10 T 81.4 nicht kodierfähig, weil die bei dem Versicherten bestehende Infektion – über die ambulant eingeleitete und stationär weitergeführte Gabe von Antibiotika hinaus – keinen weiteren therapeutischen oder sonstigen relevanten Versorgungsaufwand erfordert habe. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M., das die Kammer für überzeugend halte. Dabei sei bereits berücksichtigt, dass die Kodierung der Hauptdiagnose ICD-10 M00.86 die Möglichkeit eröffne, die konkreten Infektionserreger mit den zusätzlichen Schlüsselnummern B95-B98 anzugeben, wovon die Beklagte Gebrauch gemacht habe. Damit sei die Ätiologie der Arthritis durch einen Infekt spezifiziert und der Behandlungsfall vollständig abgebildet. Der Zinsanspruch ab dem 29.06.2013 ergebe sich aus § 15 Abs. 1 S. 4 des Landesvertrages zu § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V.
Dagegen richtet sich die am 03.04.2018 eingelegte Berufung der Beklagten. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 21.04.2015 – B 1 KR 9/15 R sowie vom 23.06.2015 – B 1 KR 13/14 R) sei hier der ICD-10 T81.4 als Nebendiagnose kodierfähig. Das Sozialgericht habe verkannt, dass hier eine Mehrfachkodierung des Krankheitsbildes zwingend erforderlich sei, um den Sachverhalt medizinisch vollumfänglich abzubilden. Durch die vom Sozialgericht und der Klägerin favorisierten Kodierung komme nicht zum Ausdruck, dass der Versicherte unter einer postoperativen Gelenkinfektion gelitten habe. Die Kodierung der ICD-10 T81.4 verdeutliche die Verursachung der Infektion durch einen Eingriff unabhängig von der Hauptdiagnose und sei daher gesondert aufzuführen. Diese Art der Doppelkodierung stehe in Einklang mit den DKR.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.02.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Der Kodiervorschlag der Beklagten widerspreche den DKR. Denn danach sei für jede Erkrankung lediglich ein Primärcode anzugeben. Zur Darstellung des Behandlungsgeschehens sei die zusätzliche Kodierung eines weiteren Primärcodes (hier: ICD-10 T81.4) weder möglich noch erforderlich. Auch liege kein Ressourcenaufwand in Bezug auf eine abgrenzbare eigenständige Erkrankung vor.
Den Zinsanspruch macht die Klägerin in Abweichung von ihrem erstinstanzlichen Begehren erst ab dem 01.08.2014 geltend.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgängen der Klägerin, Patientenakten der Beklagten über die stationären Krankenhausaufenthalte des Versicherten vom 18.03. bis 23.03.2011 sowie vom 29.03. bis 06.04.2011), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
A) Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I. Unter Berücksichtigung der korrigierten Zinsforderung ist nur noch zu prüfen, ob das Sozialgericht die Beklagte zu Recht verurteilt hat, 3.383,05 EUR nebst 2% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 wegen zu Unrecht in Rechnung gestellter Krankenhausleistungen an die Beklagte zu erstatten.
II. Das Klagebegehren stellt sich als Rückforderung auf der Grundlage eines (insoweit allein in Betracht kommenden) öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches dar, den die Beklagte zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgen kann (st. Respr. vgl. z.B. BSG, Urteil vom 01.07.2014 – B 1 KR 62/12 R Rn. 8 f. m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 27.10.2016 – L 5 KR 132/16).
III. Der Rückforderungsanspruch steht der Klägerin in voller Höhe zu (dazu 1.) Auch der geltend gemachte Zinsanspruch ist für die Zeit ab dem 01.08.2014 begründet (dazu 2.).
1. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (BSG a.a.O. Rn. 9 m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats a.a.O. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die Beklagte von der Klägerin für die in der Abrechnung vom 13.09.2013 zusammengeführten stationären Behandlungen des Versicherten in der Zeit vom 18.03. bis 23.03.2011 und vom 29.03. bis zum 06.04.2011 keine Vergütung von mehr als 2.871,27 EUR verlangen konnte.
a) Der Vergütungsanspruch für eine Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st. Rspr. z.B. BSG, Urteil vom 28.03.2017 – B 1 KR 29/16 R Rn. 9 m.w.N.).
Dass der Versicherte in den beiden genannten Zeiträumen stationärer Krankenhausbehandlung bedurfte, ist durch die Vorerkrankung (wiederholte schmerzhafte Gelenkergüsse), die sich im ambulanten Bereich als nicht hinreichend therapierbar erwies, belegt und zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
b) Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2011 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB i.V.m. § 7 und § 17 KHEntgG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge und die Fallpauschalenvereinbarung (FPV)) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in der FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG.
Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG = Diagnosis Related Groups) geordnet. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (DIMDI) herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel" (OPS-301) verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 S. 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene die DKR beschlossen. Diese sind nur anhand des Wortlauts sowie ergänzend nach dem systematischen Zusammenhang auszulegen (Urteil des erkennenden Senats a.a.O. unter Hinweis aus BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KR 15/07 R; BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 3 KR 4/09 R; BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R). In einem zweiten Schritt wird der eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, Urteil vom 18.07.2013 – B 3 KR 7/12 R; LSG NRW, Urteile des erkennenden Senats a.a.O. sowie vom 13.01.2011 – L 5 KR 363/10).
aa) Die abrechnungstechnische Zusammenführung der beiden Behandlungsfälle war (jedenfalls) nach § 2 Abs. 2 FPV zulässig. Denn der Versicherte wurde innerhalb von 30 Tagen nach der Entlassung wieder in das Krankenhaus der Beklagten aufgenommen (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1). Ferner erfolgte die Wiederaufnahme in dieselbe Hauptdiagnosegruppe (MDC) – hier I. Des Weiteren gehört die DRG I76B (für den ersten stationären Aufenthalt) zur medizinischen Partition (M). Schließlich muss die für den zweiten stationären Aufenthalt isoliert abzurechnende Fallpauschale wegen des in diesem Zeitraum durchgeführten Eingriffs der operativen Partition (O) zuzuordnen sein, sodass auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FPV erfüllt sind. Das Eingreifen der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 S. 2 FPV wird weder von einem der Beteiligten geltend gemacht, noch ist dies sonst aus den Akten ersichtlich.
bb) Bei im Übrigen zutreffender und zwischen den Beteiligten unstreitiger Kodierung der zusammengeführten Behandlungsfälle (vgl. dazu auch die Ausführungen des Sachverständige Dr. M. auf Blatt 111 der Gerichtsakten) kommt es damit entscheidend darauf an, ob ICD-10 T81.4 (zusätzlich) als Nebendiagnose verschlüsselt werden durfte oder nicht, wobei mit Blick auf die Abwicklung der Behandlungsfälle im Jahr 2011 insoweit maßgebend die DKR 2011 heranzuziehen sind (vgl. DKR 2011, Einleitung S. III). Denn die DKR und ihre Auslegungsgrundsätze sind auch im Rahmen zusammengeführter Fälle zu beachten (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19.06.2018, B 1 KR 30/17 R Rn. 17). Dabei hat die Prüfung der korrekten Kodierung von Nebendiagnosen wie bei den Hauptdiagnosen im Wege einer ex-post-Betrachtung zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 13/14 R Rn. 19 m.w.N.).
Davon ausgehend schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts (bzw. des Sachverständigen Dr. M.) nach eigener Prüfung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Eines Rückgriffs auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. I.1, die im Übrigen zu keinem abweichenden Ergebnis gelangt ist, bedurfte es für diese Beurteilung nicht.
Nicht zuletzt aufgrund der gebotenen am Wortlaut orientierten Auslegung der DKR D003i vermögen die dagegen vorgebrachten Einwände der Beklagten nicht zu überzeugen. Sie übersieht, dass danach die Kodierung einer Nebendiagnose nur dann erfolgen kann, wenn es sich dabei um eine "andere Krankheit" handelt, als die, die schon mit der Hauptdiagnose erfasst wurde (vgl. dazu auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M., Blatt 153 f. der Gerichtsakten). Dies ist hier mit Blick auf den ICD-10 T81.4 einerseits sowie den ICD-10 M00.84 andererseits jedoch nicht der Fall. Denn beide Schlüssel erfassen denselben Sachverhalt, nämlich eine Infektion (an einem Körperteil/Organ).
Die von der Beklagten letztlich gewünschte Doppel- oder Mehrfachkodierung ist den DKR zwar nicht grundsätzlich fremd, eine solche ist aber nur dann zulässig, wenn die dafür (etwa) in DKR D010a, D011d oder D012i im Einzelnen beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist bei dem vorliegenden Sachverhalt jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Doppelkodierung nach DKR D011d ist schon deshalb nicht möglich, weil diese nur dann in Betracht kommt, wenn sich eine Erkrankung an mehreren Orten manifestiert, was hier erkennbar nicht der Fall ist.
Die von der Beklagten zu ihren Gunsten angeführten Urteile des Bundessozialgerichts (vom 21.04.2015 – B 1 KR 9/15 R sowie vom 23.06.2015 – B 1 KR 13/14 R) führen im Ergebnis ebenfalls nicht weiter. Das Urteil vom 21.04.2015 setzt sich nur mit der Kodierung von Hauptdiagnosen auseinander. In der Entscheidung vom 23.06.2015 ging es zwar um die Verschlüsselung einer Nebendiagnose, allerdings nur unter dem hier nicht maßgebenden Aspekt, eigenständigen Bedeutung eines Symptoms (a.a.O. Rn. 19).
Nach alledem ist zwar zuzugeben, dass die Kodierung ICD-10 T81.4 insofern einen weiteren Gesichtspunkt in die Abrechnung hineinbringt, als damit die (wahrscheinliche) Ursache der Entzündung zum Ausdruck gebracht wird. Dies wäre nach den Vorgaben der DKR hier abrechnungstechnisch jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn sich daraus auch ein Mehraufwand ableiten ließe, was – wie dargelegt – nicht der Fall ist. Ausgehend von dem gebotenen wortlautgetreuen Verständnis der DKR muss die Spezifizität der Abrechnung in einem solchen Fall zurückstehen bzw. über die hier für die Abrechnung irrelevanten Schlüssel aus dem Kapitel XX erfolgen.
c) Der Rückforderungsanspruch der Klägerin besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Der von der Beklagten am 13.09.2013 auf Grundlage der DRG I12A in Rechnung gestellte Betrag belief sich (inklusive Zu- und Abschlägen) auf 6.254,32 EUR. Unter Berücksichtigung der DRG I12C hätte (inklusive Zu- und Abschlägen) nur ein Betrag von 2.871,27 EUR abgerechnet werden dürfen. Aus der Differenz der beiden Beträge ergibt sich die Klageforderung.
2. Die Hauptforderung ist (jedenfalls) ab dem 01.08.2014 antragsgemäß zu verzinsen.
Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas anderes geregelt ist (BSG, Urteil vom 17.12.2013 – B 1 KR 61/12 R Rn. 24).
Nach § 15 Abs. 1 S. 4 des Sicherstellungsvertrages nach § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. §§ 286, 288 BGB folgt daraus für Rückforderungsansprüche von Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen, dass ab Inverzugsetzung jedenfalls ein Zinssatz von 2% über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) gilt (vgl. BSG, Urteil vom 08.09.2009 – B 1 KR 8/09 R).
Im Juni 2013 konnte die Beklagte noch nicht mit der Rückzahlung des hier streitigen Betrages in Verzug sein, weil die Klägerin die Zahlung auf die Rechnung vom 13.09.2013 erst im September 2013 geleistet hat. Da die Beklagte die Klägerin anschließend mehrfach – zuletzt mit Schreiben vom 19.06.2014 und Fristsetzung zum 31.07.2014 – zur Rückzahlung aufgefordert hat, befand sich die Beklagte aber jedenfalls ab dem 01.08.2014 in Verzug, sodass ab diesem Tag Zinsen in der vertraglichen Höhe zu zahlen sind.
B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
C) Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
D) Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 1. HS SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1, 47 Abs.1 GKG.
Erstellt am: 02.10.2020
Zuletzt verändert am: 02.10.2020