Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.04.2001 geändert und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund tarifvertraglich geschuldeten, aber nicht gezahlten Arbeitsentgelts.
Der Kläger betreibt eine Gaststätte ( …), in der er u.a. die Beigeladene zu 2) – seine Ehefrau – seit November 1993 beschäftigte. Sie war nach dem Arbeitsvertrag vom 01.05.1994 an 30 Stunden in der Woche in der Küche und zur Bedienung der Gäste beschäftigt. Das vereinbarte monatliche Entgelt betrug 2.300,– DM. Es bestand ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen.
Mit Wirkung vom 01.01.1995 war der Manteltarifvertrag (MTV) für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes Nordrhein-Westfalen zwischen dem Gastgewerbe NRW-Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein-Westfalen e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Nordrhein-Westfalen vom 23.03.1995, gültig ab 01.01.1995, für allgemeinverbindlich erklärt (Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) vom 30.10.1995, BAnz Nr. 230 vom 07.12.1995, S. 12 262). Der MTV sieht u.a. Ansprüche auf eine jährliche Sonderzahlung ("Weihnachtsgeld") und Urlaubsgeld vor.
Aufgrund einer Betriebsprüfung am 23.08.2000 für den Prüfzeitraum Januar 1996 bis 30.06.2000 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 07.12.2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur Umlage U1/U2 in Höhe von insgesamt 4.196,67 DM nach. Mit Ausnahme eines unstreitigen Betrages von 31,26 DM betrifft die Nachberechnung Beiträge aus tarifvertraglich geschulde ten, aber nicht gezahlten Sonderzuwendungen bzw. Urlaubsgeld für drei Arbeit nehmer, wobei die Nachberechnung für die Beigeladene zu 2) für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis 31.12.1999 vorgenommen worden ist. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beitragsanspruch richte sich nach den vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlten, darüber hinaus aber auch nach den geschuldeten Leistungen. Soweit tarifvertragliche Ansprüche – auch aufgrund allgemeinver bindlicher Tarifverträge (TV) – bestünden, seien insoweit Beiträge zu entrichten, auch wenn diese Ansprüche nicht erfüllt worden seien. Da im Rahmen der Prüfung festgestellt worden sei, dass Weihnachts- und Urlaubsgelder nicht abgerechnet worden seien, würden Beiträge von den entsprechenden Entgelten nacherhoben. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, Grundlage der Beitragsbemessung sei nur das tatsächlich gezahlte, nicht aber ein tarifvertraglich geschuldetes "fiktives" Arbeitsentgelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, im Beitragsrecht der Sozialversicherung gelte ebenso wie im Steuerrecht unverändert das Zuflussprinzip, es sei denn, der Arbeitgeber verhalte sich vertragswidrig. Für den Fall der untertariflichen Bezahlung gehe die Rechtsprechung nach wie vor vom Zuflussprinzip aus. Jedenfalls verstoße die rückwirkende Beitragserhebung gegen den auch im Beitragsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Die Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei zunächst unter den Rentenversicherungsträgern umstritten gewesen. Erst seit Anfang 2000 habe die dienstliche Weisung an die Prüfdienste bestanden, gezielt Beiträge aus geschuldetem Entgelt zu erheben. Weder er noch sein Steuerberater hätten Kenntnis davon gehabt, dass Sozialversicherungsbeiträge angeblich nach dem geschuldeten, nicht aber nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt zu entrichten seien. Die Beklagte hat eingeräumt, gegenüber der Steuerberaterkammer Münster im März 1999 geäussert zu haben, man werde von Beitragsnachforderungen in Fällen der vorliegenden Art bis Ende 1998 absehen. Diese Auffassung habe sie dann jedoch i.S. einer Gleichbehandlung der Arbeitgeber aufgegeben. Ein Vertrauensschutz sei nicht einzuräumen, da ein Beitragsanspruch selbst dann nicht verwirkt sei, wenn bei einer früheren Betriebsprüfung keine Beanstandung erfolgt sei und der Prüfer eine abweichende Auffassung vertreten habe.
Mit Urteil vom 08.11.2001 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat gemeint, den Arbeitgebern sei bis Anfang 2000 Vertrauensschutz einzuräumen, da die bis zum 31.12.1995 für Betriebsprüfungen zuständigen Einzugsstellen bei der Ermittlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages in der Regel lediglich die den Arbeitnehmern tatsächlich zugeflossenen Entgelte berücksichtigt hätten, obwohl ihnen bekannt gewesen sei, dass Beiträge unter Einbeziehung sämtlicher den Arbeitnehmern zustehender Ansprüche zu er mitteln seien. Dass eine solche Prüfpraxis bestanden habe, werde durch die Entscheidung der Beklagten, aus Vertrauensschutzgründen auf die Nacherhebung von Beiträgen zu verzichten und insoweit Widersprüchen abzuhelfen, belegt. Für die Arbeitgeber habe kein Anlass bestanden, die Rechtmäßigkeit dieser Verwaltungspraxis zu bezweifeln.
Im Berufungsverfahren verteidigt die Beklagte die Beitragsnacherhebung auf der Grundlage der geschuldeten Entgelte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG. Bei der Bestimmung der Lohnansprüche seien die tarifvertraglichen Regelungen zu beachten. Aufgrund der AVE des MTV für das Hotel- und Gaststät tengewerbe in Nordrhein-Westfalen habe der Kläger die normativen Bestimmungen dieses TV beachten müssen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei kein Vertrauensschutz einzuräumen. Ein Verwirkungsverhalten der Sozialversicherungsträger liege nicht vor. Es sei kein Verhalten der Sozialversicherungsträger erkennbar, das Arbeitgeber darin hätte bestärken können, dass Sozialversicherungsbeiträge lediglich vom tatsächlich zugeflossenen Lohn entrichtet werden müssten. Es seien immer wieder Hinweise der Sozialversicherungsträger an die Arbeitgeber ergangen, bei der Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse die mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Lohn- oder Sonderzahlungsansprüche bei der Ermittlung der Entgeltgrenzen für eine geringfügige Beschäftigung in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Das Anspruchsprinzip sei seit vielen Jahren fester Bestandteil in der Entscheidungspraxis der Sozialversicherungsträger. Schon frühzeitig sei in Publikationen darauf hingewiesen worden, dass in der Sozialversicherung nicht mehr nach dem Zuflussprinzip verfahren werde.
Mit Bescheid vom 28.01.2003 hat die Beklagte eine Neuberechnung des beitragspflichtigen Entgelts hinsichtlich der Urlaubsgeldansprüche und der Beitragsansprüche vorgenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.11.2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass Beiträge von – hier nicht vorliegen den Ausnahmefällen abgesehen – ausschließlich nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt zu erheben seien. Ferner macht er unverändert geltend, ihm sei Vertrauensschutz zu gewähren. Die Rentenversicherungsträger hätten ihre Prüfpraxis zur untertariflichen Bezahlung erst Anfang 2000 umgestellt. Die Einzugsstellen hätten die Beiträge in Fällen der untertariflichen Bezahlung bis einschließlich 1998 nach dem Zuflussprinzip erhoben. Erstmals habe die BfA im Arbeitgeberinfo 1/2000 auf die Problematik hingewiesen. Zur Begründung bezieht sich der Kläger weiter auf ein von seinem Prozessbevollmächtigten Prof. Dr. B … erstattetes Gutachten. Die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) haben sich weder zur Sache geäussert noch einen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 3) hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Die Beigeladene zu 2) hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sie auf die Nachholung des Verwaltungsverfahrens verzichtet.
Der Senat hat Auskünfte vom AOK-Bundesverband (Auskunft vom 07.05.2002), der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe (Auskunft vom 29.08.2002), der Steuerberaterkammer Köln (Auskunft vom 30.08.2002) und der Steuerberaterkammer Düsseldorf (Auskunft vom 02.09.2002) sowie Auskünfte der AOK Rheinland vom 22.08.2002, der AOK Westfalen-Lippe vom 23.08.2002, der IKK Nordrhein vom 26.08.2002, der IKK Westfalen-Lippe vom 23.08.2002, der Barmer Ersatzkasse (BEK) vom 06.08.2002, der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) vom 15.08.2002 und der Techniker Krankenkasse (TKK) vom 08.10.2002 als Einzugsstellen eingeholt. Ferner sind die in einem Parallelverfahren eingeholten Auskünfte der Bundessteuerberaterkammer vom 01.07.2002 und 16.08.2002 bei gezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben worden. Ferner ist vom DEHOGA Gastgewerbe NRW die Auskunft vom 16.09.2002 eingeholt worden. Auf die vorgenannten Unterlagen wird Bezug genommen.
Soweit die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid auch Beiträge für zwei weitere Arbeitnehmer nachgefordert hat, ist das Verfahren abgetrennt worden, da der Aufenthalt dieser Arbeitnehmer (derzeit) unbekannt ist.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die streitige Nacherhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladene zu 2) ist rechtmäßig.
A) I. Gegenstand der Entscheidung des Senats ist der Bescheid nicht mehr in seiner ursprünglichen Fassung, sondern in der Fassung vom 28.01.2003. Die Beklagte hat dabei ihren Bescheid nur insoweit geändert, als im Jahr 2000 der Entgeltberechnung ein zu hoher Urlaubsgeldanspruch zugrundegelegt worden ist (s. zur Berechnung im einzelnen unten B IV 3.) Dadurch ergibt sich aber kein anderer Streitgegenstand, vielmehr hat die Beklagte den Kläger in einem geringen Umfang klaglos gestellt. Im Verhandlungstermin hat der Kläger deutlich gemacht, dass er sich insofern nicht mehr gegen den Bescheid in der ursprünglichen Fassung wehrt und damit die Hauptsache für diesen Teil konkludent für erledigt erklärt. Im Übrigen muss der Senat weiterhin über den ursprünglichen Bescheid befinden.
A) II. Der Sachentscheidung steht nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 2), deren Rechtsposition von der Entscheidung über die Versicherungs- und Beitragspflicht betroffen ist, entgegen § 12 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens benachrichtigt worden war, denn die Beigeladene hat auf die Nachholung des Verwaltungs-/Widerspruchsverfahrens verzichtet (vgl. BSGE 55, 160, 163; 68, 171, 174; 81, 276, 288).
B) I. Die Beklagte durfte für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 2) weitere Beiträge fordern. Die Beigeladene zu 2) ist vom Kläger im Zeitraum vom 01.01.1996 bis 31.12.1999 versicherungspflichtig beschäftigt worden. Über den individualvertraglich vereinbarten und gezahlten Lohn von monatlich 2.300,– DM hinaus hatte sie nach dem MTV Anspruch auf weiteres beitragspflichtiges Entgelt. § 9 des MTV sieht für Arbeitnehmer, die am 01.12. des jeweiligen Kalenderjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, einen Anspruch auf eine Sonderzahlung vor, deren Höhe in den Jahren 1995 bis 1997 nach Betriebszugehörigkeit gestaffelt war und im Jahr 1998 50 % eines Monatseinkommens erreichte. Aufgrund der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit hatte die Beigeladene zu 1) nach § 9.1 MTV im Jahr 1996 Anspruch auf 30 % und im Jahr 1997 auf 40 % eines tariflichen Monatseinkommens. Ferner räumt § 7.4 MTV einen – ebenfalls nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelten – Anspruch auf Urlaubsgeld pro Urlaubstag ein, das zusätzlich zum Urlaubsentgelt zu zahlen ist. Gemäß § 7.5.3 MTV erhalten Teilzeitbeschäftigte das Urlaubsgeld im Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur re gelmäßigen tariflichen Arbeitszeit (169 Stunden monatlich, § 3.1 MTV). Die für die anteilige Berechnung des individuellen Urlaubsgeldanspruchs maßgebli che Höhe des Urlaubsgelds belief sich gemäß § 7.4.3 MTV auf 33,– DM im Jahr 1996 bzw. 35,– DM in den Folgejahren.
Der MTV war für allgemeinverbindlich erklärt worden (AVE vom 30.10.1995). Er galt räumlich für das Land Nordrhein-Westfalen, betrieblich für alle Betriebe, die Bewirtungen gewähren und persönlich für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer dieser Betriebe. Aufgrund dieser AVE gemäß § 5 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) erfasste er in seinem Geltungsbereich auch die nicht tarif gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 4 TVG). Die Ausdehnung der Tarifgebundenheit durch die AVE auf nicht organisierte Arbeitgeber und Arbeitnehmer hängt nicht von deren Kenntnis ab (vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG) DB 1984, 55). Die Rechtsnormen des TV gelten unmittelbar und zwingend zwischen den Tarifgebundenen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit der TV eine Öffnungsklausel enthält oder eine Abweichung zu Gunsten des Arbeitnehmers erfolgt (§ 4 Abs. 3 TVG). Die zwingende Ordnung eines TV verbietet somit jede nachteilige Regelung zu Lasten des Arbeitnehmers, sie schafft – etwa zur Höhe des Entgelts – eine nicht entziehbare tarifliche Rechtsposition (vgl. Löwisch/ Rieble, TVG, § 4 Rdn. 58; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 204 Rdnr. 5).
Der Beigeladenen zu 2) stand somit ungeachtet der individualvertraglichen Vereinbarung im fraglichen Zeitraum tariflich ein höheres als das tatsächlich gezahlte Entgelt zu.
B) II. Die Beklagte hat zu Recht der Beitragserhebung nicht das tatsächlich erzielte ("zugeflossene"), sondern das nach dem TV geschuldete Arbeitsentgelt zugrundegelegt. Die Entstehung von Beitragsansprüchen hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber das Entgelt tatsächlich gezahlt hat, vielmehr ist ausreichend, dass zum Fälligkeitszeitpunkt der Beiträge ein Entgeltanspruch bestand (sog. Entstehungsprinzip, eingehend BSG, Urteil vom 30.08.1994, BSGE 75, 61, 65 ff.). Das geschuldete Entgelt kann abweichend vom Individualvertrag auch die in einem anzuwendenden TV festgelegte Mindestvergütung sein. Der Auffassung der Klägerin, auch im Beitragsrecht müsse wie im Steuerrecht dass Zuflussprinzip gelten, so dass nur Beiträge von dem tatsächlich gezahlten Entgelt zu erheben seien, kann sich der Senat nicht anschließen.
Das Zuflussprinzip hatte zwar aufgrund des Gemeinsamen Erlasses des Reichsarbeitsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers betreffend weiterer Vereinfachung des Lohnabzugs vom 10.04.1944 ([Gemeinsamer Erlass] RABl. II, 228), der nach der Rechtssprechung des BSG für die Zeit nach dem 08.05.1945 weitergalt, bis 1977 Eingang in das Beitragsrecht gefunden. Hier auf beruht insbesondere das Urteil des BSG vom 21.11.1964 (BSGE 22, 106), das in einem Fall untertariflicher Bezahlung annahm, maßgebend für den Beitragsanspruch sei nur das tatsächlich gezahlte Entgelt. Nach Inkrafttreten des SGB IV am 01.07.1977, durch dessen Artikel II § 21 Abs. 1 Nr. 4 der Gemeinsame Erlass aufgehoben worden ist, war die Rechtssprechung des BSG zunächst hinsichtlich der weiteren Geltung des Zuflussprinzips nicht eindeutig (siehe einerseits etwa Urteil vom 18.11.1980, SozR 2100 § 14 Nr. 7; Urteil vom 28.10.1981, SozR 2100 § 14 Nr. 9; anderereits Urteil vom 25.09.1981, BSGE 52, 152; Urteil vom 26.10.1982, BSGE 54, 136 und Urteil vom 26.11.1985, BSGE 59, 183). Spätestens durch die 1994 ergangenen Entscheidungen vom 22.06.1994 (SozR 3 – 4100 § 160 Nr. 1) und 30.08.1994 (a.a.O) hat sich das BSG vom Zuflussprinzip gelöst und das Entstehungsprinzip vertreten; an dieser Auffassung hat es im Urteil vom 21.05.1996 (BSGE 78, 224) und zuletzt im Urteil vom 07.02.2002 (B 12 KR 13/01 R) festgehalten. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) folgt im Rahmen des § 266 a Strafgesetzbuch (StGB) dem Enstehungsprinzip und sieht ein Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen schon dann als gege ben an, wenn die unabhängig von der tatsächlichen Zahlung des Entgelts fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt worden sind (BGHZ 144, 311; zuletzt BGH NJW 2002, 2480).
Unzutreffend ist die Interpretation dieser Rechtssprechung, das Entstehungsprinzip gelte nur dann, wenn der Arbeitgeber vertragswidrig das Arbeitsent gelt nicht oder verspätet zahle (so Berndt, DStR 2000, 1520, 1522) bzw. wenn der Arbeitnehmer das geschuldete Entgelt noch fordere. Aus der genannten Rechtssprechung ergibt sich eindeutig, dass das zum Fälligkeitszeitpunkt individual- oder kollektivrechtlich geschuldete Entgelt den öffentlich-rechtlichen Beitragsanspruch auslöst, der nach seinem Entstehen in seinem rechtlichen Schicksal unabhängig von dem privatrechtlichen Entgeltanspruch ist. Ob und wann dieser erfüllt wird, untergeht oder verjährt, ist für den Beitragsanspruch ohne Belang. Das BSG führt im Urteil vom 30.08.1994 ausdrücklich aus, dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass das Entstehen von Beitragsansprüchen davon abhänge, ob sie selbst oder der zugrundeliegende Entgeltan spruch erkannt und geltend gemacht würden (a.a.O. Seite 65). Im Urteil vom 21.05.1996 spricht das BSG von der "Abkehr" vom Zuflussprinzip, was es vor allem damit begründet, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht schon am Tag der Aufnahme der Beschäftigung gegen Entgelt und nicht erst mit dessen Zahlung beginne (a.a.O., Seite 226). Dann kann aber die Entstehung von Versicherungspflicht nicht davon abhängig sein, ob der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt noch fordert. Auch im Rahmen des § 266 a StGB würde diese Ansicht zu unlösbaren Problemen führen. Der BGH bejaht ein Vorenthalten von Beiträgen des Arbeitnehmers auch dann, wenn tatsächlich zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge der Lohn nicht ausgezahlt worden ist. Er weist insoweit darauf hin, für eine einengende Auslegung, die eine Strafbarkeit nach § 266 a StGB von der tatsächlichen Lohnzahlung abhängig mache, sei kein Raum, da die Schuld des Arbeitgebers hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge unabhängig vom gezahlten Lohn bestehe (BGH NJW 2002, 2480, 2481). Würde jedoch der Beitrags anspruch nur dann bestehen, wenn der Beschäftigte den Lohn noch fordert, hinge die Strafbarkeit des Arbeitgebers von dem entsprechenden Verhalten des Arbeitnehmers ab. Ebensowenig könnte im Rahmen des § 8 SGB IV die Prüfung der Versicherungspflicht im Wege einer vorausschauenden Betrachtung erfolgen. Insoweit sind geschuldete sowie mit hinreichender Sicherheit zu erwartende Zahlungen zu berücksichtigen (BSG SozR 2100 § 804). Maßgeblich ist insoweit im Falle der Geltung eines allgemeinverbindlich erklärten TV der tariflich geschuldete Lohn, da die tarifvertraglichen Regelungen eine abweichende in dividualvertragliche Abrede verdrängen (§ 4 Abs. 3 TVG). Die vorausschauende Beurteilung der Versicherungspflicht wäre nicht möglich, wenn es darauf an käme, ob die Arbeitnehmer tatsächlich den tariflich geschuldeten Lohn fordern.
Die Anwendung des Entstehungsprinzips und die Erhebung von Beiträgen aus tarifvertraglich geschuldetem Entgelt widerspricht nicht den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11.01.1995 (BVerfGE 92, 53) und 24.05.2000 (BVerfGE 102, 127) zur beitragsrechtlichen Behandlung einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes (so aber Arends, BB 2001, 94, 95). Die Behauptung, wenn schon das verfassungswidrige Gesetz keine Grundlage für die Heranziehung von Einmalzahlungen biete, seien "fiktive Hinzurechnungen" auf der Grundlage dieses Gesetzes erst recht unzulässig, ist falsch. Das BVerfG hat in beiden Entscheidungen die Weitergeltung der mit dem Grundgesetz für unvereinbar er klärten Normen angeordnet, so dass weiterhin Beiträge aus einmalig gezahltem Entgelt erhoben werden durften (vgl. BVerfGE 92, 53, 74; 102, 127, 145 f). ebenso wenig trifft die Annahme zu, die genannten Beschlüsse des BVerfG beruhten auf dem Gedanken des Äquivalenzprinzips (Versicherungsprinzips), nach dem die Versicherten der Beitragsabführung entsprechende Leistungen erhalten müssten. Das BVerfG hat vielmehr in beiden Entscheidungen seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten sei, dass bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungs mathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistung erzielt werde (BVerfGE 92, 53, 71; 102, 127, 142). Die früheren Bestimmungen über die beitragsrechtliche Behandlung von Einmalzahlungen hat das BVerfG lediglich deshalb für verfassungswidrig gehalten, weil die Einmalzahlung bei der Leistungsbemessung nicht berücksichtigt wurde und damit Versicherte mit gleichhoher Beitragsleistung leistungsrechtlich unterschiedlich behandelt wurden und ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung nicht erkennbar war (vgl. BVerfGE 92, 53, 71 f; 102, 127, 143 ff). Gleichfalls nicht stichhaltig ist der Einwand, es bestehe kein Anlass, das tarifvertraglich geschuldete Entgelt zur Grundlage der Beitragsbemessung zu machen, da die Versicherten Leistungsansprüche nur nach dem erzielten Entgelt erwerben würden. Diese Aussage trifft schon für den Erwerb von Rentenanwartschaften, aus denen in Zukunft Rentenansprüche entstehen, nicht zu und hat zum anderen für die beitragsunabhängigen Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ohnehin keine Relevanz. Sie gilt allenfalls für die kurzfristigen Lohnersatzleistungen zu, für deren Bemessung nur das im Bemessungszeit raum erzielte (d.h. tatsächlich zugeflossene) Entgelt maßgeblich ist (s. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 129 SGB III).
Der Senat hat schon in seinen Entscheidungen vom 31.10.2000 (L 5 KR 27/00) und 22.08.2002 (L 5 B 41/02 KR ER) uneingeschränkt das Entstehungsprinzip vertreten. Er hält an seiner Auffassung fest und sieht sich darin durch die jetzt durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I, 4621) vorgenommene Einfügung eines Halbsatzes in § 22 Abs. 1 SGB IV bestätigt. § 22 Abs. 1 SGB IV in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung (Artikel 17 Abs. 1 des Gesetzes vom 23.12.2002) lautet nun mehr: "Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist". Auf die tatsächliche Auszahlung wird somit lediglich für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt abgestellt, was im Gegenschluss bedeutet, dass für das laufende Entgelt etwas anderes gilt (so auch Bauer/Krets, NJW 2003, 537, 545). In der Gesetzesbegründung wird dementsprechend auch ausgeführt, einmalige Einnahmen sollten dann beitragspflichtig werden, wenn sie dem Beschäftigten ausgezahlt worden seien (BT-Drucksache 15/26, Seite 24). Die jetzt vorgenommene Einfügung hat der Gesetzgeber somit nicht nur als Klarstellung angesehen und damit die von der höchstrichterlichen Rechtssprechung vertretene Auffassung zur Geltung der Entstehungsprinzips im Beitragsrecht der Sozialversicherung bestätigt
B) III. Die Beklagte ist an der Geltendmachung des Beitragsanspruchs nicht gehindert, weil dem Kläger Vertrauensschutz einzuräumen wäre.
1. Die Frage, ob entsprechend dem für Normen geltenden Rückwirkungsverbot (vgl. dazu Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl., Artikel 20 Rdnr. 67 ff ) auch eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtssprechung zu Vertrauensschutz für die betroffenen Arbeitgeber führen kann (bejahend BSG, Urteil vom 18.11.1980, BSGE 51, 31, 37 f.) stellt sich hier nicht. Schon vor dem hier streitbefangenen Zeitraum hatte sich die Rechtssprechnung des BSG geändert. Die für die Beitragserhebung entscheidende Rechtsfrage der Anwendung des Ent stehungsprinzips war zwar – wie oben ausgeführt – in der höchstrichterlichen Rechtssprechung zunächst nicht eindeutig beantwortet worden (s. auch Wünnemann, DAngV 1981, 371; Franoschek, Die Beiträge 1994, 449), die Rechts lage war aber durch die Urteile vom 22.06.1994 (a.a.O.) und 30.08.1994 (a.a.O.), die in dem Urteil vom 21.05.1996 (a.a.O.) bestätigt wurden, geklärt. Die zur untertariflichen Bezahlung ergangene Entscheidung vom 25.11.1964 (a.a.O.), die auf dem Zuflussprinzip beruhte, war durch die geänderte Rechtslage seit Inkrafttreten des SGB IV überholt, das BSG hatte im Urteil vom 21.05.1996 auch ausdrücklich auf die Abkehr von dem Zuflussprinzip durch das SGB IV hingewiesen (a.a.O. S. 226). Es stand somit aufgrund dieser Entscheidungen fest, dass für den Beitragsanspruch allein maßgeblich der zum Fälligkeitszeitpunkt geschuldete Entgeltanspruch war. Gleichzeitig hatte das BSG im Urteil vom 30.08.1994 schon den Einzugsstellen die Befugnis zugesprochen, bei entsprechendem Anlass auch die Höhe des in der Vergangenheit nicht gezahlten, aber geschuldeten Arbeitsentgelts zu ermitteln und je nach dem Er gebnis über etwaige versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen zu entscheiden (a.a.O. Seite 68).
Die genannten Entscheidungen des BSG sind nicht nur in der amtlichen Sammlung, sondern auch in einschlägigen Fachzeitschriften publiziert (siehe die Veröffentlichungsnachweise in Juris) und auch in der Literatur diskutiert worden (siehe einerseits Peters-Lange, NZA 1995, 657, andererseits Klose, NZS 1996, 9, die – insoweit übereinstimmend – beide die endgültigen Aufgabe der Zuflusstheorie konstatieren). Vor diesem Hintergrund ist die Forderung, die Einzugsstellen oder die ab 01.01.1996 für die Betriebsprüfungen (mit) zu ständigen Rentenversicherungsträger hätten die geänderte Rechtssprechung den Arbeitgebern bzw. ihren steuerlichen Beratern bekannt geben müssen, fernliegend. Es ist nicht vorstellbar, dass jedenfalls den Steuerberatern, die Arbeitgeber bei der Beitragsabführung betreuen, diese Rechtssprechung unbekannt gewesen sein soll. So hatte etwa die Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe schon Ende 1998 über die Rechtsprechung des BSG informiert und auf die "neue" Prüfpraxis hingewiesen. Falls tatsächlich entsprechend den Auskünften der Bundessteuerberaterkammer bzw. der Steuerberaterkammern Köln und Düsseldorf die Rechtssprechung des BSG erst Anfang 2000 in breiteren Kreisen der Steuer berater zur Kenntnis genommen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen er örtert worden sein sollten (was auch angesichts der Tatsache, dass die Bundessteuerberaterkammer bereits am 12.04.1999 mit der BfA die Problematik der Beitragserhebung aus geschuldetem Entgelt erörtert hatte, verwundert), läge allenfalls ein kollektives Versäumnis dieses Berufsstandes vor. Wenn Steuerberater für die Arbeitgeber auch die Abführung der Sozialversicherungsbei träge übernehmen, obliegt es ihnen, sich über die insoweit einschlägige Rechtsprechung zu informieren.
2. Vertrauensschutz ist auch nicht deshalb zu gewähren, weil in der Vergangenheit – angeblich – die Einzugsstellen und (zunächst) die Rentenversicherungsträger bei den Betriebsprüfungen faktisch das Zuflussprinzip praktiziert und die Beitragsabführungen nach den tatsächlich gezahlten Entgelten nicht beanstandet hätten (s. etwa Breidenbach, BB 2002, 1910, 1911).
a) Für die Einräumung von Vertrauensschutz fehlt es insoweit bereits an einem Vertrauenstatbestand.
aa) In dem Urteil vom 18.11.1980 (a.a.O.) hat das BSG es für ein Gebot von Treu und Glauben gehalten, dass die Beitragspflichtigen nicht für eine zurückliegende Zeit mit einer Beitragsnachforderung überrascht werden dürften, die im Widerspruch stehe zu dem vorangegangenen Verhalten der Verwaltung, auf dessen Rechtmäßigkeit sie vertraut hätten und hätten vertrauen dürfen (a.a.O., Seite 36). Das BSG geht dabei von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus, nach der im Steuerrecht Vertrauensschutz dann bestehen kann, wenn die Verwaltung über einen längeren Zeitraum ein Verhalten gezeigt hat, durch das beim Steuerpflichtigen der Glauben erweckt worden ist, die Behandlung des Steuerfalles entspreche dem Recht (vgl. BFHE 77, 535; 81, 153; 84, 483; 99, 293). Eine Nachforderung verstößt nach dieser Rechtsprechung dann gegen Treu und Glauben, wenn sie in Widerspruch zu einem vorangegangenen nachhaltigen und einen Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen schaffenden Verhalten der Verwaltung steht. Vertrauensschutz hat der BFH dann bejaht, wenn die Verwaltung über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Auffassung vertreten (BFHE 81, 353) oder in Kenntnis der tatsächlichen Umstände von der Geltendmachung einer Steuer- oder Abgabenforderung abgesehen hatte (BFHE 77, 535). Gleichzeitig hat der BFH in der letztgenannten Entscheidung aber aus drücklich darauf hingewiesen, dass Vertrauensschutz nicht allein dadurch be gründet werden könne, dass der "Steueraufsichtsdienst" nicht sorgfältig geprüft habe. Auch nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung reicht eine bloße Untätigkeit der zuständigen Behörde als Verwirkungsverhalten grundsätzlich nicht aus (vgl. BSGE 47, 194, 197; BSG USK 80292; BSG SozR 2200 § 520 Nr. 3; BSG Breithaupt 1987, 948; LSG Celle KVRS A-3200/6). Das bloße "Nichts tun", also ein Unterlassen, kann schutzwürdiges Vertrauen des Schuldners nur begründen, wenn er das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48; 45, 195, 198; LSG Celle RV 1991, 95).
Nach diesen Maßstäben gibt es keine Grundlage für den geforderten Vertrauensschutz. Von der Klägerin wie auch von anderen Arbeitgebern wird insoweit geltend gemacht, aufgrund der an den tatsächlichen Einnahmen orientierten Prüfpraxis der Einzugsstellen, die auch von den Rentenversicherungsträgern jedenfalls zum Teil fortgeführt worden sei, seien sie von der Geltung des Zuflussprinzips ausgegangen. Unabhängig davon, ob die genannte Prüfpraxis den Schluss auf die Anwendung des Zuflussprinzips rechtfertigte (dazu sogleich unten bb)), stellt sich grundsätzlich die Frage, worauf sich das Vertrauen der Arbeitgeber erstreckt haben soll. Hatten sie keine Kenntnis von der AVE der einschlägigen TV, wussten sie auch nicht, dass sie rechtlich einen höhe ren Lohn als den gezahlten schuldeten. Die Frage der Beitragsentrichtung aus tarifvertraglich entstandenen, aber nicht erfüllten Entgeltansprüchen konnte sich für sie damit nicht stellen. Folglich konnten sie auch aus dem Umstand, dass bei den Betriebsprüfungen die Beitragsabführung unbeanstandet blieb, schon mangels Kenntnis des höheren Entgeltanspruchs nicht den Schluss ziehen, die Einzugsstelle billige die Beitragsentrichtung nach dem gezahlten statt nach dem geschuldeten Arbeitsentgelt. Kannten sie dagegen Inhalt und Geltung der tarifvertraglichen Normen und wussten sie somit, dass sie einen geringeren als den tarifvertraglich geschuldeten Lohn zahlten, würde sich vor dem Hintergrund der oben genannten – eindeutigen – Rechtsprechung des BSG ihr Vertrauen nur auf die Aufrechterhaltung einer fehlerhaften Verwaltungspraxis und das weitere Unterbleiben der Durchsetzung entstandener Beitragsansprüche beziehen (siehe dazu unten III.2 b). eingeholten Auskünften der Einzugsstellen kann der Senat nicht entnehmen, dass die Arbeitgeber von der Anwendung des Zuflussprinzips ausgehen durften. In Übereinstimmung mit der Auskunft des AOK-Bundesverbandes, dass sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung seit Inkrafttreten des SGB IV am Entstehungsprinzip orientiert hätten, haben alle befragten Krankenkassen mitgeteilt, sie hätten das Entstehungsprinzip vertreten. Eine davon zu unterscheidende Frage ist, inwiefern sie bei Betriebsprüfungen dieses Prinzip auch durchgesetzt haben.
Die Auskünfte sind insoweit vage. Während die IKK Westfalen-Lippe behauptet, es seien auch Beiträge aus tarifvertraglich geschuldetem Entgelt gefordert worden (wobei offenbleibt, ob diese Kasse auch von sich aus der Geltung von TV nachgegangen ist), haben die DAK und die AOK-Westfalen offen eingeräumt, sie hätten bei Betriebsprüfungen nicht die Frage des Bestehens (höherer) tarifvertraglicher Entgeltansprüche aufgegriffen. Die Aussage der BEK, die hier angesprochene Praxis (d.h. die Frage nach der Beitragserhebung aus tarifvertraglich geschuldetem Entgelt) sei "verstärkt" mit dem Übergang der Betriebsprüfungen auf die Rentenversicherungsträger aufgetreten, lässt den Schluss zu, dass sie wohl selbst entsprechende Nachforderungen nicht verfolgt hat. Die TKK hat Beitragsansprüche auf der Grundlage von tarifvertraglich geschuldetem Entgelt (nur) nachgefordert, wenn sie entsprechende Ansprüche festgestellt habe. Die AOK Rheinland hat im wesentlichen die Rechtslage geschildert, die IKK Nordrhein konnte nur sagen, regelmäßig und systematisch habe sich die Kasse bei den Betriebsprüfungen nicht mit dieser Problematik befasst.
Nach diesen Auskünften der befragten Krankenkassen, die bis Ende 1995 für die Betriebsprüfungen allein zuständig waren und noch bis 1998 – in zunehmend geringerem Umfang – Betriebsprüfungen durchgeführt haben, muss allerdings davon ausgegangen werden, dass zwar die Krankenkassen das Entstehungsprinzip vertreten, sich aber bei den Betriebsprüfungen darauf beschränkt haben, die Beitragsabführung auf der Grundlage der gezahlten Löhne zu überprüfen und sie nur dann Beiträge aus geschuldetem, aber nicht gezahltem Entgelt nachgefordert haben, wenn die Versicherten dies im Einzelfall verlangt haben bzw. entsprechende arbeitsrechtliche Ansprüche der Kasse bekannt geworden sind. Diese Praxis geht aber über ein bloßes "Nichtstun" nicht hinaus, das grundsätzlich als Verwirkungsverhalten nicht ausreicht und nur dann schutzwürdiges Vertrauen begründen kann, wenn der Gläubiger es nach den Umständen als bewusst und planmäßig ansehen durfte (BSGE 45, 38, 48; 45, 195, 198; LSG Celle RV 1991, 95). Von einem bewussten und planmäßigen Unterlassen hätten die Arbeitgeber aber nur ausgehen können, wenn sie selbst die – nicht erfüllten – tarifvertraglichen Ansprüche kannten und die Einzugsstellen in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts, also auch der Geltung und Anwendbarkeit tarifvertraglicher Normen und den sich daraus ergebenden Lohnansprüchen, bei der Beitragsprüfung ausschließlich auf die gezahlten Entgelte abgestellt hätten. Hierfür gibt es keinen Anhalt. Den Auskünften der Einzugsstellen ist vielmehr zu entnehmen, dass sie aktiv der Frage der Geltung von TV nicht nachgegangen sind und sich keine Kenntnis von dem Bestehen unter Umständen höherer Entgeltansprüche verschafft haben. Dem Senat sind auch aus Parallelverfahren keine Hinweise darauf bekannt geworden, dass die Einzugsstellen in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts eine Beitragserhebung nach dem Zuflussprinzip gebilligt hätten; auch der Kläger hat dazu nichts vorgetragen. Die Behauptung, bei den Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 SGB IV werde zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Beiträge die genaue Höhe des Arbeitsentgeltes festgestellt und mit den ggf. zu beachtenden Tariflöhnen verglichen, so dass es ausgeschlossen sei, dass die Nichteinhaltung von TV bei den Betriebsprüfungen unentdeckt bleibe (so Breidenbach, a.a.O, Seite 1913), ist unzutreffend und verkennt die Funktion und Bedeutung von Betriebsprüfungen. Die Betriebsprüfer sind zu einer Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse nicht verpflichtet (vgl. BSG USK 8750 zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen einer GmbH für die Prüfung der Versicherungspflicht des Geschäftsführers). Betriebsprüfungen brauchen nicht umfassend und erschöpfend zu sein und können sich auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken. Sie sollen einer seits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu; sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm "Entlastung" zu erteilen (BSGE 47, 194, 198; BSG USK 8750). Die sozialgerichtliche Rechtsprechung hat es daher stets abgelehnt, das Vertrauen des Beitragsschuldners in die Nichtbeanstandung unterbliebener Beitragsentrichtung bei Betriebsprüfungen zu schützen (BSG Breithaupt 1976, 303, 305; BSGE 47, 194, 198; BSG USK 8750; LSG Celle KVRS A-3200/6; Senat, Urteil vom 03.09.2002 – L 5 KR 26/01). Das BSG hat sogar ein die Einzugsstelle bindendes Verwirkungshandeln verneint, wenn der Betriebsprüfer anlässlich der Betriebsprüfung eine bestimmte Rechtsauffassung geäußert hatte, ohne einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. BSGE 47, 194, 198). Aufgrund der Nichtbeanstandung der Beitragsabführung bei den Betriebsprüfungen konnten somit die betroffenen Arbeitgeber nicht davon ausgehen, die Einzugsstellen legten der Beitragserhebung das Zuflussprinzip zugrunde. Ebenso wenig bot die Praxis der für die Betriebsprüfungen ab 01.01.1996 zu ständigen Rentenversicherungsträger (deren Zuständigkeit zunächst übergangs weise neben die der Krankenkassen getreten ist, vgl. zur Entwicklung KassKomm – Seewald, § 28f SGB IV Rdnr. 1) eine Grundlage für die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes. Die BfA hat im Parallverfahren L 5 KR 73/02 durchgehend glaubhaft vorgetragen, dass im Bereich ihrer Prüfdienste die Entstehungstheorie im Sinne der Rechtsprechung des BSG Beachtung gefunden habe. Schon in ihren Arbeitsanweisungen aus dem Jahr 1992 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei untertariflicher Bezahlung sich die Beiträge unabhängig von der tatsächlichen Gehaltszahlung nach der Höhe der bei Fälligkeit geschuldeten, aber nicht gezahlten Entgelte richteten. Auch die Beklagte hat mit Übergang der Zuständigkeit für die Betriebsprüfungen das Entstehungsprinzip vertreten und praktiziert. Ob dabei tatsächlich in allen Fällen den Fragen nach der Anwendbarkeit von TV und dem Bestehen tarifvertraglicher Ansprüche und den sich daraus ergebenden versicherungs- und beitragsrechtlichen Folgen nachgegangen worden ist, ist vor dem Hintergrund der oben dargelegten Bedeutung und Funktion von Betriebsprüfungen irrelevant.
Ebenso unbeachtlich ist, ob die Beklagte im Frühjahr 1999 gegenüber der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe geäußert hat, aus "Vertrauensschutzgrün den" würden Beitragsnachforderungen in Fällen der vorliegenden Art für Prüfzeiträume bis 31.12.1998 nicht geltend gemacht und ob sie insoweit tatsächlich Widersprüchen abgeholfen hat. Breidenbach (a.a.O.) irrt, wenn er unter Hinweis auf dieses Handeln der Beklagten meint, damit beruhe das Vertrauen der Arbeitgeber auf der Aufrechterhaltung der Prüfpraxis auch auf einem aktiven Tun – nämlich dem Abhelfen von Widersprüchen – der Rentenversicherungs träger. Er übersieht, dass zum einen Äußerungen und Handlungen im Jahre 1999 keine Grundlage für das Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit eines vor diesem Zeitraum liegenden Handelns bieten können und dass sich vor allem die Äußerung der Beklagten nicht auf das Handeln der Arbeitgeber bezieht, für das diese Vertrauensschutz geltend machen. Diese wollen auf die Geltung des Zu flussprinzips vertraut haben. Genau diese Frage hat die Beklagte aber verneint, sie hat vielmehr – wie auch in der Auskunft der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe eingeräumt wird – darauf hingewiesen, dass bei den Beitragsberechnungen beachtet werde, ob Arbeitsentgelte in einem allgemeinverbindlich erklärten TV festgelegt worden seien. Die Einräumung von Vertrauensschutz betrifft allein die Bewertung der Bedeutung des vorangegangenen Handelns der Einzugsstellen, die unabhängig von der Beurteilung der Beklagten vorzunehmen ist. Nur die LVA Rheinprovinz hat jedenfalls bis Ende 1998 offenbar auch nach außen hin eine andere Position vertreten. Die aus einem – nicht näher bezeichneten – Schreiben von der Steuerberaterkammer Düsseldorf zitierten Äuße rungen gehen tatsächlich von der Anwendung des Zuflussprinzips aus. In den übersandten Arbeitsanweisungen von April und November 1998 wird dementsprechend sogar für den Fall einer untertariflichen Bezahlung die Entscheidung des BSG vom 25.11.1964 (a.a.O.) zitiert und behauptet, bei Vereinbarung einer untertariflichen Entlohnung richteten sich hiernach auch die Beiträge zur Sozialversicherung. Ob in Fällen, in denen Arbeitgeber eine entsprechende Auskunft der LVA Rheinprovinz (die freilich außerhalb von Betriebsprüfungen hierfür nicht zuständig war, da nach § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Einzugsstelle die Zahlung der Beiträge überwacht und nach Absatz 2 Satz 1 ggf. über die Beitragshöhe entscheidet) erhalten haben, Vertrauensschutz zu gewähren wäre, kann dahinstehen; der Kläger hat selbst nicht geltend gemacht, eine entsprechende Auskunft eingeholt zu haben. Allein aufgrund der Haltung der LVA Rheinprovinz kann jedoch ein genereller Vertrauenstatbestand nicht angenommen werden.
b) Selbst wenn man entgegen der Auffassung des Senats einen Vertrauenstatbestand bejahen würde, hielte der Senat das Vertrauen des Klägers nicht für schutzwürdig. Wie oben dargelegt, kann sich die Frage des Vertrauens nur stellen, wenn dem Arbeitgeber bekannt war, dass kollektivvertraglich ein höheres als das individualvertraglich vereinbarte und tatsächlich gezahlte Entgelt geschuldet wurde.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die spätere Feststellung eines höheren Entgeltanspruchs als Bemessungsgrundlage für Beiträge für vergangene Zeiträume nicht eine nachträgliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entrichtung von Beiträgen begründet, sondern lediglich eine bereits in der Vergangenheit entstandene Beitragsforderung geltend gemacht wird (zutreffend Klose, a.a.O., Seite 12). Die Einzugsstellen mögen in der Vergangenheit bei Betriebsprüfungen sich mit der Prüfung der Lohnkonten auf der Grundlage der tatsächlich gezahlten Entgelte begnügt und es unterlassen haben, der Frage nachzugehen, ob nicht tatsächlich aufgrund tarifvertraglicher Ansprüche höhere Beitragsansprüche bestanden. Die betroffenen Arbeitgeber konnten somit allenfalls darauf vertrauen, die für die Betriebsprüfungen nunmehr zuständigen Rentenversicherungsträger würden es weiterhin unterlassen, entstandene Beitragsforderungen durchzusetzen. Es ist schon zweifelhaft, ob insoweit schutzwürdiges Vertrauen bestehen kann.
Vertrauensschutz muss jedenfalls dann verneint werden, wenn das Verhalten des Vertrauensschutz beanspruchenden Schuldners sich als Verstoß gegen die Rechtsordnung darstellt. So liegt es hier. Der Kläger hat die im Bereich des Einzelhandels geltenden tarifvertraglichen Regelungen verletzt. Unter Verstoß gegen die zwingenden (§ 4 Abs. 1 TVG) Rechtsnormen des im streitigen Zeitraum geltenden MTV hat er der Beigeladenen zu 1) wesentliche Entgeltanteile vorenthalten. Die AVE eines TV setzt nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TVG ein öffentliches Interesse an der allgemeinen Geltung der tarifvertraglichen Regelungen voraus. Sie ist ein staatlicher Normsetzungsakt eigener Art, mit der der Staat die Tarifnormen in seinen Willen aufnimmt (Löwisch/Riebele, a.a.O., § 5 Rdnr. 14). Mit der AVE wird die Effektivität der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung gesichert. Die AVE ist ein Instrument, das die von Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) intendierte autonome Ordnung des Arbeitslebens durch die Koalitionen abstützen soll, indem sie den Normen der TV zu größerer Durchsetzungskraft verhilft. Daneben dient sie dem Ziel, den Außenseitern angemessene Arbeitsbedingungen zu sichern. Insoweit beruht die AVE auf der subsidiären Regelungszuständigkeit des Staats, die immer dann eintritt, wenn die Koalitionen die ihnen übertragene Aufgabe, das Arbeitsleben durch TV sinnvoll zu ordnen, im Einzelfall nicht allein erfüllen können und die soziale Schutzbedürftigkeit einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppe oder ein sonstiges öffentliches Interesse ein Eingreifen des Staates erforderlich machen (so BVerfGE 44, 322, 342). Die AVE tritt also als "Gesetzesersatz" (so Wank in: Wiedemann, TVG, 6. Aufl., § 5 Rdnr. 6) an die Stelle einer "eigentlich" erforderlichen gesetzlichen Regelung. Mit der AVE sollten den Beschäftigten im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes (auch) über den laufenden Lohn hinaus bestimmte Zuwendungen garantiert und gleichzeitig für alle Unternehmen im Geltungsbereich gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Der Kläger hat sich über die durch die TV geschaffene Rechtslage durch Zahlung einer untertariflichen Vergütung hinweggesetzt. Ob er sich arbeitsrechtlich gegenüber Lohnnachforderungen der Beigeladenen 1) auf die Verfallklausel des § 16.1 MTV berufen könnte (vgl. dazu Wank, a.a.O., § 4 Rdnr. 787 ff) kann dahinstehen. Angesichts des öffentlichen Interesses an der vollständigen Erhebung von Einnahmen in der Sozialversicherung (§ 76 Abs. 1 SGB IV) ist ein Vertrauen darauf, dass der Rechtsverstoß sich (auch) beitragsrechtlich "auszahlt", nicht schutzwürdig; viel mehr ist es geboten, die bereits in der Vergangenheit entstandenen Beitragsansprüche durchzusetzen, nachdem der höhere Entgeltanspruch als Bemessungsgrundlage für die Beiträge erkannt worden ist.
B) IV. 1. Die Beklagte durfte bei der Betriebsprüfung die Wirksamkeit der einzelvertraglichen Lohnabsprache zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) überprüfen. Soweit bezweifelt wird, dass die Rentenversicherungsträger bei Betriebsprüfungen die Gültigkeit arbeitsrechtlicher Regelungen uneingeschränkt überprüfen dürfen (so Schmiedl NZS 2001, 638, 639f), geht diese Ansicht von der – wie dargelegt – unzutreffenden Ansicht aus, das BSG habe das Zuflussprinzip nur insoweit aufgegeben, als es um die Vermeidung "krasser sozialer Nachteile" gehe. Im Übrigen räumt auch diese Ansicht den Rentenversicherungsträgern in einem gewissen Umfang ein Überprüfungsrecht ein. Die hierfür genannten Voraussetzungen liegen hier vor. Wenn entgegen den Bestimmungen eines zwingend geltenden (§ 4 Abs. 1 TVG) allgemeinverbindlich erklärten TV ein untertariflicher Lohn gezahlt wird, ist die vom TV abweichende Individualabrede "evident unwirksam". Da nach dem Tarifvertragsrecht weder für den Arbeitnehmer nachteilige Abmachungen (§ 4 Abs. 3 TVG) noch ein Verzicht auf entstandene Rechte möglich sind (§ 4 Abs. 4 TVG), drängt sich die Unwirksamkeit der individualvertraglichen Vereinbarung eines untertariflichen Lohnes auch sofort auf, so dass ein Überprüfungsrecht der Beklagten in Fällen dieser Art nicht in Frage gestellt werden kann. Soweit geltend gemacht wird, die Arbeitnehmer seien nach dem Tarifvertragsgesetz nicht verpflichtet, tarifvertragliche Ansprüche geltend zu machen und Außenstehende seien von sich aus nicht legitimiert, die Ansprüche von tarifgebundenen Personen zu verfolgen, berührt dieser Gesichtspunkt die Beitragsnachforderung nicht. Die Beklagte macht keine privatrechtlichen, auf dem TV beruhenden Ansprüche geltend, sondern sie hat lediglich Beiträge nach dem tarifvertraglich geschuldeten Entgelt berechnet und verfolgt die sich daraus ergebenden öffentlich-rechtlichen Beitragsansprüche.
2. Fehler bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Entgeltes sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat den Fehler im Bescheid vom 07.12.2000, in dem sie bei der Ermittlung des Entgeltes einen Anspruch auf "volles" Urlaubsgeld berücksichtigt hat, in der Fassung des Bescheides vom 28.01.2003 berichtigt. Sie hat nunmehr zutreffend den individuellen Urlaubsgeldanspruch für die Beigeladene zu 2) unter Zugrundelegung eines die Teilzeitbeschäftigung berücksichtigenden Faktors gemäß § 7.5.3 MTV neu ermittelt und bei der Berech nung des beitragspflichtigen Entgelts zugrundegelegt. Einwendungen gegen das neu berechnete Entgelt hat auch der Kläger nicht erhoben.
3. Auf der Grundlage der von der Beklagten ermittelten Entgeltansprüche sind die Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung zu Recht festgesetzt worden (§§ 123 Abs. 2, 226 Abs. 1 SGB V, 161, 162 Nr. 1 SGB VI, 57 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 226 Abs. 1 SGB V, 341 Abs. 3, 342 SGB III). Für die Beitragsansprüche ist unerheblich, ob die Entgeltansprüche aufgrund der Verfallklausel des § 16.1 MTV untergegangen sind (BSGE 75, 61, 66).
Die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ergibt sich aus § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Hinsichtlich der geforderten Beiträge zu den Umlagen U 1/U 2, für deren Bemessung die gleiche Grundlage wie für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung maßgebend ist (§ 14 Abs. 2 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG)), folgt die Zahlungspflicht des Klägers aus § 14 Abs. 1 LFZG.
B) V. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis 01.01.2002 geltenden Fassung. § 197 a SGG in der seit 02.01.2002 geltenden Fassung findet keine Anwendung, da das neue Kostenrecht nur in den Verfahren anzuwenden ist, die nach dem Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes anhängig geworden sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24; zuletzt BSG, Urteil vom 28.11.2002 – B 7/1 A 2/00 R). Da sich die Beigeladene zu 2) nicht am Verfahren beteiligt hat, hat der Senat davon abgesehen, ihre Kosten dem Kläger aufzuerlegen.
Der Senat hat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 08.09.2004
Zuletzt verändert am: 08.09.2004