Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 31.03.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger mit dem Medikament Caverject zur Behandlung der erektilen Dysfunktion versorgen muss.
Der 1948 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Seit einem im Jahr 1989 erlittenen Unfall besteht eine Querschnittslähmung mit einer erektilen Dysfunktion. Der Kläger ist in der Vergangenheit zu Lasten der Beklagten mit dem Medikament Caverject im Rahmen einer Schwellkörperautoinjektionstherapie versorgt worden.
Mit einer privatärztlichen Verordnung vom 09.02.2004 beschaffte sich der Kläger am 12.02.2004 erneut das Medikament Caverject (Kosten 294,00 Euro). Die beantragte Kostenerstattung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.03.2004 ab, da auf Grund der seit dem 01.01.2004 geltenden Rechtslage das Arzneimittel Caverject nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden könne. Gegen den nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid legte der Kläger am 11.11.2004 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er auf eine Stellungnahme des Privatdozenten Dr. Q vom 28.09.2004 verwies, wonach die Caverject-Medikation nicht primär zum Potenzerhalt, sondern zum möglichst adäquaten Aufrechterhalten der Lebensqualität durch das Vermeiden einer reaktiven Depression indiziert sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 17.01.2005 Klage erhoben, mit der er zum Einen die Erstattung der ihm bisher entstandenen Kosten in Höhe von 294,00 Euro sowie die künftige Gewährung des Medikaments Caverject begehrt hat. Der gesetzliche Leistungsausschluss für Medikamente, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten, könne in seinem Fall nicht gelten, da es bei ihm nicht um die Erhöhung der Lebensqualität, sondern darum gehe, dass ein krankhafter Zustand beseitigt werde. Es sei anerkannt, dass eine erektile Dysfunktion eine Krankheit sei, somit habe er Anspruch auf ein Mittel, mit dem ihm eine möglichst normale sexuelle Betätigung ermöglicht werde.
Mit Urteil vom 31.03.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach der seit dem 01.01.2004 geltenden Rechtslage bestehe kein Versorgungsanspruch, da Caverject als Mittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion von der Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sei. Gegen diesen Leistungsausschluss bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung hält der Kläger an seiner Auffassung fest, dass in seinem Fall die Verordnung von Caverject zur Linderung von Krankheitsbeschwerden erforderlich sei. Behandlungsalternativen seien nicht vorhanden. Der Leistungsausschluss von Arzneimitteln, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, sei nicht verfassungsgemäß. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht beachtet worden. Als milderes Mittel wäre eine Differenzierung hinsichtlich der Darreichungsform der Medikamente in Betracht gekommen. Der Gesetzgeber hätte eine Härtefallregelung schaffen müssen, durch die es denjenigen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung, die auf Grund einer Querschnittslähmung bzw. Behinderung zwingend auf eine entsprechende Therapie angewiesen seien, ermöglicht werde, ihr menschliches Grundbedürfnis nach Sexualität ausleben zu können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 31.03.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 zu verurteilen, ihm 294,00 Euro zu erstatten und ihn in der Zukunft nach jeweiliger ärztlicher Verordnung mit dem Arzneimittel "Caverject" zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die Rechtsprechung des BSG bestätigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klagefrist (§ 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) gewahrt. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger am 16.12.2004 zugestellt worden, die Klageschrift ist am 17.01.2005, einem Montag, bei Gericht eingegangen. Die Feststellung des Sozialgerichts im Tatbestand des Urteils, die Klage sei am 18.01.2005 eingegangen, ist falsch. Zwar trägt die Klageschrift den Eingangsstempel vom 18.01.2005. Der Kläger hat aber durch die schlüssige und glaubhafte Erklärung seiner Bevollmächtigten und die eidesstattliche Versicherung ihres Vaters nachgewiesen, dass tatsächlich die Klageschrift schon am 17.01.2005 in den Briefkasten des Gerichts gelangt ist. Die Poststelle des Sozialgerichts hat auch eingeräumt, dass ein falscher Eingangsstempel auf die Klageschrift gelangt sein kann. Soweit das Sozialgericht nur "zu Gunsten des Klägers" von der Einhaltung der Klagefrist ausgegangen ist, ist darauf hinzuweisen, dass es von Amts wegen zu prüfen gehabt hätte, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen, wozu auch die Einhaltung der Klagefrist zählt. Es konnte nicht einerseits im Tatbestand feststellen, dass die Klage erst am 18.05.2005 eingegangen war, andererseits aber ohne weiteres von der Zulässigkeit der Klage ausgehen.
In der Sache ist der Bescheid der Beklagten vom 02.03.2004 nicht zu beanstanden. Der Kläger hat für den Zeitraum ab dem 01.01.2004 keinen Anspruch auf die Versorgung mit dem Arzneimittel Caverject oder einem vergleichbaren Arzneimittel.
Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7, 8 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sind von der Versorgung Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind u. a. Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen. Hierzu zählt auch das hier streitige Arzneimittel Caverject (vgl. BSG, Urteil vom 18.07.2006 – B 1 KR 10/05 R). In der zitierten Entscheidung hat das BSG erneut bestätigt, dass nach der genannten Regelung ausnahmslos alle Arzneimittel von der Verordnung zu Lasten der GKV ausgeschlossen sind, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen. Der Senat kann zwar nachvollziehen, dass der Kläger angesichts seines Schicksals die Behandlung mit Caverject nicht als Erhöhung der Lebensqualität ansieht, sondern als Mittel zur Herstellung normaler körperlicher Funktionen. Gleichwohl schließt das Gesetz unabhängig von den Gründen für die erektile Dysfunktion ausdrücklich alle Mittel zur Behandlung dieser Gesundheitsstörung von Leistungspflicht aus.
Dieser Leistungsausschluss ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Auffassung des Klägers, der Ausschluss sei unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber keine Ausnahmeregelung für medizinische Härtefälle vorgesehen habe, teilt der Senat nicht. Davon abgesehen, dass es schon zweifelhaft erscheint, in welcher Weise solche Härtefälle hätten sachgerecht abgegrenzt werden können, liegt es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, auch Leistungen völlig aus der GKV auszuschließen. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des BSG in dem genannten Urteil an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere hat der Rechtsstreit im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BSG keine grundsätzliche Bedeutung.
Erstellt am: 22.03.2007
Zuletzt verändert am: 22.03.2007