Der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 18.12.2014 wird abgeändert. Die Kosten für das nach § 109 Sozialgerichtsgesetz -SGG- eingeholte Gutachten des Dr. Q vom 02.08.2013 werden auf die Landeskasse übernommen.
Gründe:
I.
In der Hauptsache war ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
In dem Klageverfahren gegen den die Gewährung einer Rente ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2012 holte das Sozialgericht von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachtes des Dr. D ein. Dieser diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers am 21.02.2013 pseudoradikuläre Lumboischialgien links ohne komplizierende Nervenwurzelbeteiligung, einen Zustand nach Carpaltunneloperation beidseits, eine leichtgradig ausgeprägte depressive Episode sowie Klaustrophobie. Er hielt die Verrichtung einer körperlich leichten, punktuell mittelschweren Tätigkeit täglich sechs Stunden und mehr für möglich. Auf Antrag des Klägers holte das Sozialgericht ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Q ein. Dieser diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers am 01.08.213 ein Angstsyndrom in Verbindung mit depressiven Stimmungsschwankungen, eine Schädigung des Mittelhandnerves an beiden Händen sowie Verschleißerscheinungen an der Lendenwirbelsäule. In seiner Leistungsbeurteilung kam er zu dem Ergebnis, dass er zwar mit den Befunderhebungen des Dr. D übereinstimme, aber die Leistungsfähigkeit des Klägers nur noch für eine Tätigkeit in einem Umfang von unter zwei Stunden täglich als gegeben sehe. Durch Urteil vom 30.01.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung der Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. D angeschlossen.
Im Berufungsverfahren beauftragte der Senat u.a. den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Dieser diagnostizierte auf Grund seiner Untersuchung des Klägers am 08.10.2014 eine Anpassungsstörung mit anhaltender mittelschwerer depressiver Episode, eine ängstlich-abhängige Persönlichkeit, eine Agora- und Klaustrophobie, eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein leichtgradige Medianus-Neuropathie rechts. Er gelangte zu der Einschätzung, dass der Kläger auch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen seit dem Monat der Antragstellung (Februar 2012) nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich tätig sein könne. In der Beurteilung des zeitlichen Leistungsvermögens nähere er sich der des Sachverständigen Dr. Q an. Die Beklagte erklärte sich daraufhin bereit, ausgehend von einem im Dezember 2013 eingetretenen Leistungsfall (mittlerer Zeitpunkt der Untersuchungen durch Dr. D und Dr. G) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis März 2016 zu bewilligen. Der Kläger nahm das Angebot an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Den Antrag des Klägers vom 12.12.2014 auf Übernahme der Kosten für das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten des Dr. Q auf die Landeskasse hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 18.12.2014 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Gutachten dieses Sachverständigen habe die Aufklärung des Sachverhalts nicht weiter gefördert. Für die sich zweitinstanzlich ergebende Einigung habe die Beklagte ausschließlich auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. D und Dr. G abgestellt.
Gegen den am 07.01.2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 14.01.2015 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt gewesen sei. Denn das Berufungsgericht habe ein weiteres Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von Amts wegen eingeholt, nachdem die Berufung insbesondere auch auf die Beurteilung des erstinstanzlich nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen gestützt worden sei.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Über die Frage, wer die Kosten für das Gutachten endgültig trägt, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Übernahme der Gutachterkosten ist dann gerechtfertigt, wenn das Gutachten die Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes objektiv gefördert hat. Das ist der Fall, wenn das Gutachten den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht weiter aufgeklärt und neue Erkenntnisse für die Beurteilung der streitentscheidenden Fragen gebracht hat oder wenn es weitere Beweiserhebungen von Amts wegen erforderlich gemacht hat.
Dabei darf nicht allein auf das erstinstanzliche Verfahren geblickt werden; vielmehr ist es ausreichend, wenn der Beitrag zur Sachaufklärung und die Entscheidungserheblichkeit erst im Berufungsverfahren erkannt worden ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11 Aufl. 2014, § 109 Rdz 16a).
Grundsätzlich rechtfertigt allein der Umstand, dass sich das Berufungsgericht aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen Dr. Q zu weiterer medizinischer Sachaufklärung veranlasst gesehen hat, nicht die Übernahme der Kosten auf die Landeskasse. Die Einholung des weiteren Gutachtens von Dr. G war erforderlich, um die von den bisherigen Ergebnissen abweichende Leistungsbeurteilung des auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen Dr. Q überprüfen zu können. Diese vom Berufungsgericht für notwendig erachtete Prüfung kann im Einzelfall dazu führen, dass die abweichende Beurteilung bestätigt oder durch das weitere Gutachten entkräftet wird. Vorliegend hat der Sachverständige Dr. G zwar nicht die Leistungseinschätzung des Dr. Q vollumfänglich bestätigt. Er hat aber ebenso wie dieser eine Leistungsminderung in rentenberechtigenden Maß ab Antragstellung festgestellt. Unerheblich ist, dass die Beklagte in ihrem Vergleichsangebot auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. D und Dr. G abgestellt hat. Die Frage, inwieweit die Beklagte sich den Ausführungen eines vom Gericht nach § 106 SGG gehörten Sachverständigen anschließt, ist kein Kriterium für die Frage, ob die Kosten für ein Gutachten eines nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen auf die Landeskasse zu übernehmen sind.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 21.04.2016
Zuletzt verändert am: 21.04.2016