Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.01.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten, mit dem diese die Rückzahlung eines Darlehens begehrt.
Die 1970 geborene Klägerin bezog von der Beklagten bis zum 31.12.2004 (Sozialhilfe-) Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Seit dem 01.01.2005 erhält sie Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Am 09.11.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie beabsichtige, gemeinsam mit vier Kindern zum 01.11.2004 aus ihrer derzeitigen Wohnung in eine Wohnung B 00 in X umzuziehen. Nachdem die Beklagte unter dem 09.11.2004 der Klägerin bestätigt hatte, dass das von ihr eingereichte Wohnungsangebot den sozialhilferechtlichen Bestimmungen der Stadt X entspreche, legte die Klägerin einen von ihr am 17.11.2004 unterzeichneten Mietvertrag vor. Dessen § 7 (Mietsicherheit) enthielt die Verpflichtung des Mieters, zur Sicherung von Forderungen des Vermieters aus diesem Mietvertrag (z.B. Miete, Ansprüche auf Schadenersatz u.a.) eine Mietsicherheit in Höhe von 920,00 EUR zu leisten. § 11 des Mietvertrages sah eine Verpflichtung des Mieters vor, bei Auszug die Wohnung zu renovieren.
Unter dem 19.11.2004 sicherte die Beklagte dem Vermieter die Zahlung eines Ausgleichsbetrages bis zur Höhe der vereinbarten Kaution von 920,00 EUR zu, "wenn und soweit die Voraussetzungen für einen Rückgriff auf die Kaution" gegeben seien. Eine Durchschrift dieses Schreibens erhielt die Klägerin als Anlage zu einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom selben Tag mit folgendem Inhalt:
" nach Ihrem Mietvertrag sind Sie verpflichtet, eine Kaution/Sicherheitsleistung im Betrag von 920,00 EUR zu erbringen. Da Sie zurzeit über keine ausreichenden Mittel verfügen, habe ich Ihrem Vermieter gegenüber die als Durchschrift beigefügte Garantieerklärung abgegeben. Sie sind verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten nach Unabhängigkeit von Hilfe zum Lebensunterhalt die o.a. Kaution/Sicherheitsleistung an Ihren Vermieter zu entrichten bzw. mit diesem Ratenzahlung zu vereinbaren. Für den Fall, dass ich nach Ihrem Ausscheiden aus dem Sozialhilfebezug dennoch aus der Garantieerklärung in Anspruch genommen werde, erfolgt die Leistung als Darlehen gemäß § 15a Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Bezüglich der Darlehenstilgung erhalten Sie dann einen gesonderten Bescheid."
Am 18.05.2005 teilte der Vermieter der Wohnung B 00 der Beklagten mit, dass die Klägerin die Schlüssel zu der von ihr angemieteten Wohnung am 12.05.2005 (nach erfolgter Kündigung der Wohnung durch die Klägerin zum 30.04.2005) zurückgegeben habe. Bei Abnahme der Wohnung sei festgestellt worden, dass die Klägerin die Wohnung nicht, wie mietvertraglich vereinbart, in einem renovierten Zustand verlassen habe. Vielmehr hätten die Wände erhebliche Mängel durch die von der Klägerin gehaltenen Katzen aufgewiesen. Außerdem sei die Tapete in der Küche blau gestrichen. Des Weiteren seien Schäden am Laminatboden sowie an den Fliesen im Badezimmer vorgefunden worden. Da die Wohnung in diesem Zustand nicht vermietet werden könne, sei er gezwungen, die erforderlichen Arbeiten durch Handwerker ausführen zu lassen. Sobald die Arbeiten erledigt seien, würden die entstandenen Kosten mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 19.05.2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die am 19.11.2004 garantierte Kaution werde aller Voraussicht nach fällig. Es werde um Stellungnahme bis zum 31.05.2005 gebeten. Auf den Bescheid vom 19.11.2004, wonach eine Rückzahlungsverpflichtung durch die Klägerin im Falle der Inanspruchnahme der Kaution bestehe, werde hingewiesen. Die Klägerin teilte unter dem 30.05.2005 mit, bei der Übergabe sei festgestellt worden, dass ihre Katzen an der Tapete gekratzt hätten. Arbeiten am Laminatboden sowie an den Fliesen im Badezimmer weise sie jedoch zurück, da diese schon bei Einzug nicht ordnungsgemäß verlegt gewesen seien, so dass die Fliesen im Badezimmer sich beim Begehen bewegt hätten.
Die Beklagte forderte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 30.05.2005 auf, sich mit ihrem Vermieter in Verbindung zu setzen, ggf. unter Vorlage des Übergabeprotokolls vom Einzug, damit eventuell Kosten für die Beseitigung der Schäden an den Badfliesen nicht zu ihren Lasten abgerechnet würden.
Der Vermieter übersandte der Beklagten als Anlage zu einem Schreiben vom 09.06.2005 (Eingangsvermerk Beklagte: 11.08.2005) ein von der Klägerin am 12.05.2005 unterzeichnetes Abnahme-/Übergabeprotokoll. Darin ist hinsichtlich der Küche festgehalten, dass blaue Farbe an der Wand vorhanden sei. Hinsichtlich des Bades ist ausgeführt, dass Bodenfliesen lose seien. Hinsichtlich der Räume 1 – 4 ist festgehalten, dass die Tapete Kratzspuren aufweise, bezüglich des Raumes 4 zudem, dass das Laminat wellig liege. Zu dem (formularmäßig vorgesehenen) Gliederungspunkt "Folgende Arbeiten werden noch von den ausziehenden Mietern erledigt" sind ebensowenig Eintragungen verzeichnet wie zu dem Punkt "Folgende Arbeiten werden noch von dem Vermieter erledigt". Zudem finden sich u.a. die weiteren (formularmäßig vorgedruckten) Bemerkungen "Die Richtigkeit des Abnahme-/Übergabeprotokolls erkennen alle Parteien an" sowie "Die Parteien erklären den Zustand des Mietobjekts als vertragsmäßig".
Das Schreiben des Vermieters vom 09.06.2005 nennt zudem als (weitere) Anlage ein (Sanierungs-) Angebot einer SRG Bauservice GmbH; diese Anlage befindet sich jedoch nicht bei der Verwaltungsakte der Beklagten.
Auf dem Schreiben des Vermieters wurde daraufhin der folgende handschriftliche Vermerk der Beklagten angebracht: "Frau S hat das Übergabeprotokoll in der Form unterschrieben (siehe Anlage). Sie wurde schon darüber informiert, dass die Kaution fällig wird." Die Beklagte veranlasste daraufhin am 01.09.2005 eine Einmalzahlung in Höhe von 920,00 EUR an den Vermieter. Einen weiteren Bescheid an die Klägerin erließ sie in diesem Zusammenhang nicht; auch brachte sie ihr die Zahlung nicht in anderer Form zur Kenntnis.
Mit Schreiben vom 13.07.2009 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer Rückforderung eines Darlehens an. Dabei teilte sie ihr (erstmals) mit, dass der Vermieter die Garantie im Juni 2005 in Anspruch genommen habe und die Zahlung am 01.09.2005 erfolgt sei. Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 10.08.2009 mit, die von der Katze verursachten Schäden könnten unmöglich 920,00 EUR Reparaturkosten herbeigeführt haben. Die Kachel im Badezimmer sei schon bei Einzug angebrochen gewesen. Nach nur fünf Monaten Mietdauer habe die Wohnung nicht vollständig renoviert werden müssen. Sie bitte darum, eine Reparaturrechnung beim Vermieter anzufordern. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 19.08.2009 mit, aufgrund des von dieser unterschriebenen und somit anerkannten Abnahmeprotokolls habe sie – die Beklagte – gegenüber dem Vermieter den garantierten Kautionsbetrag gezahlt. Da der Klägerin mit Bescheid vom 19.11.2004 mitgeteilt worden sei, dass Zahlungen als ein an sie gewährtes Darlehen erfolgen würden, begründe dies ihre Verpflichtung zur Rückzahlung.
Mit Bescheid vom 07.09.2009 forderte die Beklagte von der Klägerin das ihr "mit Bescheid vom 19.11.2004 gemäß § 15a BSHG gewährte Darlehen" in Höhe von 920,00 EUR zurück. Die Beklagte sei in voller Höhe aus der von ihr abgegebenen Garantieerklärung in Anspruch genommen worden. Der zugesicherte Kautionsbetrag sei dem Bescheid vom 19.11.2004 folgend als Darlehen gemäß § 15a BSHG ausgezahlt worden. Als Darlehensnehmerin sei die Klägerin zur Rückzahlung verpflichtet. Auf die Rückzahlungsverpflichtung für den Fall der Inanspruchnahme der Garantie sei sie sowohl anlässlich der Anmietung der Wohnung als auch nach dem Auszug hingewiesen worden.
Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin aus, aus dem im Mai 2005 beendeten Mietverhältnis stünden dem damaligen Vermieter keinerlei Ansprüche mehr zu. Die Auszahlung der Kaution auf einfaches Anforderungsschreiben vom 13.05.2005 sei nicht zulässig gewesen. Der Vermieter habe lediglich mitgeteilt, die Wohnung sei in einem unrenovierten Zustand verlassen worden. Das Wohnungsabnahmeprotokoll stelle kein Anerkenntnis irgendwelcher Schadensbeseitigungspflichten bzw. Schadenersatzverpflichtungen dar, auch wenn es von ihr unterzeichnet worden sein sollte. Sie sei aufgrund des Mietvertrages vom 17.11.2004 auch nicht in rechtswirksamer Art und Weise zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet gewesen. Die Klausel in § 11 des Mietvertrages sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 12.09.2007 – VIII ZR 316/06) unwirksam; wegen der Kürze der Mietdauer komme sie ohnehin nicht zur Anwendung. Aufgrund der erheblich verzögerten Bearbeitung des Vorgangs durch die Beklagte habe sie – die Klägerin – aufgrund der eingetretenen Verjährung keinerlei Möglichkeiten mehr, zivilrechtlich gegen den damaligen Vermieter vorzugehen. Sie habe zudem bereits mit Schreiben vom 30.05.2005 einer Inanspruchnahme der Garantieerklärung durch den Vermieter widersprochen. Trotz dieser eindeutigen Hinweise sei es versäumt worden, sie über die tatsächliche (unberechtigte) Auszahlung an den Vermieter in Kenntnis zu setzen. Im Übrigen sei sie mit Ablauf des 31.12.2004 aus dem Sozialhilfebezug ausgeschieden. Die dreijährige Verjährungsfrist, die vorliegend zur Anwendung gelange, sei daher bezogen auf die geltend gemachte Rückforderung abgelaufen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das aufgrund der Garantieerklärung vom 19.11.2004 gewährte Darlehen werde in vollem Umfang zurückgefordert. Die Klägerin habe auf das Schreiben der Beklagten vom 30.05.2005, mit dem sie gebeten worden sei, das Einzugsübergabeprotokoll einzureichen, nicht reagiert. Jedoch habe sie das Auszugsübergabeprotokoll vom 12.05.2005 ihrerseits unterschrieben. Daraufhin sei der garantierte Betrag in Höhe von 920,00 EUR an die Hausverwaltung des Vermieters überwiesen und als Darlehen gewährt worden. Mit der Vorgehensweise im November 2004 (Abgabe einer Garantieerklärung) habe sich die Klägerin ausdrücklich einverstanden erklärt. Es seien zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse zu unterscheiden. Zum einen habe zwischen der Klägerin und ihrem damaligen Vermieter ein bürgerlich-rechtliches Mietverhältnis bestanden. Hieraus habe sich die Verpflichtung der Klägerin zur Kautionszahlung ergeben; die Hausverwaltung habe sich allerdings einverstanden erklärt, dass die vereinbarte Kaution nicht sofort, sondern erst nach Beendigung des Mietverhältnisses gezahlt werde, sofern die Voraussetzungen für einen Rückgriff vorlägen. Auf der anderen Seite sei unabhängig von diesem Mietverhältnis ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter entstanden, das sich konkret nach den einschlägigen Bestimmungen des BSHG und den entsprechenden Bescheiden richte. Auf die Inanspruchnahme durch die Hausverwaltung (Schreiben vom 13.05.2005), mit dem konkrete Schäden behauptet worden seien, sei der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; um nicht vorschnell die Zahlung zu veranlassen, sei sie (vergeblich) gebeten worden, das Einzugsübergabeprotokoll beizubringen. Die Angabe der Klägerin, dass die Mängel bereits bei Einzug vorgelegen hätten, habe daher nicht verifiziert werden können. Aufgrund des Auszugsübergabeprotokolls vom 12.05.2005 habe daher davon ausgegangen werden müssen, dass die Mängel tatsächlich durch die Klägerin verursacht worden seien. Es gehe nicht allein um Schönheitsreparaturen, da der Vermieter konkrete Mängel geltend gemacht habe. Hinsichtlich der von der Klägerin eingeräumten Schäden an den Tapeten werde auf die im Jahre 2005 im Handwerk üblichen Stundenlöhne in Höhe von mindestens 30,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer verwiesen. Unter Berücksichtigung weiterer Materialkosten lasse sich unschwer folgern, dass der Kautionsbetrag nicht ausgereicht haben dürfte, die Ansprüche des Vermieters zu befriedigen. Der Zeitablauf zwischen Darlehensgewährung und Rückforderung begründe eine Verwirkung nicht.
Die Klägerin hat am 15.04.2011 beim Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung des Rückforderungsbescheides. Ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren ergänzend, hat sie die Auffassung vertreten, ausweislich der "Abtretungsurkunde mit der Klägerin" sei die Beklagte ausschließlich aktivlegitimiert zur Geltendmachung der Kautionsforderung/Rückzahlungsforderung gegen den Vermieter. Die Beklagte habe in pflichtwidriger Weise nichts veranlasst, um die Rechtsposition der Klägerin zu wahren. Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten unterliege nach dem Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts zum 01.01.2002 der Regelverjährungsfrist von drei Jahren (VG Frankfurt, Urteil vom 27.01.2005 – 3 E 2596/03). Im Übrigen habe die Beklagte in einem vergleichbaren Fall (SG Düsseldorf – S 42 SO 213/11) ein Anerkenntnis abgegeben.
Die Klägerin hat erstinstanzlich schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid des Oberbürgermeisters der Stadt X vom 07.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in Ergänzung zu Ihrem Widerspruchsbescheid ausgeführt, eine Verjährung des Darlehensrückforderungsanspruchs sei nicht eingetreten. Der Bewilligungsbescheid vom 19.11.2004 habe keine Regelung zur Fälligkeit des Darlehens enthalten; diese sei erst im Bescheid vom 07.09.2009 gesondert geregelt worden. Vom Sozialgericht auf Rechtsprechung des Sozialgerichts Braunschweig (Urteil vom 17.04.2009 – S 17 AS 2140/08) hingewiesen, aus der sich ergebe, dass die Rückforderung einer erbrachten Leistung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die vorherige Aufhebung eines hierzu ergangenen Verwaltungsakts voraussetze, hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der dem genannten Urteil zu Grunde liegende Sachverhalt sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Es sei rechtlich nicht nachvollziehbar, warum bei der Rückforderung einer einmaligen Leistung zur Finanzierung einer Mietkaution die Aufhebung des Bewilligungsbescheides erforderlich sein sollte.
Die Beteiligten haben erstinstanzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 25.01.2012 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 07.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 aufgehoben. Es sei bereits zweifelhaft, ob es durch den Bescheid vom 19.11.2004 in Verbindung mit der später erfolgten Inanspruchnahme aus der Garantieerklärung durch den Vermieter überhaupt zu einer rechtswirksamen Darlehensgewährung gekommen ist. Der Bescheid vom 19.11.2004 weise nur darauf hin, dass für den Fall einer Inanspruchnahme der Beklagten aus der Garantieerklärung nach dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Sozialhilfebezug die Leistung als Darlehen gemäß § 15a BSHG erfolgen werde. Eine ausdrückliche und unmissverständliche Darlehensbewilligung sei deshalb mit diesem Bescheid nicht erfolgt. Selbst wenn man jedoch in dem Bescheid vom 19.11.2004 eine Darlehnsbewilligung sehen würde, käme eine Rückforderung mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Es handele sich nicht um eine Rückforderung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X, weil die Beklagte den Bescheid vom 19.11.2004 nicht aufgehoben habe. Auch die Voraussetzungen einer Rückforderung nach § 50 Abs. 2 SGB X seien nicht erfüllt. Ohne weitere Begründung hat das Sozialgericht entschieden, außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten.
Gegen das der Beklagten am 02.02.2012 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 15.02.2012. Sie hält an der Auffassung fest, der Bescheid vom 19.11.2004 regele eindeutig, dass gegenüber dem Vermieter eine Garantieerklärung der Beklagten hinsichtlich der Kaution für den Fall abgeben werde, dass ein Rückgriff darauf erforderlich werde, und dass für diesen Fall die Kaution als Darlehen gewährt werde. Die Höhe der gewährten Kaution sei bekannt gewesen. Über die Darlehenstilgung habe, für den Fall eines Rückgriffs auf die Garantieerklärung, ein gesonderter Bescheid an die Klägerin ergehen sollen; dieser Bescheid sei am 07.09.2009 ergangen. Es handele sich keineswegs um eine Rückforderung i.S.d. § 50 SGB X; vielmehr gehe es um die Erstattung eines nach § 15a BSHG gewährten Darlehens. Daher sei der Bescheid über die Gewährung des Darlehens vom 19.11.2004 nicht aufzuheben gewesen, sondern bilde die Grundlage für die Rückforderung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.01.2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für richtig und nimmt im Übrigen auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen Bezug. Eine ihrerseits ausdrücklich auf die vom Sozialgericht getroffene Kostengrundentscheidung beschränkte Berufung hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung und der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
I. Nach Rücknahme der Berufung der Klägerin ist Gegenstand der rechtlichen Würdigung allein die Berufung der Beklagten. Gegenstand des Klageverfahrens und des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 07.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II. Das Sozialgericht hat auf die von der Klägerin in zulässiger Weise erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) den angefochtenen Bescheid vom 07.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2011 im Ergebnis zu Recht aufgehoben; denn die Klägerin war insoweit beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Der Beklagten steht ein Rückforderungsanspruch in Höhe des durch die angefochtenen Bescheide geltend gemachten Betrages von 920,00 EUR nicht zu.
1. Zwar teilt der Senat die Auffassung der Beklagten, dass es einer Aufhebung eines Darlehensbescheides nicht bedarf, um ein Darlehen durch Verwaltungsakt zurückzufordern. Eine durch Verwaltungsakt getroffene Entscheidung der Behörde, eine Leistung nur darlehensweise zu gewähren, beinhaltet – der Natur eines Darlehens entsprechend – zugleich die Entscheidung, dass der Hilfesuchende zur Rückzahlung der Leistung verpflichtet ist. Ein durch Verwaltungsakt gewährtes Darlehen kann daher auch durch Verwaltungsakt – und nicht (wie möglicherweise bei Abschluss eines Darlehensvertrages) im Wege einer Leistungsklage – zurückgefordert werden (so wohl auch VG Augsburg Urteil vom 23.3.2004 – Au 9 K 04.136; OVG Niedersachsen, Urteil vom 28.7.1993 – 4 L 3368/92; OVG NRW, Beschluss vom 6.9.200 – 16 B 941/00 m.w.N.; vgl. etwa auch die Kommentierung von Behrend in jurisPK-SGB XII, § 38 SGB XII Rn. 42). Ein die Rückzahlung regelnder öffentlich-rechtlicher Darlehensvertrag wurde zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens von vornherein nicht geschlossen.
2. Ein zur Rückforderung berechtigendes Darlehen auf der Grundlage der zum 31.12.2004 außer Kraft getretenen Vorschrift des § 15a Abs. 1 BSHG wurde der Klägerin von der Beklagten jedoch zur Überzeugung des Senats nicht bewilligt.
a) Insbesondere gewährte der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2004 kein Darlehen in Höhe des Rückforderungsbetrages. Zwar nennt dieser Bescheid, der im Ergebnis lediglich über die gegenüber dem Vermieter abgegebene Garantieerklärung informiert, den mietvertraglich geschuldeten Kautionsbetrag von 920,00 EUR. Die Garantieerklärung selbst stellt jedoch – auch wenn sie sich auf den aus der mietvertraglichen Verpflichtung zur Zahlung einer entsprechenden Mietsicherheit/Kaution resultierenden sozialhilferechtlichen Bedarf der Klägerin bezog und diesen zunächst ohne Zahlung an den Vermieter anderweitig sicherte – keine Darlehensgewährung an die Klägerin dar. Dabei kann dahinstehen, welche Rechtsnatur die gegenüber dem Vermieter abgegebene, von der Beklagten selbst als Garantieerklärung bezeichnete Erklärung hat (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 29.07.2003 – 4 A 141/01, das eine solche Garantie- oder Verpflichtungserklärung dem Zivilrecht zuordnet, da sie nicht wie eine Mietzahlungs-Garantieerklärung in die Zukunft wirke und unter dem Vorbehalt vorheriger Bewilligung der Sozialhilfeleistungen stehe; vgl. zu Miet- und Kostenübernahmeerklärungen des Sozialhilfeträgers etwa BVerwG, Urteil vom 19.05.1994 – 5 C 33/91, sowie VG München, Urteil vom 11.10.2010 – M 18 K 99.1553).
Denn der Wortlaut des Bescheides vom 19.11.2004 steht der Annahme eines Darlehensbescheides und damit einer Auslegung im Sinne der Beklagten entgegen. Wenn dort ausgeführt ist: "Für den Fall, dass ich nach ihrem Ausscheiden aus dem Sozialhilfebezug dennoch aus der Garantieerklärung in Anspruch genommen werde, erfolgt die Leistung als Darlehen gemäß § 15a BSHG. Bezüglich der Darlehenstilgung erhalten Sie dann einen gesonderten Bescheid", so lässt sich die gewählte Formulierung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. zu diesem Maßstab bei der Auslegung von Verwaltungsakten etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 33/07 R) nicht dahingehend verstehen, dass bereits mit dem Bescheid vom 19.11.2004 ein Darlehen (wenn auch unter einer Bedingung, vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X)) gewährt werden sollte.
Vielmehr deutet die Formulierung ("Für den Fall erfolgt") darauf hin, dass die Darlehensgewährung erst noch erfolgen werde. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Bestimmung der Höhe eines Darlehens sich ohnehin erst nach dem Umfang einer etwaigen Inanspruchnahme der Garantieerklärung durch den Vermieter hätte bestimmen lassen. Insoweit kann auch der Wortlaut der der Klägerin zusammen mit dem Bescheid vom 19.11.2004 übersandten Garantieerklärung nicht unberücksichtigt bleiben, soweit dort die Auszahlung unter den Vorbehalt der Überprüfung gestellt wird ("wenn und soweit die Voraussetzungen für einen Rückgriff auf die Kaution gegeben sind").
Die vom Senat getroffene Auslegung des Bescheides vom 19.11.2004 steht auch in Einklang mit dem von der Beklagten gewählten Weg der Gewährung der Mietsicherheit. Denn – anders als in der Verwaltungspraxis weitestgehend üblich (vgl. hierzu Werth, Rechtsfragen der Rückzahlung von Mietkautionsdarlehen im SGB II, info also 2007, 104, 104 f.) – wurde gerade nicht der Weg der Gewährung des Kautionsbetrages als Darlehen (mit der Folge der zeitnah zur Anmietung der Wohnung erfolgenden Auszahlung des Darlehensbetrages an den Vermieter) gewählt.
b) Eine die Beklagte zur Rückforderung berechtigende (konkludente) Darlehensgewährung gegenüber der Klägerin liegt auch nicht in der Überweisung des Betrages von 920,00 EUR am 01.09.2005 unmittelbar an den Vermieter. Denn die Klägerin selbst erhielt hiervon zunächst keine Kenntnis; sie erfuhr erst durch angefochtenen Bescheid vom 07.09.2009 davon. Diese Auszahlung stellte im Übrigen auch nach dem Willen der Beklagten einen reinen Realakt im Anschluss an die dem Vermieter erteilte Garantieerklärung dar. Welche rechtliche Bedeutung dem Umstand beizumessen wäre, dass die Beklagte im Zahlungszeitpunkt 01.09.2005 wegen der zwischenzeitlichen Zuordnung der Klägerin zum Leistungsregime des SGB II ohnehin nicht mehr der für die Klägerin zuständige Leistungsträger gewesen war, kann daher offen bleiben.
3. Scheidet mangels wirksamer Gewährung eines Darlehens eine Darlehensrückforderung von vornherein aus, so ist die zwischen den Beteiligten streitige Frage obsolet, ob im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rückforderung durch Verwaltungsakt bereits Verjährung eingetreten war; offen bleiben kann insbesondere auch, ob in einem solchen Fall in entsprechender Anwendung des § 195 BGB (i.d.F. seit 01.01.2002) von der dreijährigen (Regel-) Verjährungsfrist oder aber entsprechend § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) von der vierjährigen Verjährungsfrist auszugehen wäre. Ebenso kann unentschieden bleiben, ob die Klägerin sich mit Erfolg darauf berufen könnte, durch die Auszahlung von 920,00 EUR habe die Beklagte eine Übersicherung des Vermieters herbeigeführt, weil diesem wegen geringerer Auszugsmängel ein Betrag jedenfalls in dieser Höhe aus einer Kautionsleistung (zivilrechtlich) gar nicht zugestanden hätte.
4. Ein (Erstattungs-) Anspruch der Beklagten gemäß § 50 SGB X besteht ebenfalls nicht. § 50 Abs. 1 SGB X ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil die Zahlung an den Vermieter nicht aufgrund eines Verwaltungsaktes erfolgte, welcher durch die Beklagte im Nachhinein aufgehoben worden wäre.
Auch ein Anspruch gemäß § 50 Abs. 2 SGB X scheidet aus. Zwar ist der Anwendungsbereich der Norm insoweit eröffnet, als die Beklagte eine öffentlich-rechtliche Sozialleistung in der Annahme erbracht hat, im Verhältnis zur Klägerin und zum Vermieter hierzu berechtigt und verpflichtet gewesen zu sein (BSG, Urteil vom 18.03.1999 – B 14 KG 6/97 R). Die Zahlung an den Vermieter erfolgte i.S. dieser Vorschrift entsprechend den obigen Feststellungen auch ohne Verwaltungsakt; sie geschah allerdings nicht zu Unrecht, sondern aufgrund der Garantierklärung. In einer solchen Konstellation scheidet – unbeschadet der Frage nach den weiteren Voraussetzungen im Einzelnen – auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aus (BSG, a.a.O.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1 SGG, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Senat ist insoweit berechtigt, die – offensichtlich irrtümlich zu Lasten der Klägerin erfolgte – erstinstanzliche Kostenentscheidung abzuändern. Denn auf ein Rechtsmittel in der Hauptsache wird auch die (für den in der Hauptsache nicht beschwerten Beteiligten nach § 144 Abs. 4 SGG unanfechtbare) Kostenentscheidung überprüft. Letztere kann geändert werden, auch wenn es bei der Entscheidung in der Hauptsache bleibt; das Verbot der reformatio in peius gilt insoweit nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 193 Rn. 16 m.w.N.).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 12.09.2012
Zuletzt verändert am: 12.09.2012