Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Februar 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger aufgrund eines Ereignisses vom 06. September 2001 Verletztenrente gewähren muss.
Der 1966 geborene Kläger war seinerzeit als Maurergeselle bei dem Sanitär- und Heizungsbauer K S (Arbeitgeber) in E beschäftigt. Am Unfalltage transportierten beide mit zwei weiteren Kollegen auf einer Sackkarre einen ca. 1,30 m hohen und ca. 200 kg schweren Heizkessel, den sie eine Kellertreppe mit etwa 15 Stufen hinaufbefördern mussten. Der Kläger und ein Arbeitskollege standen oben und zogen in gebückter und nach vorn gebeugter Körperhaltung mit beiden Händen an jeweils einem der beiden Sackkarrengriffe. Der Arbeitgeber und ein weiterer Kollege schoben von unten. Mit einem Ruck wurde die Sackkarre von einer Stufe zur nächsten hochgehievt. Etwa auf der achten Stufe rutschte der Heizkessel etwas zur Seite, so dass der Kläger und sein oben stehender Kollege nachfassen und die Sackkarre wieder eine Stufe nach unten herablassen mussten. Dabei verspürte der Kläger plötzlich einen Schlag und einen heftigen Schmerz im Rücken, ließ die Sackkarre los und stellte die Arbeit ein. Die anderen am Transport des Heizkessels Beteiligten richteten den Heizkessel auf und zerrten ihn zu dritt die letzten Stufen hoch.
Aufgrund starker Schmerzen ließ sich der Kläger sofort von einem Arbeitskollegen zu dem niedergelassenen Orthopäden X in E bringen, bei dessen Praxisvorgänger er 1998 etwa vier Wochen wegen einer Muskelverspannung im Rücken in Behandlung gewesen war. Der Orthopäde X diagnostizierte eine Lumboischialgie, blockierte die Nervenwurzel im Übergangsbereich der Lendenwirbelsäule (LWS) zum Kreuzbein (L5/S1) beiderseits mit einem Lokalanästhetikum (Betäubungsmittel) und einem Corticoid (Nebennierenrindenhormon) und verabreichte ein Schmerzmittel sowie ein muskelentspannendes Medikament. Kernspintomographisch zeigte sich am 24. September 2001 ein ausgedehnter Bandscheibenvorfall L5/S1 links mit kompletter Maskierung der S1-Wurzel links. Deshalb ließ sich der Kläger vom 28. September bis 18. Oktober 2001 in der Orthopädischen Abteilung des Katholischen Krankenhauses E konservativ behandeln. Anfang November 2001 zeigte sich ein abgeschwächter Achillessehnenreflex links, der Mitte Dezember 2001 vollständig erloschen war. Deshalb ließ er Mitte Mai 2002 das Bandscheibenfach L5/S1 in der Neurochirurgischen Klinik des L-Krankenhauses C (Direktor: Prof. Dr. I) operativ z.T. ausräumen. Computertomographisch fanden sich Ende Mai 2002 Hinweise auf einen erneuten Bandscheibenvorfall im operierten Bereich. Deshalb ließ der Kläger dort erneut Bandscheibengewebe entfernen, die Nervenwurzel S1 von Narbengewebe befreien (Neurolyse) und den Wurzelkanal L5/S1 teilweise entdachen. Sechs Tage später wurde er mit geringen Restbeschwerden entlassen. Nach etwa drei Monaten traten die Schmerzen im LWS-Bereich wieder auf, die der Kläger bis Mitte 2003 bei dem Orthopäden X und anschließend bei dem niedergelassenen Orthopäden und Schmerztherapeuten Dr. C1 in E behandeln ließ. Eine fünfmalige computergesteuerte Injektionstherapie im H-Institut für Mikrotherapie in C, die der Kläger privat bezahlte, brachte zwischen Januar und Mitte Mai 2003 keine dauerhafte Besserung. Seinen Beruf als Maurer gab er auf, bildete sich auf eigene Kosten weiter und legte im September 2003 erfolgreich die Prüfung zum Betonbaumeister ab. Bis November 2004 war der Kläger arbeitslos und gründete danach eine sog. Ich-AG für Planung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen.
Ende März 2002 machte der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente geltend und behauptete, vor dem Ereignis weder Wirbelsäulen- noch Rückenbeschwerden gehabt zu haben. Im Feststellungsverfahren forderte die Beklagte eine Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 17. April 2002 an und zog u.a. einen Befundbericht des Orthopäden X vom 17. Mai 2002 bei, der einen "Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes" verneinte. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 lehnte sie es daraufhin ab, das Ereignis vom 06. September 2001 als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil die Wirbelsäule nicht von außen geschädigt worden sei. Der Kläger habe bereits vorher an einer unfallunabhängigen Erkrankung der LWS gelitten, die sich am 06. September 2001 "bei Gelegenheit" manifestiert habe. Dagegen erhob der Kläger am 19. November 2002 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2003 zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Mai 2003 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben, eine Vorerkrankung der LWS bestritten und betont, vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen zu sein. Außerdem hat er bekräftigt, dass der Heizkessel schwer genug gewesen sei, um eine gesunde Bandscheibe zu zerreißen.
Zu Beweiszwecken hat das SG von Amts wegen ein Gutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. U, Chefarzt der Abteilung für Unfall-, Hand- und plastische Wiederherstellungschirurgie am N Krankenhaus St. K1 in I1, eingeholt. In seinem Gutachten vom 02. Oktober 2003 hat der Sachverständige (SV) einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Bandscheibenvorfall verneint. Denn es fehlten äußere Verletzungszeichen, verletzungstypische oder -spezifische Befunde sowie ein geeigneter Verletzungsmechanismus. Das Ereignis habe einer austauschbaren Alltagsbewegung entsprochen und sei wahrscheinlich nicht wesentliche Bedingung für den Bandscheibenschaden gewesen.
Anschließend hat der Orthopäde Dr. N1 C2 vom H-Institut für Mikrotherapie gem. § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein undatiertes Gutachten erstattet, das am 20. September 2004 beim SG eingegangen ist: Der 200 kg schwere Heizkessel sei plötzlich gekippt und verrutscht. Um den Sturz des schweren Gegenstandes auf die von unten schiebenden Kollegen zu vermeiden, habe der oben auf der Treppe stehende Kläger plötzlich und unvorhersehbar reagieren und nachfassen müssen. Dieser Mechanismus sei geeignet, die Bandscheibe L5/S1, die keinesfalls degenerativ vorgeschädigt gewesen sei, zu zerreißen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 vom Hundert (v.H.) mit Ausnahme der dreimonatigen Zeit nach dem Revisionseingriff am 07. Juni 2002, in der sich die Beschwerdesymptomatik vorübergehend gebessert habe.
Damit hat sich der SV Prof. Dr. U in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. Januar 2005 auseinandergesetzt, ohne von seiner bisherigen Beurteilung abzuweichen: Das Ereignis sei als "Verhebetrauma" einzuordnen, das in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht entschädigungspflichtig sei. Gehe man dennoch von einem Arbeitsunfall aus, wäre eine MdE von allenfalls 10 v.H. oder unter 10 v.H. gerechtfertigt.
Abschließend hat das SG von Amts wegen ein Gutachten des Chirurgen Prof. Dr. C3, Chefarzt i.R. der Chirurgischen Abteilung des Ev. Krankenhauses I2, vom 31. Mai 2005 beigezogen: Der Kläger habe sich bei dem Ereignis am 06. September 2001 wahrscheinlich einen isolierten Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 zugezogen. Als der Kläger die Sackkarre auf die nächste Stufe herabgelassen habe, um das Ver- bzw. Herabrutschen des Heizkessels zu verhindern, sei es zu keiner abrupten, übermäßigen Beugung der LWS mit Verdrehungseffekten gekommen. Deshalb sei das Ereignis ungeeignet, eine nicht über das altersübliche Maß degenerativ veränderte Bandscheibe im Übergangsbereich der LWS zum Kreuzbein zu zerreißen. Stattdessen spreche "sehr viel dafür, dass die Bandscheibe L5/S1" zum Zeitpunkt des Ereignisses "über das altersübliche Maß hinausgehend verschlissen" gewesen sei "und auch bei einer anderen Gelegenheit des alltäglichen Lebens in den folgenden Wochen hätte" reißen und zu einem Bandscheibenvorfall hätte führen können. Würde man den Arbeitsunfall dennoch anerkennen, wäre eine MdE von 10 v.H. anzunehmen. Dagegen hat der Kläger eingewandt, der SV habe den Sachverhalt "regelrecht verdreht" und ergehe sich in "Vermutungen".
Mit Urteil vom 16. Februar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen: Ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall sei selten und könne nur anerkannt werden, wenn die sog. fünf Prüfkriterien nach Lob erfüllt seien. Eines dieser Kriterien setze einen geeigneten Unfallhergang voraus, der hier aber nicht vorliege. Denn mit dem Mechanismus, der bei dem Ereignis am 06. September 2001 abgelaufen sei, lasse sich ein (isolierter) Bandscheibenriss nicht erklären, wie die SVen Prof. Dr. U und Prof. Dr. C3 einmütig und überzeugend dargelegt hätten. Denn der Kläger habe in einer leichten bis höchstens mäßig starken Beugestellung gestanden, die Muskulatur von Rücken, Bauch, Armen und Beinen beim Hochziehen willkürlich angespannt und beim kontrollierten Herablassen der Sackkarre auf die nächst untere Stufe wieder entspannt. Im nächsten Moment habe er die Muskulatur wieder angespannt, um den Absturz der Sackkarre mit dem Heizkessel zu verhindern. Bei diesem Vorgang sei die LWS weder übermäßig gebeugt noch verdreht worden, wodurch die unterste Lendenbandscheibe geschädigt werden könnte.
Nach Zustellung am 17. März 2006 hat der Kläger gegen dieses Urteil am 12. April 2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, er habe – anders als Prof. Dr. C3 annehme – seinen Oberkörper so stark nach vorne gebeugt, dass er den rechten Handgriff der Sackkarre etwa auf Fußhöhe in der Hand gehalten und auf Zehenspitzen gestanden habe. Dieser Vorgang sei nach dem "Handbuch der Norddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft" geeignet, den Faserring der Bandscheibe zu sprengen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Februar 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2003 zu verurteilen, ihm aufgrund der Folgen des Ereignisses vom 06. September 2001 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Vorerkrankungsverzeichnisse der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) X1 sowie der Techniker Krankenkasse beigezogen, in denen keine Wirbelsäulenerkrankungen aufgeführt sind. Der spanische Krankenversicherungsträger, bei dem der Kläger von Februar 1992 bis Juni 1997 versichert war, hat dem Senat nicht geantwortet und kein Vorerkrankungsverzeichnis übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte (Az.: 2.U. 00957798-3) Bezug genommen. Beide Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2003 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und den Kläger nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihm Verletztenrente zu gewähren, weil der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 06. September 2001 und dem Bandscheibenvorfall im Übergangsbereich der LWS zum Kreuzbein nicht hinreichend wahrscheinlich ist.
Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Arbeitsunfall (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsschaden (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, Urteile vom 20. Januar 1987, Az.: 2 RU 27/86, BSGE 61, 127, 130 und vom 22. Juni 1988, Az.: 9/9a RVg 3/87, BSGE 63, 270, 271; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, § 8 SGB VII Rn. 10). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen hinreichend wahrscheinlich sein; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 02. Februar 1978, Az.: 8 RU 66/77, SozR 2200 § 548 Nr. 38 und vom 22. August 2000, Az.: B 2 U 34/99 R, SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2; Bereiter-Hahn/ Mehrtens, a.a.O., Rn. 10.1). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38 und Urteil vom 18. Dezember 1997, Az.: 2 RU 48/96, SGb 1999, 39, 40). Die Faktoren, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, müssen die Umstände, die gegen die Kausalität sprechen, deutlich überwiegen (vgl. Schulz-Weidner, SGb 1992, 59, 64f.). Die Zusammenhangsbeurteilung bei Bandscheibenvorfällen orientiert sich nach herrschender unfallmedizinischer Lehrmeinung an den modifizierten fünf Prüfkriterien nach Lob (vgl. dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 8.3.2.6.3, S. 529 f.), auf die der SV Prof. Dr. C3 zu Recht zurückgegriffen hat.
Für die haftungsausfüllende Kausalität spricht, dass sich der Bandscheibenvorfall im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit (Herablassen einer schwer beladenen Sackkarre) manifestierte und damit das erste sog. Lob-Kriterium erfüllt ist (vgl. dazu Schönberger u.a., a.a.O., Kap 8.3.2.6.3, S. 529). Da der Kläger daraufhin seine Arbeit schmerzbedingt einstellte und sich sofort zu einem niedergelassenen Orthopäden bringen ließ, dem er Rückenbeschwerden schilderte, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall typisch sind, liegt auch das zweite Lob-Kriterium vor. Außerdem führen die Vorerkrankungsverzeichnisse keine Rückenbeschwerden auf; der Kläger ist nach eigenen Angaben nur 1998 etwa vier Wochen lang wegen einer Muskelverspannung im Rücken ärztlich behandelt worden. Mit der Beschwerdefreiheit vor dem Unfall ist das dritte Lob-Kriterium erfüllt (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., Kap 8.3.2.6.3, S. 531). Allerdings treten gerade Erkrankungen an spärlich versorgten (sog. bradytrophen) Geweben (Bandscheiben, Menisken, Sehnen) typischerweise unvermittelt "aus heiterem Himmel" oder spontan bei alltäglichen Verrichtungen mit dem Vollbild der klinischen Symptomatik auf. Vorboten (sog. Prodromalzeichen), die die klinische Manifestation der Gesundheitsstörung ankündigen, sind untypisch. Eine "leere Anamnese" ist daher allein kein Argument für einen traumatischen Gewebeschaden (vgl. hierzu Schönberger u.a., a.a.O., Kap 8.3.2.6.3, S. 530, 533),
Gegen den Ursachenzusammenhang spricht der ungeeignete Unfallmechanismus (viertes Lob-Kriterium), der geringfügige Schweregrad des Ereignisses (fünftes Lob-Kriterium), das Fehlen von Begleitverletzungen, die statistisch-epidemiologischen Erkenntnisse und die übereinstimmende Meinung der erfahrenen (Unfall-)Chirurgen Prof. Dr. U und Prof. Dr. C3: Auch wenn der Unfallhergang nicht in allen Einzelheiten bekannt ist, so lässt sich ein geeigneter Verletzungsmechanismus (vgl. dazu Schönberger u.a., a.a.O., S. 529) nicht einmal annähernd feststellen. Denn eine übermäßige Beugung der LWS mit Verdreheffekt war – anders als Dr. C2 annimmt – auf der engen Kellertreppe gar nicht möglich. Dass sich der Kläger nach vorn gebeugt hatte, um den rechten Handgriff der Sackkarre etwa auf Fußhöhe zu packen, erscheint durchaus möglich. Dabei nahm er realistischerweise aber keine extreme, rückenschädliche Rumpfbeugehaltung ein, sondern winkelte seine Hüft- und Kniegelenke an. Prof. Dr. C3 hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger die Balance verloren hätte, wenn er in stark gebückter Haltung und entsprechend weniger gebeugten Hüft- und Kniegelenken die Sackkarre von oben gezogen oder heruntergelassen hätte. Dass er dabei gleichzeitig auf Zehenspitzen gestanden habe, erscheint unter anatomischen Gesichtspunkten kaum möglich. Hätte das 200 kg schwere Gewicht den Kläger plötzlich und unvorhersehbar (aber: das Kippen und Herabrutschen des Kessels war vorhersehbar und sollte durch die vier Männer doch gerade verhindert werden) nach unten gezogen und dabei die Wirbelsäule extrem gebeugt, dann hätte er mit der Sackkarre und dem Heizkessel kopfüber nach unten stürzen müssen. Hierauf hat Prof. Dr. C3 schlüssig und plausibel hingewiesen. Gegen den Unfallzusammenhang läßt sich ferner der geringfügige Schweregrad des Ereignisses anführen (fünftes Lob-Kriterium). Hält man sich nämlich den Geschehensablauf vor Augen, so war das Ereignis nicht schwerwiegend genug, um einen Bandscheibenvorfall hervorzurufen. Außerdem spricht das Fehlen von Begleitverletzungen gegen den Unfallzusammenhang.
Denn um einen traumatischen Bandscheibenvorfall zu bejahen, müssen nach herrschender unfallmedizinischer Lehrmeinung begleitende, wenn auch minimale knöcherne Verletzungen oder Bandschäden in dem Segment vorliegen, das von dem Bandscheibenvorfall betroffen ist. Beim Kläger konnten derartige Begleitverletzungen aber weder röntgenologisch noch computer- oder kernspintomographisch gesichert werden. Es handelt sich vielmehr um einen isolierten Bandscheibenvorfall, bei dem die Schadensanlage wesentlich ist (Unfall als Gelegenheitsanlass, vgl. Schönberger u.a., a.a.O., S. 529). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Bandscheiben bereits ab dem 10. Lebensjahr degenerieren; am häufigsten machen sich die klinischen Symptome dieser Verschleißveränderungen zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr bemerkbar (Schönberger u.a., a.a.O., Kap. 8.3.3.5, S. 545). Der Kläger hatte am 06. September 2001 bereits das 35. Lebensjahr vollendet, so dass sein Alter keinesfalls gegen den Ursachenzusammenhang spricht. Schließlich gehen die SVen Prof. Dr. U und Prof. Dr. C3, die dem Senat als äußerst kompetente und ausgewogenen urteilende SV bekannt sind, einmütig von einem degenerativen Verschleißprozess als wesentliche Krankheitsursache aus, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass schon der erstbehandelnde Orthopäde X ein Unfallgeschehen ausdrücklich verneint hatte. Demgegenüber konnten die abweichenden Ausführungen des SV Dr. C2 nicht überzeugen, weil er von einem anderen Unfallmechanismus ausgeht, als ihn der Kläger dem Sozialgericht und dem SV Prof. Dr. C3 geschildert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 07.05.2007
Zuletzt verändert am: 07.05.2007