Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.10.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt noch Verletztenrente nach dem am 00.00.2015 verstorbenen Versicherten I (Versicherter) ab einem früheren Zeitpunkt.
Sie ist die Witwe des Versicherten und lebte mit diesem bis zu dessen Tod in einem gemeinsamen Haushalt.
Der 1935 geborene Versicherte hat während seines Berufslebens als Rohrschlosser in Kraftwerken asbestexponiert gearbeitet. Er bezog seit 1995 Altersrente von der Beigeladenen, nachdem er 1993 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war. Bei ihm wurde mit Bescheid vom 03.04.2001 eine Berufskrankheit (BK) nach Nr 4103 der Anlage 1 zur BK-Verordnung (- BKV -; "Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura") und als deren Folgen röntgenologisch nachweisbare geringgradige asbestotische Veränderungen der Pleura ohne Anspruch auf Verletztenrente anerkannt.
In der Folge ließ die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) den Versicherten zur Überwachung seines Gesundheitszustandes insbesondere auf pneumologischem Gebiet im November 2004, im März 2007 und im März 2009 gutachterlich untersuchen. Eine erneute Untersuchung erfolgte im Auftrag der Beklagten im April 2011 durch den Facharzt für Arbeitsmedizin, Sozial- und Umweltmedizin Dr. F. Zu diesem Zeitpunkt litt der Versicherte unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Husten sowie Luftnot bei körperlichen Anstrengungen, die der Sachverständige als Erkältungsinfekt mit bronchitischen Beschwerden einordnete. Ausweislich der erhobenen Anamnese nahm der Versicherte auch keine atemwegswirksamen Medikamente ein. Die anlässlich der Untersuchung durchgeführte Lungenfunktionsprüfung zeigte – erneut – weder eine zentrale noch eine periphere Obstruktion, Restriktion oder Diffusionsstörung. Aufgrund der von ihm erhobenen Befunde ging Dr. F davon aus, dass weiterhin keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) festzustellen sei.
Im Januar 2013 zeigte das Klinikum E der Beklagten die vorstationäre Aufnahme des Versicherten am 15.01.2013 wegen einer bösartigen Neubildung des Oberlappens (-Bronchus) an. Die Erstdiagnose eines Tumors – nicht-kleinzelliges Brochialkarzinom – erfolgte im Dezember 2012 anläßlich eines stationären Aufenthalts des Versicherten in der Pneumologie der Medizinischen Klinik O des Klinikums E vom 10. – 15.12.2012, wo eine Bronchoskopie durchgeführt wurde. Ausweislich der erhobenen Anamnese litt der Versicherte seit Oktober 2012 unter trockenem Husten. Anläßlich einer erneuten Bronchoskopie am 15./16.01.2013 wurde das Tumorstadium IIIA (T2b N2 M0) diagnostiziert. Am 24.01.2013 wurden eine Thorakotomie links und eine Oberlappenresektion sowie eine systematische Lymphadenektomie durchgeführt.
Der behandelnde Internist L teilte der Beklagten auf Anforderung in einem Befundbericht vom 13.06.2013 mit, der Versicherte habe ihn erstmals am 09.10.2012 wegen einschlägiger Beschwerden ("Dyspnoe, Husten, bronchitische Beschwerden") aufgesucht. In einem Röntgen-Thorax der Gemeinschaftspraxis Dres. L1 gleichen Datums wird eine unklare Raumforderung im linken oberen Thoraxdrittel lateral beschrieben und eine Thorax-Computertomographie(CT)-Kontrolle für erforderlich gehalten. Das daraufhin am gleichen Tag erfolgte Thorax-CT bestätigte eine große flächige Verschattung im linken Lungenoberfeld, ohne eine endgültige Diagnose zu stellen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. F ein, der ua darauf hinwies, dass in einem Röntgenthoraxbefund vom 31.10.2012 eine Verschattung im Bereich des linken Oberfeldes, unverändert zum Vorbefund, beschrieben wird. Retrospektiv handele es sich hierbei bereits um das Bronchialkarzinom. Der Tag des erwähnten Vorbefundes werde als Beginn des Versicherungs- und Leistungsfalls einer BK nach Nr 4104 der Anlage zur BKV (nachfolgend BK 4104) mit einer MdE von 100 vH anzusetzen sein.
Mit Bescheid vom 20.02.2014/Widerspruchsbescheid vom 24.07.2014 stellte die Beklagte fest, dass das durch Asbest verursachte Krebsleiden des Versicherten eine BK 4104 darstelle und bewilligte Verletztenrente auf unbestimmte Zeit, beginnend am 10.10.2012, nach einer MdE von 100 vH.
Der Versicherte hat gegen diese Entscheidung am 30.07.2014 Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben, zu deren Begründung er bezüglich des Beginns der Verletztenrente ausgeführt hat, ein Lungenkrebs habe eine Vorlaufzeit von etwa 2 Jahren und nicht als Datum des Versicherungsfalls das Zufallsdatum der Diagnose, was durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten zu beweisen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2014 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes I Rente nach Maßgabe einer MdE von 100 vH auch für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum Bewilligungszeitpunkt zu bewilligen und ihr den Bewilligungsbetrag vollständig auszuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 04.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei nach Würdigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen nicht erkennbar, dass bei dem Versicherten vor dem 09.10.2012 eine MdE von mindestens 20 vH bestanden habe. Weitere Unterlagen hätten nicht zur Verfügung gestanden, nachdem die Klägerin es unterlassen habe, Auskünfte zu medizinischen Unterlagen für die Zeit vor dem 09.10.2012 zu erteilen. Der Umstand, dass ein Karzinomleiden eine gewisse Historie haben könne, begründe keine andere als die von der Beklagten vorgenommene Würdigung. Maßgebend sei nicht die anatomische Historie des zugrundeliegenden Leidens mit Tumorgrößen und anderen Parametern, sondern allein die aus einem Leiden resultierende konkrete Funktionsbeeinträchtigung.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 17.10.2016 zugestellte Urteil am 14.11.2016 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft und insbesondere darauf hinweist, maßgebend sei sehr wohl die anatomische Historie des zugrundeliegenden Leidens. Schon bei der Begutachtung im April 2011 habe der Versicherte iü unter Beschwerden gelitten, die dazu geführt hätten, dass die Untersuchung nicht mehr vollständig habe durchgeführt werden können. Soweit im bisherigen Verfahren streitig war, ob ein Teilbetrag der Nachzahlung an die Beigeladene abgeführt werden durfte, hat sie das Verfahren für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.10.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2014 zu verurteilen, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes I Rente nach Maßgabe einer MdE von 100 v H auch für den Zeitraum ab Mai 2011 zu bewilligen,
hilfsweise,
ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass im Hinblick auf die Größe des Tumors von 12x9x5 cm schon vor Oktober 2012 ein Tumor vorgelegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig, da für den Beginn der Verletztenrente auf den Zeitpunkt der ersten Diagnose mit Aufnahme der Behandlung abzustellen sei.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und schließt sich in der Sache den Ausführungen der Beklagten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente für die Zeit vom 01.05.2011 bis 09.10.2012, nachdem die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hat, als mit ihr auch die Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angegriffen und die vollständige Auszahlung des Bewilligungsbetrages begehrt wurde. Zudem hat die Klägerin die Klage auf die rückwirkende Zahlung der Verletztenrente erst ab Mai 2011 beschränkt.
Das SG hat die Klage auch insoweit zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2014 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, die bewilligte Verletztenrente auch für einen Zeitraum vor dem 10.10.2012 zu zahlen.
Zwar ist die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten berechtigt, fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen gegenüber der Beklagten geltend zu machen, denn sie lebte mit dem Versicherten, der ihr Ehegatte war, zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt (§ 56 Abs 1 S 1 Nr 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB I -). Der Versicherte hatte jedoch keinen Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit vor dem 10.10.2012.
Nach § 56 Abs 1 S 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, Anspruch auf Rente. Wenn, wie vorliegend, kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist, werden Renten an Versicherte nach § 72 Abs 1 Nr 2 SGB VII von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Es kann vorliegend jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Versicherungsfall vor dem 09.10.2012 eintrat.
Wann der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten eintritt, definiert, soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls, wie vorliegend, abstellen, § 9 Abs 5 SGB VII. Hiernach ist auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit (AU) oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden MdE abzustellen.
Da der Versicherte bereits 1993 bzw 1995 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war und keine Arbeitstätigkeit mehr verrichtete, kann eine AU bzw deren Beginn nicht bestimmt werden. Abzustellen ist vielmehr auf den Beginn der Behandlungsbedürftigkeit bzw der rentenberechtigenden MdE. Der Versicherte war erst seit dem 09.10.2012 behandlungsbedürftig; auch eine MdE von mindestens 20 vH ist erst seit diesem Zeitpunkt feststellbar.
Die Behandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB VII beginnt, sobald erstmalig ärztliche Behandlung, Arznei oder Heilmittel wegen einer den BK-Tatbestand erfüllenden Gesundheitsstörung erforderlich werden. Ein Abweichen von der Norm allein genügt nicht (vgl Bereiter-Hahn/Mehrtens, Kommentar zur gesetzlichen Unfallversicherung, Stand: 3/2017, Rn 9 zu § 9 SGB VII).
Bei dem Versicherten war wegen einer BK eine ärztliche Behandlung bzw die Inanspruchnahme von Arznei- oder Heilmitteln erstmals am 09.10.2012 erforderlich. An diesem Tag suchte er wegen einschlägiger Beschwerden wie Dyspnoe und Husten erstmals einen behandelnden Arzt, den Internisten L, auf. Dass eine ärztliche Behandlung gleichwohl bereits vorher erforderlich gewesen, der Versicherte sie, warum auch immer, nur nicht in Anspruch genommen hatte, kann wegen fehlender aussagekräftiger Befunde jedenfalls nicht festgestellt werden. Wird kein Arzt aufgesucht, spricht vielmehr alles dagegen, dass eine ärztliche Behandlung objektiv erforderlich gewesen wäre.
Zum Zeitpunkt der Untersuchung des Versicherten durch Dr. F im April 2011 lag eine behandlungsbedürftige BK nachweislich nicht vor. Nach der dortigen Befunderhebung bestand allenfalls eine BK-unabhängige Erkrankung in Gestalt eines bronchialen Erkältungsinfekts. So bestanden lungenfunktionsanalytisch weder eine Obstruktion, noch eine Restriktion oder Diffusionsstörung. Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Untersuchung bei Dr. F habe wegen der gesundheitlichen Beschwerden des Versicherten abgebrochen werden müssen, ist dies nicht richtig. Der Gutachter hat lediglich auf die Durchführung eines Belastungs-EKGs wegen des akuten Erkältungsinfekts verzichtet, im übrigen aber eine vollständige Diagnostik durchgeführt und sich auch in der Lage gesehen, eine Leistungsbeurteilung abzugeben.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Situation im Mai 2011 soweit verschlechterte, dass seither Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen hätte. Vielmehr können für die Zeit von Mai 2011 bis Anfang Oktober 2012 wegen der blanken Befundlage keine die Leistungsfähigkeit des Versicherten beeinträchtigenden Symptome/Beschwerden wie zB Husten, festgestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass die im April aufgetretenen bronchitischen Beschwerden nach der Untersuchung durch Dr. F zunächst vollständig zur Ausheilung gelangt waren. Jedenfalls lässt sich nichts Gegenteiliges feststellen, da der Versicherte bis zum 09.10.2012 keinen Arzt aufsuchte.
Der an die Beklagte gerichtete Vorwurf der Klägerin, diese habe den Versicherten nicht ausreichend engmaschig überwacht, was dazu geführt habe, dass dieser nach April 2011 zunächst keinen Arzt mehr aufgesucht habe, liegt neben der Sache. Die Beklagte hatte den Versicherten in regelmäßigen Abständen von ca 2 Jahren gutachterlich untersuchen lassen. Abgesehen davon, dass der Versicherte bei der letzten Untersuchung durch Dr. F den Wunsch geäußert hatte, von weiteren Nachuntersuchungen abzusehen, hätte nach der Untersuchung im April 2011 erst Anfang bis Mitte 2013, also nach dem 09.10.2012, eine erneute Regeluntersuchung angestanden.
Auch eine MdE in rentenberechtigender Höhe kann für die Zeit vor dem 09.10.2012 nicht festgestellt werden. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Versicherte bereits vor Oktober 2012 an einem Bronchialkarzinom als Folge einer BK 4104 litt. Jedenfalls lassen sich für diesen Zeitraum keine Funktionsbeeinträchtigungen feststellen, die eine MdE von mindestens 20 vH zur Folge hätten.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 S 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt damit insbesondere von den Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ab. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern der hierdurch verursachte Funktionsverlust unter verschiedensten Gesichtspunkten (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R -, SozR 4-2700 § 56 Nr 4, Rn 14 mwN). Jedenfalls im April 2011 litt der Versicherte nach den Ergebnissen der gutachterlichen Untersuchung von Dr. F trotz der seinerzeit bestehenden bronchitischen Beschwerden unter keinen eine messbare MdE verursachenden Leistungseinschränkungen bzw Funktionseinbußen insbesondere von Seiten der Atemwege. Dass dieser Zustand eine erhebliche Verschlimmerung erfuhr, lässt sich für die Zeit vor dem 09.10.2012 mangels Vorliegen einschlägiger medizinischer Befunde ebenso wenig feststellen, wie eine Behandlungsbedürftigkeit für diesen Zeitraum. Nachdem der Versicherte dem Klinikum Dortmund gegenüber sogar ausdrücklich angegeben hatte, er habe seit Oktober 2012 unter trockenem Husten gelitten, spricht vielmehr alles dafür, dass vor diesem Zeitpunkt keine maßgeblichen Beschwerden bestanden, ob nun bereits ein Bronchialkarzinom vorlag oder nicht.
Auch die Tatsache, dass das Karzinom zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bzw kurze Zeit später, anlässlich der Bronchoskopie vom 15./16.01.2013, sich bereits im Tumorstadium IIIA befand und eine erhebliche Größe hatte, besagt nicht zwangsläufig, dass vor den ersten Beschwerden, die den Versicherten veranlassten, einen Arzt aufzusuchen, maßgebliche hierdurch verursachte Funktionsbeeinträchtigungen bestanden.
Darüber hinaus ist nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, wie er bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S 1153 ff wiedergegeben wird, bei der BK 4104 als relevanter Tag des Versicherungsfalls derjenige anzunehmen, an dem ein Lungenkrebs erstmals sicher diagnostiziert wurde. Dies war vorliegend frühestens mit dem Thorax-CT vom 09.10.2012 der Fall. Die gesicherte Erstdiagnose des Tumors erfolgte allerdings noch später, erst im Dezember 2012 mittels der im Klinikum E durchgeführten Bronchoskopie.
Zudem ergibt sich aus den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl Schönberger/Mehrtens/Valentin aa0), dass es einen schleichenden Beginn eines Lungenkarzinoms bzw der hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen, beginnend mit einer niedrigen MdE und sich dann langsam steigernd, nicht gibt. Vielmehr ist eine MdE erst ab einem Stadium IA und dann schon von mindestens 80 vH anzuerkennen. Das vorherige Stadium, das Stadium 0, bedingt noch gar keine MdE.
Die Beklagte hat damit zu Recht die Zahlung einer Verletztenrente für die Zeit vor dem 10.10.2012 abgelehnt. Weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen bestand im Hinblick auf die fehlenden Brückenbefunde für die Zeit zwischen der letzten gutachterlichen Untersuchung durch Dr. F im April 2011 und dem erstmaligen Aufsuchen eines Arztes am 09.10.2012 nicht.
Soweit die Klägerin hilfsweise die Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens dazu beantragt, dass im Hinblick auf die Größe des Tumors von 12x9x5 cm schon vor Oktober 2012 ein Tumor vorgelegen hat, war dem nicht nachzukommen. Die Frage, ob und ab wann bereits vor Oktober 2012 ein Tumor vorlag, ist, wie bereits dargelegt, nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn ein solcher vorgelegen haben sollte, lässt sich nicht mehr feststellen, dass dieser eine Behandlungsbedürftigkeit oder eine Funktionsbeeinträchtigung bedingte, die mit einer MdE von mindestens 20 vH zu bewerten gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 26.02.2020
Zuletzt verändert am: 26.02.2020