Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten einer zahnmedizinischen Versorgung.
Der im Jahre 1998 geborene Kläger erlitt am 26.04.2006 bei der Teilnahme an einer Sport-AG in der Grundschule einen Sturz, bei dem ein Schneidezahn verletzt wurde. Als sich bei dem Kläger in den Folgejahren zunehmend Probleme mit dem betreffenden Zahn einstellten und eine Extraktion mit Implantatversorgung in Aussicht genommen wurde, wandte der Kläger sich an die Beklagte mit der Bitte um Prüfung der Kostenübernahme.
Die Beklagte sichtete die zahnmedizinischen Befundunterlagen und holte eine beratungszahnärztliche Stellungnahme von dem Zahnheilkundler Z aus I ein. Dem Ergebnis der Stellungnahme entsprechend erklärte die Beklagte mit Bescheid vom 07.07.2014, die Übernahme der Behandlungskosten abzulehnen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, welchen er unter Beibringung einer bestätigenden Stellungnahme des Zahnarztes Dr. U aus N damit begründete, dass sein Lebensalter kein Hinderungsgrund für die Versorgung sei. Er sei bereits ausgewachsen. Im Übrigen gebe es Implantationstechniken, die einem noch zu erwartenden Wachstum des Kiefers Rechnung tragen könnten.
Die Beklagte holte eine gutachtliche Stellungnahme von dem Kieferchirurgen Prof. Dr. Dr. L aus N ein. Mit Bescheid vom 28.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch dann als unbegründet zurück. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass sich das von Herrn Dr. U befürwortete und von ihm selbst entwickelte Konzept noch in der Erprobungsphase befinde und nicht dem anerkannten Stand zahnmedizinischer Erkenntnisse entspreche.
Hiergegen ist am 12.02.2015 beim erkennenden Gericht Klage erhoben worden.
Der Kläger trägt vor, sämtliche in der Vergangenheit durchgeführten Behandlungen hätten sich als nicht praktikabel erwiesen. Inzwischen sei die hier streitbefangene Behandlung durchgeführt worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2015 zu verurteilen, ihm die Kosten der Implantatversorgung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält ihre Entscheidung für rechtmäßig und wiederholt ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Das Gericht hat von den behandelnden Zahnärzten des Klägers die Befundunterlagen beigezogen. Das Gericht hat sodann ein zahnmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt von dem Zahnheilkundler Prof. Dr. X aus C. Wegen des Inhaltes und Ergebnisses des Gutachtens wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten der bei ihm durchgeführten Implantatversorgung. Gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) haben Versicherte, bei denen ein Versicherungsfall gegeben ist, dem Grunde nach Anspruch auf Heilbehandlung. Der Umfang der Heilbehandlung ist in den Vorschriften der §§ 27 ff. SGB VII im Einzelnen beschrieben. Heilbehandlung umfasst nach Maßgabe von § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII auch die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz.
Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass bei dem Kläger eine zahnärztliche Behandlung einhergehend mit der Versorgung mit Zahnersatz indiziert gewesen ist, es hat indes nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden können, dass bei dem Kläger gerade die konkret durchgeführte Versorgung auf Basis eines Zahnwurzelimplantates die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Kostentragung durch die Beklagte erfüllt. Eine Erstattungspflicht der Beklagten scheitert vielmehr an der Vorschrift des § 28 Abs. 3 SGB VII. Danach umfasst die zahnärztliche Behandlung nur die Tätigkeit der Zahnärzte, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist.
Die bei dem Kläger durchgeführte Versorgung war demgegenüber nicht nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst zweckmäßig. Einer solchen Feststellung steht insbesondere das Gerichtsgutachten des Zahnheilkundlers Prof. Dr. X aus C entgegen. Herr Prof. Dr. X legt dar, dass die Insertion eines Implantates in dem jungen Lebensalter des Klägers nicht zu vernachlässigende zahnmedizinische Risiken in sich birgt. Diese Risiken bestehen in einer Veränderung der Kieferverhältnisse aufgrund insgesamt noch nicht abgeschlossenen Körperwachstums, selbst bei abgeschlossenem Körperwachstum indes in der Möglichkeit dentoalveolärer Veränderungen über das zwanzigste Lebensjahr hinaus. Der Sachverständige stellt die Erheblichkeit der drohenden Schäden bei zu früher Eingliederung eines Zahnwurzelimplantates vor und kommt zu dem Schluss, dass nach individueller Beurteilung eine derartige Maßnahme, "wenn möglich", erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres, jedenfalls aber erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres durchgeführt werden sollte. Diesen Zeitpunkt hatte der Kläger bei Eingliederung des Implantates noch nicht erreicht. Der Sachverständige weist obendrein darauf hin, dass das von dem behandelnden Zahnarzt des Klägers spezifisch bei jungen Patienten praktizierte Implantierungsverfahren keine andere Bewertung begründe, da die Vorteile und die prognostische Sicherheit dieses Verfahrens noch nicht wissenschaftlich belegt seien.
Das Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. X steht in Einklang mit der Einschätzung des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachters T aus I, und auch der im Widerspruchsverfahren beauftragte Gutachter Prof. Dr. Dr. L aus N beschreibt bei insgesamt zurückhaltenden gutachtlichen Aussagen zumindest die Risiken einer zu frühen Implantation. Die aus zahnmedizinischen Laien zusammengesetzte Kammer hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit der sachverständigen Einschätzungen Zweifel zu hegen. Insbesondere das Gerichtsgutachten von Herrn Prof. Dr. X erscheint auf Grundlage einer körperlichen Untersuchung des Klägers und eines Studiums der Akten und gerade auch der entgegen lautenden dezidiert abgegebenen Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes des Klägers Dr. U aus N sorgfältig abwägend und in sich schlüssig.
Die Klage war daher abzuweisen, wobei sich die Kostenentscheidung aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Erstellt am: 30.01.2019
Zuletzt verändert am: 30.01.2019