Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.05.2011 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten ab Juli 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Anrechnung von Einkommen ihres Vaters.
Der Vater der am 00.00.1989 geborenen Klägerin stellte am 17.07.2007 beim Beklagten für seine Tochter einen Leistungsantrag, diese selbst am 31.08.2007 einen "formlosen Hilfeleistungsantrag/Folgeantrag". Die Klägerin gab an, im väterlichen Einfamilienhaus den Wohnraum eines Einpersonenhaushalts quasi zur Untermiete zu bewohnen. An Kosten der Unterkunft schulde sie ihrem Vater 376,71 Euro monatlich. Sie erhalte Einkünfte in Höhe von 154 Euro Kindergeld monatlich und 30 Euro Unterhalt durch die Mutter. Ihr Vater sei nach einem Urteil des Amtsgerichts H ab August 2004 nicht mehr verpflichtet, ihr Unterhalt zu zahlen.
Nachdem der Vater der Klägerin in Folge eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (S 25 AS 53/08) Gehaltsbescheinigungen für Dezember 2006 und August 2007 sowie eine Aufstellung über die Kosten des Eigenheims vorgelegt hatte, lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen mit Bescheid vom 04.05.2009 ab. Die Gesamteinkünfte des Vaters würden den Gesamtbedarf beider deutlich übersteigen. Diesen zunächst an den Vater adressierten Bescheid hob der Beklagte am 22.06.2009 wieder auf und erließ am selben Tag einen (entsprechenden) leistungsablehnenden Bescheid an die Klägerin. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 10.11.2009 Klage beim SG Düsseldorf erhoben. Sie bilde mit ihrem Vater keine Bedarfsgemeinschaft, da sie weder in dessen Haushalt lebe noch in derselben Wohnung.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.05.2011 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Sie bilde mit ihrem Vater eine Bedarfsgemeinschaft nach §§ 9 Abs. 2 S. 2, 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, da sie unter 25 Jahren und unverheiratet sei und dem Haushalt des Vaters angehöre. Die Angehörigkeit zum gemeinsamen Haushalt erschließe sich der Kammer aus der Ausgestaltung der Wohnverhältnisse, der Lebensführung sowie dem direkten Verwandtschaftsgrad. Wenngleich die Klägerin selbst mit dem Geld, das sie vom Vater bekomme, einkaufe, koche und für sich selbst wasche, ergebe sich aus der räumlichen Trennung und verselbständigten Lebensweise keine eigene Haushaltsführung. Die vom Vater unterstützte Verselbständigung sei Teil der Erziehung. Das Wirtschaften aus einem Topf sei nicht Tatbestandsvoraussetzung der Bedarfsgemeinschaft. Auch teilten sich die Klägerin und ihr Vater die Küche, so dass es keine strikte räumliche Trennung gebe. Die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft für Kinder unter 25 entspreche nach Auffassung der Kammer auch dem Willen des Gesetzgebers, der bewusst keinen Anreiz zum Auszug aus dem elterlichen Haushalt und zur Gründung eines eigenen Hausstandes habe schaffen wollen. Vielmehr sei mit der Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II eine Wertentscheidung getroffen, wonach wirtschaftlich nicht auf eigenen Füßen stehende unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ihren Lebensunterhalt nicht auf Kosten der Allgemeinheit sicherstellen könnten.
Gegen das ihr am 04.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.06.2011 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Bereits vor ihrem Zuzug in das Haus ihres Vaters sei der obere Wohnbereich im Haus, exakt der, den sie nutze, untervermietet gewesen. Diese Untervermietung sei wegen ihrer Nutzung nun nicht mehr möglich. Sie sei daher quasi die Untermieterin. Auch gebe es kein Gesetz, dass volljährige Kinder in den elterlichen Haushalt zwangsverpflichte. Ihr Vater habe sich ihren Bedarf selbst bei seiner Mutter kreditieren müssen. Durch die Zwangsverpflichtung in eine Bedarfsgemeinschaft mit ihr sei er in seiner Eigenexistenz bedroht. Ihrem Vater sei über einige Jahre der unterhaltsrechtlichen Verpfändung hinweg ein unpfändbarer Freibetrag von 170% der Regelleistung zugestanden worden. Insoweit könne es nicht sein, dass er nach Zuzug der Tochter nur noch 100 % der Regelleistung erhalten solle. Schließlich sei auch ihr eigener Bedarf zu niedrig berechnet. Ihr Bruder, der bei der Mutter gewohnt habe, erhalte insgesamt 500 Euro. Eine Gleichbehandlung der Kinder sei erforderlich.
Die im Verfahren von ihrem Vater vertretene Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.05.2011 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 zu verurteilen, ihr Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen ihres Vaters zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 22.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen ab Juli 2007, da sie nicht hilfebedürftig im Sinn des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II war.
Streitiger Zeitraum ist aufgrund der Ablehnungsentscheidung des Beklagten die Zeit ab Antragstellung (17.07.2007) bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung (05.09.2012). In diesem Zeitraum besteht ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II nicht.
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Für die Zeit von August 2009 bis Juni 2012, in der die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung eine Ausbildung absolviert hat, war die Klägerin womöglich bereits gem. § 7 Abs. 5 SGB II grundsätzlich von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Klägerin, die die in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II genannten Leistungsvoraussetzungen ansonsten erfüllt, war jedenfalls zu keinem Zeitpunkt im streitigen Leistungszeitraum hilfebedürftig im Sinn von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II.
Hilfebedürftig ist gem. § 9 Abs. 1 SGB II (in den seit Juli 2007 geltenden verschiedenen Gesetzesfassungen), wer seinen Lebensunterhalt ( ) nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen ( ) erhält. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind gem. § 9 Abs. 2 S. 2 SGB II auch das Einkommen und Vermögen ( ) des Elternteils zu berücksichtigen.
Zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin ist gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II für sie als "sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft" (dazu sogleich) der im streitigen Zeitraum jeweilige Betrag der Regelleistung zu Grunde zu legen sowie die hälftigen Kosten der Unterkunft des von ihr und ihrem Vater bewohnten Eigenheims. Im Monat August bestand mithin gem. § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.03.2006 (BGBl I, 558) in der Fassung der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 18.06.2007 (BGBl I, 1139) ein Bedarf von 278,00 Euro (Regelleistung) und gem. § 22 SGB II ein Bedarf von 516,23 Euro für Kosten der Unterkunft, d.h. ein Gesamtbedarf von 794,23 Euro. Die Kosten der Unterkunft setzten sich zusammen aus den vom Vater der Klägerin angegeben und vom Senat als richtig unterstellten Grundbesitzabgaben in Höhe von 1.359,94 Euro, Wasserkosten in Höhe von 418,76 Euro, Kosten für eine Wohngebäudeversicherung in Höhe von 459,52 Euro, Heizkosten in Höhe von 2.996,70 Euro und Zinszahlungen auf Hausdarlehen von 7.154,67 Euro jeweils jährlich, somit 12.389,59 Euro jährlich, d.h. 1.032,47 Euro monatlich. Stromzahlungen waren als Teil der Regelleistung nicht zu berücksichtigen. Ebenfalls nicht berücksichtigt werden konnten Tilgungsleistungen, da die hierzu notwendigen Voraussetzungen, insb. das Bemühen um Tilgungsaussetzung oder -streckung (vgl. BSG Urteil vom 18.06.2008 – B 14/11b AS 67/07 R Rn 23, 28, 30) nicht erfüllt waren. Konkrete Instandhaltungskosten sind vom Vater der Klägerin nicht benannt worden; eine pauschale Berücksichtigung derartiger Kosten kommt nicht in Betracht (vgl. BSG Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 38/08 R Rn 16; Boerner in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 22 Rn 76).
Dem Bedarf der Klägerin gegenüber standen gem. § 11 SGB II das an sie gezahlte Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro und der durch die Mutter gewährte Unterhalt in Höhe von 30,00 Euro abzüglich der gem. § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 1 Alg II-V a.F. bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II n.F. abzuziehenden Versicherungspauschale von 30,00 Euro. Insgesamt bestand im Monat August 2007 ein ungedeckter Bedarf der Klägerin in Höhe von 640,23 Euro. In der Zeit von August 2009 bis Juni 2012 bzw. ab September 2012 ist darüber hinaus das gezahlte Ausbildungsgeld bzw. Einkommen aus Erwerbstätigkeit gem. § 11 SGB II mit entsprechend gemindertem ungedeckten Bedarf bzw. möglicherweise einer vollständigen eigenen Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.
Soweit ein ungedeckter Bedarf bestand, konnte dieser durch das Einkommen des Vaters der Klägerin gedeckt werden, das gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 SGB II bei der Klägerin berücksichtigt werden muss. Bei Würdigung aller von der Klägerin und ihrem Vater geschilderten Umstände des tatsächlichen Zusammenlebens bildeten Vater und Tochter im gesamten streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II.
Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Die Klägerin gehörte im streitigen Zeitraum dem Haushalt ihres Vaters, der erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II war, an. Die "Haushaltsaufnahme" und damit Zugehörigkeit erwachsener Kinder zum Haushalt ihrer Eltern bzw. eines Elternteils, wird durch das Bestehen einer Familiengemeinschaft bestimmt. Ob eine solche Familiengemeinschaft d.h. ein Familienverband besteht, richtet sich nach Merkmalen örtlicher Art (Familienwohnung), materieller Art (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes – BSG Urteil vom 14.03.2012 – B 14 AS 17/11 R Rn 26, auch zur Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung sogar von Einkommen eines Stiefelternteils). Ein solcher Familienverband bestand und besteht unter Würdigung der Angaben der Klägerin und ihres Vaters zwischen beiden.
Das Haus des Vaters der Klägerin ist als Familienwohnung anzusehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Beurteilung der Frage, ob "ein" Haushalt besteht, unmaßgeblich, ob die nunmehr von ihr genutzten Räume vorher untervermietet waren. Dahinstehen bleiben kann, ob von "einer" Familienwohnung möglicherweise dann nicht mehr ausgegangen werden kann, wenn "unter einem Dach" in zwei eigenständigen Wohnungen im Sinne von § 10e Einkommenssteuergesetz (vgl. hierzu BFH Urteil vom 27.10.1998 – XR 157/95) bzw. im Sinne von § 1 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes gelebt und dort auch eigenständig gewirtschaftet wird. Eine solche abgeschlossene Trennung besteht vorliegend bereits baulich nicht. Es handelt sich bei dem Eigenheim des Vaters der Klägerin um ein übliches Einfamilienhaus (Kellergeschoss, Erdgeschoss, 1. Obergeschoss, Dachgeschoss) mit einer Hausnummer und einem gemeinsamen Haupteingang. In diesem Familienheim haben die Klägerin und ihr Vater sich lediglich einzelne Wohnbereiche zugeordnet. Daneben werden Küche und Keller von der Klägerin und ihrem Vater gemeinsam genutzt.
Der Vater der Klägerin leistet dieser auch materielle Unterstützung. So hat die Klägerin seit ihrem Einzug von ihrem Vater monatlich Geld in einer Höhe erhalten, die nach ihren Angaben genügte, um die Kosten für den jeweiligen Monat zu decken. Darüber hinaus unterstützte ihr Vater sie nicht unerheblich durch die Vermittlung eines Krankenversicherungsschutzes. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Vater der Klägerin für diese auch Vergünstigungen erhielt bzw. in Anspruch nehmen konnte wie z.B. eine Kinderzulage im Arbeitsentgelt bzw. einen Kinderfreibetrag, später eine Ausgleichszulage oder die Möglichkeit, Steuerklasse II zu wählen.
Eine immaterielle Zuwendung im Sinne eines familienhaften Bandes hat zwischen Tochter und Vater über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus bestanden. Vater und Tochter haben übereinstimmend ein sehr gutes Verhältnis zueinander beschrieben, während die Klägerin zu ihrer Mutter so gut wie keinen Kontakt pflege. Der Vater der Klägerin unterstützt diese offenkundig auch in ihren Angelegenheiten. So hat er die Klägerin sowohl im Verwaltungsverfahren gegen den Beklagten hinsichtlich eines Leistungsanspruchs nach dem SGB II als auch in den zwei darauffolgenden Gerichtsverfahren bis einschließlich des Berufungsverfahrens vertreten. Allein der Umstand, dass die Klägerin seit ihrer Aufnahme in den Haushalt des Vaters recht eigenständig wirtschaftete, hindert die Annahme eines immateriellen Bandes nicht. Je älter das Kind wird, desto geringer ist die Ausprägung von Betreuungs- und Erziehungsfunktionen der Eltern zu erwarten (vgl. auch BSG, a.a.O. Rn 33). Konflikte zwischen der Klägerin und ihrem Vater, die deren Verbundenheit zu irgendeinem Zeitpunkt im streitigen Zeitraum hätten entfallen und eine "Zerrüttung" erkennen lassen, sind nicht angegeben worden und auch sonst nicht ersichtlich.
Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, der sich aus dem o.g. Bedarf der Klägerin sowie der Regelleistung für ihren Vater und dessen Kosten der Unterkunft zusammensetzt, ist durch das Einkommen des Vaters gedeckt. Exemplarisch ergab sich im Monat August 2007 ein Gesamtbedarf von 1.657,47 Euro. Zu berücksichtigen war hier zunächst der o.g. Bedarf der Klägerin von 794,23 Euro (Regelleistung 278,00 Euro, hälftige Kosten der Unterkunft 516,23 Euro). Für ihren Vater errechnete sich der Bedarf mit 347,00 Euro Regelleistung und 516,24 Kosten der Unterkunft (hälftiger Anteil der gesamten Kosten der Unterkunft von 1.032,47 Euro, s.o.). Dem gegenüber stand neben dem Einkommen der Klägerin in Höhe von 154,00 Euro (Kindergeld 154,00 Euro, Unterhalt der Mutter 30,00 Euro, Versicherungspauschale gem. § 11 SGB II iVm. § 3 Alg II-V a.F.) ausweislich der für den streitigen Zeitraum einzig vom Vater der Klägerin vorgelegten Gehaltsbescheinigung für August 2007 ein Nettoeinkommen des Vaters der Klägerin in Höhe von 2.768,49 Euro, das um die Absetzungen gem. § 11 Abs. 2 SGB II (Grundfreibetrag gem. § 11 Abs. 2 S. 2 SGB II anstelle der Versicherungspauschale bei Erwerbstätigen 100,00 Euro; Freibetrag nach §§ 11 iVm 30 SGB II idF des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.08.2005, BGBl, 2407 180 Euro, Werbungskostenpauschale gem. § 11 iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V a.F. 15,33 Euro, Unterhalt für den Bruder der Klägerin gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB II in Höhe von 316,00 Euro) zu bereinigen war, somit ein Einkommen des Vaters von insgesamt 2.157,16 Euro. Die Rückzahlungen auf ein von seiner Mutter gewährtes Darlehen waren nicht berücksichtigungsfähig, da es an einer Rechtsgrundlage zur Absetzung der für die Tilgung von Schulden aufgewendeten Beträge bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens fehlt (vgl. BSG Urteil vom 19.09.2008 – B 14/7b AS 10/07 R Rn 25). Der Einbeziehung des Vaters der Klägerin in die Bedarfsgemeinschaft steht auch nicht entgegen, dass er seinen individuellen Bedarf durch sein Einkommen selbst decken kann (vgl. BSG a.a.O, Rn 18).
Bei einem Gesamtbedarf von 1.657,47 Euro und einem berücksichtigungsfähigen Einkommen des Vaters der Klägerin von 2.157,16 Euro und der Klägerin selbst von 154,00 Euro bestand im Monat August 2007 somit noch eine Überdeckung von 653,69 Euro in der Bedarfsgemeinschaft. Eine Bedarfsunterdeckung lag bei der Klägerin folglich nicht vor; ihr Bedarf konnte vollständig gedeckt werden. Für die auf August 2007 folgenden Monate geht der Senat davon aus, dass die Einkünfte des Vaters der Klägerin jeweils mindestens so hoch waren wie im August 2007, so dass auch gesetzliche Erhöhungen der Regelleistung nicht zu einer Bedarfsunterdeckung geführt haben und – sofern überhaupt aufgetreten – auch eventuelle Erhöhungen der Kosten der Unterkunft ausgleichbar waren. Gegenteilige Angaben hierzu haben weder die Klägerin noch ihr Vater gemacht, weitere Gehaltsbescheinigungen oder Belege zu Kosten der Unterkunft sind nicht eingereicht worden. Eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin ist für Zeiträume nach August 2007 damit nicht nachgewiesen.
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, ihrem Vater sei über einige Jahre der unterhaltsrechtlichen Verpfändung hinweg ein unpfändbarer Freibetrag von 170% der Regelleistung zugestanden worden, so ist dies für die Bedarfsberechnung im SGB II ohne Belang und kann nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin verkennt mit der Beanspruchung einer Fortgeltung dieses Prozentsatzes, dass die zivil- bzw. familienrechtliche Fragestellung, bis zu welcher Höhe eigenes Einkommen an dritte Personen "abgegeben" werden muss, gänzlich getrennt von der Überlegung zu behandeln ist, wann eine Person als so hilfebedürftig anzusehen ist, dass der Staat dieser aus Steuermitteln Leistungen zur Verfügung zu stellen hat. Die Abwehr von Eingriffen Dritter unterscheidet sich wesentlich von der Geltendmachung einer staatlich finanzierten Hilfezahlung.
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, sie müsse finanziell ihrem Bruder gleichgestellt werden, entbehrt diese Annahme einer gesetzlichen Regelung. Eine derartige Gleichstellung lässt sich auch nicht aus dem Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz herleiten. Die Situation der Klägerin, die sich im Einvernehmen mit ihrem Vater dafür entschieden hat, bei diesem zu leben, ist mit der Situation des Bruders, der (zunächst) bei der Mutter wohnen geblieben ist, nicht vergleichbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht als gegeben angesehen.
Erstellt am: 17.10.2012
Zuletzt verändert am: 17.10.2012