Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12.03.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren hat.
Der 1965 geborene Kläger hat im Anschluss an eine 21-monatige Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann ab September 1984 als Hauer gearbeitet, zuletzt als Schachtzimmerhauer in Lohngruppe 10 der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbau. Seit Juli 2000 war er arbeitsunfähig krank, zum 31.12.2001 ist er vom Bergbau abgekehrt. Nach Abkehr hat er in der Zeit vom 07.05. – 16.07.2003 bei der Gerüstbaufirma T gearbeitet, dort allerdings wieder gekündigt, weil ihm die Arbeit zu schwer war.
Auf den Rentenantrag vom Juli 2000 ließ die Beklagte den Kläger durch Medizinaloberrat Dr. U untersuchen. Dieser diagnostizierte eine Minderbelastbarkeit beider Kniegelenke bei Zustand nach arthroskopischem Eingriff am linken Kniegelenk, eine geringgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks ohne Hinweise auf eine Sekundärarthrose nach behandelter Radiusfraktur sowie gelegentliche Schmerzzustände des rechten Sprunggelenkes bei Zustand nach osteosynthetisch versorgter Sprunggelenksfraktur. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit könne voraussichtlich durch rehabilitative Maßnahmen abgewendet werden.
Auf Veranlassung der Beklagten hat der Kläger sodann in der Zeit vom 11.12.2000 bis 01.01.2001 an einem Heilverfahren teilgenommen. Dort wurden die genannten Diagnosen bestätigt und der Kläger für fähig erachtet, vollschichtig mittelschwere Arbeiten in Tagesschicht zu verrichten.
Gestützt darauf lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 11.06.2001 und Widerspruchsbescheid vom 13.08.2001 Rentenleistungen wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau und wegen Berufsunfähigkeit ab.
Im Klageverfahren haben sich die Beteiligten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau verglichen.
Das Sozialgericht hat nach Einholung von Befundberichten ein Gutachten von dem Orthopäden L und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S eingeholt. Unter Berücksichtigung der Feststellungen von Dr. S hat der orthopädische Sachverständige in seinem Gutachten vom 24.05.2002 anlagebedingte Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, eine retropatellare Chondromalazie im Bereich beider Kniegelenke, einen Zustand nach osteosynthetisch versorgter Außenknöchelfraktur rechts, einen Zustand nach konservativ behandelter Radiusfraktur rechts, ein Ganglion im Bereich des rechten Handgelenkes sowie Senkspreizfuß beiderseits festgestellt. Orthopädischerseits sei der Kläger noch in der Lage, körperlich mittelschwere Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen sowohl unter als auch über Tage zu verrichten. Auf Grund der neurologisch-psychiatrischen Situation sollten jedoch nur noch Arbeiten über Tage mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit ohne Wechsel- und Nachtschicht sowie besonderem Zeitdruck, d.h.im Akkord oder am Fließband, verrichtet werden.
Auf den Antrag des Klägers ist sodann von dem Chefarzt der Katholischen Kliniken F, Dr. I und der Chefärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Evangelischen und K Klinikums in P, Dr. C, eine Begutachtung nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) veranlasst worden.
Dr. I hat abschließend die Auffassung vertreten, dass der Kläger über Tage noch mittelschwere Arbeiten verrichten könne mit gelegentlichem kurzfristigem Bücken. In andauernder länger gebückter Haltung und auf Gerüsten solle er nicht arbeiten. Leitern und Regalleitern könnten demgegenüber zeitweilig genutzt werden. Dr. C ist von einer somatoformen Schmerzstörung bei akzentuierter Persönlichkeit ausgegangen. Sie hat den Kläger bei durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein noch für fähig gehalten, vollschichtig zu arbeiten. Die von Dr. S prognostizierte Besserungsmöglichkeit sei zwischenzeitlich als eingetreten zu betrachten.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab 24.07.2000 einen Zustand von Berufsunfähigkeit anzunehmen und ihm die Gesamtleistung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nachdem das Sozialgericht ein berufskundliches Gutachten des Dipl.-Ingenieurs B zum Lampenwärter aus dem Jahre 1988 und weitere Ermittlungsergebnisse aus anderen Verfahren zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hatte, hat es die Klage durch Urteil vom 12.03.2003 abgewiesen. Der Kläger sei als Facharbeiter zumutbar auf die Tätigkeit eines Lampenwärters verweisbar. Diese Tätigkeit könne er mit dem festgestellten Leistungsvermögen ohne Einschränkung verrichten. Außerdem sei ihm entsprechend der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Auskünfte der Deutschen Steinkohle (DSK) in dem Rechtsstreit L 18 KN 140/02 auch die Tätigkeit als Verwieger 2 zumutbar. Bis zum Zeitpunkt der Abkehr sei dem Kläger der Arbeitsmarkt nicht verschlossen gewesen.
Eine Erwerbsminderung im Sinne des ab 01.01.2001 geltenden § 43 Abs. 2 Satz 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sei nicht ersichtlich, weil er nach den medizinischen Feststellungen mindestens sechs Stunden täglich arbeiten könne.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger im Wesentlichen die Verweisung auf die genannten Tätigkeiten gerügt. Als Lampenwärter könne er nicht arbeiten, weil er dem Anforderungsprofil nicht gerecht werde. Hierzu hat er auf ein Anschreiben der ABB CEAG Sicherheitstechnik verwiesen. Die Tätigkeit könne im Übrigen nur in geringem Umfang sitzend ausgeübt werden. Hinzu komme, dass bei der Wartung der CH-4-Messgeräte Anforderungen an Aufmerksamkeit und Zuverlässigkeit gestellt würden, die er nach den Feststellungen der Gutachter nicht erfüllen könne.Ihm fehle auch die für die Ausübung der Lampenwärtertätigkeit unerläßliche Nacht- und Wechselschichtfähigkeit. Schließlich seien die Kenntnisse und Fähigkeiten für die vollwertige Verrichtung dieser Tätigkeit nicht innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten erlernbar.
Auch für eine Verwiegertätigkeit fehlten ihm die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, weil der Verwieger Kenntnisse in der Bedienung eines Computers haben und zudem zeitweilig seinen Kontrollstand verlassen müsse, um Waggons zu reinigen. Das Sozialgericht habe sich auch nicht hinreichend mit der Arbeitsmarktproblematik auseinandergesetzt, wo doch bekannt sei, dass die DSK gerade in den letzten Jahren unter dem Druck stehe, Arbeitsplätze einzusparen und Mitarbeiter abzubauen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12. März 2003 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Beteiligten weitere Ermittlungsergebnisse zur Tätigkeit des Lampenwärters bzw. Verwiegers zur Kenntnis gegeben.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Prozessakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rentenleistung wegen Berufsunfähigkeit nach der bis zum 31.12.2000 geltenden Bestimmung des § 43 Abs. 2 SGB VI. Insoweit hat das Sozialgericht zu Recht die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtmäßig im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgestz – SGG – angesehen.
Nach der vorgenannten Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI ist berufsunfähig der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs.2 und § 302b Abs.1 SGB VI, letztere neugefasst durch Gesetz vom 20.12.2000 (BGBl I 1827), ist diese Vorschrift für einen am 31.12.2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend (vgl. auch BSG Urteil vom 24.02.1999 B 5 RJ 28/98 R – SozR 3 – 2600 § 300 Nr.14 mwN).
Es hat sich nicht feststellen lassen, dass der Kläger berufsunfähig im Sinne der zitierten Vorschrift ist.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs.1 Ziffern 2 und 3 SGB VI sind erfüllt.
Der Kläger kann zwar seinen bisherigen Beruf als Hauer wegen der im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr ausüben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dennoch ist er damit noch nicht berufsunfähig. Denn er ist auf die ihm sozial und gesundheitlich zumutbare Tätigkeit des Lampenwärters im Übertagebetrieb des deutschen Steinkohlebergbaus verweisbar. Diese Verweisungstätigkeit ist dem Kläger unter Berücksichtigung des Umstands sozial zumutbar, dass er als Hauer in der Lohngruppe 10 mit einer Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann die Stellung eines bergmännischen Facharbeiters innehatte. Mit Rücksicht auf die Wertigkeit dieses bisherigen Berufs darf er nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema (vgl. etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 150 und 153; SozR 3-2200 § 1246 Nr.5), dessen Grundsätze vom Sozialgericht zutreffend wiedergegeben worden sind, auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Ausbildung von wenigstens 3 Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis ungelernter Tätigkeiten innerhalb des Betriebs im Ansehen, aber auch unter Berücksichtigung der tariflichen Eingruppierung im Vergleich mit anderen Tätigkeiten besonders herausheben. Bezogen auf den "bisherigen Beruf" muss er mithin einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf nehmen.
Die Tätigkeit des Lampenwärters erfüllt die genannten Kriterien. Sie ist tarifvertraglich in die Lohngruppe 06 (über Tage) eingestuft, die beispielsweise auch angelernte Handwerker erfasst. Der sachliche Grund für ihren tariflichen Rang liegt darin begründet, dass die regelmäßige Wartung des Geleuchts und der Atemschutzgeräte der Sicherheit des unter Tage-Bergbaus dient und deshalb von deutlich gehobener betrieblicher Wichtigkeit ist. Sie ist damit nicht aus Gründen besonderer Arbeitserschwernisse und aus sozialen Gründen einer Anlerntätigkeit tariflich gleichwertig behandelt, sondern weil sie von deutlich gehobener betrieblicher Bedeutung ist.
Der Kläger ist nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme der Tätigkeit des Lampenwärters gesundheitlich gewachsen. Danach kann er noch körperlich bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Darin sind sich die gehörten Sachverständigen einig. Anlass, diese Feststellung anzuzweifeln, besteht nicht. Auf der Lampenstube fallen keine schweren, nicht einmal mittelschwere Arbeiten an. Die mit der knappschaftlichen Rentenversicherung befassten Senate des Landessozialgerichts NRW gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Lämpenwärtertätigkeit nur mit körperlich leichten Arbeiten verbunden ist.
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger mit den von Dr. S festgestellten Einschränkungen als Lampenwärter arbeiten kann, auch wenn dieser in der abschließenden Beurteilung meint, dass nur geringe Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gestellt werden sollten. Einmal ist diese Feststellung schon im Hinblick darauf zu relativieren, dass der Sachverständige zuvor in der zusammenfassenden Wertung der Befundauffälligkeiten nur Arbeiten ausgeschlossen hat, die vermehrte Anforderungen an diese Eigenschaften stellen. Zum anderen hebt der Sachverständige hervor, dass bei einer berufsbegleitenden, verhaltenstherapheutisch und schmerztherapheutisch ausgerichteten psychotherapheutisch-psychosomatischen Behandlung mit drastischer Reduzierung der verordneten Analgetika und des verordneten Psychopharmakons solcherlei Einschränkungen nicht zu erwarten sind. Mit Rücksicht darauf,dass dem Kläger u.a. ein Antidepressivum in einer Dosierung verordnet worden ist, die eine ambulante Dosis wesentlich überschreitet und eigentlich nur in klinischen Behandlungen erfolgt bzw. erfolgen sollte und einem – nicht indizierten – Medikamentenkonsum ohne weiteres abgeholfen werden kann, vermochte sich der Senat von einem regelwidrigen gesundheitlichen Dauerzustand in der letztlich dokumentierten Schwere nicht zu überzeugen, zumal Dr. C unter Würdigung sämtlicher Befunde und Diagnosen auch durchaus Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, und Verantwortung für möglich erachtet hat. Weshalb der Kläger mit diesem Leistungsvermögen einer Lampenwärtertätigkeit nicht gewachsen sein sollte, ist nicht erkennbar. An diese werden keine über das durchschnittliche Maß hinausgehenden Anforderungen bzgl. der genannten Fähigkeiten und Eigenschaften gestellt. Für die Prüfung der Handmeßgeräte, die ein Lampenwärter nach einem nur wenige Tage dauernden Lehrgang vornehmen darf, reichen durchschnittliche Aufmerksamkeitsleistungen ebenso aus wie für die Wartung und Instandsetzung des Geleuchts und der Filter. Bei der Wartung und Reparatur der Lampen werden die Spannung überprüft und ggf. Kabel, die abgerissen sind, wieder befestigt. Wesentlich höhere Anforderungen sind auch nicht an die Wartung der Messgeräte zu stellen.
Das ergibt sich u.a. aus den den Beteiligten zur Kenntnis gegebenen Unterlagen. In dem Rechtsstreit L 18 (2) Kn 59/91 hat der Lampenmeister L beispielsweise ausgesagt, dass die Handmessgeräte auf Sicht kontrolliert und mit einem Lappen gesäubert werden. Die praktische Einweisung für diese Tätigkeit daurere etwa 14 Tage. Wenn schon eine so kurze Zeit ausreicht, sich Kenntnisse in Wartung und Prüfung anzueignen, so ist nicht erkennbar, inwieweit für die Ausübung der Tätigkeit an sich mehr als nur durchschnittliche Anforderungen zu stellen sein sollen. Das gilt für das Wechseln von Batterien wie für das Ersetzen von Glühbirnen, Kabeln und Fassungen gleichermaßen.
Die Verweisbarkeit scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Kläger nicht in Nacht- und Wechselschicht arbeiten soll. Zum einen findet Nachtschichtbetrieb nur noch auf einigen Lampenstuben statt; zum andern werden Lampenwärter generell bei Vorliegen entsprechender ärztlicher Bescheinigungen nur in Einschicht eingesetzt, wenn dies aus medizinischer Sicht angezeigt ist. Dies hat der Zeuge N in dem Rechtsstreit L 18 Kn 57/94 anlässlich seiner Vernehmung am 30.04.1996 bekundet. Dies ist dem Senat von anderen Zechen vielfach bestätigt worden.
Soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf die Aussagen des Zeugen P anlässlich dessen Vernehmung vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen am 30.10.1995 darauf beruft, dass die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten allenfalls in einer Einweisungszeit von mindestens drei bis vier Monaten zu erlangen seien, so entspricht diese Einschätzung nicht den sonst im Rahmen umfangreicher Beweiserhebungen gewonnenen Erkenntnissen. Die gehörten Lampenmeister haben – wie der Senat schon in seinem Urteil vom 27.05.1997 Az. L 18 KN 7/93 ausgeführt hat – in dem dortigen Verfahren übereinstimmend bekundet, dass ein Hauer die Lampenwärtertätigkeit innerhalb einer Einarbeitungszeit von nicht mehr als drei Monaten vollwertig verrichten kann. Der Senat sieht das durch die Aussage des Zeugen P nicht als widerlegt an, denn dieser hat in seiner Vernehmung vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen zu dem o.g. Aktenzeichen – am 06.12.1995 – selbst eingeräumt, dass das halbe Jahr bis zum vollständigen selbstständigen Einsatz dadurch bedingt sei, dass die entsprechenden Lehrgänge nur zwei bis drei Mal im Jahr durchgeführt würden.
Eine Verweisung auf die genannte Tätigkeit scheitert schließlich auch nicht aus arbeitsmarktbedingten Gründen. Dem Kläger war bis zur Abkehr der Arbeitsmarkt Bergbau nicht verschlossen, auch nicht etwa deshalb, weil im Steinkohlebergbau durch die Zechenschließungen nur noch wenige Arbeitsplätze zur Verfügung stünden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und nach der hier zugrundezulegenden Gesetzeslage ist ein Versicherter durch die Rentenversicherung nur gegen das Risiko versichert, wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr wie bisher arbeiten zu können. Das Risiko, keinen Arbeitsplatz zu finden, trägt grundsätzlich die Arbeitslosen-, nicht die Rentenversicherung (vgl. z.B. BSG in SozR § 1246 Nr.139 mwN). Dennoch ist die Frage der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI, auch für den Bereich der Vollzeitarbeitsplätze, nicht abstrakt, d.h. losgelöst von der Wirklichkeit des Arbeitslebens zu betrachten. Das bedeutet: Hat der aus gesundheitlichen Gründen leistungsgeminderte Kläger, eine reelle, wenn auch schlechte Chance in einer zumutbaren Verweisungstätigkeit unterzukommen, so ist er arbeitslos. Besteht eine solche, auch nur schlechte Chance dagegen nicht mehr, so ist er nicht arbeitslos, sondern berufsunfähig. Für das Unterkommen im Verweisungsberuf kommt es nicht nur auf die theoretische Möglichkeit an, sondern darauf, ob die umschriebene schlechte Chance wenigstens tatsächlich noch besteht (BSG SozR 2200, § 1246 Nr. 110). Der Kläger hatte diese tatsächliche Chance, als Lampenwärter einen Arbeitsplatz zu bekommen. Denn er gehörte als "Noch-Belegschaftsangehöriger" der Deutschen Steinkohle (DSK – früher Ruhrkohle AG) zu dem Personenkreis, aus dem heraus Lampenwärter-Arbeitsplätze – wie auch die der Verwieger oder Lagerarbeiter – besetzt werden (ständige Rechtsprechung der mit der knappschaftlichen Rentenversicherung befassten Senate des LSG NRW, z.B. Urteil vom 15.06.1993 – L 18 (2) Kn 29/91; vom 27.05.19997 L 18 Kn 7/93, vom 15.10.1992 L 2 KN 42/90). Solange das Beschäftigungsverhältnis bei der DSK bestand, hatte er durchaus noch eine reale, möglicherweise schlechte Chance, auf eine entsprechende Beschäftigung, zumal diese Stellen wegen des seit 1983 im Steinkohlenbergbau bestehenden Einstellungsstops den Bewerbern vorbehalten sind, die noch dem Bergbau angehören. Ausweislich der Ermittlungen der knappschaftlichen Rentensenate des Landessozialgerichts NRW, deren Ergebnisse den Beteiligten in wesentlichen Teilen zur Kenntnis gegeben worden sind, sind trotz Zusammenlegung von Bergwerken und trotz des von dem Bevollmächtigten geltend gemachten "Personalanpassungsdrucks" Arbeitsplätze für Lampenwärter vorhanden. Der Kläger, der bis zu der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum Dezember 2001 auf dem Bergwerk Q I eingesetzt war, hätte als Angehöriger dieses Bergwerks Anspruch auf einen solchen "Schonarbeitsplatz" während der Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses gehabt. Im Übrigen sind betriebsübergreifende Umsetzungen von einem Bergwerk zum anderen nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wie sich aus der Auskunft der DSK vom 14.10.1994 ergibt. Der Kläger war allerdings auf Grund seines von ihm innegehabten Arbeitsplatzes auf Q I so nah an einem zumutbaren Arbeitsplatz, dass er durchaus auch eine gute Chance auf eine entsprechende Beschäftigung gehabt hat, wobei das Erlangen eines solchen Arbeitsplatzes sicher das aktive Bemühen des Klägers, insbesondere wegen einer möglicherweise großen Zahl von Mitbewerbern, verlangt haben mag. Der Senat sieht derart intensive Bemühungen des Klägers allerdings nicht. Vielmehr wird – wie aus zahlreichen anderen Fällen bekannt – eher die Chance genutzt, gegen hohe Abfindungssummen auszuscheiden, ohne dass – bei Vorhandensein von Arbeitsplätzen – die Chance auf Erwerb des zumutbaren Verweisungsarbeitsplatzes unter Einsatz der noch vorhandenen Fähigkeiten genützt würde.
Über die Frage des Vorliegens einer Erwerbsminderung im Sinne des ab 01.01.2001 geltenden Rechts war nicht zu entscheiden. Dies war weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz beantragt; eine anfechtbare Entscheidung darüber hat die Beklagte ebenfalls nicht getroffen. Soweit das Sozialgericht dennoch über die Erwerbsminderung im Sinne des ab 01.01.2001 geltenden Rechts entschieden hat, teilt der Senat allerdings die Auffassung, dass eine Erwerbsminderung im Sinne dieser Vorschriften nicht hat festgestellt werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Erstellt am: 07.04.2004
Zuletzt verändert am: 07.04.2004