Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.09.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe des Zugangsfaktors bei der dem Kläger bewilligten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres.
Der am A R D geborene Kläger entrichtete seit Juni 1955 durchgehend Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung. Ausgehend von einem Sozialplan kündigte seinem Wunsch entsprechend die D-AG, N, sein vieljähriger Arbeitgeber, mit Schreiben vom 18. Juli 1994 das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1996 aus betrieblichen Gründen. Der Kläger erhielt zunächst eine Abfindung in Höhe von B DM und im November 1996 wegen der Änderung der Sozialgesetzgebung und der damit verbundenen Nachteile bei der gesetzlichen Rente von seinem Arbeitgeber einen weiteren Betrag in Höhe von B DM. Nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bezog der Kläger bis zum 26. Februar 1999 Arbeitslosengeld. Danach blieb er arbeitslos gemeldet ohne Leistungsbezug. Auf den am 15. März 2001 gestellten Antrag auf Bewilligung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres teilte die Beklagte dem Kläger im April 2001 mit, dass die Rente zur Zeit nur gemindert geleistet werden könne. Der Kläger verblieb bei seinem Begehren, ab Juli 2001 die beantragte Rente zu erhalten. Dem entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 06. Juni 2001, mit dem die Rente wegen eines um 54 Kalendermonate vorgezogenen Rentenbeziehens mit einem Zugangsfaktor von 0,838 berechnet war. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er meinte, zum Zeitpunkt seiner Verträge mit dem Arbeitgeber im Jahre 1994 sei von einer Rentenminderung noch keine Rede gewesen, wies die Beklagte mit Bescheid vom 25. September 2001 zurück.
Mit der Klage hat der Kläger weiter eine ungeminderte Altersrente begehrt. Er sei zum Zeitpunkt der Kündigung davon ausgegangen eine ungekürzte Rente zu erhalten. Das Vertrauen darauf sei zu schützen.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2001 zu verurteilen, ihm Altersrente ohne Abschläge zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist bei der mit den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung verblieben.
Mit Urteil vom 04. September 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit der Berufung meint der Kläger, er habe bei seiner Kündigung im Jahre 1994 von den Regelungen des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 92) ausgehen und darauf vertrauen dürfen, im Jahre 2001 eine ebenfalls nahezu ungekürzte Altersrente in Anspruch nehmen zu können. Dieses Vertrauen habe der Gesetzgeber in das Grundgesetz verletztender Art und Weise mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Überganges in den Ruhestand vom 23.07.1996 sowie dem Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung vom 25. September 1996 verletzt. Die darin enthaltenen, diesen Bereich betreffenden Regelungen verstießen insbesondere gegen Artikel 14 und 3 Grundgesetz (GG), dazu beziehe er sich auf den Aufsatz von Prof. Dr. M. Fuchs in Die Sozialgerichtsbarkeit 2002, Seite 645 ff …
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 04. September 2002 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 06. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2001 zu verurteilen, ihm die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit ungekürzt zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die Beklagtenakte.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger eine höhere Altersrente unter Zugrundelegung eines ungeminderten Zugangsfaktors nicht zusteht; der Rentenbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist insoweit rechtmäßig (§ 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit sind erfüllt. Nach § 237 Abs.1 SGB VI in der ab 01. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung (anzuwenden ist das Recht in der bei Rentenbeginn gültigen Fassung – § 300 Abs. 1 SGB VI -) hat der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Altersrente, weil er die Voraussetzungen der Ziffern 2 bis 5 dieser Vorschrift erfüllt. Mit Rücksicht auf die Regelung in § 237 Abs.3 SGB VI – deren Voraussetzungen der Kläger ebenfalls erfüllt – in Verbindung mit der Anlage 19, hat die Beklagte die Altersrente des im R D geborenen Klägers zutreffend unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,838 berechnet, weil dieser nach § 77 Abs.2 Ziff.2.a) SGB VI für jeden Kalendermonat (insgesamt 54 Kalendermonate) der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente um 0,003 niedriger festzusetzen war.
Die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI in der o.g. Fassung hat der Kläger dagegen nicht erfüllt.
Zwar wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers auf Grund einer vor dem 14.02.1996 getroffenen Vereinbarung nach dem 13.02.1996 beendet, und er war daran anschließend auch arbeitslos. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Kläger im Juli 1994 durch seinen Arbeitgeber gekündigt worden ist. Mit dieser Kündigung ist der Kläger auf der Grundlage des damals bestehenden Sozialplans ausdrücklich einverstanden gewesen. Der Kläger gehört jedoch nicht zu dem von dieser Regelung erfassten, begünstigten Personenkreis, weil er nicht bis zum 14.02.1941 geboren ist. Soweit der Kläger die Regelung für verfassungswidrig hält, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen.
Nach § 237 Abs.4 SGB VI wird unter bestimmten Voraussetzungen – die der Kläger insoweit erfüllt, als er auf Grund einer vor dem 14.02.1996 getroffenen Vereinbarung Dispositionen getroffen hatte, die nach dem 13.02.1996 zur Arbeitslosigkeit geführt haben – die in § 237 Abs.3 SGB VI iVm der Anlage 19 geregelte Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren nicht wirksam. Der Kläger wird von dieser Vertrauensschutzregelung allein deshalb nicht erfasst, weil er nach dem 14.02.1941 geboren ist. In dem so vom Gesetzgeber in Form einer Stichtagsregelung vorgenommenen Ausschluss der am 14.02.1996 unter 55-Jährigen von der Übergangs-/Vertrauensschutzregelung vermag der Senat einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze insbesondere Art. 2, 3 und 14 GG nicht zu erkennen, so dass auch kein Anlass besteht, den Rechtsstreit nach Art. 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die im vorliegenden Fall in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16.12.1997 anwendbare Vorschrift des § 237 Abs.4 SGB VI hat die insoweit inhaltsgleiche Bestimmung des § 237 Abs. 2 SGB VI, die durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23.07.1996 eingefügt worden war, abgelöst. Durch die Regelung des § 237 Abs.2 SGB VI (Abs.4 neue Fassung) sollte sichergestellt werden, dass die beschlossene Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit – und damit auch die Minderung der Rente bei vorzeitiger Inanspruchnahme – aus Gründen des Vertrauensschutzes entsprechend dem bisher geltenden Recht durchgeführt wird (BT-Drucks.13/4336, Seite 24).
Die im – inhaltsgleichen – § 237 Abs.4 SGB VI geregelte Vertrauensschutz-/ Übergangsregelung sollte mithin alle diejenigen älteren Arbeitnehmer schützen, die voraussichtlich nicht mehr flexibel (durch Hinausschieben des Rentenbeginns) auf die neue Gesetzeslage reagieren konnten. Dies betrifft zunächst sowohl diejenigen, die am Stichtag bereits eine – individuelle – Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen hatten, als auch diejenigen, die vor dem 14.02.1996 auf Grund einer wirksamen kollektiven Frühverrentungsvereinbarung einen sie bindenden Antrag auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeberin unterbreitet hatten. Auch sie konnten ab Antragstellung (und Zugang bei dem Arbeitgeber) auf die Änderung arbeitsvertraglich/arbeitsrechtlich nicht mehr flexibel reagieren (vgl. BSG vom 30.10.2001, B 4 RA 15/00 R, SozR 3-2600 § 237 Nr. 1 unter Hinweis auf die Materialien).
Von diesem Schutz hat der Gesetzgeber allerdings diejenigen Versicherten ausgenommen, die am 14.02.1996 noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hatten. Nach der Begründung zu Art. 2 Nr. 17 des Gesetzentwurfs entspricht der gewählte Stichtag des 14.02.1996 dem Datum, an dem das Bundeskabinett das diesem Gesetzentwurf zugrundeliegende Eckpunktepapier beschlossen hat. Der Gesetzgeber war der Auffassung, dass spätestens von diesem Tag an ein zu schützendes Vertrauen in den Bestand der bisherigen Regelung nicht mehr vorliegen konnte (vgl. BT-Drucksache 13/4336 S. 24).
Eine Begründung für die Wahl des Geburtsdatums des 14.02.1941 gibt der Gesetzgeber nicht. Mit Rücksicht auf das dem Gesetz zugrundeliegende Ziel, die Praxis der Frühverrentung in der bisherigen Form durch eine sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand abzulösen, erscheint das Abstellen auf die Vollendung des 55. Lebensjahres am 14.02.1996 – mit dem Zeitpunkt der Kenntnis der vorgesehenen (Neu-) Regelungen durch Verlautbarung des Eckpunktepapiers – sachgerecht.
Anlass für die Änderungen war die in vielen Großunternehmen gängige Praxis, ältere Arbeitnehmer weit vor Erreichen der regulären Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen. Auf diese Weise wurde die Belegschaft der Betriebe zwar verkleinert und/oder verjüngt, führte aber andererseits zu einer erheblichen Belastung der Sozialversicherung und des Bundeshaushalts, weil die gesetzliche Rentenversicherung verstärkt gerade auf Grund der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch genommen worden ist. Das zeigte sich in der beständigen Zunahme der Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Beim Rentenzugang der männlichen Versicherten hatte sich der Anteil der vorzeitigen Rente an allen Altersrenten von rund 21 % im Jahre 1992 auf nahezu 40 % im Jahre 1994 erhöht, in absoluten Zahlen ausgedrückt, war das ein Anstieg von rund 47.000 auf rund 190.000 Neuzugänge. Für 1995 wurde sogar von einem Zugang von etwa 290.000 Altersrenten ausgegangen (vgl. Bt-Drucks. 13/4336, Seite 1 ff.). Die Zahlen zeigen, dass von den als Ausnahmetatbeständen gedachten rentenrechtlichen Bestimmungen in einer nicht zweckentsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
Um die Belastung der Rentenversicherung durch die Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (oder nach Altersteilzeit- arbeit) weiter zu begrenzen, mußte die nach dem Rentenreformgesetz 1992 bereits vorgesehene Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren vorgezogen werden. Dabei galt es, die besonders von der Anhebung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit betroffenen "rentennahen" Jahrgänge zu schützen, d.h., diejenigen, die kurz vor der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Altersgrenze von 60 Jahren standen oder diese in den nächsten Jahren erreichten, die bereits arbeitslos waren oder in absehbarer Zeit arbeitslos wurden und denen daher nur relativ wenig Zeit zur Verfügung stand, ihre weitere Lebensplanung auf die neue Rechtslage einzustellen.
Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung von Art. 14 GG nicht erkennnbar, denn die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung, die nach Art. 14 Abs.1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist, ist um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht (BVerfGE 53, 257, 292). Das gilt insbesondere für Regelungen, die dazu dienen die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfG E aaO., S. 293).
Ohne Einführung einer "Altersgrenze" bei Anwendung der Vertrauensschutzregelung war das gesetzgeberische Ziel der Einsparung und gerade der Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaats effizient nicht durchzusetzbar, vor allem im Hinblick darauf, dass weitere zahlenmäßig starke Jahrgänge das Lebensalter erreichten, in dem Frühverrentungen einsetzen und damit einen sich weiter vergrößernden Rentenzugang verursachen. Der Gesetzgeber hat insoweit hinreichend sachgerecht die von der Rechtsordnung anerkannte und typisierend mit Vollendung des 55. Lebensjahres wegen der Nähe zum Versicherungsfall angenommene besondere Schutzbedürftigkeit in den Vordergrund gestellt, geht man im Übrigen davon aus, dass das Anwartschaftsrecht wegen seiner existenzsichernden Bedeutung für den Kreis der über 55-jährigen Versicherten, was seine Schutzwürdigkeit anbelangt, dem Vollrecht auf Regelaltersrente grundsätzlich gleichzustellen ist.
Es kann dahinstehen, ob auch der Inhaber einer Anwartschaft, also derjenige, der nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl. Beschluss vom 16.12.1999 – B 4 RA 11/99) die allgemeine Wartezeit erfüllt, jedoch das 55. Lebensjahr – wie der Kläger am 14.02.1996 – noch nicht vollendet hat, bereits eine von der Rechtsordnung anerkannte verfestigte Rechtsposition im Sinne eines Anwartschaftsrechts erlangt hat (vgl. BSG aaO., Seite 19). Denn in der Schlechterstellung durch Ausschluss von der Vertrauensschutzregelung liegt jedenfalls deshalb keine Verletzung des Eigentumsgrundrechts, weil Inhaber eigentumsrechtlich geschützter Positionen (wie oben unter Hinweis auf BVerfG E 53, 257 ausgeführt) Einschränkungen hinnehmen müssen, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (so auch BSG Beschluss vom 16.12.1999). Ungünstig velaufende wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Entwicklungen, die zu Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der Sozialversicherung geführt haben, rechtfertigen solche Einschränkungen.
Im Übrigen hat der Gesetzgeber in § 187a SGB VI eine Beitragsnachzahlungsregelung gerade für diese Art von Fällen eingerichtet, bei deren Inanspruchnahme der Kläger wesentliche wirtschaftliche Nachteile hätte ganz oder jedenfalls teilweise "kompensieren" können.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Zwar ist der Kläger als nach dem 14.02.1941 Geborener durch die Regelung des § 237 Abs.4 SGB VI gegenüber denjenigen benachteiligt, die vorher geboren sind. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Gesetzgeber durch Art. 3 GG grundsätzlich nicht gehindert ist, Stichtage einzuführen. Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung des Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt sachlich vertretbar ist (vgl. etwa BVerfGE 80, 297, 311 = SozR 2000 § 1246 Nr. 142; BVerfGE 58,81,126). Das ist nach den eingangs aufgeführten Gesichtspunkten, insbesondere im Hinblick auf die dargelegte erhöhte Schutzbedürftigkeit der Versicherten nach Vollendung des 55. Lebensjahres der Fall. Zwar trifft das Abgrenzungsmerkmal mit dem Geburtsdatum des 14.02.1941 den Kläger besonders, vor allem im Hinblick darauf, dass sich seine tatsächliche Situation kaum von der Lage derjenigen unterscheidet, die in den Genuss der Vertrauensschutzregelung kommen. Dennoch ist die unvermeidlich in solchen Stichtagsregelungen liegende Härte (vgl. etwa BVerfGE 80, 297, 311) hinzunehmen, denn die Wahl des Zeitpunkts orientiert sich an sachgerechten Erwägungen.
Es liegt auch keine Ungleichbehandlung gegenüber den in der knappschaftlichen Rentenversicherung versicherten Personen vor. Wenn für sie der Stichtag des 14. Februar 1944 nach § 237 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI, den der Kläger ersichtlich nicht für sich in Anspruch nehmen kann, festgesetzt worden ist, dann ist damit auch Bezugspunkt die Vollendung des 55. Lebensjahres geworden. Abweichend von der Regelung über den Zugangsfaktor in der allgemeinen Rentenversicherung in § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI, die von der Vollendung des 65. Lebensjahres ausgeht, enthält § 86a SGB VI für die knappschaftlich Rentenversicherten eine Sonderregelung dahingehend, dass dort von der Vollendung des 62. Lebensjahres ausgegangen wird. Gerechtfertigt ist diese Vorverlegung durch die grundsätzlich bestehende und allgemein anerkannte höhere Gesundheits- und Arbeitsbelastung der unter Tage tätigen Bergleute. Diese "Bevorzugung" hat unter dem Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsgrundsatz Geltung auch für die Beschäftigten, die nach den §§ 137, 138 SGB VI in die knappschaftliche Rentenversicherung einzubeziehen sind. Dieser Vorverlegung der Altersgrenze für den Zugangsfaktor vom 65. auf das 62. Lebensjahr trägt die Vorschrift des § 237 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI Rechnung. Auch hierdurch werden die Versicherten geschützt, die mit Blick auf das Bezugsalter des Zugangsfaktors das 55. Lebensjahr vollendet haben. Insofern liegt eine Besserstellung dieser Versicherten nicht vor.
Die Regelung des § 237 Abs. 4 SGB verletzt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Sie greift zwar in die mit dem Rentenreformgesetz 1992 geschaffene Übergangsregelung des § 41 SGB VI ein. Diese Regelung, an der sich der Kläger bei der arbeitsvertraglichen Gestaltung seines Lebens nach Vollendung des 55. Lebensjahres orientiert hatte, sah eine schrittweise Anhebung der Altersgrenze ab dem Jahre 2001 bis zum Jahre 2012 in kleinen Schritten vor. Diese hätte bei dem Kläger auch zu einer – wenn auch weit geringeren – Verkürzung der Rente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme geführt (siehe § 77 SGG in der alten Fassung).
Diese auch schon die entsprechenden Rentenantragsteller belastende Regelung ist durch die einzelnen bekannten gesetzgeberischen Schritte bis zu der den Kläger betreffenden Übergangsvorschrift "verschlechtert" worden. Diese Veränderung aber hat der Gesetzgeber bereits im Jahre 1996 mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23.07.1996 vorgenommen, lange bevor die "günstigere" Regelung für den Kläger überhaupt hat eingreifen können. Er war erst ab der Mitte des Jahres 2001 von dieser Neugestaltung betroffen, die bereits seit dem Eckpunktepapier des Februar 1996 – wenn auch nicht in allen Einzelheiten – bekannt war. Arbeitsvertraglich mag sich der Kläger nicht mehr umorientiert haben können. Das aber kann keinen Einfluss auf sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte haben.
Dies im vorliegenden Fall schon deswegen, weil zwischen dem Bekanntwerden der beabsichtigten rentenrechtlichen Änderungen und deren Wirksamwerden ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren gelegen hat, ein Zeitraum, in dem mehr als hinreichend Zeit und Gelegenheit bestand, sich auf die neue rentenrechtliche Situation einzustellen. Es bestand einmal die Möglichkeit, nicht die Rente pünktlich mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch zu nehmen, zum anderen konnten Beiträge nach § 187a SGB VI entrichtet werden. Nicht zuletzt unter diesen Gesichtspunkten hatte der Kläger Abfindungen in gesamter Höhe von über B DM erhalten. Wenn man denn in der Übergangsregelung des § 41 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 eine rechtsstaatlichen Vertrauensschutz begründende Vorschrift sehen will, die durch die bekannten Regelungen bis hin zum "neuen" § 237 Abs. 4 SGB VI "verschlechtert" worden ist, so hat das BVerfG eine solche Änderung nur unter besonderen Anforderungen für möglich angesehen (BVerfGE 102, 68, 97).
Es dürfen sich nicht nur die maßgeblichen Umstände geändert haben, es müssen darüber hinaus schwere Nachteile für wichtige Gemeinschaftsgüter zu erwarten sein, falls die "alte" Übergangsregelung bestehen bleibt. Ob unter den voraufgeführten Gesichtspunkten ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen von hinreichendem Gewicht angenommen werden kann, kann dahinstehen; denn diese Nachteile für wichtige Gemeinschaftsgüter waren nicht erst künftig zu erwarten, sondern zum Zeitpunkt des Beschlusses des Eckpunktepapiers bereits eingetreten, jedenfalls sichtbar. Bei der mit Zahlen belegten Steigerung der Inanspruchnahme dieser Rentenart – noch vor Eingreifen der "alten" Übergangsregelung – und der damit einhergehenden Wandlung einer ausnahmsweise in Anspruch zu nehmenden Rentenart in eine Regelrentenart, war unschwer zu erkennen, dass – auch – dadurch die soziale Rentenversicherung unter schweren finanziellen Druck geraten war und ausgehend vom Stichtag – 14.02.1996 – weiter zunehmend geraten würde. In solch einer weitestgehend durch die individuellen Entscheidungen eines Betroffenen verursachte Situation einzugreifen war zum Schutz eines funktionierenden Rentensystems und der Gemeinschaft der anderen Versicherten vor dadurch verursachten Beitragserhöhungen gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Reivsion nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Erstellt am: 30.10.2003
Zuletzt verändert am: 30.10.2003