Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.02.1998 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Regelaltersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab dem Beginn des Folgemonats nach Vollendung des 65. Lebensjahres (01.03.1992).
Der am …1927 geborene Kläger bezog ab März 1987 Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit (Bescheide vom 07.01. und 03.11.1987). Dieses wurde jährlich zum 01.07. ab 01.07.1987 angepasst und zum 01.01.1992 nach § 307 SGB VI umgewertet. Weitere Anpassungen zum 01.07. folgten in den Jahren 1992 bis 1994. Auf den Antrag (15.09.1994), Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres zu erhalten, gewährte die Beklagte Regelaltersrente ab 01.09.1994 (Bescheid vom 13.10.1994). Hierbei ergab sich gegenüber der bisherigen Rente ein um 199,75 DM höherer Zahlbetrag. Ohne Erfolg berief sich der Kläger mit seinem auf einen früheren Beginn der Zahlung von Regelaltersrente gerichteten Widerspruch auf § 13 Sozialgesetzbuch I (SGB I) (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 21.03.1995). Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen verurteilte die Beklagte zur begehrten Rentenzahlung ab 01.03.1992 (S 18 KN 50/95, Urteil vom 30.08.1995). Es nahm an, wegen Vollendung des 65. Lebensjahres habe eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI bestanden. Das sich anschließende Berufungsverfahren (LSG NRW L 18 KN 71/95) endete durch Vergleich (19.03.1996). Die Beklagte verpflichtete sich, ihre Entscheidung für Bezugszeiten von dem Zeitpunkt an zu überprüfen, von dem an der Vordruck 22614 RRG 1992 von ihr verwendet worden sei, und dem Kläger einen entsprechenden Bescheid zu erteilen. Bei Gewährung von Regelaltersrente ab Zeitpunkt der Vordruckverwendung verzichtete der Kläger auf Rentenansprüche. Die Beklagte hielt in einem Vermerk fest (24.04.1996), ensprechend den Ausführungen im Arbeitshandbuch seien die Anpassungsmitteilungen ab 01.07.1991 nicht als Merkmalsfälle "MM 50" (Eventuell Gewährung von Altersrente veranlassen …) gekennzeichnet worden. Dieses sei vorgesehen worden zum 01.07.1991 für spezifische Versichertengruppen des Jahrgangs 1931 und zum 01.07.1992 für Versichertengruppen des Jahrgangs 1932 sowie für Bezieher von Knappschaftsausgleichleistung, Knappschaftsrente oder Bergmannsrente (Leistungsarten – LEAT 10 bis 15 – des Geburtsjahrgangs 1927 bis zum Geburtsmonat einschließlich Juni). Bei diesem Personenkreis sei eventuell die Gewährung von Altersrente zu veranlassen in Betracht gekommen. Für den Personenkreis, zu dem der Kläger gehöre, habe dagegen der Vordruck 22614 nicht verwendet werden können. Die Beklagte lehnte ab, von einem früheren Beginn der Regelaltersrente auszugehen, bezog aber entsprechend einem Antrag des Klägers den Zeitraum vom 24.04. bis 24.10.1950 in die Rentenberechnung als Ausbildungszeit ein (ablehnender Bescheid vom 20.05.1996; Teilabhilfebescheid vom 06.09.1996; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 21.01.1997)
Zur Begründung seiner Klage zum SG Gelsenkirchen hat der Kläger vorgetragen, ihm stehe entsprechend der Rechtsprechung des LSG NRW (Urteil vom 28.11.1996, L 2 KN 30/96) die Zahlung von Regelalters rente ab 01.03.1992 zu. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 18.02.1998).
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, die Voraussetzungen für eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI oder für eine Pflicht zu einer spontanen Beratung nach § 14 SGB I seien nicht erfüllt. Der Berechnung der Regelaltersrente lägen 19,7042 persönliche Entgeltpunkte (PEP) aus der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und 45,0541 PEP der knappschaftlichen Rentenversicherung zugrunde. Mithin habe sich ersterer Bereich um 4,9641 PEP erhöht, letzterer dagegen um 0,1269 PEP vermindert. Dies beruhe auf der Bewertung der Pflichtbeitragszeiten am Beginn des Versicherungslebens, der Bewertung der beitragsfreien Zeiten und der beitragsgeminderten Zeiten sowie dem Wegfall der Vorschrift des Artikels 2 § 15 ArVNG. Die Vielzahl der Neuerungen in der Rentenberechnung mit In-Kraft-Treten des SGB VI, die ihrer Art nach sich für die Versicherten hätten begünstigend oder belastend auswirken können, habe bedingt, dass keine Gruppe von Bestandsrentnern zum In-Kraft-Treten des SGB VI ohne individuelle Probeberechnung erkennbar gewesen sei, die durch Beantragung einer anderen Altersrente begünstigt worden wäre. Von den Beziehern von Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit (LEAT 17) des Geburtsjahrgangs 1927 seien maximal 24,60 % der Fälle, die vor dem 55. Lebensjahr berufs- oder erwerbsunfähig waren, und 24,98 % der Fälle, die dies nicht vor Vollendung des 55. Lebensjahres waren, insgesamt 24,95 % der Fälle im Zeitraum 01.01.1992 bis 31.08.1996 bei Beantragung einer anderen Altersrentenart begünstigt. Insgesamt sei das von den Geburtsjahrgängen ab Dezember 1926 bis Ende 1931 in 25,79 % der Fälle der Fall gewesen, davon in 23,35 % der Fälle mit Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 55. Lebensjahres und in 26 % der Fälle ohne Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 55. Lebensjahres. Auch für den Folgezeitraum bis Ende 1997 komme es nicht zu wesentlich anderen Zahlen (Einzelheiten vgl. Anlage zum Schreiben vom 26.06.2000). Informiert habe die Beklagte ihre Versicherten mit einem Aufsatz im "Kompass", ihrem amtlichen Mitteilungsblatt (Februar 1993, S. 81 ff., "Altersrenten können wechseln", Wolfgang Störmann). Andere Publikationen seien nicht erfolgt. In zwei kleineren Dienststellen sei ohne vorherige Probeberechnung – gedeckt weder durch konkrete noch allgemeine Dienstanweisungen – ein Kreis einiger Empfänger auf die Möglichkeit der Umwandlung vorgezogener Altersrente in die Regelaltersrente aufmerksam gemacht worden. Im Parallelverfahren LSG NRW L 2 KN 40/98 sei unter Verstoß gegen die Dienstanweisung vorgegangen worden, zunächst anhand einer internen Berechnung mit Arbeitsauftrag 0633 festzustellen, ob sich ein höherer Zahlbetrag ergebe. Nur in Einzelfällen sei ohne vorherige Probeberechnung der Vordruck 22614 zwischen dem Inkrafttreten des SGB VI und der Überprüfungsaktion im August 1996 an die Bezieher von vorgezogenem Knappschaftsruhegeld verschickt worden, gedeckt nicht durch eine generelle Weisung. Das Rentenbüro M … (vgl. Parallelverfahren LSG NRW L 2 KN 20/98) habe – nicht gedeckt durch eine entsprechende Dienstanweisung – etwa ab Mitte 1992 ein selbständig entworfenes Anschreiben verwendet. Auswahlkriterien der Überprüfungsaktion im August 1996 sei allein der Bezug von vorgezogenem Knappschaftsruhegeld und die Erfüllung der altersmäßigen Voraussetzungen für die Altersrente für langjährig Versicherte oder für die Regelaltersrente gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.02.1998 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich im Übrigen auch auf die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, Urteile vom 02.08.2000.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie der Akten LSG NRW L 18 KN 71/95 und SG Gelsenkirchen S 23 VS 56/96 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger kann Regelalters rente (§ 35 SGB VI) nicht für Zeiten vor dem 01.09.1994 beanspruchen. Die Beklagte hat auf der Grundlage des § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI den Beginn der am 15.09.1994 erstmals beantragten und festzustellenden Regelaltersrente zutreffend auf den Beginn des Antragsmonants, den 01.09.1994 gelegt (1). Weder sind die Voraussetzungen für eine Widereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. 2) noch diejenigen eines Herstellungsanspruchs (vgl. dazu 3) erfüllt. Zu Recht hat die Beklagte abgelehnt, ihre Entscheidung über den Beginn der Regelaltersrente mit dem 01.09.1994 (Bescheide vom 13.10.1994 und 21.03.1995) zurückzunehmen und ab März 1992 Regelaltersrente zu zahlen (§ 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat bei Erlass der überprüften Entscheidung, die Regelaltersrente mit dem 01.09.1994 beginnen zu lassen, das Recht richtig angewandt und ist nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist.
1. Das vom Kläger ab 01.03.1987 bezogene Knappschaftsruhegeld (KnRG) wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit (§ 48 Abs. 2 RKG) war mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 01.01.1992 nach § 300 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in unveränderter Höhe weiterzuzahlen, nunmehr (§ 300 Abs. 4 Satz 2 SGB VI) unter dem neuen Begriff der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (AlR), § 33 Abs. 2 Nr. 4, § 38 SGB VI. Entgegen der Grundnorm des § 300 Abs. 1 SGB VI war allerdings eine Neufeststellung der Rente unter Anwendung des neuen Rechts nicht vorzunehmen (§ 300 Abs. 2, § 300 Abs. 5, § 306 Abs. 1 SGB VI). Es musste lediglich eine sogenannte Umwertung der Rente nach § 307 Abs. 1 SGB VI vorgenommen werden, indem (für die folgenden Rentenanpassungen) auf der Grundlage des Rentenbescheides nach dem RKG persönliche Entgeltpunkte ermittelt wurden. So ist die Beklagte auch vorgegangen. Die AlR wegen Arbeitslosigkeit wurde zum 01.07.1992, 01.07.1993 und 01.07.1994 lediglich auf der Basis der durch Umwertung ermittelten persönlichen Entgeltpunkte des Klägers angepasst (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 09.12.1997, 8 RKn 1/97, SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2, S. 11 ff., 13).
Eine Neufeststellung der Rente nach den Berechnungsvorschriften des SGB VI mit einer neuen Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte nach der Rechtslage, die zur Zeit der Rentenantragstellung vorgelegen hatte, war erst nach dem Antrag des Klägers auf die Regelaltersrente, gestellt am 15.09.1994, zulässig. Dies ergibt sich aus § 300 Abs. 1, § 300 Abs. 3 SGB VI in Verbindung mit § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Die Renten wegen Alters (vgl. § 33 Abs. 2 SGB VI) sind nach dem Aufbau des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eigenständige Renten (im Sinne der besitzgeschützten "bisherigen Rente" und der neu festzustellenden "späteren Rente"), so dass bei aufeinanderfolgenden Altersrenten ungeachtet der Regelung des § 306 Abs. 1 SGB VI die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln sind, allerdings immer auf der Basis des Rechts, das zur Zeit des Rentenbeginns (der widerum vom Rentenantrag abhängt) und nicht des Versicherungsfalles galt. Denn mit der Einführung des SGB VI wurde das sogenannte Versicherungsfallprinzip durch das sogenannte "Rentenbeginnprinzip" ersetzt. Es hat den Vorteil, dass nicht ständig zu prüfen ist, ob altes Recht noch weiter anzuwenden ist (vgl. BT-Drucks 11/4124, S. 206 zu § 291 des SGB VI-Entwurfs = § 300 SGB VI). Die Ausnahmevorschrift des § 302 Abs. 1 SGB VI, wo nach Versicherten, die zur Zeit des Inkrafttretens des SGB VI das 65. Lebensjahr vollendet hatten, die Rente (gleich welcher Art) stets als Regelaltersrente zu leisten war, bestätigt die Regel, dass die noch nicht 65-Jährigen die Vorteile der abgestuften Rentenfälle nach dem neuen Recht (auf Antrag) in Anspruch nehmen können (vgl. BSG, ebenda, S. 13 f.). Das neue Recht kennt einen Wechsel von der einen zur anderen Art der Altersrente, während ein solcher Wechsel nach der vor dem 01.01.1992 bestehenden Rechtslage nicht möglich war (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.1998, B 5 RJ 18/98 R, SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 3 S. 20 ff., 29).
Auch wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers erfüllt waren (10.02.1992) und damit das sogenannte Stammrecht entstanden ist, kann im Falle des Klägers nach § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI die Neufeststellung der Rente (auf der Basis des im September 1994 geltenden Rechts) mit dem Beginn der laufenden Einzelleistungsansprüche erst von dem Kalendermonat an erfolgen, in dem die Rente beantragt wird (also ab 01.09.1994). Ein früherer Rentenbeginn nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ab dem Monat, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die RAr erfüllt sind, hier also ab 01.03.1992, scheidet aus, weil der Antrag nicht innerhalb der Frist von 3 Monaten, die am 31.05.1992 endete, gestellt worden ist (vgl. dementsprechend BSG, Urteil vom 19.12.1997, a. a. O., S. 14).
Soweit sich der Kläger demgegenüber auf die Rechtsprechung des 4. BSG Senats insbesondere vom 02.08.2000 beruft, vermag ihm das LSG nicht zu folgen. Zwar mag auch unter Würdigung verfassungsrechtlicher Aspekte die Sache B 4 RA 40/99 R im Ergebnis zutreffend entschieden sein. Soweit über diesen Fall hinausgehend der 4. Senat letztlich das Rechtskonzept vor In-Kraft-Treten des SGB VI (vgl. zu diesem z. B. BSG, Urteil vom 22.08.1990, 8 RKn 14/88, SozR 3 – 2200 § 1248 RVO Nr. 2 S. 10 ff., m. w. N.) auch für das SGB VI fortführen will (so wohl BSG, Urteil vom 02.08.2000, B 4 RA 40/99 R, S 16 ff.), vermag dem das LSG nicht beizutreten. Diese Auffassung meint, es gebe nur einen Versicherungsfall wegen Alters, dem entsprechend nur eine Art der Altersrente im SGB VI. Das führte bei konsequenter Anwendung des in § 306 Abs. 1 SGB VI niedergelegten Grundsatzes zum Ergebnis, dass es für Bestandsrentner bei der Rentenhöhe vor In-Kraft-Treten des SGB VI verbleibt, soweit sich nicht eine abweichende spezialgesetzliche Regelung findet, an der es hier gerade mangelt. § 306 Abs. 1 SGB VI normiert, dass aus Anlass einer Rechtsänderung die einer Rente zugrunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte nicht neu bestimmt werden, wenn vor dem Zeitpunkt einer Änderung rentenrechtlicher Vorschriften ein Anspruch auf Leistung einer Rente bestand, soweit nicht in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Der Grundsatz des § 306 Abs. 1 SGB VI bedeutet, dass die Änderung von Rechtsvorschriften als solche grundsätzlich keine "wesentliche" Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X ist, soweit nicht spezialgesetzlich etwas anderes bestimmt ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.07.1996, 4 RA 108/94, SozR 3-2600 § 300 SGB VI Nr. 7, S. 20 ff., 28; BSG, Urteil vom 23.05.1995, 13/4 RA 35/94, SozR 3-2600 § 306 SGB VI Nr. 1, S. 1 ff., 3, m. w. N.). Das übersieht jene Auffassung, die sich insoweit allein auf § 100 SGB VI zu stützen versucht (vgl. a. a. O., S. 14 f.). Nicht aber § 100 SGB VI, sondern die §§ 300 ff. SGB VI und ggfs. weitere Spezialregelungen bestimmen, ob und inwieweit Bestandsrentner in Gesetzesänderungen einbezogen sind. Zu Recht ist deshalb die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1996, 13/4 RA 111/94, SozR 3-2600 § 88 SGB VI Nr. 2, S. 2 ff., 6) z. B. davon ausgegangen, dass bei Fortbezug einer EU-Rente auf Grund eines Versicherungsfalls vom 30.09.1992 das In-Kraft-Treten des SGB VI keine Rentenerhöhung wegen Kindererziehungszeiten bewirkt. Zwar schränken die §§ 57, 259 SGB VI nicht die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten wie das alte Recht (vgl. §§ 2 a, 28 a AVG a. F.) auf Versicherungsfälle nach dem 30.10.1985 ein. Doch erlaubt diese zum 01.01.1992 erfolgte Rechtsänderung des SGB VI gemäß § 306 Abs. 1 SGB VI für sich alleine keine neue Bestimmung der PEP (vgl. BSG, ebenda). Fallgruppen, in denen aus anderen Gründen das Recht des SGB VI für eine vollständige Neubestimmung der PEP zu Grunde zu legen ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22.10.1996, a. a. O., S. 6, m. w. N.), liegen beim Kläger gerade nicht vor.
In der Sache überzeugt die Auffassung nicht, es gebe nach dem Recht des SGB VI nur eine einheitliche Art von Rente wegen Alters, soweit es Auswirkungen auf einerseits die Übergangsvorschriften und andererseits die Vorschriften über den Rentenbeginn (§ 99 SGB VI) und den Bestandsschutz (§ 88 SGB VI) hat. § 89 Abs. 1 SGB VI spricht in Satz 2 Nrn. 1 – 6 sechs Arten der Altersrente an und bestimmt deren Rangfolge für den Fall gleich hoher Renten. Es handelt sich um einen Spezialfall von § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, welcher voraussetzt, dass für den selben Zeitraum Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung besteht. Nachvollziehbar hat die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu ausgeführt (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.1997, 4 RA 41/96, SozR 3-2600 § 307 a SGB VI Nr. 8, S. 31 ff., 41), der Hinweis, diese Vorschrift kenne nur "eine Regelaltersrente", sei nicht verständlich. Zutreffend habe daher das LSG darauf abgestellt, dass die Beklagte LVA B. der Klägerin lediglich statt einer "Beitrittsgebietsrente" wegen Alters mit dem Bescheid vom … ab 01.01.1992 ein Recht auf eine (novierte) Regelaltersrente nach dem SGB VI gewährt habe. Im Falle der Klägerin greife also gerade § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, weil aus eigener Versicherung für den selben Zeitraum seit Januar 1992 zwei (gleichartige) Rechte auf Regelaltersrente bestünden (vgl. ebenda). Rechtssystematisch kann § 89 Abs. 1 SGB VI nicht auf der artige Fälle reduziert werden (so evtl. BSG, Urteil vom 02.08.2000, B 4 RA 40/99 R, S. 19). Der Gesetzgeber hat die Norm mit Bedacht in das Zweite Kapitel des SGB VI ("Leistungen"), nicht in das Fünfte Kapitel ("Sonderregelungen") aufgenommen.
Begrifflich kennt das SGB VI in § 33 Abs. 2 denn auch sechs verschiedene Arten der Altersrente. Dass sich die Überschrift zu § 33 SGB VI – "Rentenarten" – nur auf Abs. 1, nicht aber auf die weiteren Absätze der Norm bezieht, kann weder dem Wortlaut noch der Systematik entnommen werden. Dementsprechend trägt § 34 Abs. 4 SGB VI der Möglichkeit verschiedener Arten der Rente wegen Alters Rechnung, indem er vorsieht, dass Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erziehungsrente nicht besteht nach bindender Bewilligung "einer Rente wegen Alters" …, nicht aber nach bindender Bewilligung der Rente wegen Alters. Nichts anderes zeigt die Besitzschutzregelung des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI: Hat ein Versicherter eine Rente wegen Alters bezogen, werden ihm für eine spätere Rente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrundegelegt. Diese Regelung schafft dafür Raum, beim Wechsel von der einen in die andere Altersrente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde zu legen (vgl. z. B. Niesel in Kassler Kommentar, § 88 SGB VI Rdnr. 3 f.; Schulin in Handbuch des Sozialversicherungsrechts, herausgegeben von dem selben, 1999, § 38 Rdnr. 304, m. w. N., auch zu abweichenden Auffassungen für das Verhältnis zwischen §§ 88 und 89 SGB VI, sowie insbesondere Rdnr 305; Verbandskommentar, § 88 SGB VI, Anmerkung 3.1).
Zu Recht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in dieses Regelungssystem auch die Bestimmungen über den Rentenbeginn und die Antragstellung einbezogen (vgl. Urteil vom 09.12.1997, a. a. O., S. 14; Urteil vom 22.10.1998, a. a. O., S. 26 f.). Danach ist der Beginn etwa der Regelaltersrente nach § 99 Abs. 1 SGB VI von der Antragstellung (§ 115 Abs. 1 SGB VI) abhängig. Im SGB VI wurde vom Versicherungsfallprinzip der RVO auf das Rentenbeginnprinzip übergegangen (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1996, 13 RJ 23/95 SozR 3-26000 § 115 SGB VI Nr. 1, S. 1 ff., 3; kritisch wohl BSG, Urteile vom 02.08.2000, B 4 RA 54/99 R, S. 7 ff. und B 4 RA 40/99 R, S. 9 ff.). Die Systematik des SGB VI ist für alle Rentenarten auf den Rentenbeginn, dessen Regelung vereinheitlicht werden sollte, ausgerichtet worden (vgl. Begründung zum RRG 1992, BT-Drucks 11/4124, S. 175 zu § 98 Entwurf). Anstelle der Möglichkeit, den Zahlungsbeginn einer Rente durch die Verschiebung des Versicherungsfalls zu beeinflussen (vgl. etwa zum früheren Recht § 1248 Abs. 6 RVO a. F.), haben die Versicherten im Recht des SGB VI nunmehr Einfluss auf Beginn und Höhe der Rente durch die Wahl des Zeitpunkts der Antragstellung (vgl. §§ 75, 77 SGB VI). Dabei hat der Gesetzgeber auch bewusst die Folgen einer späteren Antragstellung geregelt (vgl. Niederschrift über die 521. Sitzung des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 07.04.1989, S. 29, zitiert nach BSG, Urteil vom 22.10.1996 a. a. O., S. 4, m. w. N. bezüglich der Hinterbliebenenrente). Insgesamt zeigen danach Wortlaut, Gesetzesmaterialien (vgl. im Übrigen auch BT-Drucks 11/4124, zum Entwurf der §§ 32, 87, 88, 98 und 114, S. 161 ff.), Regelungssystem (zum Zusammenhang zwischen Regelung des Zahlungsanspruchs in § 89 in SGB VI, dem Antragserfordernis für jede Rentenart, der Beratungspflicht und ggfs. dem Rentenbegin vgl. auch Niesel, a. a. O. § 89 SGB VI Rdnr. 5 – 7, m. w. N.) sowie der damit zum Ausdruck kommende Sinn und Zweck, dass das SGB VI sich bewußt vom Versicherungsfallprinzip ab- und dem Rentenantragsprinzip zugewandt hat.
Insgesamt kommt danach grundsätzlich für den Kläger eine Rentenleistung erst vom Antragsmonat an in Betracht, da er nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats Februar 1992, sondern erst im September 1994 einen Rentenantrag gestellt hat (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Dem entspricht es, dass die Beklagte dem Kläger ab September 1994 Regelaltersrente gewährt hat.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen Versäumung der Frist des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI kann dem Kläger nicht zugebilligt werden. Zwar ist eine Wiedereinsetzung grundsätzlich auch bei Versäumung einer Frist des materiellen Sozialrechts zulässig, wenn die betreffende Regelung dieses ausdrücklich bestimmt oder ihre Auslegung dies ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.1996, 12 RK 43/95 SozR 3-5070 § 21 WGSVG Nr. 3, S. 7 ff., 8 f., m. w. N.; Urteil vom 22.10.1996, 13 RJ 23/95, SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 1, S. 1 ff., 4 f.). Ob danach eine Wiedereinsetzung bei Versäumung der Dreimonatsfrist des § 99 Abs. 1 SGB VI überhaupt zulässig ist, kann indessen offenbleiben. Der Kläger war nämlich nicht im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB X ohne sein Verschulden gehindert, diese Frist einzuhalten. Dass dem Kläger die Regelung des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI mit der Folge des Anspruchsverlusts bei der Versäumung nicht bekannt gewesen ist, wie er in der Sache vorträgt, stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Nach dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen gelten diese mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt allen Normenadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese davon tatsächlich Kenntnis erlangt haben. Eine Unkenntnis solcher Rechte, deren befristete Ausübung im Gesetz selbst ausdrücklich geregelt ist, kann eine Wiedereinsetzung daher grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. BSG, ebenda, m. w. N.).
3. Der Kläger ist auch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht so zu behandeln, als hätte er den Rentenantrag im Februar 1992 gestellt. Abzuklären ist dies unter drei Aspekten. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des sozialrechtlichen Zustands gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger (oder ein für diesen handelnden Dritter) die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Demnach kommt es insbesondere auf das Vorliegen folgender Voraussetzungen an (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 15.12.1994, 4 RA 64/93, SozR 3-2600 § 58 SGB VI Nr. 2, S. 1 ff., 4 ff., m. w. N.): Die verletzte Pflicht muss dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegen, die zugrundeliegende Norm letzterem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt haben. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss im Sinne einer wesentlichen Bedingung (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sogenannter Schutzzweckzusammenhang; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 01.09.1999, B 13 RJ 73/98 R, SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 5, S. 32 ff., 35, m.w.N.).
a) Aus einer – hier in Betracht kommenden – unterbliebenen oder ungenügenden Aufklärung der Allgemeinheit, zu der ein Versicherungsträger gemäß § 13 SGB I verpflichtet gewesen wäre, kann allerdings kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch resultieren (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1996, a.a.O., S. 5, m.w.N.). Etwas anderes gilt nur bei einer unrichtigen oder missverständlichen Information durch den Versicherungsträger (vgl. ebenda, m.w.N.). Hierzu ist es insbesondere mit Blick auf den Aufsatz von Störmann im Kompass 2/93, S. 81 ff. nicht gekommen. Nach Wiedergabe des Wortlauts von § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB heißt es dort, dieser (normierten) Verpflichtung komme die Bundesknappschaft nach. Einen Pflichtverstoß gegen § 115 Abs. 6 S. 1 SGB VI vermochte das LSG aber nicht festzustellen (vgl. c).
b) Zweiter Aspekt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist die Verletzung der Beratungs- und Auskunftspflicht nach den §§ 14 und 15 SGB I. Daran fehlt es. Voraussetzung für das Entste hen einer Beratungspflicht nach § 14 SGB I ist ein Beratungsbegehren oder zumindest ein konkreter Anlass zu Beratung (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1996, a.a.O., S. 6, m.w.N.). Eine Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten mit der Folge des sozialrechtlichen Herstellungsbegehrens (sog. Spontanberatung) wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergibt, den Versicherten spontan auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die jeder Verständige mutmaßlich nutzen würde (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, a.a.O., S. 15, m.w.N.). Die Annahme eines konkreten Anlasses für die Beratung setzt im allgemeinen voraus, dass zumindest tatsächlich eine Sachbearbeitung durch einen Mitarbeiter der Beklagten stattgefunden hat, nicht nur eine EDV-gestützte Abarbeitung massenhafter Rentenfälle (vgl. BSG, ebenda). Allein darum ging es allerdings bei den maschinell gefertigten, jeweils zum 01.07. des Jahres übersandten Anpassungsmitteilungen, die zum 01.07.1992 zugleich die Mitteilung über die Umwertung nach § 307 Abs. 1 SGB VI beinhaltet haben (zur Qualifikation als Verwaltungsakt vgl. auch BSG, Urteil vom 23.03.1999, B 4 RA 41/98 R, S. 9 ff., m.w.N.). Ein konkreter Anlass zur Spontanberatung hat nach alledem gefehlt.
c) Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen Verletzung der aus § 115 Abs. 6 SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag, der grundsätzlich in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, a.a.O., S. 15 f., m.w.N.; Urteil vom 13.05.1998, B 8 Kn 15/97 R sowie B 8 Kn 16/97 R; Urteil vom 22.10.1996, a.a.O., S. 7, m.w.N.; Urteil vom 22.10.1998, B 5 RJ 62/97 R, S. 7, m.w.N.; Urteil vom 01.09.1999, B 13 RJ 73/98 R, a.a.O., S. 32 ff., 36), besteht im Ergebnis ebenfalls nicht. Unerheblich ist, dass seinerzeit gemeinsame Richtlinien der Rentenversicherungsträger (vgl. dazu jetzt DAngVers 1998, S. 449) nicht bestanden haben (vgl. BSG, ebenda, m.w.N.). Nach § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Rentenversicherungsträger können in gemeinsamen Richtlinien bestimmen, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen (Satz 2, a.a.O.). Zwar handelt es sich bei dem Tatbestandsmerkmal "in geeigneten Fällen" um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dieser ist jedoch – wie die zitierten Entscheidungen des BSG zeigen – im Wege der Auslegung bestimmbar. Die Richtlinien im Sinne von § 115 Abs. 6 Satz 2 SGB VI dienen insofern im Wesentlichen zur Sicherstellung einer einheitlichen Umsetzung des Rechts (vgl. BSG, Urteil vom 01.09.1999, a.a.O., S. 36). Während sich für den Leistungsträger eine Pflicht zur Auskunft und Beratung im Sinne der §§ 14 und 15 SGB I nur bei konkretem Anlass ergibt (vgl. ebenda und oben), ist die allgemeine Hinweispflicht der Träger der Rentenversicherung nach § 115 Abs. 6 SGB VI auf geeignete Fälle beschränkt. Die Geeignetheit einer Fallgruppe richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Merkmalen: Für den Versicherungsträger muss ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzun gen für eine Leistung erfüllt, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen wird. Die Frage, inwieweit darüber hinaus aus der Sicht des Versicherungsträgers bei den Betroffenen ein Informationsbedürfnis bestehen muss, haben der 5. und 8. Senat des BSG dahingehend beantwortet, dass für den Versicherungsträger erkennbar sein muss, dass die Angehörigen einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen. Eine Hinweispflicht ergibt sich danach jedenfalls bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, a.a.O., S. 16 f.; Urteil vom 22.10.1998, S. 8, m.w.N.). Der 13. Senat folgt im Ansatz der Auffassung, dass eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI nur in den Fällen besteht, in denen der Rentenversicherungsträger davon ausgehen muss, dass die Berechtigten einen Rentenantrag aus Unkenntnis (noch) nicht gestellt haben. Soweit es die erstmalige Inanspruchnahme von Altersrente betrifft, berücksichtigt er, dass diesbezügliche Anträge regelmäßig einige Zeit vor der absehbaren Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung (insbesondere vor dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze) gestellt werden, um einen zeitgerechten Beginn der Rentenzahlung sicherzustellen. Gehört jemand zu einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten, die eine solche Rente im allgemeinen vom frühestmöglichen Zeitpunkt an beziehen, so lässt das Fehlen eines Rentenantrags im Monat der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach seiner Auffassung grundsätzlich den Schluss zu, dass dies auf Unkenntnis des betreffenden Versicherten beruht. Er sieht sich insoweit in Übereinstimmung mit § 1 der inzwischen erlassenen gemeinsamen Richtlinien der Rentenversicherungsträger (vgl. hierzu oben und insgesamt BSG, Urteil vom 01.09.1999, a.a.O., S. 36 f.). Im Grundsatz besteht danach in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Einigkeit, dass in Erweiterung und Ergänzung zur spontanen Hinweispflicht bei einem konkreten Anlass nach § 14 SGB I nach § 115 Abs. 6 SGB VI eine Hinweispflicht auch ohne konkreten Anlass bei typischen Sachverhalten gegenüber einer (z.B. mit Mitteln der EDV) abgrenzbaren Gruppe von Versicherten besteht, sobald es dem Versicherungsträger möglich ist zu erkennen, dass ihre Angehörigen den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen, die Antragstellung in der Regel jedoch zu höheren Leistungen führt (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, a.a.O., S. 17). Nach den genannten Kriterien ist die höchstrichterliche Rechtsprechung davon ausgegangen, dass zu den typischen Sachverhalten der Erstbezug einer Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres bei Erfüllung der Wartezeit, der Erstbezug einer Hinterbliebenenrente (BSG, Urteil vom 22.10.1996, a.a.O.) und der Erstbezug einer Altersrente für langjährig Versicherte bei Erfüllung der Wartezeitvoraussetzungen durch freiwillige Beitragszahlungen gehören (Urteil vom 01.09.1999, a.a.O.). Insbesondere solche Fälle hatte die Beklagte in ihrem Arbeitshandbuch mit dem Merkmal "MM 50" erfaßt. Um solche Fallgruppen geht es vorliegend indes nicht.
Darüberhinaus kann aber auch ein geeigneter Fall im Sinne von § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI dann in Betracht kommen, wenn eine abgrenzbare Gruppe von Versicherten bereits eine Rente bezieht und der Wechsel von der einen zur anderen Art der Rente in der Regel zu höheren Leistungen führt (vgl. BSG, Urteile vom 09.12.1997, 13.05.1998 und 22.10.1998, jeweils a.a.O.). Ein solcher Wechsel von der einen zur anderen Art der Altersrente war – wie dargelegt – nach der vor dem 01. Januar 1992 geltenden Rechtslage nicht möglich. Damit gegenüber den Mitgliedern der Gruppe der Bezieher einer vorgezogenen Altersrente nach altem Recht aufgrund des SGB VI eine Hinweispflicht entsteht, muss sich die anzuregende Antragstellung in der überwiegenden Zahl der Fälle günstig auswirken, ohne dass im Einzelfall eine Probeberechnung erforderlich wäre oder über die Kriterien für die Gruppenbildung hinaus ein "konkreter Anlass" im Sinne der Rechtsprechung zu § 14 SGB I vorliegt. Verwaltungsverfahren um ihrer selbst Willen müssen nicht initiiert werden, auch wenn § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sicherstellt, dass dem Versicherten keine Nachteile erwachsen können (vgl. insgesamt BSG, Urteile vom 09.12.1997, a.a.O., S. 17; vom 22.10.1998, a.a.O., S. 29). Maßgeblich ist also, ob unter den Bestandsrentnern der Beklagten die Gruppe der Bezieher von Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit, die nach dem 01.01.1992 das 65. Lebensjahr vollendet haben, durch die Stellung eines Antrags auf Regelaltersrente nach dem SGB VI typischerweise einen messbaren finanziellen Vorteil auf Dauer erhalten. Nach den eingehenden und detaillierten Auskünften der Beklagten (vgl. Übersichten zu LEAT 17-RKG-Recht) gab es im Zeitraum 1992 bis 31.08.1996 maximal einen Anteil unter den Bestandsrentnern von der Gruppe der Bezieher von Knappschaftsruhe geld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit, die nach dem 01.01.1992 das 65. Lebensjahr vollendet haben, von je nach Geburtsjahrgang und differenzierend danach, ob BU/EU vor dem 55. Lebensjahr bestand oder nicht, von zwischen 9,76 % und 36,70 %, die bei Stellung eines Antrags auf Regelaltersrente nach dem SGB VI typischerweise einen messbaren finanziellen Vorteil auf Dauer erhalten haben. Insgesamt ergeben die Übersichten, dass typischerweise nicht unter den Bestandsrentnern der Beklagten die Gruppe der Bezieher von Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit, die ab dem 01.01.1992 das 65. Lebensjahr vollendet haben, durch die Stellung einen Antrags auf die Regelaltersrente nach dem SGB VI einen messbaren finanziellen Vorteil auf Dauer erhielt, vielmehr, dass dies nur im Ausnahmefall gegeben ist. Das gilt ebenso, wenn man den entsprechenden Personenkreis in den Blick nimmt, der vor Vollendung des 55. Lebensjahres berufs- oder erwerbsunfähig geworden ist, weil erdenkmöglich von der Regelung des § 70 Abs. 3 SGB VI a.F. im Ver gleich zu § 54 Abs. 4 a RKG a.F. profitieren konnte (vgl. zu die sem Personenkreis und den Rechtsänderungen BSG, Urteil vom 09.12.1997, a.a.O., S. 18, m. w. N.). In diesem Rahmen halten sich auch die Fälle des Geburtsjahrgangs 1927 (vgl. Anlage zum Schreiben vom 26.06.2000). Die statistischen Ergebnisse erklären sich aus Rechtsgründen im Hinblick auf die vielfältigen Änderungen, die mit dem Inkrafttreten des RRG 1992 einhergingen, die sowohl werterhöhende als auch werterniedrigende Wirkungen gehabt haben. Die Richtung der Auswirkungen der einzelnen Norm ist dabei je nach Lebenssachverhalt ambivalent. So kann sich z.B. die Regelung des § 70 Abs. 3 SGB VI a. F. tendenziell werterhöhend auswirken, wenn z. B. nach der Regelung von § 55 Abs. 4 a RKG a. F. zuvor geringere Lehrlingsvergütungen zugrunde zu legen waren, als auch wertmindernd, nämlich bei vorheriger Bewertung der erstenfünf Kalenderjahre seit dem Eintritt in die Versicherung wie eine Ausfallzeit (vgl. für eine solche Konstellation z.B. BSG, Urteil vom 18.04.1996, 4 RA 36/94, SozR 3-2600 § 71 SGB VI Nr. 1, S. 1 ff., 4 ff., m. w. N.). Mit Inkrafttreten des RRG 1992 zum 01.01.1992 wurden nicht nur die angesprochenen ambivalenten Regelungen eingeführt, sondern das gesamte Berechnungsprogramm einschließlich der o.g. Einzelfaktoren änderte sich. Zusammen mit den tatsächlichen Versicherungsverläufen liegt darin der Grund dafür, dass die Umstellung von vorgezogenem Knappschaftsruhegeld auf Regelaltersrente typischerweise in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht zu höheren dauerhaften Leistungen nach dem SGB VI führte.
Soweit vereinzelt entgegen generellen Weisungen Dienststellen der Beklagten ohne Ermittlung einer Gruppe "geeigneter Fälle" Versicherte wegen einer Änderung ihrer Altersrente angeschrieben haben, begründete dies weder eine nach Art. 3 Abs. 1 GG bei Anwendung von § 115 Abs. 6 SGB VI zu beachtende Verwaltungspraxis, noch vermochte dies den Anwendungsbereichen dieser Norm über das oben Aufgezeigte hinaus zu erweitern.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Das LSG hat dem Rechtsstreit im Hinblick auf die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (Urteile vom 02.08.2000) grundsätzliche Bedeutung beigemessen.
Erstellt am: 29.07.2006
Zuletzt verändert am: 29.07.2006