Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 16.02.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Auszahlung von Berufsunfähigkeitsrente auch für die Zeit vom 01. März bis zum 12. Juli 2001.
In einem Vergleich in dem Rechtsstreit S 6 KN 127/00 – Sozialgericht Gelsenkirchen (L 18 KN 11/02 – LSG NRW) erkannte die Beklagte bei dem Kläger den Eintritt von Berufsunfähigkeit mit dem 30. November 2000 an.
Bereits unter dem 28. März 2001 hatte das Arbeitsamt H der Beklagten mitgeteilt, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01. März bis zum 12. Juli 2001 (wegen einer vom Arbeitgeber erhaltenen Übergangshilfe) gemäß §§ 143, 143a Drittes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB III) ruhe. Ab dem 13. Juli 2001 werde Arbeitslosengeld bis voraussichtlich zum 07. Juli 2002 gezahlt werden.
Mit Bescheid und erläuterndem Begleitschreiben vom 05. Juli 2001 bewilligte die Beklagte dem 1964 geborenen Kläger ab 01. März 2001 auch unter Berücksichtigung der vom Kläger bezogenen Rente aus der Unfallversicherung, die Rente wegen Berufsunfähigkeit. Dazu führte sie aus, dass bei einem grundsätzlichen Zahlungsbeginn am 01. Dezember 2000 wegen des Bezugs von Verletztengeld die Auszahlung der Rente bis zum 28. Februar 2001 ausgeschlossen sei (§ 116 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI). In dem Bescheid teilte die Beklagte weiter die monatlichen Hinzuverdienstgrenzen für die Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe der Rente mit 2.052,36 Euro, in Höhe der Rente von zwei Dritteln mit 2.736,48 Euro und in Höhe der Rente von einem Drittel mit 3.420,60 Euro mit. Unter Berücksichtigung dieser individuellen Hinzuverdienstgrenzen werde die Rente für die Zeit vom 01.03.2001 bis 30.06.2001 nicht,
vom 01.07.2001 – 28.02.2002 nur in Höhe von einem Drittel,
vom 01.03.2002 – 30.06.2002 nicht,
vom 01.07.2002 – 07.07.2002 nur in Höhe von einem Drittel und
ab 08.07.2002 in voller Höhe gezahlt. Denn nach § 96a Abs. 3 SGB VI seien dem Arbeitsentgelt Sozialleistungen als Hinzuverdienst auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit anzurechnen. Das gelte auch für Zeiträume, in denen die Sozialleistung auf Grund von Sperr- bzw. Ruhenszeiträumen nicht gezahlt werde. Als Hinzuverdienst werde das dem Arbeitslosengeld zu Grunde liegende monatliche Bemessungsentgelt in Höhe von 6.543,33 DM, ab Januar 2002 in Höhe von 3.336,67 Euro und ab März 2002 in Höhe von 3.380,00 Euro angesetzt. Damit seien sämtliche Hinzuverdienstgrenzen überschritten.
Mit dem Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass die Beklagte bei der Feststellung des Hinzuverdienstes während des Ruhens des Arbeitslosengeldes von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei nicht die Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld, sondern die daraus folgenden Arbeitslosengeldbeträge als Hinzuverdienst anzusehen. Das folge aus dem Gesetz. § 96a Abs. 3 Satz 4 SGB VI nehme für einen solchen Fall nicht auf § 96a Abs. 3 Satz 3 sondern ausschließlich auf die Sätze 1 und 2 Bezug.
Die Beklagte wies den Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass sich Satz 4 auch auf Satz 3 beziehe, da es ausreichend sei, "wenn durch diese ergänzende Vorschrift des Satzes 4 in § 96a Abs. 3 SGB VI dem Grunde nach die Anrechenbarkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt werde (Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004).
Mit der Klage hat der Kläger sein Auszahlungsbegehren weiterverfolgt und seine Ansicht vertieft, dass sich Satz 4 der Vorschrift des § 96a Abs. 3 SGB VI lediglich auf die Sätze 1 und 2 nicht aber auf Satz 3 beziehe.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ihm gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 12.07.221 unter Anrechnung des fiktiven Arbeitslosengeldes zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 16. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte habe ihrer Entscheidung zu Recht als Hinzuverdienst das Bemessungsentgelt des ruhenden Arbeitslosengeldes zu Grunde gelegt.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 16. Februar 2005 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 05.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2004 zu verurteilen, ihm die Rente wegen Berufsunfähigkeit nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 12.07.2001 nur unter Anrechnung des fiktiven Arbeitslosengeldes zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten. Die Beklagte hat in diesen Bescheiden die zutreffenden Hinzuverdienste ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt. Es ist in diesem Falle als Sozialleistung nicht nur das fiktive, ruhende, nicht gezahlte Arbeitslosenentgelt, sondern das diesem zu Grunde liegende Bemessungsentgelt zu berücksichtigen.
Rechtsgrundlage ist nach Wegfall zum 01. Januar 2001 der ursprünglichen Grundnorm bei Berufsunfähigkeitsrenten des § 43 Abs. 5 SGB VI, § 96a SGB VI in der insoweit vom 01. Januar 1999 bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung i. V. m. § 313 SGB VI. Danach wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im Monat die in Abs. 2 genannten Beträge nicht überschreitet (Abs. 1 Sätze 1 und 2). Da der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit am 31. Dezember 2000 bestand, regeln sich die Hinzuverdienstgrenzen nach § 313 Abs. 2 SGB VI.
Bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen Berufsunfähigkeit erzielt wird, stehen dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die in § 96a Abs. 3 SGB VI aufgezählten Lohnersatzleistungen gleich. Nach § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI in der hier anzuwendenden Fassung i. V. m. § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV und § 313 Abs. 1 SGB VI zählt zu diesen Sozialleistungen das Arbeitslosengeld. Als Hinzuverdienst ist nach § 96a Abs. 3 Satz 3 SGB VI in der hier anzuwendenden Fassung das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.
Zweifel daran, dass die Hinzuverdienstgrenzen korrekt festgestellt worden sind, bestehen weder beim Senat noch bei dem Kläger. Ausgehend davon, dass als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist, füllt die Fiktion des Satzes 3 den in den Sätzen 1 und 2 verwendeten Begriff Hinzuverdienst aus. Es kommt demnach nicht auf die Höhe der Sozialleistungen – hier des Arbeitslosengeldes – an, sondern auf das dieser Leistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, somit des Bemessungsentgeltes für die (jeweilige) Sozialleistung. Diese Regelung findet ihren Grund darin, dass der Empfänger der weiteren Sozialleistung/en neben der Rente ohne einen ersichtlichen Grund nicht besser gestellt werden soll, ja darf als der, der durch Arbeit einen Hinzuverdienst zu seiner Rente erzielt (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 13/8011, Seite 172 zu Nr. 47).
Dies ist auch der wesentliche Grund für die Regelung des Satzes 4, wonach die Sätze 1 und 2 auch für eine Sozialleistung anzuwenden sind, die aus Gründen ruht, die nicht in dem Rentenbezug liegen. Das Arbeitslosengeld ruht nicht wegen des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente, sondern weil der Kläger ein Überbrückungsgeld von seinem Arbeitgeber bei der Kündigung erhalten hat, das entsprechend den Regelungen des SGB III, §§ 143, 143a bei den Leistungen der Arbeitsverwaltung zu berücksichtigen ist. In einem solchen Fall sind die Sätze 1 und 2 auch hier anzuwenden. Diese Regelungen haben keinen anwendbaren Inhalt ohne die Fiktion des Hinzuverdienstes, wie sie in Satz 3 enthalten ist. Notwendiger Inhalt der Sätze 1 und 2 ist deshalb auch der des Satzes 3 immer dann, wenn der Hinzuverdienst nicht aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, sondern aus den in den Sätzen 1 und 2 aufgeführten Sozialleistungen besteht. Da er notwendiger Anwendungsbestandteil der Sätze 1 und 2 ist, muss auf ihn Satz 4 deshalb auch nicht ausdrücklich, wie der Kläger dies mit Blick auf seine Anwendbarkeit meint, Bezug nehmen. Sinn und Zweck dieser Ausgestaltung ist auch hier eine bessere Stellung des Rentenbeziehers zu vermeiden, der nicht Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen hinzuverdient zu seiner Berufsunfähigkeitsrente, sondern grundsätzlich einen Anspruch auf eine weitere Sozialleistung hat, die aber aus anderen Gründen – hier aus Gründen der Anrechnung der Übergangshilfe des Arbeitgebers auf den Arbeitslosengeldanspruch nach §§ 143, 143a SGB III – ruht. Dadurch besteht grundsätzlich eine Gleichbehandlung des Versicherten, der einen Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, der Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen hinzuverdient sowohl mit dem Versicherten, der eine andere in den Sätzen 1 und 2 aufgeführte Sozialleistung hinzuverdient als auch dem, dessen Anspruch auf die Leistungen der Sätze 1 und 2 – nicht wegen des Rentenbezuges – ruht.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 17. Dezember 2002 – B 4 RA 23/02 R – hatte auf diese Entscheidung keine Auswirkungen, da sie sich ausschließlich auf die Rechtssituation vor dem 01. Januar 2001 bezieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Erstellt am: 05.09.2006
Zuletzt verändert am: 05.09.2006