Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23.04.2015 wird zurückgewiesen. Der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 500,- Euro auferlegt; im Übrigen sind Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 27.09.2011 bis 29.12.2015.
Die am 00.00.1944 geborene bereits seit 1998 erwerbsgeminderte und mittlerweile altersberentete Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie bewohnt alleinstehend eine Doppelhaushälfte – deren obere Etage sie untervermietet hat – und hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 70. Ihre Versorgung erfolgt durch Freunde, Bekannte und ihren Untermieter.
Am 27.09.2011 beantragte sie erstmalig (anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes mit anschließender Reha infolge einer Lungenembolie) Pflegeleistungen.
Die Beklagte veranlasste darauf eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK). Die Pflegefachkraft (PFK) X nannte in ihrem Gutachten vom 05.10.2011 als pflegebegründende Diagnosen "körperliche Minderbelastbarkeit nach Lungenembolie ("seitdem 0,5 l O2 rund um die Uhr") sowie Mobilitätseinschränkungen und Schmerzen bei Arthrose in Knie, Hüften, Händen, Skelettveränderungen und Fibromyalgie. Bei nicht in erheblicher Weise eingeschränkter Alltagskompetenz benötige die Klägerin vor dem Hintergrund dieser Erkrankungen in der Grundpflege Hilfeleistungen von 46 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten pro Tag.
Mit Bescheid vom 25.10.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen der Pflegestufe I (in Gestalt einer Kombination aus Sachleistungen und Pflegegeld).
Hiergegen legte die Klägerin (mit Schreiben vom 01.11.2011; vgl. auch bereits das umfassende handschriftliche Schreiben vom 06.10.2011) Widerspruch ein. Die Begutachtung übersehe die Tragweite ihrer gesundheitlichen Beschwerden in Gestalt von Lungenembolie, Herzerkrankung, Arthrose und eines Drehschwindels und verkenne wesentliche nötige Hilfeleistungen wie etwa im Rahmen von mindestens zweimal wöchentlich anfallenden Arztbesuchen (in Begleitung), des Besorgen von Medikamenten und Bankbesuchen und der Versorgung mit sowie der Anreichung von Lebensmitteln oder dem Wäschewaschen. Sie könne das Bad im Obergeschoss nicht ohne Hilfe erreichen und auch nicht alleine baden. Im Gäste-WC im Erdgeschoss habe sie kein warmes Wasser, weshalb der Pflegedienst ihr die Haare mit Schüsseln in der Küche waschen müsse. Insgesamt lägen daher die Voraussetzungen der Pflegestufe II vor.
Mittlerweile anwaltlich vertreten legte die Klägerin überdies (mit Schriftsatz vom 06.01.2012) ein Pflegetagebuch für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis zum 28.11.2011 vor.
Der MDK erstellte aufgrund erneuten Hausbesuchs vom 14.01.2012 ein weiteres Gutachten durch die Ärztin Dr. med. Q. Diese ergänzte die pflegebegründenden Diagnosen um eine respiratorische Insuffizienz nach Lungenembolien und Adipositas mit Bewegungseinschränkung sowie Drehschwindel, Z.n. Mammakarzinom rechts 2009 und Gefäßverschlüsse rechtes Auge mit Visusminderung. Hieraus resultiere ein Grundpflegebedarf von 59 Minuten bei unverändertem Zeitaufwand hinsichtlich der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Durch Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nach dem Ergebnis der durchgeführten Begutachtungen nicht vor, da der Zeitaufwand für den durchschnittlichen täglichen Hilfebedarf in der Grundpflege nicht mindestens 120 Minuten betrage.
Mit ihrer hiergegen am 31.05.2012 vor dem Sozialgericht Detmold (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt und ergänzende medizinische Unterlagen vorgelegt. Zu berücksichtigen sei ferner, dass bei ihr nun auch die Stoffwechselstörung Morbus Fabry diagnostiziert worden sei (vgl. Arztbrief des Fabry-Zentrums der Universitätsklinik Münster vom 06.09.2012). Die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen vor. Allein im Rahmen der Grundpflege betrage der tägliche Pflegeaufwand nach ihrer Einschätzung 219 Minuten. Außerdem sei sie in ihrer Alltagskompetenz erheblich eingeschränkt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 25.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB XI ausgehend von der Pflegestufe II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab dem 27.09.2011 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die angefochtenen Bescheide und eingeholten Gutachten und eine erneute sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. med. Q vom 19.09.2012 bezogen.
Das SG hat Beweis erhoben zum Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin durch Einholen eines Sachverständigengutachtens der PFK N vom 19.04.2013. Dieser hat in seinem Gutachten vom 19.04.2013 aufgrund persönlicher Untersuchung der Klägerin vom 04.04.2013 im Rahmen eines Hausbesuches einen Pflegebedarf in der Grundpflege von 85 Minuten und in der hauswirtschaftlichen Versorgung von 90 Minuten festgestellt. Die Abweichung zur Beurteilung des MDK basiere im Wesentlichen auf dem von ihm eingerechneten Hilfebedarf von jeweils 12 Minuten für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie beim Treppensteigen, da er eine Körperpflege im Badezimmer im ersten Obergeschoss für erstrebenswert und die Nichtnutzung aus ökonomischen Gründen für nicht ausschlaggebend halte. Die Klägerin habe allerdings ihre Intention offengelegt, die in Anspruch genommenen Pflegeleistungen vollumfänglich zu "refinanzieren". Er habe sie auf das "Teilkaskosystem" der Pflegeversicherung hingewiesen und eine gezielte Beratung durch den Träger der Grundsicherung im Alter empfohlen.
Die Klägerin hat hiergegen (mit Schriftsatz vom 13.06.2013) eingewandt, dass dem Begutachtungsergebnis nicht gefolgt werden könne. Nicht nachvollziehbar sei insbesondere, warum er ihre Erkrankung an Morbus Fabry nicht berücksichtigt oder Hilfebedarfe etwa beim Kämmen, die der MDK ihr noch zugestanden habe. Die für die Mobilität angesetzten Werte griffen zu kurz, da sie ein Sauerstoffgerät bei sich tragen müsse. Erschwerend komme insoweit hinzu, dass sie ihre Lebensmittel aus dem Keller heraufholen müsse. Der Zeitaufwand für das Duschen mit Lifter und Transfer beanspruche allein 45 Minuten zweimal in der Woche. Die Hilfe beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe fehle. Auch die Zeitwerte für das Verlassen der Wohnung seien nicht nachvollziehbar, in den zuerkannten 12 Minuten sei sie "gerade mal am Busbahnhof angelangt".
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.07.2013 hat der Sachverständige sich nicht veranlasst gesehen, von seiner Beurteilung abzuweichen. Soweit berücksichtigungsfähig, sei der von der Klägerin reklamierte Hilfebedarf angemessen und auf den täglichen Durchschnitt herunter gebrochen berücksichtigt worden.
Die Klägerin hat diesen Ausführungen abermals widersprochen (vgl. Schriftsatz vom 31.07.2013 inkl. Anlage) und weitere medizinische Behandlungsunterlagen vorgelegt.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG weiteren Beweis erhoben zum Umfang ihrer Pflegebedürftigkeit durch Einholen eines Sachverständigengutachtens des Orthopäden Dr. P vom 27.02.2014 aufgrund Untersuchung (in den Praxisräumen) vom 23.01.2014 unter Berücksichtigung eines fachinternistischen Sachverständigengutachtens des Dr. A vom 28.01.2014 aufgrund Untersuchung (ebenfalls in den Praxisräumen) vom 23.01.2014. Die Sachverständigen haben den von der PFK N ermittelten Bedarf in der Grundpflege von 85 Minuten mit identischen Einzelverrichtungswerten bestätigt und in der hauswirtschaftlichen Versorgung einen Aufwand von 80 Minuten angenommen.
Die Klägerin ist (mit Schriftsatz vom 31.05.2014) auch diesem Gutachten entgegengetreten. Sie sei von den Sachverständigen insoweit "enttäuscht", als ihre krankheitsbedingten Einschränkungen nicht angemessen berücksichtigt worden und der Pflegebedarf im Rahmen der Mobilität (Bewältigung der Wegstrecken, insbesondere Treppen, u.a. um Lebensmittel zu holen), der Aufwand für das An- und Ablegen der Kompressionsstrümpfe und das Kämmen nach wie vor unzureichend gewürdigt worden seien.
Ergänzend hat die Klägerin Arztbriefe der Internistischen Abteilungen des Klinikums H vom 27.05.2014, des Sankt F Hospitals in H vom 30.12.2013 und vom 11.07.2014 sowie der Klinik für Urologie des Klinikums H vom 28.12.2013 und einen Auszug aus der Krankenakte des behandelnden Orthopäden Dr. I vom 17.09.2014 zu den Akten gereicht.
In ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 27.08.2014 und vom 28.07.2014 haben die Dres. A und P mitgeteilt, dass keine auf objektive Befunde gestützten neuen Gesichtspunkte erkennbar seien, die zu einer anderen sozialmedizinischen Beurteilung führten.
Die Klägerin hat auch hiergegen (mit Schriftsätzen vom 10.11.2014 und vom 12.01.2015) sowie mit beigefügtem Arztbrief des Lungenfacharztes Dr. C vom 20.10.2014 Stellung bezogen.
Durch Urteil vom 23.04.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Klägerin nicht als schwerpflegebedürftig im Gesetzessinne einzustufen. Zu folgen sei insoweit den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen N, die im Ergebnis auch von den Sachverständigen Dres. A und P bestätigt würden. Der Sachverständige N habe die Abweichung von den Feststellungen des MDK zu Gunsten der Klägerin überzeugend begründet und auch im Übrigen nachvollziehbare Werte ermittelt. Das Entleeren des Nachtstuhles habe er entgegen der Kritik der Klägerin mit 3 Minuten, das An- und Ablegen der Kompressionsstrümpfe dagegen im Rahmen des An- und Entkleiden angemessen berücksichtigt. Das Kochen von Speisen unterfiele der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand für das Treppensteigen sei nur im Zusammenhang mit den (badezimmerbezogenen) Verrichtungen, nicht jedoch davon losgelöst berücksichtigungsfähig; das Gleiche gelte für Wegstrecken außerhalb von Arztbesuchen bzw. außerhalb des Hauses. Sofern die Klägerin einzelne Erkrankungen nicht oder unzureichend berücksichtigt fände, verkenne sie, dass diese nicht an sich pflegestufenrelevant seien, sondern nur, soweit hieraus maßgebliche Einschränkungen resultierten. Selbst wenn man für das Kämmen 3 Minuten zusätzlich berücksichtigte, würde hierdurch die Grenze zur Pflegestufe II nicht überschritten.
Die Klägerin hat gegen das Urteil am 29.06.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Ihre vorgebrachten Einwendungen seien rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt worden. Der Verweis auf die eingeholten Gutachten trage nicht. Es gehe ihr leider so schlecht, dass sie zwingend auf die Pflegestufe II angewiesen sei; ihre Freunde hätten "die Nase voll" nach so vielen Jahren ohne Bezahlung. Ihr unruhiger Gang und die räumlichen Verhältnisse müssten pflegeerschwerend berücksichtigt werden ebenso wie die Tatsache, dass sie fast 10 Jahre vor der Regelaltersrente berentet worden sei. Ergänzend nimmt sie Bezug auf einen kardiologischen Befund vom 07.08.2015.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23.04.2015 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2012 zu verurteilen, ihr Leistungen nach der Pflegestufe II in der Zeit vom 27.09.2011 bis 29.12.2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das erstinstanzliche Urteil und die eingeholten Sachverständigengutachten in ihrer Rechtsauffassung bestätigt.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Verschlechterung sind zweitinstanzlich Befundberichte bei den behandelnden Ärzten der Klägerin eingeholt worden bei: – dem Lungenfacharzt Dr. C (vom 21.12.2015), – dem Kardiologen Dr. T (vom 23.12.2015), – dem Orthopäden Dr. I (vom 27. bzw. 28.12.2015), – dem Nervenarzt Dr. S (vom 06.01.2016), – dem Internisten Dr. C1 (vom 29.01.2016).
Ferner sind ergänzende Stellungnahmen bei den erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen eingeholt worden. Sowohl die PFK N (vgl. Schreiben vom 30.03.2016) als auch Dr. P (für diesen Dr. E, vgl. Schreiben vom 09.05.2016) und Dr. A (Schreiben vom 02.05.2016) haben aufgrund des Sachvortrages der Klägerin in der Berufung und den aktualisierten Befunden keine Veranlassung gesehen, von ihrem Begutachtungsergebnis abzuweichen.
Am 30.12.2015 hat die Klägerin bei der Beklagten einen Verschlimmerungsantrag gestellt, den diese (aufgrund von MDK-Gutachten vom 22.02.2016 und 20.04.2016) mit Bescheid vom 25.02.2016 und Widerspruchsbescheid vom 25.02.2016 abgelehnt hat; das noch vor dem SG unter dem Aktenzeichen S 18 P 100/16 anhängige Klageverfahren ruht derzeit. Über den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung ihres weiteren Verschlimmerungsantrages (vom 08.11.2016) hatte die Beklagte zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden.
Ihren zweitinstanzlichen Antrag (vom 20.06.2016) auf Verpflichtung der Beklagten zu höheren Leistungen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung (Az.: L 5 KR 60/16 ER) hat die Klägerin mit Schreiben vom 13.07.2016 für erledigt erklärt.
Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat Beweis erhoben zum Umfang ihrer Pflegebedürftigkeit durch Einholen eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. P vom 03.04.2017. Dieser hat aufgrund Untersuchung im Rahmen eines Hausbesuches vom 30.03.2017 einen Aufwand in der Grundpflege von 60 Minuten und in der hauswirtschaftlichen Versorgung von 47.1 Minuten festgestellt.
Der Senatsvorsitzende hat die Klägerin (mit Verfügung vom 02.05.2017 sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung, vgl. Sitzungsprotokoll) darauf hingewiesen, dass die Auferlegung von Kosten gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung in Betracht komme.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin einen weiteren Ordner mit Unterlagen überreicht. Der Beklagtenvertreter hat auf Einsichtnahme verzichtet; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 25.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2012. Der Senat konnte dahinstehen lassen, inwieweit die auf die Verschlimmerungsanträge der Klägerin ergangenen Ablehnungsbescheide der Beklagten nach § 96 SGG in das Verfahren einzubeziehen waren (BSG, Urteil vom 02.02.2010, B 8 SO 21/08 R, juris Rn. 9; BSG, Urteil vom 31.10.2007, B 14 B 14/11b AS 59/06 R, juris Rn. 13 ff.; s.a. Becker in: Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl. 2014, § 96 Rn. 32; a.A. BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R, juris Rn. 30) bzw. das Verfahren bis zum Abschluss des Vorverfahrens betreffend den Verschlimmerungsantrag vom 08.11.2016 auszusetzen war. Die Beteiligten haben den Streitgegenstand im Termin zur mündlichen Verhandlung übereinstimmend auf die Überprüfung des Bescheides vom 25.10.2011 und des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2012 für den Zeitraum bis zum 29.12.2015 (Stellung des ersten Verschlimmerungsantrags) beschränkt.
Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG. Ihr stehen für die streitige Zeit vom 27.09.2011 bis 29.12.2015 keine Leistungen der Pflegestufe II zu.
Die Voraussetzungen für die Leistungen der Pflegestufe II gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB XI in der hier maßgeblichen vom 01.04.2007 (vgl. Artikel 8 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007, BGBl. I, S. 378) bis zum 31.12.2015 gültigen Fassung sind zur Überzeugung des Senates nicht erwiesen.
Danach können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Die Zuordnung zur Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftigkeit) setzt dabei voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen.
Davon ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einmal annähernd auszugehen.
Wegen der Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG nach eigener Prüfung umfassend Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Diese stützen sich maßgeblich auf die widerspruchsfrei nachvollziehbare und überzeugende Begutachtung des erfahrenen Pflegesachverständigen N.
Dessen Einschätzung des Pflegebedarfs in der Grundpflege auf lediglich 85 Minuten wird darüber hinaus auch von den nach § 109 SGG beauftragten Dres. P und A ohne jegliche Abweichung geteilt. Selbst wenn man deren Gutachten vor dem Hintergrund des fehlenden Hausbesuches nur für eingeschränkt belastbar hält, ergibt sich die Pflegestufe II auch nicht aus den Feststellungen des zweitinstanzlich zugelassenen weiteren § 109er-Gutachtens des Prof. Dr. P (auf der Basis einer persönlichen Untersuchung im Wohnumfeld): Auch dieser beziffert mit 60 Minuten im Ergebnis einen Wert in der Grundpflege, der nicht nur den der Pflegestufe II nicht erreicht, sondern dazu den Wert der anderen Sachverständigen sogar noch unterschreitet.
Im Ergebnis lässt sich der Anspruch der nach objektiven Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2014, B 3 P 7/13 R, juris Rn. 11 m.w.N.) beweisbelasteten Klägerin daher auf keines der eingeholten Gutachten stützen: Mindestens 120 Minuten in der Grundpflege werden für die streitgegenständliche Zeit – bei weitem – nicht erreicht.
Weder die zweitinstanzlich entweder von der Klägerin vorgelegten oder im Wege der Amtsermittlung ergänzend eingeholten aktualisierten Befundberichte, die den Gutachtern vorgelegen haben, noch das sonstige Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren boten Anlass für eine andere Beurteilung.
Soweit die Klägerin noch im Termin zur mündlichen Verhandlung weitere Unterlagen – im Wesentlichen Korrespondenz mit ihrer Prozessbevollmächtigten – eingereicht hat, ergeben sich hieraus keine neuen Sachaspekte.
Etwas anderes folgt schließlich auch nicht aus der Änderung des Pflegerechts zum 01.01.2017. Nach § 140 Abs. 1 S. 1 SGB XI aktuelle Fassung (angefügt durch das Gesetz vom 21.12.2015, BGBl. I, S. 2424) ist für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit auf das zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebliche Recht abzustellen.
Die Entscheidung, der Klägerin Verschuldenskosten aufzuerlegen, beruht auf §192 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten u.a. im Urteil ganz oder teilweise Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt wurde und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Ein solcher Missbrauch ist in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 34 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (vgl. nur die Beschlüsse vom 11.12.2001, Aktenzeichen: 1 BvR 1821/01 und vom 18.09.2000, Aktenzeichen: 2 BvR 1407/00, jeweils juris) auch für das sozialgerichtliche Verfahren unter anderem dann zu bejahen, wenn eine Berufung offensichtlich unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Rechtsverfolgung der Klägerin ist offensichtlich aussichtslos, da auch nach Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten der Amtsermittlung keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Beklagte die Leistungen der Pflegestufe II für die streitige Zeit zu Unrecht verweigert. Die Klägerin hat den Rechtsstreit auch insoweit rechtmissbräuchlich fortgeführt, als sie die Berufung auch nach dem ausdrücklichen Hinweis des Vorsitzenden auf die Missbräuchlichkeit und die Möglichkeit der Kostenauferlegung nach § 192 SGG im Vorfeld und im Verhandlungstermin selbst in vollem Umfang aufrecht erhalten hat, obwohl sie in der Lage war, die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II zu erkennen und die Konsequenzen aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu ziehen. Die Verhängung von Verschuldenskosten ist daher geboten, um die Gemeinschaft der Steuerzahler vor einer missbräuchlichen Ausnutzung der grundsätzlichen Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens zu schützen.
Der Höhe nach hält der Senat einen Betrag von EUR 500,00 für angemessen (§ 202 SGG i.V.m. § 287 Zivilprozessordnung (ZPO)). Dieser Betrag liegt zwar über dem festzusetzenden Mindestbetrag von 225,00 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG), aber noch deutlich unter den Kosten, die der Landeskasse durch das Verhalten der Klägerin tatsächlich entstanden sind (vgl. u.v.a. LSG NRW, Urteil vom 26.01.2010, L 5 KR 144/09, juris).
Die übrige Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 183 SGG.
Erstellt am: 19.02.2018
Zuletzt verändert am: 19.02.2018