I. Die Klage wird abgewiesen.
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II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
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\nT a t b e s t a n d :
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\nStreitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit „psychische Erkrankung durch Mobbing“.
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Der am 1972 geborene Kläger war seit 01.11.2003 als Pastoralreferent im Dienst des Bistums M.. 2016 hat er mit dem Bistum einen Aufhebungsvertrag geschlossen, der ihm von diesem nahegelegt wurde. Im Anschluss arbeitete der Kläger bei der altkatholischen Kirche. Seit April 2019 ist er in der staatlichen Flüchtlingshilfe beschäftigt.
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Am 09.01.2018 wandte sich der Kläger an die Beklagte und übersandte eine Mobbing-Chronologie. Er sei Straftaten ausgesetzt gewesen. Dies habe zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt. Mit Schreiben vom 18.01.2018 teilte die Beklagte mit, dass ein Feststellungsverfahren zum Vorliegen einer Berufskrankheit eingeleitet wurde. Des Weiteren teilte sie dem Kläger am 30.01.2018 mit, dass psychische Erkrankungen in der derzeit gültigen Rechtsverordnung nicht als Berufskrankheiten enthalten seien. Die Anlage zur BKV wurde ihm übersandt. Auch eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei abzulehnen, weil keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, dass bestimmte Personengruppen in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung Einwirkungen ausgesetzt seien, die zu Erkrankungen durch Mobbing führen. Laut einer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 28.02.2018 sei eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII nicht anerkennungsfähig. Es wurde empfohlen, dem Kläger Informationen über Mobbing-Beratungsstellen zu geben, Mobbing sei nicht zu tolerieren. Es könne den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllen.
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Mit Bescheid vom 22.03.2018 wurde eine Berufskrankheit abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass weder eine BK nach Abs. 1, noch nach Abs. 2 des § 9 SGB VII vorliege. Die Erkrankung sei auch nicht wie eine Berufskrankheit anzuerkennen. Hierfür sei Voraussetzung, dass der Kläger einer bestimmten Personengruppe angehöre, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sei. Außerdem müssten diese Einwirkungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft generell geeignet sein, diese Erkrankungen zu verursachen. Die Berufsgruppe der Pastoralreferenten müsste danach infolge ihrer entsprechenden beruflichen Tätigkeit in einem erheblich höheren Grade, als die übrige Bevölkerung psychischen Belastungen ausgesetzt sein. Es lägen derzeit keine medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, wonach eine Belastungsstörung bzw. ein Burnout durch besondere Einwirkungen verursacht werde, denen der Kläger als Pastoralreferent in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sei.
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Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er übersandte Schriftverkehr mit seinen Vorgesetzten bei der Diözese M.. Nach seinen Recherchen bestünden im sozial-karitativen und besonders kirchlichen Bereich ein erhöhtes und spezifisches Mobbingrisiko. Durch die erheblich eingeschränkten Mitarbeitervertretungsrechte sei der Betroffene kaum in der Lage sich gegen diese Übergriffe am Arbeitsplatz so zur Wehr zu setzen, wie es außerkirchlich Beschäftigten vom Gesetzgeber ermöglicht werde.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2018 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass psychische Erkrankungen nicht durch Rechtsverordnung in der Liste der Berufskrankheiten aufgeführt seien. Auch seien die Einwirkungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft nicht generell geeignet diese Krankheit zu verursachen.
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Hiergegen legte der Kläger am 01.06.2018 Klage beim Sozialgericht Augsburg ein. Zur Begründung führte er aus, dass es höchste Zeit sei, dass die Sozialversicherungsträger berufsbedingtes Mobbing endlich als Berufskrankheit anerkennen. Stalking sei im privaten Umfeld längst justiziabel, Mobbing hingegen nicht. Es sei ihm vom seinerzeitigen Arbeitgeber, dem Bistum M., nötigend untersagt worden, rechtlich gegen Übergriffe am Arbeitsplatz vorzugehen. Das komplette Betriebsverfassungsgesetz sei in den verfassten Kirchen zugunsten einer maskeradenhaften Pseudomitarbeitervertretung ausgehebelt. Deshalb seien die kirchlichen Mitarbeiter allein schon dadurch gegenüber der übrigen Bevölkerung ungleich höher schädigenden Einflüssen am Arbeitsplatz ausgesetzt.
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Am 31.08.2018 ging die Erklärung der Entbindung von der Schweigepflicht sowie von der Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht beim Gericht ein. Es wurde Beweis erhoben und die Akte des ZBFS-Versorgungsamts Augsburg beigezogen. Daraus ergab sich, dass der Kläger bereits im Jahre 1998 im J.-Klinikum M. in Behandlung wegen einer Major-Depression war. Er habe sich sehr einsam und verlassen gefühlt, da seine Mutter um die Weihnachtszeit an einem Karzinom verstorben sei und sich seine Verlobte von ihm getrennt habe. Schon 1995 habe er einen Suizidversuch unternommen.
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In der mündlichen Verhandlung beantragt der Kläger,
\nden Bescheid der Beklagten vom 22.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine „Wie-BK“ anzuerkennen.
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Die Beklagte beantragt,
\n die Klage abzuweisen.
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Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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\nDie form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird auf eine weitere Darstellung der Entscheidungsgründe verzichtet und auf die Gründe im Bescheid und Widerspruchsbescheid verwiesen.
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Ergänzend wird darauf hinzuweisen, dass nach derzeitigem medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand sowie der Rechtsprechung zu einschlägigen Sachverhalten das Anerkennen einer psychischen Erkrankung durch Mobbing aktuell nicht möglich ist. Zur Begründung wird auf die Stellungnahme des BMAS vom 29.03.2017 verwiesen. Danach sind keine bestimmten Personengruppen bekannt, bei denen sich das Risiko PTBS dauerhaft manifestiert. „Besondere Einwirkungen“ im Rechtssinne sind nach aktueller Einschätzung nicht definierbar. Deshalb hatte das STMAS, beraten durch den ärztlichen Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“, bisher Beratungen über eine Aufnahme der PTBS in die Berufskrankheitenliste nicht veranlasst.
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Das STMAS verweist insoweit auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2010 (BSG Urteil vom 20.07.2010 – B 2 U 19/09 R). Im zugrundeliegenden Sachverhalt ging es zwar um einen Entwicklungshelfer, der die Entstehung seiner PTBS auf das Leben mit Gewalt und Leid in diversen Bürgerkriegszuständen zurückführte. In einem obiter dictum hat sich aber auch das BSG sehr zurückhaltend zu den Möglichkeiten des § 9 Abs. 2 SGB VII geäußert.
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Des Weiteren wird auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.10.2012, des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.08.2001, des LSG Hamburg vom 23.07.1997 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.04.2008 verwiesen. Alle Gerichte kommen zu dem Ergebnis, dass psychische Erkrankungen weder nach § 9 Abs. 1, noch nach § 9 Abs. 2 SGB VII anerkannt werden können.
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Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 193 SGG abzuweisen.
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Erstellt am: 09.12.2021
Zuletzt verändert am: 09.12.2021