Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung des Verkehrsunfalls vom 26.07.2017 als Arbeitsunfall nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII).
Unter dem 06.12.2017 wandte sich die C F an die Beklagte und meldete einen Erstattungsanspruch in Bezug auf einen Unfall der Klägerin an. Sie übersandte dazu einen von der Klägerin ausgefüllten Fragebogen, in welcher diese angab, dass sie auf dem Weg von oder zum Ehrenamt einen Verkehrsunfall erlitten habe. Gegenüber der Beklagten machte die Klägerin aufgrund eines schriftlichen Fragenkatalogs, den diese unter dem 27.01.2018 ausfüllte, weitere Angaben. Hiernach sei sie Mitglied im M Tierschutzverein e.V. und habe am Unfalltag die Fütterung der städtischen Streunerkatzen durchgeführt. Der Zeitaufwand sollte an dem Tag ca. 1,5 Stunden betragen.
Die Beklagte schrieb daraufhin den Tierschutzverein an und übersandte einen weiteren Fragebogen. Die Vorsitzende des M Tierschutzvereins e.V., die Zeugen I, füllte diesen unter dem 26.01.2018 aus. Hiernach sei der Tierschutzverein ein gemeinnütziger Verein und die Fütterung der städtischen Streunerkatzen erfolge regelmäßig und ohne Bezahlung. Eine freiwillige Ehrenamtlerversicherung sei nicht abgeschlossen worden.
Mit Bescheid vom 01.03.2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Die Klägerin habe nicht unter dem Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Die Arbeiten für den Verein in Form der Fütterung der Streunerkatzen seien nicht über das hinausgegangen, was mitgliedschaftlich zu erwarten sei.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass eine Versicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII vorliege. Hiernach bestehe auch ein Versicherungsschutz in Fällen der Nachbarschaftshilfe beim Fällen eines Baumes oder auch beim Ausführen eines Hundes, für den man über den Tierschutzverein die Patenschaft übernommen habe. Man sei zudem auch beim Mähen von Rasen auf öffentlichen Flächen zur Verschönerung des Stadtbildes versichert. Da der Tierschutzverein als Unternehmer auftrete, müsse das Füttern von Tieren versichert sein, wenn auch das Ausführen von Hunden aus dem Tierheim unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe.
Die Beklagte wandte sich daraufhin abermals an die Zeugin I und erhielt von dieser eine Ausgabe der Vereinssatzung sowie die Angaben, dass es zu den Aufgaben der ehrenamtlichen Helfer gehöre, die Futterstellen zu befüllen, wobei jedes Mitglied nach einer Einführung seine Tätigkeiten eigenständig unter freier Zeiteinteilung durchführe. Zudem führte die Zeugin aus, dass die Klägerin für den Verein schon seit Jahren die Fütterungen durchführe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass das Füttern eine dem Vereinszweck entsprechende Aufgabe sei und damit nach der Rechtsprechung des BSG nicht unter Versicherungsschutz stehe.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.06.2018 Klage erhoben.
Zur Begründung verweist die Klägerin auf die Ausführungen im Vorverfahren und reicht einen weiteren Schriftsatz der Zeugin I ein. Darin macht die Zeugin zusätzlich zu den früheren Ausführungen noch die Angabe, dass den ehrenamtlich Tätigen außer dem Futter keine Aufwendungen erstattet würden. Die Klägerin führt zudem aus, dass sie fast jeden Tag für den Verein tätig werde und dies gerade in der Urlaubszeit. Sie sei bereits in Rente und könnte daher die Berufstätigen entsprechend vertreten. Pro Einsatz sei sie zwischen ein und drei Stunden unterwegs. Die von ihr angegebenen wöchentlichen Einsätze führen zu einer Gesamtbelastung von bis zu 11:45 Stunden. Am Unfalltag wäre sie 1,5 Stunden beschäftigt gewesen. Andere Vereinsmitglieder leisteten deutlich weniger Stunden, bis auf die Vorsitzende und deren Stellvertreterin.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2018 festzustellen, dass ihr Ereignis vom 16.07.2017 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Begründungen in den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Durchführung eines Erörterung- und Beweistermins, in dem die Klägerin gehört und die Zeugen I vernommen wurde.
Die Zeugen I hat angegeben, dass Pflichtstunden für den Verein nicht zu leisten seien und die Mitglieder ein sehr unterschiedliches Engagement zeigten. Im Übrigen hat sie die Angaben der Klägerin bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet.
Die Klägerin ist nicht im Sinne von § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der angefochtene Bescheid vom 01.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2018 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass das Ereignis vom 16.07.2018 ein Arbeitsunfall ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden (versicherten) Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Dabei muss der Gesundheitserstschaden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechtlich-wesentlich durch das äußere Ereignis verursacht worden, sog. haftungsbegründende Kausalität, und der Eintritt des Unfalls auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein, sog. Unfallkausalität (BSG, Urteil vom 12.04.2005. AZ.: B 2 U 11/04 R = BSGE 94, 262). Die Gesundheitsstörung muss voll bewiesen (BSGE 61, 127, 130; 63, 270, 271) und der Kausalzusammenhang muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (Bereiter-Hahn/Mehrtens "Gesetzliche Unfallversicherung", Stand November 2012, § 8 Rdnr. 10).
Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt nicht in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
Die Klägerin war offensichtlich nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) scheitert sowohl an einer persönlichen Abhängigkeit, die sich in einer grundsätzlichen Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer der Tätigkeit abbildet, sowie an einer Einbindung in den Betrieb, als auch an einer fehlenden sozialen Schutzbedürftigkeit, einem fehlenden Direktionsrecht und einer Einschränkung der Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, die nach der Rechtsprechung und Literatur als wesentliche Voraussetzungen einer Beschäftigung gesehen werden (Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 99. Ergänzungslieferung, Stand Mai 2018, § 7 SGB IV, Rdnrn. 50 ff.).
Die Klägerin war aber auch nicht aufgrund einer Wie-Beschäftigtigung nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert.
Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII sind Personen auch dann in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn sie wie ein Arbeitnehmer tätig werden, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert ist. Nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift liegt dann Versicherungsschutz vor, wenn Personen wegen ihres in der Regel fremdnützigen Verhaltens unter vergleichbaren Umständen tätig werden, wie die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII geregelten Beschäftigten. Eine Entschädigung aus Billigkeit soll nicht gewährt werden. Nur der mit einer Fremdbezogenheit Tätige soll geschützt sein. Dieser Handlungstendenz kommt ausschlaggebende Bedeutung zu (Bereiter-Hahn/Mehrtens, "Gesetzliche Unfallversicherung", Stand März 2018, § 2 Rdnr. 34.1). Eine Wie-Beschäftigung liegt vor, wenn 1. die Tätigkeit einen wirtschaftlichen Wert hat und dem Unternehmen dient, 2. die Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, 3. die Tätigkeit ihrer Art nach von Arbeitnehmern verrichtet werden kann und 4. die Tätigkeit konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen wird (BSG SozR 3-2200. § 539 Nr. 8, Lilienfeld in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 2 SGB VII, Rdnr. 123 ff.).
Versichert sind auch Betriebswege. Ein Betriebsweg ist ein Weg, der in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird, Teil der versicherten Tätigkeit ist und damit der Betriebsarbeit gleichsteht; anders als der Weg nach dem Ort der Tätigkeit wird er im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen und geht nicht lediglich der versicherten Tätigkeit voran (Bundessozialgericht, Urteil vom 07.11.2000, Aktenzeichen: B 2 U 39/99 R).
Bei dem Tätigwerden der Klägerin in Form des Katzenfütterns fehlt es an der Arbeitnehmerähnlichkeit, da es sich um eine Handlung handelt, die ausschließlich im Ehrenamt ausgeführt wird.
Um arbeitnehmerähnlich zu sein, muss eine Tätigkeit grundsätzlich Personen zugänglich sein, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (Bieresborn in jurisPK-SGB VII, § 2 Rdnr. 396). Unversichert sind alle Tätigkeiten, die in einem Verein üblicherweise nur im Ehrenamt erledigt werden (Franke in Becker/Franke/Molkentin "Sozialgesetzbuch VII", 5. Auflage, § 2 Rdnr. 215).
Im Rahmen der Fütterung der Streunerkatzen tritt der Tierschutzverein, für den die Klägerin hier tätig wurde, nicht als Arbeitgeber auf, sondern bedient sich nur der Vereinsmitglieder, die ehrenamtlich tätig werden. Es wird generell kein Gehalt und keine Aufwandsentschädigung gezahlt. Lediglich die Kosten für das Futter werden übernommen.
Die von der Klägerin zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit ist auch nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnen. Nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnen sind alle Tätigkeiten, die als Freizeitbeschäftigung aufgrund z.B. der Liebe zum Sport ausgeübt werden (Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2015, AZ.: S 1 U 163/13). Bei der Fütterung der Streunerkatzen und den entsprechenden Wegen dazwischen handelt es sich um eine unversicherte Freizeitbeschäftigung, die die Klägerin aufgrund ihrer Tierliebe ausführte.
Gegen eine Versicherung der Katzenfütterung spricht auch die Ausübung der Handlung über längere Zeit. Diese Tätigkeit wurde nicht nur vorübergehend ausgeübt. Die Handlungen, die unter den Schutz des § 2 Abs. 2 SGB VII fallen, sollen nach der Gesetzesbegründung nur vorübergehend ausgeübt werden (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 13/2204 S. 75 f.). Schon der Natur der Regelung nach sei es immanent, dass hiernach nur vorübergehende Tätigkeiten versichert werden können. Die Klägerin hat die Katzen allerdings schon über Jahre mehrmals die Woche gefüttert. Damit kann auch bei einer weiten Auslegung des Begriffs nicht mehr von einem vorübergehenden Tätigwerden ausgegangen werden.
Letztlich überzeugt auch das Argument, dass nicht unter dem – beitragsfreien – Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung stehen kann, was konkreter Inhalt der Vereinszugehörigkeit ist. Für Tätigkeiten, die unmittelbare Begründung für die Vereinsmitgliedschaft sind, können vom Verein entsprechende Versicherungen abgeschlossen werden. Diese Handlungen sind absehbar und hinsichtlich der Gefahren kalkulierbar. Bei einer anderen Sichtweise wären sonst tennisspielende Mitglieder in einem Tennisverein auch in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Dies würde den Kreis der versicherten Personen aber zu weit ausdehnen.
Mangels einer Versicherung für das Füttern kommt auch keine Versicherung auf den Wegen zwischen den Fütterungen in Gestalt eines Betriebswegs nicht in Betracht.
Die Sichtweise der Klägerseite, dass das Füttern der Katzen versichert sein müsse, da auch das Ausführen von in Tierheimen befindlichen Hunden im Rahmen einer Tierpatenschaft versichert sei (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 10.11.2005, AZ.: S 6 U 8098/04), trägt nicht. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass in Tierheimen regelmäßig Personen angestellt sind, die die Hunde bewegen und warten müssen. Wird eine dritte Person wie ein Pfleger tätig, kann eine Versicherung entstehen.
Zum anderen wurde die Versicherung der Person, die den Hund ausgeführt hat, gerade nicht aus dem Bezug zum Verein abgeleitet, sondern daraus, dass die Tätigkeit über die Pflichten als Mitglied des Tierschutzvereins hinausging.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 13.01.2020
Zuletzt verändert am: 13.01.2020