NZB d.Kl. als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16.03.2017 wird zurückgewiesen. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Löschung einer schriftlichen Äußerung des Dr.med. Dipl.Chem. Q, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin (D) vom 22.04. 2015 aus den Verwaltungsakten.
Der Kläger führt unter dem AZ: S 18 U 879/12 vor dem Sozialgericht Dortmund ein Klageverfahren, mit dem er die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit BK 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK) erstrebt. In dem (jetzt ruhend gestellten Verfahren) holte das Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L ein, die das Vorliegen einer solchen BK nebst rentenberechtigender Minderung der Erwerbsfähigkeit ( MdE) als gegeben erachtete. Das Sozialgericht leitete das Gutachten der Beklagten zur Stellungnahme zu. Diese vermochte sich dem Ergebnis der Begutachtung nicht anzuschließen und reichte mit Schriftsatz vom 04.05.2015 eine schriftliche Äußerung des Dr. Q als "beratungsärztliche Stellungnahme" vom 22.04.2015 zu den Akten. Dr. Q hat mit der Beklagten am 15.05.2014 einen Vertrag über die Übernahme der Aufgaben eines fachärztlichen Beraters geschlossen. Er hat hierin auch eine datenschutzrechtliche Verpflichtungserklärung nach § 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen und zur Wahrung des Geheimnisschutzes nach dem Sozialgesetzbuch sowie dem Bundesdatenschutzgesetzt abgegeben. Wegen des Vertragsinhalts und der Erklärung vom 15.05.2014 wird auf Blatt 35 bis 38 Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger wandte sich gegen die Verwertung und Speicherung dieser Äußerung. Seine persönlichen Akten hätten nicht an Dr. Q übermittelt werden dürfen; dieser sei Dritter und kein Beratungsarzt.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 15.03.2016 und Widerspruchsbescheid vom 25.05.2016 die Löschung der Äußerung des Dr. Q abgelehnt und sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass es sich bei Dr. Q um einen Beratungsarzt und somit nicht um einen Dritten i.S.v. § 67 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – SGB X handele. Es liege keine unzulässige Datenspeicherung vor.
Hiergegen hat der Kläger am 24.06.2016 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben und vorgetragen, es gehe ihm darum, ob Ärzte, die sich auf Begutachtungen spezialisiert hätten und in Gutachteninstituten tätig seien, überhaupt am Verfahren als Beratungsärzte beteiligt werden könnten. Die Beklagte hat den hinsichtlich der Vergütungsvereinbarungen anonymisierten mit Dr. Q geschlossenen Vertrag vom 15.05.2014 vorgelegt.
Mit Urteil vom 16.03.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt:
"Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.10.2011, AZ.: L 8 U 5734/10) aber unbegründet.
Der Kläger ist nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der angefochtene Bescheid vom 15.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2016 ist rechtmäßig und verletzt ihn insoweit nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Löschung der Stellungnahme von Dr. Q.
Ein Löschungsanspruch kann sich aus datenschutzrechtlichen Gründen ergeben, wenn für die Erstellung eines Dokuments einem Dritten unzulässig Sozialdaten bekannt gemacht wurden, § 84 Abs. 2 i.V.m. § 67 Abs. 6 und 10 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).
Hier sind die persönlichen Daten des Klägers keinem Dritten bekannt gemacht worden. Dr. Q war als Beratungsarzt kein Dritter im Rahmen des Sozialdatenschutzes. Die vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze wurden nicht verletzt (BSGE, Urteil vom 05.02.2008, Az. B 2 U 8/07R).
Es bestehen keine Bedenken, dass Ärzte, die ausschließlich begutachten und nicht mehr behandeln, als Beratungsärzte fungieren. Hinderungsgründe sind nicht ersichtlich. Von der Klägerseite konnte auch keine nachvollziehbare Argumentationsstruktur aufgebaut werden, die eine Unterscheidung dieser beiden Personengruppen im Rahmen des Datenschutzes möglich oder notwendig machen könnten.
Ebenso steht auch der Zusammenschluss in einem Begutachtungsinstitut dem Tätigwerden als Beratungsarzt nicht entgegen. Auch hier ist nicht ersichtlich oder von der Klägerseite vorgetragen, worin der Unterschied zwischen einem Zusammenschluss in einem Begutachtungsinstitut oder der Anstellung in einer Klinik liegen soll. Das Tätigwerden als Klinikarzt wurde von der Klägerseite ausdrücklich nicht als problematisch angesehen.
Da die Klägerseite weder Literatur noch Rechtsprechung für ihre Sichtweise vorbringen konnte, hat hiermit keine Auseinandersetzung zu erfolgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG)."
Gegen das am 28.04.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.05.2017 Berufung eingelegt.
Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens führt er aus, es gehe ihm letztlich auch darum, ob Dr. Q für seine Tätigkeit als eine Person abgerechnet habe, von der "Dienste höherer Art" erbracht worden seien oder ob die Abrechnung durch die Firma erfolgt sei. Es fehle an einer Eingliederung des Dr. Q durch Überwachungs- und Direktionsbefugnisse seitens der Beklagten. Die Vereinbarung von Diensten höherer Art aufgrund eines Vertrauensverhältnisses im Sinne des § 627 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) könne nicht ausreichen, um eine betriebliche Eingliederung des beratenden Arztes in die Behörde rechtlich zu konstruieren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 16.03.2017 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2016 zu verurteilen, die schriftliche Äußerung des Dr. Q vom 22.02.2015 aus der Verwaltungsakte zu entfernen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form-und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143,144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2016 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entfernung der schriftlichen Äußerung des Dr. Q vom 22.02.2015 aus den Verwaltungsakten der Beklagten.
Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, denen er nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage folgt (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Entscheidung.
Bei Dr. Q handelt es sich nachweislich um einen Beratungsarzt, der mit der Beklagten einen Dienst- und Beratungsvertrag mit entsprechenden Schweige- und Geheimhaltungsverpflichtungen abgeschlossen hat. Er ist daher nicht "Dritter" i.S.d. § 67 Abs. 6, Abs. 10, § 76 Abs. 2 SGB X, so dass jegliche Überlegungen zu einer datenschutzrechtlich unzulässigen Speicherung, Weitergabe oder Verarbeitung der Sozialdaten des Klägers und einem damit verbundenen Löschungsanspruch gemäß § 84 Abs. 2 SGB X ins Leere gehen (so die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. zuletzt: BSG, Urteil vom 11.04.2013 – B 2 U 34/11 R -). Einer Eingliederung in den Betrieb oder die Behörde bedarf es hierfür nicht. Völlig unerheblich ist hierbei, ob der der mittels eines Dienst- und Beratungsvertrages herangezogene Arzt seine Tätigkeit in einem Institut, in einer Klinik oder als niedergelassener Arzt in einer Praxis ausübt. Die Äußerungen von Dr. Q sind damit lediglich Gegenstand der prozessualen Verteidigung der Beklagten im Verfahren S 18 U 879/12 im Rahmen ihrer Stellungnahme zu dem dort eingeholten Gutachten von Dr. L.
Der Kläger hat gemäß § 192 SGG Abs. 1 S.1 SGG Verschuldenskosten in Höhe des Mindestbetrages (§192 Abs. 1 S.3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) von 225 EUR zu tragen. Angesichts der eindeutigen Sach- und Rechtslage ist die Fortführung des Verfahrens rechtsmissbräuchlich. Der Kläger hat den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Termin zur mündlichen Verhandlung die offensichtliche Aussichtslosigkeit seines Anspruchsbegehrens und die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden ist.
Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Erstellt am: 15.03.2018
Zuletzt verändert am: 15.03.2018