Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 10.08.2012 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin zu 1) für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 30.11.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 374 EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Kosten zu einem Sechstel.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob einer Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegensteht.
Die am 00.00.1982 geborene Antragstellerin zu 1), die kaum Deutsch spricht, ist die Mutter der am 00.00.2001 und 00.00.2005 geborenen Antragsteller zu 2) und 3). Alle drei sind polnische Staatsangehörige. Bis 2009 lebten die Antragsteller in Polen, wo die Antragstellerin zu 1) als Verkäuferin tätig war. Im Oktober 2009 reisten die Antragsteller in die Bundesrepublik ein und zogen zu dem bereits im Februar 2009 eingereisten Vater des Antragstellers zu 3), S C (C.). C. verfügte bis Mai 2011 über eine Freizügigkeitsbescheinigung. Er war und ist selbständig tätig und versorgte die Antragsteller in der Vergangenheit. Im Februar 2011 bezogen die Antragsteller die gegenwärtig von den Antragstellern bewohnte Wohnung, für die monatlich 750 EUR einschließlich Nebenkosten zu zahlen sind. Im Mai 2012 trennten sich die Antragstellerin zu 1) und C., der aus der Wohnung auszog und nach Angaben der Antragsteller in L unter unbekannter Anschrift wohnt. Am 21.06.2012 stellte die Beigeladene eine Freizügigkeitsbescheinigung für die Antragstellerin zu 1) aus. Darin heißt es, die Antragstellerin zu 1) sei "nach Maßgabe" des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik berechtigt. Die Antragstellerin zu 1) erhält für die Antragsteller zu 2) und 3) Kindergeld in Höhe von 368 EUR. Die Antragsteller zu 2) und 3) erhalten von ihren Vätern jeweils monatlich 130 EUR Unterhalt. C. zahlte nach der Trennung zunächst weiter die Hälfte der Miete. Zuletzt zahlte er im Juli 2012 insgesamt 561 EUR auf das Konto der Antragstellerin zu 1).
Am 22.05.2012 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.06.2012 wegen fehlender Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1) i.S.v. § 8 SGB II ablehnte.
Am 26.06.2012 haben die Antragsteller einen Eilantrag gestellt.
Der Antragsgegner hat den Eilantrag als Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.06.2012 gewertet und mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2012 zurückgewiesen, wogegen die Antragsteller nach eigenen Angaben am 12.09.2012 Klage erhoben haben.
Das Sozialgericht hat die Antragsteller nach Beiladung der Stadt L am 27.07.2012 u.a. zur Vorlage weiterer Unterlagen aufgefordert. Es hat den Eilantrag mit Beschluss vom 10.08.2012 abgelehnt, weil die Antragsteller auf die gerichtlichen Auflagen nicht reagiert hätten. Eine Hilfebedürftigkeit sei nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller haben am 12.09.2012 gegen den am 14.08.2012 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt.
Sie tragen vor, es beständen erhebliche Schulden, weswegen unter anderem die Unterbrechung der Stromzufuhr drohe. Eine Nachbarin habe sie unterstützt. Seit Juli zahle C. keine Miete mehr. Es bestehe ein Leistungsanspruch sowohl aus der Verfassung als auch aus Europarecht. Die Antragstellerin zu 1) habe sich nunmehr beim Antragsgegner arbeitsuchend gemeldet und um eine Arbeitsstelle als Putzkraft beworben.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 10.08.2012 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II zu gewähren,
hilfsweise die beigeladene Stadt L im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach Maßgabe des SGB XII zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner trägt vor, bis August 2012 hätten aufgrund der Zahlungen insbesondere des C. ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden. Die Antragstellerin zu 1) verfüge im Übrigen allein über ein Freizügigkeitsrecht wegen Arbeitsuche. In diesem Fall seien Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die entsprechende Bestimmung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sei weder verfassungs- noch europarechtswidrig.
Die Beigeladene trägt vor, Ziel des damaligen Zuzugs der Antragsteller zu C. sei die Familienzusammenführung gewesen, so dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht greife.
Am 26.10.2012 hat der Vermieter der Antragsteller das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt. Zum 01.12.2012 hat die Antragstellerin zu 1) eine Stelle als Reinigungskraft (20 Stunden pro Woche; 8,55 EUR brutto Stundenlohn) angetreten. Der Antragsgegner hat daraufhin die Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin zu 1) anerkannt und mit Bescheid vom 14.12.2012 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.12.2012 gewährt.
Die Antragsteller halten ihren Antrag im Hinblick auf den Zeitraum von der Stellung des Eilantrags bis zum 30.11.2012 aufrecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners sowie die ebenfalls beigezogenen Verwaltungsakten des Ausländeramtes des Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.
Das Sozialgericht hat den Eilantrag zu Unrecht vollständig abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und im Hinblick auf den Regelbedarf der Antragstellerin zu 1) für den tenorierten Zeitraum begründet.
Der Eilantrag vom 26.06.2012 ist als Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.06.2012 zu werten. Zwar erklärte die Antragstellerin zu 1) laut Niederschrift der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts am 26.06.2012, sie werde "noch heute Widerspruch gegen die Ablehnungsentscheidung einlegen", was offenbar nicht erfolgt ist. Die Antragstellerin war jedoch unvertreten. Ihre Erklärungen wurden von einer Freundin übersetzt. Aus dem Antrag geht hinreichend deutlich hervor, dass sie sich gegen den Bescheid vom 01.06.2012 wendet. Gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann der Widerspruch bei jeder inländischen Behörde eingelegt werden, wozu auch die Gerichte gehören (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 84 Rn 6).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 596/05). Handelt es sich – wie hier – um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen und damit das Existenzminimum absichern, muss die überragende Bedeutung dieser Leistungen für den Empfänger mit der Folge beachtet werden, dass ihm im Zweifel die Leistungen – ggf. vermindert auf das absolut erforderliche Minimum – aus verfassungsrechtlichen Gründen vorläufig zu gewähren sind (vgl. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 22.01.2007 – L 19 B 687/06 AS ER = juris).
Zur Überzeugung des Senats sind für den Zeitraum August 2012 bis November 2012 im Hinblick auf den Regelbedarf der Antragstellerin zu 1) sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Im Hinblick auf den Regelbedarf der Antragsteller zu 2) und 3) ist für diesen Zeitraum dagegen kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Im Hinblick auf die Bedarfe aller Antragsteller für Unterkunft und Heizung ist für diesen Zeitraum ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin zu 1) hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Sie ist grundsätzlich erwerbsfähig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II, nachdem die bis dahin geltenden Einschränkungen für "Neu-Unionsbürger" zum 01.05.2011 entfallen sind (vgl. Armborst in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 8 Rn 25). Die Antragstellerin zu 1) war zwischen August und November 2011 hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II, da sie weder über eigenes Einkommen noch über eigenes Vermögen verfügte, was sie insbesondere durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat. Soweit sie in diesem Zeitraum von einer Nachbarin unterstützt wurde, dürfte dies allein zur Überbrückung der Notlage erfolgt sein (vgl. BSG Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 46/11 R = juris Rn 16 f.).
Sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) gehabt.
Ob der gewöhnliche Aufenthalt ein Aufenthaltsrecht voraussetzt (so BSG Urteil vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R = juris Rn 22; krit. für die Zeit ab dem 01.04.2006 Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008 § 7 Rn 11; Brandmeyer in BeckOK SGB II, Stand: 01.09.2012, § 7 Rn 7; offengelassen von BSG Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R = juris Rn 13; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 21.08.2012 – L 3 AS 250/12 B ER = juris Rn 18; vgl. hierzu auch Beschluss des Senats vom 22.06.2012 – L 19 AS 845/12 B ER, L 19 AS 846/12 B = juris Rn 18), kann dahinstehen. Denn die Antragstellerin zu 1) hat jedenfalls im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht, dass ihr ein Aufenthaltsrecht wegen Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. FreizügG/EU zusteht. Danach sind gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten wollen. Die Antragstellerin zu 1) hat glaubhaft gemacht, dass sie sich zumindest beim Antragsgegner arbeitsuchend gemeldet und jedenfalls im Beschwerdeverfahren tatsächlich um eine Arbeitsstelle bemüht hat. Dieses Bemühen war trotz der bestehenden sprachlichen Schwierigkeiten jedenfalls im Betätigungsbereich einer Putzkraft nicht objektiv aussichtslos, was durch die nunmehr erfolgte Arbeitsaufnahme bestätigt wird (vgl. zu den Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts wegen Arbeitsuche Beschluss des Senats vom 03.09.2012 – L 19 AS 1542/12 B ER und Beschluss des Senats vom 02.10.2012 – L 19 AS 1393 /12 B ER und L 19 AS 1394/12, jeweils m.w.N.; offen gelassen von LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 25.08.2010 – L 7 AS 3769/10 ER-B = juris Rn 10).
Ob einem Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 1) der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegensteht, kann im Rahmen der im Eilverfahren möglichen Prüfung nicht abschließend beurteilt werden.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen. Wie bereits festgestellt, verfügt die Antragstellerin über ein Aufenthaltsrecht wegen Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. FreizügG/EU. Ein anderes Aufenthaltsrecht, das zur Nichtanwendung des Leistungsausschlusses führte (vgl. BSG Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R = juris Rn 20), besteht nicht. Die Voraussetzungen von §§ 4a, 5 FreizügG/EU sind nicht erfüllt. Die Antragstellerin zu 1) ist auch keine Familienangehörige des C. i.S.v. § 3 FreizügG/EU, da sie mit diesem nicht verheiratet oder verwandt i.S.v. § 3 Abs. 2 FreizügG/EU ist. Die Antragstellerin zu 1) kann sich schließlich nicht auf ein vom Antragsteller zu 3) abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 4 FreizügG/EU berufen. Danach behalten die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und der Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich ausübt, auch nach dem Tod oder Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie ihr Aufenthaltsrecht ableiten, bis zum Abschluss einer Ausbildung ihr Aufenthaltsrecht, wenn sich die Kinder im Bundesgebiet aufhalten und eine Ausbildungseinrichtung besuchen. Mit Wegzug ist nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004, den § 3 Abs. 4 FreizügG/EU umsetzt (vgl. BT-Drs. 16/5065 S 210), der Wegzug aus dem Aufnahmemitgliedstaat gemeint. Beide Varianten sind damit im Hinblick auf C. nicht gegeben. § 3 Abs. 4 FreizügG/EU ist auch nicht erweiternd auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Zwar besteht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ein Aufenthaltsrecht für den tatsächlich die elterliche Sorge ausübenden Elternteil, dessen Kind sich auf Art. 12 der Verordnung (EWG) 1612/68 (jetzt Art. 10 der Verordnung (EU) 492/2011) berufen kann und zwar auch dann, wenn dieser Elternteil nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (vgl. EuGH Urteile vom 23.02.2010 "Ibrahim" C-310/08 und "Teixeira" C-480/08 = juris). Der Europäische Gerichtshof hat aber in zwei neueren Entscheidungen klargestellt, dass dies nur für Kinder von Wanderarbeitnehmern, nicht aber für Kinder von Selbständigen gilt (vgl. EuGH Urteile vom 06.09.2012 "Czop" C-147/11 und "Punakova" C-148/11 = juris). C. war und ist selbständig.
Es ist allerdings umstritten, ob dieser Leistungsausschluss von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG gedeckt und dies wiederum mit Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 vereinbar ist (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Senats vom 02.10.2012 – L 19 AS 1393 /12 B ER und L 19 AS 1394/12 m.w.N.). Eine Klärung dieser Fragen ist im Eilverfahren auch unter Berücksichtigung von Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht möglich (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 15.11.2012 – L 19 AS 1917/12 B ER).
Bei der danach anzustellenden Folgenabwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin zu 1) auf Gewährung des Regelbedarfs nach dem SGB II. Gegen eine Verpflichtung des Beigeladenen spricht, dass die Antragstellerin zu 1) als Erwerbsfähige i.S.v. § 8 Abs. 1 SGB II grundsätzlich dem Leistungssystem des SGB II unterfällt, für das der Antragsgegner zuständig ist. Jedenfalls im Rahmen einer Folgenabwägung wäre dies nur dann anders zu beurteilen, wenn die Antragstellerin zu 1) Staatsangehörige eines Vertragsstaates des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) wäre. Denn die Bundesrepublik hat zu diesem Abkommen einen Vorbehalt allein im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB II, nicht aber im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB XII erklärt (vgl. hierzu zuletzt Beschluss des Senats vom 15.11.2012 – L 19 AS 1917/12 B ER m.w.N.). Polen ist kein Vertragsstaat des EFA.
Im Rahmen einer maßgeblich an der Existenzsicherung ausgerichteten Folgenabwägung ist eine Verpflichtung zur Zahlung des Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II regelmäßig nicht erforderlich (vgl. hierzu OVG NRW Beschluss vom 14.09.2001 – 16 B 795/01 = openJur 2011, 15292 Rn 40 und Beschluss vom 24.04.2002 – 16 B 531/02 = juris Rn 8 ff.; LSG Sachen-Anhalt Beschluss vom 23.05.2012 – L 5 AS 456/11 B ER = juris Rn 24; VG München Beschluss vom 29.11.2004 – M 15 E 04.4738 = juris Rn 16; a.A. wohl LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 13.05.2008 – L 9 AS 119/08 = juris Rn 14; LSG NRW Beschluss vom 23.05.2012 – L 7 AS 2252/11 B ER = juris Rn 11).
Der Annahme von Anordnungsanspruch und -grund steht für August bis November 2012 nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 1) nunmehr vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II erhält (vgl. zur Entscheidung über den gesamten Zeitraum ab Stellung des Eilantrags Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Aufl. 2011, Rn 506 m.w.N.). Für den Rest des Monats Juni und den Monat Juli 2012 besteht angesichts der Zahlungen des C. bis Juli 2012 kein Anordnungsanspruch. Diese Zahlungen gingen deutlich über den Kindesunterhalt für den Antragsteller zu 3) hinaus und wurden von der Antragstellerin zu 1) ab Juli auch nicht zur Bestreitung der Miete verwendet. Im Gegensatz zu den Zahlungen der Nachbarin ist nicht ersichtlich, dass C. die Zahlungen nur zur Überbrückung einer Notlage tätigte.
Bei den Antragstellern zu 2) und 3) fehlt es bezogen auf den Regebeldarf auch bis zum 30.11.2012 an einem Anordnungsanspruch, da beide mit dem ihnen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB II zuzurechnenden Kindergeld sowie dem Unterhalt ihrer jeweiligen Väter in Höhe von je 130 EUR, zusammen jeweils 314 EUR, ihren Regelbedarf von 251 EUR decken konnten.
Hinsichtlich des Bedarfes für Unterkunft und Heizung fehlt es bei allen Antragstellern an einem Anordnungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt dieser eine akute Gefährdung der Unterkunft voraus, die in der Regel frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 15.11.2012 – L 19 AS 1917/12 B ER). Hier liegt bislang lediglich eine Kündigung vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 08.01.2013
Zuletzt verändert am: 08.01.2013