Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.11.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, NVwZ 2005, S. 927).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zu Recht hat das SG einen Anordnungsanspruch verneint. Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass dem Antragsgegner die Vermittlung des Antragstellers in Arbeit untersagt wird, solange er einen unmittelbaren Anspruch auf Vermittlung gegen die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 35 SGB III hat. Aus § 22 Abs. 4 Satz 5 SGB III folgt kein Vorrang der Vermittlungstätigkeit durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) oder gar ein Ausschluss des SGB II-Leistungsträgers; vielmehr besteht in Übereinstimmung mit dem SG eine Doppelzuständigkeit. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Beschluss vom 24.11.2011 verwiesen, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gerechtfertigt. Weder liegt nach summarischer Prüfung die vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung von einfachem Recht noch von Verfassungsrecht vor. § 22 Abs. 4 Satz 5 SGB III begründet keinen rechtlichen Anspruch auf alleinige Betreuung durch die BA. Zwar stellt die Vorschrift eine Ausnahme vom grundsätzlichen Vorrang der Eingliederungsleistungen nach dem SGB II für die sog. Aufstocker dar, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben (vgl. Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 4. Auflage 2011, § 16 Rn. 9). Diesem Personenkreis steht als SGB III-Leistung u.a. die Vermittlung gemäß § 35 SGB III zu. Mit § 22 Abs. 4 Satz 5 SGB II wird verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung getragen, die daraus resultieren, dass über § 22 Abs. 4 SGB III der Umfang der von Versicherten durch eigene Beiträge mitfinanzierten Leistungen von einem Hilfebedarf abhängig gemacht wird, der durch ein nicht beitragsfinanziertes System definiert wird. Dadurch kann das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) beeinträchtigt sein; es schützt auch Sozialleistungen, die von Versicherten wesentlich durch eigene Beiträge mitfinanziert worden und zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sind (Münder, a.a.O., § 16 Rn. 9). Aus Art. 14 GG kann der Antragsteller jedoch nicht herleiten, dass dem Antragsgegner eine Vermittlungstätigkeit trotz Leistungsgewährung nach dem SGB II versagt bleibt.
Eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Grundgesetz ist ebenfalls nicht gegeben. In Übereinstimmung mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass der Antragsteller unter dem Gesichtspunkt der Eingliederung in Arbeit begünstigt ist, weil sich nunmehr nicht nur ein, sondern zwei Leistungsträger, die gemäß § 18a SGB II bzw. § 9a SGB III auch im Rahmen der Vermittlungstätigkeit zur engen Zusammenarbeit verpflichtet sind, um seine Eingliederung bemühen. Dass die dem Arbeitslosen bzw. erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zumutbaren Beschäftigung in § 121 SGB III und § 10 SGB II unterschiedlich geregelt sind, steht einer Doppelzuständigkeit nicht entgegen und verstößt auch nicht gegen Art. 3 GG. Zur Überzeugung des Senats müssen Arbeitslosengeld-Bezieher, die aufstockend Alg II erhalten, über die Zumutbarkeitsregelung in § 121 SGB III hinausgehende Anstrengungen unternehmen.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist gegeben, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe anders behandelt als eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 5/07 R m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Solange ein Leistungsbezug für beide Leistungen parallel stattfindet, sind auch beide Leistungsträger in der Verantwortung. Es obliegt dem Gesetzgeber, eine ausdrückliche Regelung, sofern gewollt, zu schaffen, die die Betreuung nach dem SGB II bei gleichzeitigem Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III ausschließt. Eine diesbezügliche Regelung liegt bislang nicht vor.
Fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches, kann dahingestellt bleiben, ob das SG zu Recht auch einen Anordnungsgrund verneint hat. Zwar dürfte ohne eine sofortige Entscheidung keine existenzielle Notlage bei dem Antragsgegner eintreten. Anderseits können die Eingliederungsleistungen sowohl nach dem SGB III als auch nach dem SGB II mit Sanktionsandrohungen verknüpft werden, sofern der Leistungsberechtigte bei der Eingliederung nicht hinreichend mitwirkt. Unter diesem Gesichtspunkt bestehen Bedenken hinsichtlich der Verneinung eines Anordnungsgrundes, zumal bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache eine Betreuung durch die Agentur für Arbeit nicht mehr gegeben sein dürfte, worauf der Antragsteller zu Recht hingewiesen hat. Denn dem Antragsteller ist für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis 30.07.2012 Arbeitslosengeld bewilligt worden (Bescheid vom 11.08.2011).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs.1 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Erstellt am: 13.03.2012
Zuletzt verändert am: 13.03.2012