Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 974,43 EUR für die Zeit vom 08.11.2013 bis 30.11.2013, in Höhe von 991,00 EUR für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.12.2013 und in Höhe von 1033,00 EUR monatlich für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.04.2014 zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abge-lehnt. Der Antragsgegner trägt zwei Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe:
I. Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die Antragsteller sind spanische Staatsangehörige. Der am 01.01.1973 geborene Antragsteller zu 1) und die am 06.06.1971 geborene Antragstellerin zu 2) sind die Eltern der Antragsteller zu 3) bis 6), geboren am 14.06.1999 (zu 3), am 20.05.1992 (zu 4), am 01.09.1994 (zu 5) und am 19.02.2009 (zu 6).
Nach Aktenlage reisten die Antragsteller zu 1) und 4) gemeinsam im April 2013 und die Antragsteller zu 2), 3), 5) und 6) im Juli 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und halten sich seitdem im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auf.
Der Antragsteller zu 1) geht einer geringfügigen Beschäftigung nach, bei welcher er einen Lohn in Höhe von brutto und auch netto 120,00 EUR monatlich erzielt. Die Antragstellerin zu 5) ist ebenfalls geringfügig beschäftigt mit einem monatlichen Verdienst in Höhe von brutto und zugleich netto 450,00 EUR, mit Ausnahme des Monats November 2013, in welchem sie aufgrund einer Unterbrechung ihrer Tätigkeit keine Einnahmen hatte.
Die Antragsteller beziehen für die Antragsteller zu 3), 4) und 6) Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR monatlich (zweimal 184,00 EUR und einmal 190,00 EUR).
Am 12.09.2013 beantragten die Antragsteller zu 1) und 2) bei dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für sich und die Antragsteller zu 3) bis 6). Der Antragsteller zu 1) machte geltend, er habe bislang Arbeitslosengeld nach spanischem Recht bezogen, dies habe sich jedoch nunmehr ab September verringert.
Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 04.11.2013 ab. Zur Begründung führte er aus, nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II erhielten Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe sowie ihre Familienangehörigen, keine Leistungen nach dem SGB II. Ein anderer Einreisegrund als die Arbeitssuche sei nicht ersichtlich. Insbesondere begründeten weder der Bezug des Arbeitslosengeldes nach spanischem Recht durch den Antragsteller zu 1) noch die geringfügige Erwerbstätigkeit einen Arbeitnehmerstatus.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller am 08.11.2013 Widerspruch, der nach Aktenlage bislang noch nicht beschieden wurde.
Ebenfalls am 08.11.2013 haben die Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung führen sie aus, sie seien vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II nicht gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen. Der Leistungsausschluss verstoße zudem gegen das Europäische Fürsorgeabkommen. Sie hätten kein Vermögen. Einziges Einkommen sei das Kindergeld für die Antragsteller zu 3), zu 4) und zu 6) sowie die Einnahmen aus den geringfügigen Beschäftigungen der Antragsteller zu 1) und zu 5).
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen bis auf weiteres Leistungen nach dem SGB II in Höhe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem ablehnenden Bescheid vom 04.11.2013. II. Der Antrag der Antragsteller,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren
ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein.
Anordnungsgrund kann nur die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sein. Entscheidend ist insoweit, ob es nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Ein wesentlicher Nachteil liegt vor, wenn der Antragsteller konkret in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist oder ihm sogar die Vernichtung der Lebensgrundlage droht. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht mehr summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -; NVwZ 2005, 927 ff.).
Vorliegend hat die Kammer eine Folgenabwägung vorgenommen, da das Bestehen eines Anordnungsanspruchs im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu klären ist.
Die Antragsteller zu 1), 2), 4) und 5) gehören zu dem Personenkreis, für den Leistungen des SGB II vorgesehen sind (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II).
Die Antragsteller zu 1), 2), 4) und 5) sind auch als erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II anzusehen. Anhaltspunkte für eine fehlende Erwerbsfähigkeit in gesundheitlicher Hinsicht (§ 8 Abs. 1 SGB II) liegen nicht vor. Voraussetzung für die "rechtliche Erwerbsfähigkeit" von Ausländern ist nach § 8 Abs. 2 S. 1 SGB II, dass die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Letztere Voraussetzung ist gem. § 8 Abs. 2 S. 2 SGB II bereits dann erfüllt, wenn die rechtliche Möglichkeit besteht, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen. Für die Antragsteller zu 1), 2), 4) und 5) besteht als Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates, der nicht den einschränkenden Regelungen des § 284 SGB III unterfällt, ein unbeschränkter genehmigungsfreier Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.
Auch die aufgrund ihres Alters nicht erwerbsfähigen Antragsteller zu 3) und 6) gehören folglich, da sie mit den anderen Antragstellern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, zu dem Personenkreis, für den Leistungen nach dem SGB II vorgesehen sind (§§ 7 Abs. 2 S. 1, 19 Abs. 1 S. 2 SGB II).
Aufgrund ihrer glaubhaften Angaben zu Einkommen und Vermögen sind die Antragsteller auch hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II. Mit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in der Absicht, ihren Lebensmittelpunkt hierhin zu verlegen, haben die Antragsteller, die als Unionsbürger für Einreise und Aufenthalt keiner Erlaubnis bedürfen, an ihrem Wohnort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I).
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend zu klären ist die Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (Leistungsausschluss, wenn sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt) zu Lasten der Antragsteller eingreift (vgl. auch: SG Dortmund, Beschluss vom 28.02.2012 – S 5 AS 367/12 ER und hierzu LSG NRW, Beschluss vom 22.03.2012 – L 2 AS 485/12 B ER -).
Zunächst ist ein anderer, Unionsbürger gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 Freizügigkeitsgesetz/EU zur Freizügigkeit und somit zum Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat berechtigender Aufenthaltszweck, welcher die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausschließt, allenfalls hinsichtlich der Antragstellerin zu 5) – welche durch ihre geringfügige Beschäftigung einen Arbeitnehmerstatus erworben haben dürfte – ersichtlich, die aus diesem Grunde dem Leistungsausschluss bereits tatbestandlich nicht unterfallen dürfte.
Es bestehen jedoch ohnehin erhebliche Zweifel, ob der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union vereinbar ist (vgl. LSG NRW, Urt. v. 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 19.09.2013 – C-140/12; LSG NRW, Beschluss vom 17.05.2011 – L 6 AS 356/11 B ER- ; vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 17.02.2010 – L 19 B 392/09 AS ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.01.2010 – L 25 AS 1831/09 B ER; LSG Bayern, Beschluss vom 04.05.2009 – L 16 AS 130/09 B ER; Valgolio in Hauck/Noftz § 7 Rn 30; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn 17 m.w.N.; Löns in Löns/Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 7 Rn 13 m.w.N.; Thie/Schoch in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn 31; Schreiber, info also 2008, 3 ff , info also 2009, 195 ff.; Husmann, NZW 2009, 652, 656; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.12.2009 – L 34 AS 1350/09 B ER – und Beschluss vom 08.06.2009 – L 34 AS 790/09 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.09.2009 – L 15 AS 905/09 B ER; Europarechtswidrigkeit verneinend für wirtschaftlich inaktive Unionsbürger: Hessisches LSG, Beschluss vom 14.10.2009 – L 7 AS 166/09 B ER).
Soweit der Bundesgesetzgeber mit der Norm des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II eine Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4b der Richtlinie 2004/38/EG in nationales Recht bezweckt hat (vgl. BT-Drs. 16/688, S. 13; BT-Drs. 16/5065 S. 234), ist fraglich, ob diese Richtlinie nicht bereits deshalb als Ermächtigungsgrundlage für den Leistungsausschluss ausscheidet, weil die Vorschrift allein den Ausschluss von "Ansprüchen der Sozialhilfe" ermöglicht. Ob es sich bei der Grundsicherungsleistung nach dem SGB II um Leistungen der "Sozialhilfe" handelt, ist problematisch (bejahend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.12.2009 – L 34 AS 1350/09 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.09.2009 – L 15 AS 905/09 B ER; LSG NRW, Urteil vom 17.09.2009 – L 9 AS 4/07; Hailbronner, ZFSH/SGB 2009, 195, 201; Heinig, ZESAR 2008, 465, 472; Strick, NJW 2005, 2182; wohl auch Schreiber, info also 2009, 195, 197; verneinend SG Berlin, Urteil vom 29.02.2008 – S 37 AS 1403/08; offengelassen von LSG NRW, Beschluss vom 17.02.2010 – L 19 B 392/09 AS ER). Der Europäische Gerichtshof hat diese Frage in seinem Urteil vom 04.06.2009, Vatsouras, C-22/08 offengelassen, jedoch ausgeführt, dass "finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als "Sozialhilfeleistungen" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie angesehen werden können". Im Übrigen könne "eine Voraussetzung wie die in § 7 Abs. 1 SGB II enthaltene, wonach der Betroffene erwerbsfähig sein müsse, ein Hinweis darauf sein, dass die Leistung den Zugang zur Beschäftigung erleichtern solle". Im Hinblick auf die weiteren Ausführungen des EuGH, dass das nationale Gericht die grundlegenden Merkmale der Leistung, insbesondere ihren Zweck und die Voraussetzung ihrer Gewährung zu prüfen habe, ist festzustellen, ob hier in Frage stehende Leistungen nach dem SGB II den Zugang zum Arbeitsmarkt im Sinne der europarechtlichen Rechtsprechung erleichtern sollen.
Selbst wenn die Grundsicherungsleistungen des SGB II in den Anwendungsbereich der Unionsbürgerrichtlinie einbezogen würden, kann sich ein Anspruch der Antragsteller auf Gewährung der begehrten Leistungen dennoch möglicherweise unmittelbar aus primärem Gemeinschaftsrecht ergeben (vgl. grundsätzlich hierzu Schreiber, info also 2008, 3 ff. m.w.N.; nach Husmann, NZW 2009, 652 ff. ist die Richtlinie wegen fehlender Rechtsgrundlage nichtig; Heinig, ZESAR 2008, 465, 472 mit kritischen Anmerkungen zur Judikatur des EuGH; verneinend LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.12.2009 – L 34 AS 1350/09 B ER; Beschluss vom 08.06.2009 – L 34 AS 790/09 B ER). Nach der Rechtsprechung des EuGH fallen Arbeitsuchende, auch wenn sie nicht Arbeitnehmer im Sinne von Art. 39 EG sind (seit dem 01.12.2009 durch den Vertrag von Lissabon ersetzt durch Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, im Folgenden: AEUV), dennoch in den Anwendungsbereich des Art. 39 Abs. 2 EG, was den Zugang zur Beschäftigung betrifft (EuGH Urteil vom 04.06.2009, Vatsouras C-22/08; Urteil vom 23.03.2004, Collins, C-138/02; Urteil vom 07.09.2004, Trojani, C-456/02). Zusätzlich gelte für Unionsbürger der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 12 EG (entspricht Art. 18 AEUV) mit der Folge, dass Unionsbürger nicht von einer finanziellen Leistung ausgenommen werden könnten, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates erleichtern solle (EuGH Urteil vom 23.03.2004, Collins, C-138/02). Auch wenn der EuGH es als legitim angesehen hat, staatliche Beihilfen an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen (so z.B. das Erfordernis einer tatsächlichen Verbindung zum Arbeitsmarkt, EuGH, a.a.O. oder ein Wohnorterfordernis, EuGH Urteil vom 15.03.2005, Bidar, C-209/03), so hat er stets ausgeführt, dass diese Kriterien auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruhten und in angemessenem Verhältnis zu dem Zweck stehen müssten, der mit den nationalen Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgt werde (EuGH Urteil vom 23.03.2004, Collins, C-138/02). Im Hinblick auf diese Rechtsprechung ist hoch zweifelhaft, ob eine Regelung wie § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II, die ausschließlich an die Staatsangehörigkeit knüpft, den Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts entspricht. Wie sich in diesem Zusammenhang der von der Bundesrepublik Deutschland am 19.12.2011 gegenüber dem Generalsekretär des Europarates erklärte Vorbehalt hinsichtlich der Anwendung des SGB II auswirkt und ob insbesondere damit – europarechtskonform – der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II wieder hergestellt wurde – hält die Kammer für ebenfalls im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht hinreichend sicher zu beantwortende rechtliche Fragestellungen.
Die genannten schwierigen und komplexen Rechtsfragen verdeutlichen, dass die Sach- und Rechtslage für das erkennende Gericht nicht zuverlässig abschließend in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren beurteilt werden kann. Die danach für die begehrte Regelung im Eilverfahren allein entscheidende Folgenabwägung fällt zugunsten der Antragsteller aus. Ohne die beantragten Leistungen drohen ihnen existentielle Nachteile, die sie aus eigener Kraft nicht abwenden können. Demgegenüber hat der Antragsgegner "nur" finanzielle Nachteile zu gewärtigen, wenn die Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren nicht durchdringen sollten. In diesem Fall erscheint es allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner seinen Rückforderungsanspruch nicht wird realisieren können und die Zuerkennung der Leistungen deshalb im Ergebnis einen Zustand schafft, der in seinen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache gleichkommt. Diesem Umstand trägt die Kammer bei der inhaltlichen Ausgestaltung der einstweiligen Anordnung Rechnung, indem sie die nachteiligen Folgen auf Seiten des Antragsgegners (zeitlich) begrenzt und zudem der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes hohe Bedeutung beimisst.
Bezüglich der Höhe der Leistungen legt die Kammer den maßgeblichen Regelbedarf der Antragsteller (im Jahr 2013 2 x 345,00 EUR + 2 x 306,00 EUR + 289,00 EUR + 224,00 EUR = 1815,00 EUR monatlich und im Jahr 2014 2 x 353,00 EUR + 2 x 313,00 EUR + 296,00 EUR + 229,00 EUR = 1857,00 EUR monatlich) zugrunde, von dem das Kindergeld in Höhe von 528,00 EUR (558,00 EUR bereinigt um die Versicherungspauschale i.H.v. 30,00 EUR hinsichtlich des – volljährigen – Antragstellers zu 4)) monatlich in Abzug zu bringen ist sowie die Einnahmen des Antragstellers zu 1) abzüglich Freibeträgen (120,00 EUR – 100,00 EUR Grundfreibetrag – 4,00 EUR Erwerbstätigenfreibetrag = 16,00 EUR) sowie ab Dezember 2013 die Einnahmen der Antragstellerin zu 5) abzüglich Freibeträgen (450,00 EUR – 100,00 EUR Grundfreibetrag – 70,00 EUR Erwerbstätigenfreibetrag = 280,00 EUR).
Die Antragsteller haben mit ihrem – zeitlich nicht begrenzten – Antrag einen Anordnungsgrund jedoch nur für die Zeit vom 08.11.2013 (Eingang des Antrags bei Gericht) bis zum Ende eines sechsmonatigen Zeitraumes, der sich am Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II orientiert, glaubhaft gemacht. Denn zum Einen ist es nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, in der Vergangenheit liegende Notlagen zu beseitigen, so dass es auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht ankommt. Im Hinblick auf die Zeiträume ab 01.05.2014 geht die Kammer zum anderen davon aus, dass es bei einer noch längeren zeitlichen Erstreckung der einstweiligen Anordnung nicht oder nur unzureichend möglich wäre, den Leistungsfall unter Kontrolle zu halten und Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation der Antragsteller Rechnung zu tragen, die im Bereich des SGB II etwa auch in der Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit bestehen können. Schon vor diesem Hintergrund ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teilweise abzulehnen. Die Kammer geht derzeit davon aus, dass der Antragsgegner bei unveränderter Situation auch über den Monat April 2014 hinaus weiter leistet.
An einem Anordnungsgrund fehlt es darüber hinaus jedoch auch, soweit die Antragsteller die Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Wege der einstweiligen Anordnung begehren. Insoweit ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Vermieter der Antragsteller die Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen oder gar eine Räumungsklage anhängig gemacht hätte. Ist lediglich die fristlose Kündigung der Wohnung ausgesprochen, aber Räumungsklage noch nicht erhoben, so fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund in Gestalt eines unaufschiebbaren eiligen Regelungsbedürfnisses zur Bewilligung von Kosten der Unterkunft bzw. Übernahme von Mietschulden durch Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil gegenwärtig weder Wohnungs- noch Obdachlosigkeit droht (vgl. LSG NRW, Beschlüsse v. 04.09.2009 – L 12 B 69/09 AS ER – und vom 20.03.2012 – L 12 AS 352/12 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 06.08.2009 – L 18 AS 1308/09 B ER, L 18 AS 1309/09 B PKH -). Im Übrigen ist ein Anordnungsgrund auch deshalb zu verneinen, weil nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage ohnehin noch zwei Monate Zeit bleiben, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Denn nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches – (BGB) wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (s. LSG NRW, Beschluss v. 14.07.2010 – L 19 AS 912/10 B ER -). Im Übrigen enthält bei Vorliegen einer Räumungsklage die Vorschrift des § 22 Abs. 8 und Abs. 9 SGB II Regelungen zur Sicherung der Unterkunft (LSG NRW, Beschluss v. 25.05.2011 – L 12 AS 351/11 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Erstellt am: 06.02.2014
Zuletzt verändert am: 06.02.2014