Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 03.05.2012 geändert. Die Beigeladene wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, den Antragstellern ab dem 10.04.2012 bis zum 31.07.2012 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt 674,00 EUR mtl. zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die am 00.00.1979 in C geborene Antragstellerin zu 2) ist griechische Staatsangehörige. In der Zeit vom 01.01.2005 bis 31.10.2008 bezog sie neben der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Ausländerbehörde der Beigeladenen erteilte der Antragstellerin zu 2) am 31.05.2006 eine unbefristete Bescheinigung gem. § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU). Zum 01.11.2008 zog sie nach Griechenland um. Am 29.07.2011 heiratete die Antragstellerin zu 2) den am 27.05.1983 geborenen Antragsteller zu 1), der griechischer Staatsangehöriger ist.
Am 16.09.2011 reisten die Antragsteller in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie nahmen ihren Aufenthalt in C, wo die Mutter und eine Cousine der Antragstellerin zu 2) wohnen. Als Grund der Einreise gab die Antragstellerin zu 2) gegenüber der Stadt C die Suche nach einem Arbeitsplatz an. Der Antragstellerin zu 1) erklärte, dass er zur Arbeitssuche und wegen eines Familiennachzugs eingereist sei. Dem Antragsteller zu 1) erteilte die Ausländerbehörde der Beigeladenen am 22.09.2011 eine Bescheinigung gem. § 5 FreizügG/EU.
In der Zeit vom 20.09.2011 bis 31.03.2012 bezogen die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Seit dem 14.11.2011 nahm der Antragsteller zu 1), der über eine Ausbildung als Buchhalter verfügt, an einem Integrationskurs zwecks Erwerbs deutscher Sprachkenntnisse teil.
Im März 2012 beantragte die Antragstellerin zu 2) die Weitergewährung der Leistungen für die Zeit ab dem 01.04.2012. Durch Bescheid vom 27.03.2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers zu 1) unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greife ein, da die Bundesrepublik Deutschland am 19.12.2011 für die Leistungen nach dem SGB II einen Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen erklärt habe. Mit weiterem Bescheid vom 27.03.2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin zu 2) unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Gegen die Leistungsablehnung legten die Antragsteller Widerspruch ein.
Am 03.04.2011 haben sich beide Antragsteller bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet. Am 16.04.2011 schloss der Antragsteller zu 1) mit der Bundesagentur für Arbeit eine Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB III mit dem Ziel der Arbeitsaufnahme als Bürohilfskraft ab.
Durch Bescheid vom 15.05.2012 lehnte die Beigeladene den Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch (SGB XII) unter Berufung auf § 21 Abs. 1 SGB XII ab. Hiergegen legten die Antragsteller Widerspruch ein.
Am 10.04.2012 hat der Antragsteller zu 1), S 19 AS 712/12 ER, beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verpflichten, ihm vorläufig die ihm zustehenden Leistungen nach dem SGB II in voller Höhe zu bewilligen.
Am 10.04.2012 hat die Antragstellerin zu 2), S 19 AS 706/12 ER, einen gleichlautenden Antrag gestellt.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, dass die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht eingreife. Sie unterfielen dem Europäischen Fürsorgeabkommen und verwiesen auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13.10.2010 – B 14 AS 23/10 R -. Die von der Bundesrepublik gem. Art. 16 des Europäischen Fürsorgeabkommens ausgesprochene Vorbehaltserklärung sei nicht zulässig. Des Weiteren verstoße die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen europarechtliche Vorschriften. Ihnen stünden keine Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung.
Der Antragsgegner hat vorgetragen, dass für die Antragsteller der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greife, da sie sich allein zum Zwecke der Arbeitsuche in C aufhielten. Ein anderer Grund als in § 2 FreizügG/EU genannt sei für deren Aufenthalt nicht angegeben worden. Sie seien nicht als Arbeitnehmer oder als Selbständige tätig. Sie könnten sich auch nicht auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens berufen, da die Bundesrepublik Deutschland für Leistungen nach dem SGB II einen Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen erklärt habe, welcher mit Wirkung zum 19.12.2011 in Kraft getreten sei. Eine Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung ergebe sich auch nicht aus Art. 4 der Verordnung 883/2004/EG. Insoweit werde auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29.02.2012 – L 20 AS 2347/11 B ER – verwiesen.
Durch Beschluss vom 27.04.2012 hat das Sozialgericht Detmold die beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden.
Durch Beschluss vom 03.05.2012 hat das Sozialgericht Detmold den Antrag abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 10.05.2012 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 22.05.2012 Beschwerde eingelegt.
Sie verfolgen ihr Begehren weiter.
Durch Beschluss vom 18.06.2012 hat der Senat die Stadt C beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Inhalt der Gerichtsakten, der Akten des Antragsgegners und der beigezogenen Ausländerakten der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist insoweit begründet, als die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet ist, den Antragstellern Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27, 27a SGB XII in Höhe von 674,00 EUR mtl. für die Zeit vom 10.04. bis 31.07.2012 zu gewähren. Im Übrigen die Beschwerde unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Einen Anordnungsgrund hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II bzw. § 29 SGB XII haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher kann nur bejaht werden, wenn den Antragstellern schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr revidiert werden können. Ein Anordnungsgrund für die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht, weil die Unterkunft der Antragsteller aktuell nicht gefährdet ist. Eine solche Gefährdung ist in der Regel frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen. Nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage bleiben noch zwei Monate Zeit, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (z. B. LSG NRW Beschluss vom 29.02.2012 – L 19 AS 2254/11 B ER – m.w.N.). Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Vermieter nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung am 03.05.2012 mit Schreiben vom 13.06.2012 die Wohnung der Antragsteller fristlos gekündigt hat, rechtfertigt dies allein nicht die Annahme eines Anordnungsgrundes zumindest für den Zeitraum des Beschwerdeverfahrens. Dies gilt auch für etwaige Ansprüche der Antragsteller auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 29 SGB XII.
Ein Anordnungsanspruch und -grund auf Gewährung eines Regelbedarfs nach § 20 SGB II an die Antragsteller ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.
Im vorliegenden Fall kann nicht abschließend geklärt werden, ob den Antragstellern ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht, dem 10.04.2012, zusteht.
Die Voraussetzungen für eine Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegen bei den Antragstellern vor. Sie haben das 15 Lebensjahr vollendet und die Altergrenze des §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II noch nicht erreicht. Ihre Erwerbsfähigkeit ist gegeben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Als griechische Staatsangehörige und damit als "Alt-Unionsbürger" sind sie gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt und berechtigt, ohne Arbeitserlaubnis eine Arbeit in der Bundesrepublik aufzunehmen. Dem Sachverhalt sind auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Krankheit, die sie an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens drei Stunden täglich hindern könnten, zu entnehmen. Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren möglichen Prüfungsdichte sind die Antragsteller hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II, da sie in der Zeit ab dem 10.04.2012 über kein Einkommen und Vermögen verfügt und keine Sozialleistungen bezogen haben. Sie haben auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II: vgl. hierzu BSG Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R = juris Rn 17 m.w.N.).
Jedoch ist nicht abschließend zu klären, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu Lasten der Antragsteller eingreift. Danach sind Ausländer von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind vorliegend die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses erfüllt (vgl. zum Erfordernis der positiven Feststellung eines Aufenthaltsrechts allein zum Zweck der Arbeitssuche für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II: BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R = juris Rn 20). Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragsteller in der Bundesrepublik allein zum Zweck der Arbeitsuche nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU. Ein Aufenthaltsrecht der Antragsteller nach anderen Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes ist nicht ersichtlich. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG, das die Unionsbürgerrichtlinie RL 2004/38 EG vom 29.04.2004 in nationales Recht umsetzt, haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörige nach Maßgabe des FreizügG/EU ein Recht zur Einreise und zum Aufenthalt. In dem Zeitraum ab dem 10.04.2012 sind die Antragsteller weder als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen (§ 2 Abs.2 Nr. 1 FreizügG/EU) noch haben sie eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU). Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU greift zu Gunsten der Antragsteller nicht ein, da sie nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik am 16.09.2011 weder als Arbeitnehmer beschäftigt noch eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben. Ein Aufenthaltsrecht als nichterwerbstätige Unionsbürger nach § 4 FreizügG/EU nicht auch nicht gegeben, da die Antragsteller nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Die Antragstellerin zu 2) kann sich auch nicht auf ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU berufen. Denn ein etwaiges durch ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik bis zum 30.10.2008 erworbenes Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU (vgl. zu den Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU: BVerwG Beschluss vom 13.07.2010 – 1 C 14/09 -; EuGH Urteil vom 21.12.2011 – C – 424/10 und C – 425/10) ist durch ihre mehr als zweijährige Abwesenheit nach § 4a Abs. 7 FreizügG/EU erloschen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Abwesenheit der Antragstellerin zu 2) aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grund i.S.v. § 4a Abs. 7 FreizügG/EU erfolgt ist. Auch kann sich die Antragsstellerin zu 2) – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – insoweit nicht auf ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU berufen, als sich ihre Mutter in der Bundesrepublik aufhält. Die Mutter der Antragstellerin zu 2) gewährt dieser keinen Unterhalt. Mithin besteht nur ein Aufenthaltsrecht der Antragsteller nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU allein zur Arbeitssuche.
Die Vereinbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft ist aber in Rechtsprechung und Kommentierung umstritten (LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 23.05.2012 – L 9 AS 347/12 B ER -, wonach der Leistungsausschluss bei EU-Bürgern eingreift, wenn diese noch keine Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt haben; LSG Berlin-Brandenburg Beschlüsse vom 03.04.2012 – L 5 AS 2157/11 B -, wonach der Leistungsausschluss europarechtskonform ist; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 24.10.2011 – L 12 AS 3938/11 ER-B – zweifelnd; LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 14.09.2011 – L 3 AS 155/11 B ER; vgl. auch zur Zusammenfassung des Meinungstandes Hackethal in jurisPK-SGB II, § 7 SGB II Rn 37f und Greiser in juris PK- SGB XII, Vorbemerkungen SGB XII Rn. 13f, 25ff). Der Streit besteht im Wesentlichem vor dem Hintergrund der höchstrichterlich bislang nicht entschiedenen Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers durch den Vorbehalt des Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG gedeckt ist, weil es sich bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Sozialhilfeleistungen handelt, oder ob es sich um Leistungen der sozialen Sicherheit bzw. zur Eingliederung in Arbeit handelt, die freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern unter Verstoß gegen das Verbot der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit und/oder das allgemeine Differenzierungsverbot vorenthalten werden. Sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) als auch das Bundessozialgericht (BSG) haben die Frage in jüngeren Entscheidungen offen gelassen (EuGH Urteil vom 04.06.2009 – C-22/08 und C-23/08 – Vatsouras/Koupatantze; BSG Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R – und vom 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R = juris Rn 27). Auch ist die Vereinbarkeit des Vorbehalts des Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG mit dem Gleichbehandlungsgebot nach Art.4 der VO(EG) 883/2004, insbesondere in welchem Verhältnis die beiden Vorschriften zueinander stehen, umstritten, da es bei den Leistungen nach dem SGB II um besondere beitragsunabhängige Leistungen i.S.v. Art. 70 der VO(EG) 883/2004 handelt (vgl. hierzu LSG Berlin – Brandenburg, Beschluss vom 03.04.2012 – L 5 AS 2157/11 B ER, L 5 AS 2177/11 B PKH m.w.N., LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2012 – L 9 AS 347/12 B ER).
Ebenso ist umstritten, ob das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II im Fall der Antragsteller ausschließt. Zwar unterfallen die beiden Antragssteller als griechische Staatsangehörige dem Europäischen Fürsorgeabkommen, da Griechenland dieses Abkommen ratifiziert hat (vgl. zum Ratifizierungstand: http://conventions.coe.int/treaty/Coummun; siehe auch BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R = juris Rn 26). Auch handelt es sich bei dem SGB II um eine Fürsorgegesetz i.S.d. Europäischen Fürsorgeabkommens, so dass aufgrund der in diesem Abkommen angeordneten Gleichbehandlung von Staatsangehörigen der Vertragstaaten mit Inländern die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf Staatsangehörige der Vertragstaaten keine Anwendung findet, solange seitens der Bundesrepublik kein Vorbehalt nach Art. 16 lit. b) EFA erklärt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R). Die Bundesrepublik Deutschland hat am 19.12.2011 einen Vorbehalt zum EFA notifiziert, wonach die Regierung der Bundesrepublik Deutschland keine Verpflichtung übernimmt, die im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Leistungen an Staatsangehörige der übrigen Vertragstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zuzuwenden (vgl. Text des Vorbehalts in Englisch als Vertragssprache siehe: http://conventions.coe.int/treaty/Coummun/ListeDeclarations; Übersetzung des Vorbehalts in Geschäftsweisung SGB II Nr. 8 der Bundesagentur für Arbeit vom 23.03.2012). Mit der Notifikation des SGB II als neue Rechtsvorschrift i.S.d. EFA mit der gleichzeitigen Erklärung eines Vorbehalts nach Art. 16 lit. b EFA bezweckt die Bundesregierung den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II hinsichtlich der Staatsangehörigen von Vertragsstaaten wiederherzustellen (vgl. Ausschussdrucksache 17(11)881 über die Unterrichtung des Ausschusses für Arbeit und Soziales durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales; vgl. auch BT-Drs. 17/9036). Die Wirksamkeit dieser Vorbehaltserklärung ist umstritten (verneinend: LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 09.05.2012 – L 19 As 794/12 B ER – und SG Berlin Beschluss vom 25.04.2012 – S 55 AS 9238/12 -; bejahend LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 05.03.2012 – L 29 AS 414/12 B ER – und SG Berlin Beschluss vom 14.05.2012 – S 124 AS 7164/12 ER -; siehe auch LSG NRW Beschluss vom 22.05.2012 – L 6 AS 412/12 B ER; Greiser, a.a.O. , Rn 53f; Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 23 Rn 36.3; vgl. auch Stellungnahme des Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der Ausschussdrucksache 17(11) 881). Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug, wonach für die Beurteilung der Wirksamkeit des erklärten Vorbehalts entscheidend ist, wie der Wortlaut des Art. 16 lit. b EFA in der verbindlichen englischsprachigen Fassung "any new law or regulation" auszulegen ist. Denn Art. 16 lit. b. EFA regelt, dass die Vertragstaaten dem Generalsekretär des Europarates gleichzeitig mit der Mittelung neuer Rechtsvorschriften ("any new law or regulation") ihre Vorbehalte in Bezug auf die Anwendung dieser Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörige der anderen Vertragsstaaten notifizieren können. Ob von dem Begriff "any new law or regulation" neben neu in Kraft getretenen Gesetzen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auch Gesetzesnovellen oder neue Rechtsprechung zu einschlägigen Gesetzen erfasst werden, ist nicht geklärt.
Wegen der Komplexität der Rechtslage zum einen hinsichtlich der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht – insbesondere im Hinblick darauf, dass dem EUGH nach Art. 267 Abs. 1 AEUV die Befugnis vorbehalten ist, das europäische Primärecht auszulegen und über die Vereinbarkeit des europäischen Sekundärrechts mit dem Primärrecht zu befinden (Greiser, a.a.O. Rn 39) und mit Blick auf die Dauer von Vorlageverfahren nach Art. 267 AUEV (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10 Aufl., § 86b Rn 13,39) – sowie zum anderen hinsichtlich der Wirksamkeit der Vorbehaltserklärung des Bundesrepublik Deutschland zum EFA, insbesondere unter Berücksichtigung der völkerrechtlich maßgeblichen Auslegungsgrundsätze für völkerrechtliche Verträge, ist eine abschließende Klärung des Anspruchs auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht möglich.
In einem solchen Fall ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05). Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung einzubeziehen. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II wie auch die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (vgl. BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05), und sich auf alle Personen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, im Geltungsbereich des Grundgesetzes erstreckt.
Vorliegend überwiegt das Interesse des Antragsgegners, keine finanziellen Aufwendungen an die Antragsteller bei ungeklärter Rechtslage aufbringen zu müssen, das Interesse der Antragsteller am Erlass einer Regelungsanordnung hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II. Denn während des Hauptsacheverfahrens – Widerspruchsverfahren und etwaiges Klageverfahren gegen die Leistungsablehnung – kann das Existenzminimum der Antragsteller bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit durch Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII seitens der Beigeladenen gedeckt werden. Falls der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, dessen Voraussetzungen nach dem Wortlaut vorliegen, zu Lasten der Antragsteller eingreift, sind diese weder nach § 21 SGB XII noch nach § 23 Abs. 3 SGB XII vom Bezug von Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausgeschlossen. Nach § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen greift § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, der zur Systemabgrenzung zwischen dem SGB II und dem SGB XII dient (vgl. hierzu Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII Rn 9f; siehe auch Hohm in Schellhorn/Jirasek/Seipp, SGB XII-Sozialhilfe, 18 Aufl., § 21 Rn 9f; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, § 21 Rn 25f), nicht zu Ungunsten der Antragsteller ein. Diese Norm findet keine Anwendung, wenn bei einem Leistungsberechtigten die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Grund nach gegeben sind, jedoch ein Leistungsausschlussgrund des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II, der den Ausschluss bestimmter Ausländer und Leistungsberechtigter nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz aus dem System des SGB II vorsieht, eingreift (vgl. Eicher, a.a.O., § 21 SGB XII Rn 19ff (27); Coseriu, a.a.O, § 23 Rn 36.3).
Ebenfalls findet § 23 SGB XII, der den Bezug von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII durch Ausländer sowie bestimmte Ausschlusstatbestände für Ausländer (§ 23 Abs. 3 SGB XII) regelt, vorliegend wegen der Inländergleichbehandlungsgewährleistung des EFA (vgl. hierzu BVerwG Urteil vom 18.05.2000 – 5 C 29/98 0 = juris Rn 16; BSG Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R) keine Anwendung. Art. 1 des EFA, der unmittelbares geltendes Bundesrecht ist, ordnet an, dass ein Vertragstaat einem Staatsangehörigen eines anderen Vertragsstaats, der sich erlaubt im Gebiet eines anderen Vertragstaates aufhält, Fürsorgeleistungen in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie eigenen Staatsangehörigen zu gewähren hat. Die Antragsteller sind Staatsangehörige eines Vertragstaates des EFA. Bei dem SGB XII handelt es sich um ein Fürsorgegesetz i.S.d. EFA (siehe Coseriu, a.a.O., § 23 SGB XII Rn 53f). Einen Vorbehalt nach Art. 16 lit. b EFA hinsichtlich der Leistungen für Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel hat die Bundesrepublik nicht erklärt; der am 19.12.2011 vom Generalsekretär des Europarats veröffentlichte Vorbehalt der Bundesrepublik hinsichtlich Leistungen nach dem SGB XII bezieht sich nur auf die Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67-69 SGB XII). Die Antragsteller halten sich auch i.S.v. Art. 1 EFA erlaubt in der Bundesrepublik auf (vgl. BSG Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R = juris Rn 36ff). Sie verfügen zum einen über Freizügigkeitsbescheinigungen nach § 5 FreizügG/EU. Zum anderen haben sich aus Art. 45 Abs. 3 AUEV (Art. 39 EGV) ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche, da sie nach Aktenlage ernsthaft einen Arbeitsplatz suchen und ihr Bemühen nach derzeitiger Aktenlage objektiv nicht aussichtslos ist. Die Antragsteller haben sich nach Ablehnung des Antragsgegners, ihnen Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, umgehend bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet und Meldetermine bei der Bundesagentur wahrgenommen. Der Antragsteller zu 1) hat mit der Bundesagentur für Arbeit eine Eingliederungsvereinbarung hinsichtlich der weiteren Vermittlungsbemühungen geschlossen und sich bereit erklärt, seine Bemühungen um die Verbesserung seiner Sprachkenntnisse fortzusetzen. Auch verfügt der Antragsteller zu 1) über eine Berufsausbildung und ist eine Integration der Antragstellerin zu 2) aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik zu erwarten. Damit findet das EFA auf die Antragsteller Anwendung und es gilt für sie die Inländergleichbehandlungsgewährleistung des EFA. Die durch das EFA angeordnete Inländergleichbehandlung von Staatsangehörigen von Vertragstaaten geht als lex specialis der Bestimmung des § 23 SGB XII, einschließlich der Ausschlussvorschriften des § 23 Abs. 3 SGB XII, vor (Hohm, a.a.O., § 23 Rn 29e; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 23 Rn 24; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.01.2008 – L 8 SO 88/07 – Coseriu, a.a.O., § 23 Rn 36.3 zum Leistungsausschlussgrund des § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB XII; so anscheinend auch Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 25.04.2011 in der Ausschussdrucksache 17(11) 881).
Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass der Ausschlussgrund des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII – Einreise zum Zwecke der Erlangung der Sozialhilfe – trotz der Inländergleichbehandlungsgewährleistung des EFA Anwendung findet (Coseriu, a.a.O., Rn 34f; Schlette in Hauck/Nofts, SGB XII, § 23 Rn 45; Greiser, a.a.O., Rn 59) ist nach Auffassung des Bundessozialgerichts kein rechtlicher Ansatzpunkt dafür erkennbar, dass das EFA nur auf diejenigen Ausländer anzuwenden ist, die sich zur Zeit des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits in dem um Hilfe angegangen Staat erlaubt aufhielten und nicht auf diejenigen, die als bereits bedürftige Personen in eine Staat einreisten (BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R = juris Rn 39). Daher kann dahinstehen, ob überhaupt vorliegend die Voraussetzungen dieses Ausschlussgrundes gegeben sind. Durch die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage entstehen den Antragstellerin keine längere Zeit dauernde, erhebliche Beeinträchtigungen, die nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden können.
Der Senat hat bei der Folgenabwägung auch berücksichtigt, dass es sich bei den Leistungen nach dem SGB II und SGB XII nach dem Willen des Gesetzgebers um sich gegenseitig ausschließenden Leistungen handelt. Nach der formellen Gesetzlage sowie dem Willen des Gesetzgebers, der den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf Unionsbürger wie auf Staatsangehörige eines EFA-Vertragstaates anwenden will, ist die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums bei einem Aufenthalt eines Staatsangehörigen eines EFA-Vertragstaates allein zur Zweck der Arbeitsuche gegeben. Beim Verweis der Antragsteller auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bis zur Klärung der Rechtslage im Hauptsacheverfahren werden die finanziellen Interessen der Beigeladenen als örtlicher Sozialhilfeträger gegenüber dem Antragsgegner durch die Bestimmungen der §§ 102 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gewahrt. Dies würde nicht für den Fall der Vorleistung durch den Antragsgegner gelten, da das SGB XII strengere Bestimmungen hinsichtlich der Annahme einer Hilfebedürftigkeit, insbesondere bei der Anrechenbarkeit von Vermögen vorsieht, so dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII auch bei Nichtanwendbarkeit der Vorschriften §§ 21, 23 SGB XII nicht gegeben sein kann und damit ein Erstattungsanspruch des Antragsgegners nach §102 ff SGB X entfiele. Des Weiteren steht es der Beigeladenen offen, den erwerbsfähigen Angehörigen eines EFA-Vertragstaates bei der Arbeitssuche zu helfen. Sobald ein solcher Angehöriger, der gleichzeitig, wie im vorliegenden Fall, Unionsbürger ist, den Status eines Arbeitnehmers i.S.d. Gemeinschaftsrechts der Europäischen Gemeinschaft erlangt hat, entfällt der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB und er unterfällt dem Regime des SGB II. Jeder Arbeitnehmer, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt – mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt – fällt unter die Vorschriften der Freizügigkeit für Arbeitnehmer (vgl. BSG Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R = juris Rn 18 m.w.N.; EuGH Urteil vom 04.02.2010 C -14/09, Genc, wonach eine Arbeit an 6 Stunden in der Woche als Reinigungskraft bei einem monatlichen Einkommen in Höhe von 200,00 Euro einen Arbeitnehmerstatus begründen kann). Deshalb ist auch derjenige Arbeitnehmer i.S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, der nur über ein geringfügiges, das Existenzminimum nicht deckendes Einkommen verfügt.
Ein Anordnungsanspruch und -grund auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27, 27a SGB XII in Höhe von 674,00 mtl. haben die Antragsteller für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht, dem 10.04.2011, gegenüber der Beigeladenen glaubhaft gemacht. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d. h. die gute Möglichkeit, dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII besteht, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung: BSG Beschluss vom 07.04.2011 – B 9 VG 15/10 B -). Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII an die Antragsteller sind vorliegend nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte gegeben. Die Antragsteller sind von dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nach §§ 21, 23 SGB XII bei Annahme des Eingreifens des Leistungsauschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht ausgeschlossen. Auf die obigen Ausführungen wird insofern Bezug genommen. Die Antragsteller sind hilfebedürftig, da sie ihren Lebensunterhalt nicht durch ein zu berücksichtigendes Einkommen i.S.v. § 82ff SGB XII oder durch ein anrechenbares Vermögen i.S.v. § 90ff SGB XII bestreiten können (§ 27 SGB XII). Die Beigeladene hat auch als zuständige örtliche Sozialhilfeträgerin Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit nach § 18 SGB XII gehabt. Insoweit muss sie die sich aus der Antragstellung und Ablehnung der Fortbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ergebende Kenntnis des Antragsgegners hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller zurechnen lassen. Der Antragsgegner ist gehalten gewesen, spätestens zum Zeitpunkt der Antragsablehnung wegen Eingreifens des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bei einem Staatsangehörigen eines Vertragstaates des EFA den Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 16 SGB I an die Beigeladene weiterzuleiten. Zudem haben sich die Antragsteller auch um Hilfe an die Beigeladene als Sozialhilfeträger gewandt. Nach § 27a SGB XII ergibt der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt den monatlichen Regelbedarf. Der monatliche Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 2, d. h. für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die – wie im vorliegenden Fall – als Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führen, beläuft sich ab dem 01.01.2012 auf 337,00 EUR mtl. (Anlage 1 zu § 28 SGB XII; Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung vom 17.10.2011, BGBl. I, 2090).
Der Senat hat die vorläufige Leistungsverpflichtung der Beigeladenen auf den 31.07.2012, das Ende des Monats nach Entscheidung, beschränkt. Bei gleichbleibenden Verhältnissen geht der Senat davon aus, dass die Beigeladene zur Vermeidung weiterer einstweiliger Rechtsschutzverfahren die Leistung darüber hinaus gewähren wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 10.07.2012
Zuletzt verändert am: 10.07.2012