Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28.10.2004 (Az.: L 16 KR 106/03 – S 19 KR 284/01, Sozialgericht Köln -) wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Gegenstand des Verfahrens ist die Fortsetzung eines bei dem erkennenden Senat anhängig gewesenen, durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens, das auf die Zahlung einer höheren Vergütung für krankengymnastische/physiotherapeutische Leistungen gerichtet gewesen ist.
Die Klägerin ist als Krankengymnastin und Physiotherapeutin zur Versorgung der Versicherten der beklagten Primärkasse zugelassen. Am 29.08.1994 gab die Klägerin gegenüber der Beklagten folgende Anerkenntnis-Erklärung ab:
Hiermit erkenne(n) ich/wir den mir/uns ausgehändigten Vertrag über die Erbringung und Vergütung physikalisch-therapeutischer Leistungen für die Versicherten der Mitgliedskassen der Landesverbände durch Krankengymnasten/Physiotherapeuten in Nordrhein vom 25.06.1991 an. Ich/Wir bin/sind damit einverstanden, dass spätere Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages mir/uns gegenüber ohne weitere Anerkennung verbindlich werden, soweit ich/wir diese Anerkenntnis-Erklärung nicht schriftlich widerrufe(n).
Ich/wir verpflichte(n) mich/uns, meinen/unseren Erfüllungsgehilfen die Bestimmungen des Vertrages zur Kenntnis zu bringen und deren Beachtung durch sie in geeigneter Weise zu überwachen.
Mit meiner Unterschrift erkenne ich alle Vereinbarungen nach § 124 SGB V als Zulassungsvoraussetzung an. Im Weiteren erfolgt die Anerkennung des vorgenannten Vertrages unter dem Vorbehalt, dass es sich ebenfalls um eine Vereinbarung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 SGB V handelt.
C, den 29.8.94
Ort, Datum
T.
Unterschrift der Leistungserbringerin.
Sonstige Vereinbarungen sind zwischen der Klägerin bzw. dem Verband, dem sie angehört, und der Beklagten nicht abgeschlossen worden.
Die Klägerin versorgte aufgrund vertragsärztlicher Verordnungen auch Versicherte der Beklagten, die in Alters- oder Pflegeheimen untergebracht waren, u. a. den Versicherten H (H). Wurden dabei mehrere Versicherte anlässlich eines Besuchs des jeweiligen Heimes behandelt, zahlte die Beklagte ab dem zweiten versorgten Patienten lediglich noch eine reduzierte Gebühr und kein anteiliges Wegegeld. Des Weiteren lehnte die Beklagte die Zahlung einer Vergütung für die erforderlichen Berichte der Therapeutin an den behandelnden Arzt ab.
Die am 28.12.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhobene Klage (Az.: S 19 KR 284/01) wies das SG durch Urteil vom 24.03.2003 ab. Der erkennende Senat wies die dagegen bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) eingelegte Berufung (Az: L 16 KR 106/03) mit Urteil vom 28.10.2004 zurück. Die anschließend von der Klägerin eingelegte Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg: Diese wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.05.2005 (Az.: B 3 KR 41/04 R) als unzulässig verworfen.
Mit Schriftsätzen vom 29.01.2008 und 06.05.2008 hat die Klägerin die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens L 16 KR 106/03 beantragt. Es sei trotz der zahlreich durchgeführten, auch auf andere Versicherte bezogene Verfahren immer noch nicht geklärt, nach welchen Grundsätzen sich ihre Vergütung richte, wenn sie gesetzlich Versicherte behandele. Die Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens ergäben sich aus § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 580 Nrn. 5 bis 7 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1. das Verfahren L 16 KR 106/03 (LSG NRW) wieder aufzunehmen,
2. festzustellen, dass die Beklagte seit dem 01.01.1998 verpflichtet ist,
a) einen Entschädigungssatz von 26 DM (ab 01.01.2002 13,50 Euro) pro Einzelhausbesuch und
b) für innerörtliche Wegentschädigungen von 1,60 DM (ab 01.01.2002 0,90 Euro) pro Kilometer zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
a) Rechnungen binnen 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu begleichen,
b) die Forderungsbeträge ab dem 14. Tag nach Rechnungsdatum gemäß den Verzugszinsen des BGB zu verzinsen und zuzüglich eine pauschale Verzugsgebühr von 7,70 Euro zu zahlen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte ab 01.01.1998 verpflichtet ist, sofern sie zu Recht Kürzungen bei Hausbesuchsüberschneidungen vornimmt, um nicht aufgrund einer Mischkalkulation unverändert den mit dem Hauptantrag begehrten Vergütungssatz zu zahlen,
a) einen Entschädigungssatz von 49,50 DM (ab 01.01.2002 25,30 Euro) pro Einzelhausbesuch und
b) für eine innerörtliche Wegentschädigung eine Pauschale von 19,20 DM (ab 01.01.2002 9,80 Euro) pro Hausbesuch sowie
c) pro Rezeptur zur Abgrenzung des Kostenträgers und der zu berechnenden Hausbesuchs-Gebühr für die jeweiligen Hausbesuche einen Zuschlag von 16,50 DM (ab 01.01.2002 7,70 Euro) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Wiederaufnahmeklage als unzulässig zu verwerfen.
Sie vermag keinen Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erkennen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Richterbriefen vom 03.04.2008 und 08.05.2008 darauf hingewiesen, dass er die Voraussetzungen des § 202 SGG i. V. m. §§ 579, 580 ZPO nicht als erfüllt ansehe und beabsichtige, die Wiederaufnahmeklage durch Beschluss gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 158 SGG durch Beschluss entscheiden; denn die Beteiligten sind auf diese Möglichkeit hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 29.01.2008, mit dem er das – nach Verwerfung seiner Revision durch Beschluss des BSG vom 12.05.2005 als unzulässig – rechtskräftig gewordene Urteil des erkennenden Senats vom 28.10.2004 angefochten hat, ist im Wege der Auslegung als Antrag auf Wiederaufnahme und Fortsetzung des Verfahrens L 16 KR 106/03 (sog. "Wiederaufnahmeklage") anzusehen. Für die Entscheidung über diesen Antrag ist der erkennende Senat gemäß § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. § 584 Abs.1, 2. HS ZPO zuständig, weil das angefochtene Urteil von diesem erlassen und er darin auch sachlich über die damals eingelegte Berufung der Klägerin entschieden hat (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 179 RdNr. 8).
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Wiederaufnahme und Fortsetzung des unter dem Az L 16 KR 106/03 geführten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Ihre Wiederaufnahmeklage ist nicht statthaft und damit bereits unzulässig. Eine Wiederaufnahmeklage ist unstatthaft, wenn keine Wiederaufnahmegründe schlüssig behauptet werden (BSGE 81, 46, 47 f; Oberverwaltungsgericht -OVG- NRW Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht -NVwZ- 95, 95; LSG NRW, Urt. vom 24.02.1994, Az.: L 15 U 103/93, und Urt. vom 05.02.2007, Az.: L 3 R 70/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 179 RdNr. 9).
Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn die in §§ 579 und 580 ZPO genannten Voraussetzungen für die Erhebung einer dort geregelten Nichtigkeits- bzw. Restitutionsklage erfüllt sind. Die Wiederaufnahme ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat (§ 179 Abs.2 SGG).
Die Klägerin hat jedoch die in § 580 Nrn. 5 bis 7 ZPO aufgeführten Nichtigkeits- bzw. Restitutionsgründe nicht schlüssig vorgetragen. Aus dem Vortrag des Prozessbevollmächtigen der Klägerin ist nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar, aus welchen Gründen die o. g. Voraussetzungen erfüllt sein könnten. Diesbezüglicher Vortrag – über die Benennung der Vorschrift hinaus – fehlt völlig.
Als Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO kommen lediglich Mängel der Urteilsgrundlagen in Betracht, soweit zwischen Urteil und Wiederaufnahmegrund ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Zu diesen Mängeln gehören u. a. eine strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters (Nr. 5), die Aufhebung eines Urteils, auf das das angefochtene Urteil gegründet ist (Nr. 6) und die Auffindung eines in derselben Sache erlassenen, früher rechtskräftig gewordenen Urteils oder einer Urkunde, die eine günstigere Entscheidung herbeiführen könnte (Nr. 7). Die von der Klägerin vorliegend einzig gerügte inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils des erkennenden Senats vom 28.10.2004 und die weiterhin fehlende Klärung der Höhe ihrer Vergütungsansprüche betreffen jedoch in keiner Weise Mängel der Urteilsgrundlagen im Sinne des § 580 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt der Entscheidung in der Sache.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 11.06.2008
Zuletzt verändert am: 11.06.2008