Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 23. Mai 2006 geändert und der Antrag der Antragstellerin abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Antragstellerin (ASt in) im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ein Anspruch auf Gewährung von zweimal wöchentlicher ambulanter psychiatrischer Pflege (APP) ab dem 01.07.2005 zusteht.
Die 1942 geborene ASt in, die als Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KdVR) bei der Antragsgegnerin (AG in) gegen Krankheit versichert ist, leidet seit Jahren unter paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie mit Stimmenhören, Ich-Störungen und Wahnvorstellungen, schizophrenem Residuum mit fehlender Kontaktfähigkeit, Alltagsstrukturierung und fehlenden Sozialkontakten, Linksherzinsuffizienz, Lungenemphysem, Stoffwechselerkrankungen und arterieller Hypertonie. Sie bezieht Pflegeleistungen nach Pflegestufe I. Bis zum 30.06.2005 erhielt sie über einen Zeitraum von rund zehn Jahren APP nach § 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in ihrer eigenen Wohnung. Am 28.06.2005 verordnete Dr. I, Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Rheinischen Kliniken L, in dessen ambulanter gerontopsychiatrischer Behandlung sich die ASt in seit Januar 2003 befindet, zwei Mal wöchentlich APP. Zur Begründung führte er aus, bei der ASt in liege durchgehend ein chronisch produktiv-psychotisches Zustandsbild vor mit akustischen Halluzinationen, Beeinträchtigungs- und Bedrohungserleben, Ich-Störungen in Form von Gedankeneingebung, schweren formalen Denkstörungen, ängstlicher Stimmungslage, Antriebsverlust, Interessenverarmung und gestörtem Tag-/Nacht-Rhythmus. Es zeige sich eine ausgeprägte Desorganisation mit aufgehobener Tagesstruktur. Die ambulante Behandlung erfolge durch monatliche Einzeltermine mit unterstützenden Gesprächen und einer optimierten Psychopharmakotherapie; zusätzlich fänden wiederholt Krisengespräche in der Institutsambulanz statt. Die ASt in besuche an drei Tagen in der Woche eine Tagespflegeeinrichtung. Zusätzlich erhalte sie zu Hause psychosoziale Unterstützung durch den ambulanten psychiatrischen Pflegedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), dessen Besuchsfrequenz im langjährigen Behandlungsverlauf auf zwei Mal wöchentlich habe reduziert werden können. Hinzu komme einmal wöchentlich Hilfe für Hauswirtschaft und bei der Körperpflege. Durch die Fortführung der zwei Mal wöchentlichen APP solle mittels aktivierender pflegerischer Maßnahmen mit zeitlicher und organisatorischer Planung von angstreduzierenden Vorgehensweisen, Unterstützung bei der Entwicklung von eigenen Fertigkeiten zur Bewältigung des Alltags, Motivieren, Anleiten und Unterstützen beim Aufbau und bei der Erhaltung sozialer Kontakte und im Bedarfsfall Krisenintervention eine Verschlechterung der psychotischen Symptomatik und eine erneute stationäre Behandlung vermieden werden.
Eine Kostenübernahme lehnte die AG in mit Bescheid vom 30.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) L, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Q, vom 20.11.2005 ab. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene und zum 01.07.2005 in Kraft getretene Ergänzung der Richtlinien zur Verordnung der Häuslichen Krankenpflege (HKP-RL) setzten u. a. voraus, dass der Patient über eine ausreichende Behandlungsfähigkeit verfüge. Daran fehle es bei der ASt in. Gewünscht sei eine zeitlich unbefristete psychosoziale Unterstützung. Daraus – sowie aus der Dauer der bislang gewährten APP – sei zu schließen, dass bei der ASt in kein ausreichendes positives Veränderungspotential vorhanden sei.
Mit dem am 12.12.2005 bei dem Sozialgericht Köln parallel zur Erhebung der Klage im Hauptsacheverfahren (Az.: S 19 KR 235/05) gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte die ASt in über ihre Betreuerin erstmals eine Verpflichtung der AG in zur Gewährung von zwei Mal wöchentlicher APP ab dem 01.07.2005 begehrt. Zur Begründung hatte sie vorgetragen, der Einsatz der ambulanten Krankenpflege habe in der Vergangenheit das Krankheitsbild positiv beeinflusst, so dass sich die Erkrankung nicht verschlimmert habe. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens sei ihr nicht zumutbar, weil ihr schwerste, nicht mehr reparable Nachteile drohten. Die APP werde zwar weiterhin vom DRK erbracht, jedoch würden Zahlungen weder seitens der AG in noch seitens des örtlichen Trägers der Sozialhilfe übernommen. Sie selbst sei finanziell zur Kostenübernahme nicht in der Lage. Es sei zu befürchten, dass das DRK die Leistung einstellen werde. Die AG in dagegen hatte das Vorliegen sowohl eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes verneint. Das bloße Behaupten schwerwiegender und irreversibler Nachteile genüge insoweit nicht. Die ASt in befinde sich in ständiger fachärztlicher Behandlung, erhalte drei Mal täglich häusliche Krankenpflege zur Medikamentengabe, befinde sich drei Mal wöchentlich in einer Tagespflegeeinrichtung und erhalte Leistungen nach der Pflegestufe I. Dem gegenüber könne die beantragte APP nicht von entscheidender Bedeutung sein. Auch seien die Interessen der Versichertengemeinschaft zu berücksichtigen. Müsste sie, die AG in, in Vorleistung gehen, so trüge sie das Risiko, die verauslagten Beträge nachträglich nicht mehr zurückzuerhalten.
Mit Beschluss vom 20.12.2005 hatte das Sozialgericht dem Antrag teilweise stattgegeben und die AG in verpflichtet, der ASt in einstweilen psychiatrische Krankenpflege zu leisten. Den weitergehenden Antrag der ASt in hat es abgewiesen. Zur Begründung hatte das Sozialgericht darauf abgestellt, im Rahmen der in einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung sei ein Leistungsanspruch der ASt in gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V i. V. m. den HKP-RL und damit ein Anordnungsanspruch gegeben. Aus der ärztlichen Bescheinigung des Dr. I ergebe sich, dass gerade die APP für die ASt in wesentlich sei, um es nicht zu einer Verschlimmerung des Krankheitsbildes und zu einer Dekompensation kommen zu lassen. Zwar werde die psychosoziale Unterstützung nicht von der APP umfasst. Der Pflegedienst solle jedoch auch angstreduzierende Maßnahmen planen und bei Krisen intervenieren, um eine Verschlechterung der psychotischen Symptomatik sowie erneute stationäre Behandlungsbedürftigkeit zu verhindern. Diese Ziele aber unterfielen der APP. Auch habe die ASt in einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Anlass für die Verordnung von APP sei es gerade, die ASt in nicht erneut in eine Krise stürzen zu lassen, die möglicherweise eine Krankenhausbehandlung zur Folge habe. Unbegründet sei der Antrag jedoch, soweit er sich auf die Vergangenheit beziehe. Insoweit könne APP nicht mehr als Sach- oder Dienstleistung erbracht werden. Bezüglich eines möglichen Kostenerstattungsanspruchs sei die ASt in jedoch auf das Hauptsacheverfahren verweisbar. Soweit die Stadt L als örtlicher Träger der Sozialhilfe in Vorleistung getreten sei, bestehe keine Belastung der ASt in. Habe diese die Kosten selbst getragen, sei nicht erkennbar, warum sie bezüglich der Erstattung nicht den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten könne.
Auf die Beschwerde der AG in hatte der erkennende Senat mit Beschluss vom 06.04.2006 (Az.: L 16 B 3/06 KR ER) den Beschluss des Sozialgerichts vom 20.12.2005 geändert und den Antrag der ASt in zurückgewiesen. Dabei hatte der Senat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der bei einer Vorwegnahme der Hauptsache erforderliche hohe Grad an Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen der ASt in im Hauptsacheverfahren nicht zu erkennen sei. Vielmehr sei der Ausgang des Klageverfahrens zum gegenwärtigen Zeitpunkt als durchaus offen zu beurteilen. Es bedürfe aus Sicht des Senates einer umfassenden Beweiserhebung, um im Einzelnen klären zu können, ob die Voraussetzungen des § 37 i. V. m. § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 7 SGB V i. V. m. den HKP-RL vorliegen. Wegen der weiteren Begründung wird auf den o. g. Beschluss Bezug genommen.
Am 02.05.2006 hat die ASt in erneut im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht, es sei zu befürchten, dass das DRK die Leistungserbringung einstellen und sie in einen desaströsen Gesundheitszustand verfallen werde. Dies sei nicht zu verantworten. Sie hat sich durch die Angaben der Zeugen bestätigt gesehen.
Die ASt in hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die AG in im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, die verordnete häusliche psychiatrische Krankenpflege ab dem 01.07.2005 antragsgemäß zwei Mal wöchentlich weiterzubewillligen.
Die AG in hat beantragt,
den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag bezogen.
Das Sozialgericht hat den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. I sowie die examinierte Altenpflegerin C T als Zeugen vernommen. Diese haben angegeben, die ASt in seit Jahren als Patientin zu kennen und zu betreuen/behandeln. Bei der ASt in, so der Zeuge Dr. I, sei die die Verordnung tragende Diagnose F.20 (Schizophrenie). Die ASt in komme einmal monatlich zu ihm in die Rheinischen Kliniken L zur Behandlung und Untersuchung, und zwar in Begleitung der Zeugin T. Er verschaffe sich dann durch Befragung der ASt in und der Pflegekraft ein Bild über den aktuellen Krankheitszustand und die vorhandenen oder fehlenden Behandlungsfortschritte. Derzeit befinde sich die ASt in in einem stabilen Zustand. Es reiche einmal wöchentlich APP aus, die er derzeit auch nur verordne. Ganz könne aus seiner Sicht auf APP nicht verzichtet werden. Durch die Verordnung solle ein Krankenhausaufenthalt vermieden und die ambulante Behandlung sichergestellt werden. Die APP diene der Unterstützung der ASt in bei der Erkennung von Krankheitssymptomen, der Hilfestellung bei der Strukturierung des Alltags trotz der Erkrankung, der Begleitung zu psychiatrischen und internistischen Behandlungen, zur Unterstützung einer ausreichenden Körperhygiene und Nahrungsaufnahme sowie zur Stabilisierung des sehr schwierigen Beziehungsaufbaus durch Führen intensiver Gespräche. Durch die APP werde die ASt in in die Lage versetzt, sich aus ihren "kolossalen" Ängsten zu lösen und notwendige ärztliche Behandlungen bzw. entsprechende Diagnostik durchführen zu lassen. Die Zeugin T hat ergänzend vorgetragen, sie leiste derzeit einmal wöchentlich APP, hauptsächlich in Form von Begleitung zu Arztterminen, zu denen die ASt in wegen der vorhandenen großen Ängste nicht allein gehen könne. Es komme vor, dass die ASt in die Behandlungsdauer von jeweils einer Stunde vorzeitig abbreche, weil sie sie nicht durchhalte. Wenn die ASt in allein zurecht komme, halte sie sich im Beobachtungsstand, um eine Abhängigkeit der ASt in von der APP zu verhindern. Befragt zu der in Nr. 27 in der Anlage der HKP-RL vermerkten Dauer und Häufigkeit der Maßnahme ("bis zu 4 Monate, bis zu 14 Einheiten pro Woche -abnehmende Frequenz-; der Krankenkasse ist der Behandlungsplan vorzulegen"), hat Dr. I angegeben, er wisse nicht, worauf sich der Zyklus von 4 Monaten beziehe. Er sehe sich als behandelnder Arzt nur eingeschränkt an die Vorgabe der HKP-RL gebunden, insbesondere bei Vorliegen eines derart schweren Krankheitsbildes wie bei der ASt in. Bei Einstellen der APP werde es zu einer Krise kommen.
Mit Beschluss vom 23.05.2006 hat das Sozialgericht die AG in verpflichtet, der ASt in einmal wöchentlich APP, längstens bis zur Bestandskraft einer Entscheidung in der Hauptsache (S 19 KR 235/05) zu leisten. Zur Begründung hat das Sozialgericht lediglich ausgeführt, die Beweisaufnahme habe den Anordnungsanspruch bestätigt. Der Anordnungsgrund folge daraus, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe die Kostenübernahme ablehne und es dem in Vorleistung tretenden DRK nicht zumutbar sei, eine dauerhafte Leistung ohne Entgelt zu erbringen.
Gegen den ihr am 01.06.2006 zugestellten Beschluss hat die AG in am 08.06.2006 Beschwerde erhoben, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Sie macht geltend, das Sozialgericht habe in keiner Weise begründet, warum ein Anordnungsgrund gegeben sei. Eine Beweiswürdigung finde nicht statt. Ebenso fehle eine Auseinandersetzung mit den HKP-RL, an die sich der Zeuge Dr. I nicht gebunden fühle. Zu den Leistungsvoraussetzungen der HKP-RL habe Dr. I keine Angaben gemacht, insbesondere nicht zu den Entwicklungsmöglichkeiten der ASt in vor dem Hintergrund der zahlreichen anderen Leistungen, die diese erhalte. Auch fehle ein Anordnungsgrund. Das DRK erbringe die Leistungen weiterhin. Es sei nicht ersichtlich, dass diese eingestellt werden sollten. Eine solche Ankündigung sei auch nicht durch die Zeugin T erfolgt.
Die AG in beantragt schriftsätzlich,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 23.05.2006 zu ändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die ASt in beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 23.05.2006 zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die ihrer Auffassung nach zutreffende erstinstanzliche Entscheidung. Ergänzend macht sie geltend, nur bei Weitergewährung von APP könne eine sonst unausweichliche Heimunterbringung vermieden werden, an der auch seitens der AG in kein Interesse bestehen dürfte. Gegenstand des Verfahrens sei es nicht, die Entwicklungsmöglichkeiten mit und ohne APP zu klären. Auch sei dem Sozialgericht darin zuzustimmen, dass dem DRK nicht länger zugemutet werden könne, die Kosten der Behandlungspflege weiterhin nicht abrechnen zu können. Zumindest seit dem 01.01.2006 werde APP im Durchschnitt fünf Mal monatlich, teilweise auch nur drei Mal monatlich erbracht. Insoweit hat die ASt in auf entsprechende Leistungsnachweise des DRK Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und der Verwaltungsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Köln, Az.: S 19 KR 235/05 und S 19 KR 233/05 ER, und der von der ASt in vorgelegten Berichte des Pflegedienstes Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der AG in ist begründet. Das Sozialgericht hat die AG in zu Unrecht verpflichtet, der ASt in einstweilen – längstens bis zur Bestandskraft einer Entscheidung in der Hauptsache (S 19 KR 235/05) – einmal wöchentlich APP zu leisten.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht (vgl. Bundesverwaltungsgericht -BverwG-, Beschl. vom 13.08.1999, Az.: 2 VR 1/99, Jwww.juris.web, RdNr. 24 f.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNr. 31 m. w. N.), ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie hier von der ASt in begehrt wird, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. vom 13.08.1999, a. a. O.; Meyer-Ladewig, a. a. O.; ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Beschlüsse vom 16.10.2002 – L 16 KR 219/02 ER -, vom 13.05.2004 – L 16 B 20/04 KR ER -, vom 29.11.2005 – L 16 B 90/05 -, vom 06.04.2006 – L 16 B 3/06 KR ER – sowie vom 11.07.2006 – L 16 B 43/06 KR ER, siehe www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Einen solchen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen der ASt in im Hauptsacheverfahren vermag der Senat derzeit – auch im Hinblick auf den nunmehr vom Sozialgericht vorgenommenen Einstieg in die Beweisermittlung – nicht zu erkennen. Die Sach- und Rechtslage stellt sich bei der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht wesentlich anders dar als zum Zeitpunkt der Erstbefassung des Senates mit dem Begehren der ASt in. Das Sozialgericht hat den Zeugen Dr. I nicht nach dem gemäß Nr. 27a der Anlage zu den HKP-RL zwingend erforderlichen Behandlungsplan befragt, der einer Verordnung von APP zugrunde liegen muss. Dieser befindet sich auch nicht bei den Akten. Es ist auch in keiner Weise deutlich geworden, warum die ASt in die offensichtlich zumindest seit Jahresbeginn 2006 vorgenommene Reduzierung der APP auf einmal wöchentlich eine Stunde offensichtlich ohne eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes toleriert hat, dies jedoch bei einem gänzlichen Wegfall der APP als Dauerleistung nicht der Fall sein würde. Die Zeugin Scheidmann hat angegeben, dass sie nicht einmal in jedem Fall die komplette Behandlungseinheit nutze und einen Teil der zur Verfügung stehenden Zeit lediglich für Beobachtungen nutze. Auch wird aus den übersandten Leistungsnachweisen deutlich, dass zum Teil nur drei Mal im Monat APP erfolgte. Dennoch haben beide Zeugen übereinstimmend angegeben, dass sich die ASt in derzeit in einem stabilen Gesundheitszustand, wenn auch sicherlich nicht auf hohem Niveau, befinde. Auf der Grundlage der bislang erfolgten Beweiserhebung ist auch nicht deutlich geworden, ob und gegebenenfalls warum der Zeuge Dr. I in dem von den HKP-RL gerade nicht gewollten Zustand einer Dauerverordnung verbleibt. Dass dies in den vergangenen mehr als zehn Jahren so gehandhabt worden ist, reicht sicherlich als Begründung nicht aus. Selbstverständlich ist es nach den HKP-RL jederzeit möglich, im Sinne einer Krisenintervention von Fall zu Fall – zeitlich befristet – APP zu verordnen. Im Übrigen beschränkt sich nach den Angaben der Zeugin Scheidmann die praktizierte APP im Wesentlichen auf die Begleitung der ASt in zu Arztbesuchen. Diese Hilfeleistung wird jedoch von der Behandlungspflege im Sinne von § 37 Abs. 2 S. 1 – 1. Halbsatz SGB V (Bundessozialgericht -BSG- Sozialrecht -SozR- 4-2500 § 37 Nr 6) erfasst und ist kein Spezificum der APP. Gleiches gilt für die psychosoziale Betreuung der ASt in. Die AG in hat auch zu Recht – neben der unzureichenden Begründung des Beschlusses – gerügt, dass weiterhin nicht feststehe, ob und in welchem Umfang die anderen, der ASt in umfänglich bewilligten Leistungen allein für eine Stabilisierung ihres Zustands beizutragen vermögen.
Einen Anordnungsgrund vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen. Es ist für die ASt in im Hinblick auf sonst zu erwartende Nachteile weiterhin nicht unzumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. An dem Umstand, dass sie, wenn auch in deutlich verringertem Umfang, die Leistungen, deren Gewährung sie seitens der AG in erstrebt, durchgehend seit dem 01.07.2005 erhält, hat sich nichts geändert. Es ist auch nicht absehbar, dass die Leistungen seitens des DRK nicht fortgeführt werden würden. Selbst die Mitarbeiterin des DRK, die Zeugin Scheitmann, hat dies bei ihrer Vernehmung nicht geäußert. Bei einer Änderung der Sachlage – und entsprechendem Fortschreiten des Hauptsacheverfahrens – bleibt der ASt in unbenommen, einen erneuten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu stellen. Derzeit ist die ASt in jedenfalls nicht schlechter gestellt, als sie es bei Leistungserbringung durch die AG in wäre. Insbesondere entfällt damit die Argumentation der ASt in, dass ihr in gesundheitlicher Hinsicht schwere, nicht zu behebende Gesundheitsschäden drohen.
Der Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Erstellt am: 11.10.2006
Zuletzt verändert am: 11.10.2006