1. Auf die Beschwerden der Beigeladenen und des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.6.2006 abgeändert. Es wird vorläufig, bis zur bestandskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung, festgestellt, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen der freiwilligen Krankenversicherung nach dem SGB V zu gewähren hat.
2. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen. Die Beigeladene trägt keine Kosten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie streitig, ob der Antragsteller (Ast) die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V erfüllt, insbesondere ob die erforderliche Vorversicherungszeit deshalb nicht gegeben ist, weil der Ast zu Unrecht Arbeitslosengeld II (Alg II) bezogen hat.
I.
Der am 00.00.1965 in L geborene, ungelernte Ast, der seit über 15 Jahren an einer schizophrenen Erkrankung mit Wahninhalten (Grad der Behinderung 50) leidet, bezog erstmals in der Zeit vom 15.08.1999 bis Ende 2004 Leistungen der Sozialhilfe. Mit Beschlüssen des Amtsgerichtes Köln vom 24.07.2001 und 11.10.2004 wurde Frau D M bis zum 27.07.2007 zur Betreuerin für den Ast bestellt (Aufgabenkreis: Vermögenssorge, Vertretung bei Behörden sowie Entscheidung über Empfang und Öffnen der Post).
Vom 01.01.2005 bis 30.04.2006 erhielt der Ast Alg II von der zuständigen Arbeitsgemeinschaft Köln (ARGE Köln, § 44b SGB II) sowie Eingliederungshilfe vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe (Landschaftsverband Rheinland). Zum 01.01.2005 wurde auch die Mitgliedschaft des Ast bei der Antragsgegnerin (Ag) begründet. Diese wandte sich allerdings mit Schreiben vom 28.01.2005 an die ARGE Köln, da Zweifel an der Erwerbsfähigkeit des Ast bestünden. Sie bat darum, ein Einigungsstellenverfahren gem. § 45 SGB II einzuleiten und sie, die Ag, über den Ausgang des Verfahrens zu informieren.
Nachdem der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit Köln im Rahmen eines Gutachtens nach Aktenlage vom 08.03.2006 festgestellt hatte, dass der Ast täglich weniger als drei Stunden arbeiten könne und die Erwerbsfähigkeit dauerhaft (voraussichtlich länger als sechs Monate) aufgehoben sei, teilte die ARGE Köln dem Ast mit Schreiben vom 18.03.2006 mit, dass die laufenden Leistungen nach dem SGB II zu Ende April 2006 eingestellt werden würden, was tatsächlich auch geschah.
Am 18.03.2006 wandte sich der Ast an die Beigeladene und beantragte Hilfe zum Lebensunterhalt ab 01.05.2006. Ein Ersuchen der Beigeladenen nach § 45 Abs. 1 SGB XII an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland bestätigte, dass der Ast gegenwärtig voll erwerbsgemindert ist (Schreiben der Deutsche Rentenversicherung Rheinland vom 27.04.2006). Die Beigeladene gab dem Ast auf, einen Nachweis über der Beantragung einer freiwilligen Krankenversicherung vorzulegen, denn dies sei zur Prüfung des Anspruchs auf Sozialhilfe bzw. Grundsicherung erforderlich. Deshalb beantragte der Ast bei der Ag die Aufnahme als freiwillig Versicherter zum 01.05.2006. Die Ag lehnte dieses ab (Bescheid vom 09.05.2006), denn schon zum Zeitpunkt der Begründung der Mitgliedschaft als Pflichtversicherter zum 01.01.2005 hätten Zweifel an der Erwerbsfähigkeit bestanden. Da die Prüfung durch die gutachtende Agentur für Arbeit noch nicht abgeschlossen sei, komme nur eine Anmeldung nach § 264 SGB V durch die Beigeladene zum 01.05.2006 in Frage; die Mitgliedschaft werde rückwirkend zum 30.04.2006 beendet.
Die Beigeladene vertrat die Ansicht, dass der Ast die Vorversicherungszeit nach § 9 Abs. Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V erfüllt habe, empfahl einen Widerspruch sowie eine einstweilige Anordnung beim Sozialgericht (SG), da Leistungen der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 SGB V gegenwärtig nicht in Frage kämen (Bescheid vom 12.05.2006).
Der Ast legte gegen die Bescheide der Ag vom 09.05.2006 und der Beigeladenen vom 12.05.2006 Widerspruch ein. Über die Widersprüche ist bisher nicht entscheiden worden.
Am 30.05.2006 hat der Ast beim SG Köln einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Ag gestellt: Der Ast sei freiwillig krankenversichert, da die erforderliche Vorversicherungszeit erfüllt und der Antrag rechtzeitig gestellt worden seien. Außerdem stehe der Ast zurzeit ohne Krankenversicherungsschutz da. Eine zahnärztliche Behandlung sei erforderlich und aufgrund der psychischen Erkrankung müssten in regelmäßigen Abständen bestimmte Psychopharmaka eingenommen werden.
Der Ast hat beantragt,
die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Krankenversicherungsschutz ab Eingang des Gesuchs bei Gericht bis zum Ablauf des Monats, in dem die gerichtliche Entscheidung in der Sache ergeht, zu gewähren,
hilfsweise,
die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Krankenhilfe bis zum Ablauf des Monats der gerichtlichen Entscheidung in der Sache zu gewähren.
Die Ag hat sinngemäß beantragt,
den Hauptantrag abzuweisen.
Die beigeladene Stadt Köln hat beantragt,
die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Ast vorläufig, bis zur bestandskräftigen Entscheidung über eine freiwillige Versicherung ab 01.05.2006 als freiwillig Versicherten zu führen und ihm Leistungen der Krankenversicherung zu gewähren
sowie sinngemäß,
den Hilfsantrag abzuweisen.
Zur Begründung hat die Beigeladene im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen der freiwilligen Versicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V erfüllt seien, im Besonderen die erforderliche Vorversicherungszeit gegeben sei. Sie beruft sich hierfür auch auf die Beschlüsse des SG Wiesbaden vom 19.05.2006 (S 17 KR 115/06 SO ER), des SG Fulda vom 15.05.2006 (S 4 KR 432/06 ER) sowie des SG Gießen vom 02.05.2006 (S 15 KR 84/06 ER).
Mit Beschluss vom 13.06.2006 hat das SG Köln die Beigeladene zu verpflichtet, den Ast bei der Ag nach § 264 SGB V vorläufig bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Versicherungsberechtigung des Ast anzumelden und ihm ab Mai 2006 vorläufig bis zur Durchführung der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V Krankenbehandlung nach § 48 Satz 1 SGB XII zu gewähren. Im Übrigen hat es den Eilantrag abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen.
Am 30.06.2006 hat die Beigeladene Beschwerde gegen den ihr am 14.06.2006 zugegangenen Beschluss eingelegt.
Zur Begründung führt die Beigeladene im wesentlichen aus, dass eine Verpflichtung für die Zeit vom 01. bis 29.05.2006 – und damit vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 30.05.2006 – rechtswidrig sei, da Sozialhilfe nicht für die Vergangenheit gewährt werde. Eine Verpflichtung der Beigeladenen sei prozessual nicht möglich gewesen, da § 75 Abs. 5 SGG (in der bis zum 30.07.2006 geltenden Fassung), der die Verurteilung eines Versicherungsträgers nach Beiladung erlaube, auf sie, die Beigeladene, nicht – auch nicht entsprechend – angewendet werden könne. § 43 SGB I könne die Entscheidung auch nicht tragen, da die Ag tatsächlich zuerst angegangener Sozialleistungsträger gewesen sei. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beigeladene ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beigeladene beantragt,
den Beschluss des SG Köln aufzuheben und die Kosten dem Ast aufzuerlegen.
Die Ag beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung (Schriftsatz vom 28.07.2006) bezieht sich die Ag im Wesentlichen auf den angegriffenen Beschluss des SG und führt ergänzend aus, dass sich aus dem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit Köln ergebe, dass der Ast bereits seit 2005 dauerhaft erwerbsunfähig sei. Damit stehe fest, dass der Ast auch im Jahr 2005 zu Unrecht Alg II bezogen habe und deshalb die Vorversicherungszeit nicht erfülle.
Der Ast hat sich zum einen dem Antrag der Ag angeschlossen und unter dem 14.07.2006 zugleich vorsorglich Beschwerde eingelegt und eine Verpflichtung der Ag begehrt.
Zur Begründung wird zum einen auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen und ausgeführt, die Beigeladene könne wegen der §§ 102 ff. SGB X den Ausgang des Hauptsachverfahrens abwarten. Zum anderen bezieht sich der Ast auf die Ausführungen der Beigeladenen.
Für das weitere Vorbringen wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Ag und die Verwaltungsakten der Beigeladenen, die beigezogen wurden, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Das SG hat zu Unrecht die Beigeladene verpflichtet. Vielmehr lagen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gegenüber der Ag vor.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.9.1979, BGBl I, 2325, zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006, BGBl. I, 2535, SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
1. Die Regelungsanordnung ist zulässig, sie ist insbesondere die einzig statthafte Antragsart. Zwar hat die Beigeladene ausdrücklich entschieden, dass der Ast nicht freiwillig krankenversichert ist und der Ast hat hiergegen Widerspruch eingelegt, aber dennoch liegt kein Fall des § 86b Abs. 1 Ziff. 1 oder 2 SGG vor. Denn das Rechtschutzziel des Ast im vorläufigen Rechtschutzverfahren ist auf die Feststellung gerichtet, dass er bei der Ag seit 01.05.2006 freiwillig krankenversichert ist. Die Freiwillige Mitgliedschaft wird mit dem Zugang der Beitrittsanzeige ohne weiteres wirksam, d.h. einer förmlichen Feststellung der Mitgliedschaft durch die Krankenkasse in Bescheidform bedarf es nicht (Baier, in: Krauskopf, SozKV § 9 SGB V Rn. 29; vgl. auch: BSG, Urteil vom 21.05.1996, 12 RK 67/94, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2 = ZFSH/SGB 1997, 546 mit dem Hinweis, dass die Notwendigkeit einer Feststellung durch Bescheid dem Anspruch einer Massenverwaltung nicht gerecht werden würde). Damit wäre statthafte Klageart im Hauptsacheverfahren die Feststellungsklage gem. § 55 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.1996, 12 RK 67/94, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2 = ZFSH/SGB 1997, 546). In diesem Sinne ist der Antrag der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren auszulegen.
Wenn die Ag allerdings – wie vorliegend – durch Verwaltungsakt feststellt, dass der Ast nicht freiwillig krankenversichert ist, dann ist der Bescheid – schon wegen des Rechtsscheins – mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbar und zur Vermeidung der Bestandskraft (§ 77 SGG) auch anzugreifen (vgl. Waschull, in: LPK-SGB X 2004 § 31 Rn. 10). Das Schreiben der Ag vom 09.05.2006 stellt auch einen Verwaltungsakt dar: Zwar fehlt eine Rechtsbehelfsbelehrung und auch im Übrigen jede Förmlichkeit, aber das ändert an der Einordnung als Verwaltungsakt nichts.
Nach § 31 Satz 1 SGB X ist u.a. Voraussetzung für einen Verwaltungsakt, dass er zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts erlassen wird. Entscheidendes Merkmal der "Regelung" ist, ob die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, d.h. ob durch sie Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte mit Außenwirkung abgelehnt wird (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.1996, 12 RK 67/94, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2 = ZFSH/SGB 1997, 546; vgl. ebenso: BVerwG, Urteil vom 01.03.1978, VIII C 79/76, BVerwGE 55, 280 [285]; dass., Urteil vom 20.07.1987, VII C 83/84, BVerwGE 77, 268 [271 m.w.N.]).
Zwar hat das BSG hat in einem Begrüßungsschreiben einer Ersatzkasse an einen vermeintlichen, in Wirklichkeit aber nicht Versicherungspflichtigen nicht die Regelung eines Einzelfalles und damit keinen Verwaltungsakt gesehen (BSG Urteil vom 16.10.1968, 3 RK 8/65, SozR Nr. 61 zu § 165 RVO = SGb 1969, 176). Dementsprechend hat es auch ähnliche Schreiben der Versicherungsträger bei freiwilliger Weiterversicherung in der Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 21.03.1961, 3 RK 10/56, BSGE 14, 104 [106, 107]) und bei freiwilligem Beitritt zur Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 25.08.1965, 2 RU 167/62, BSGE 23, 248 [251] = SozR Nr. 2 zu § 539 a.F. RVO) nicht als Verwaltungsakte gewertet. Aber vorliegend kam es der Ag gerade darauf an, verbindlich festzustellen, dass der Ast bei ihr nicht freiwilliges Mitglied der Krankenversicherung geworden ist. Die Ag hat damit gerade die verbindliche Feststellung eines Rechts mit Außenwirkung abgelehnt und damit einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X erlassen.
Der Zulässigkeit der Regelungsanordnung steht schließlich nicht entgegen, dass ein Hauptsacheverfahren auf Feststellung des Bestehens der freiwilligen Mitgliedschaft noch nicht anhängig gemacht worden ist, denn nach § 86b Abs. 3 SGG ist die Einstweilige Anordnung auch vor Klageerhebung zulässig. Zwar kann dem Ast gem. § 86b Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 926 ZPO eine Frist zur Klageerhebung gesetzt werden, um die Beteiligten vor einer zu langen Bindung an die Eilentscheidung zu schützen, aber das ist nur auf Antrag eines der übrigen Beteiligten statthaft (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl. 2005 § 86b Rn. 48) und ein solcher Antrag ist bisher noch nicht gestellt worden. Insoweit ist es zudem prozessual geboten, erst nach Erlass eines möglicherweise ablehnenden Widerspruchsbescheids zusammen mit einer Anfechtungsklage die Feststellungsklage zu erheben.
2. Die Regelungsanordnung ist auch begründet.
Ein streitiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann insbesondere die hier streitige freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenersicherung sein (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl. 2005 § 86b Rn. 25b, § 55 Rn. 4). Ob das Rechtsverhältnis besteht, ist entscheidend für den sog. Anordnungsanspruch. Wenn das Rechtsverhältnis offensichtlich gegeben ist, dann ist der Anordnungsanspruch zu bejahen; gleichzeitig vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.10.2993, L 14 AL 23/03 ER, SGb 2004, 44). Der Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die einstweilige Anordnung erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dafür ist entscheidend, ob nach den Umständen des Einzelfalls ein Zuwarten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zumutbar ist, wobei es auf eine Interessenabwägung ankommt.
a. Ein Anordnungsgrund ist vorliegend gegeben, denn der Ast ist nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren nur möglichen summarischen Prüfung zum 01.05.2006 der Ag als freiwillig Versicherter gem. § 9 Abs. 1, Satz 1 Ziff. 1, Abs. 3 Ziff. 1 SGB V beigetreten.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, der vorliegend in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl. I, S. 2266 – in Kraft getreten am 01.01.1993, zuletzt geändert durch Art. 2a des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.12.2005, BGBl. I, S. 3676, in Kraft getreten zum 31.12.2005 – zur Anwendung kommt, können der freiwilligen Krankenversicherung Personen beitreten, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen zumindest zwölf Monate versichert waren. Dabei sind Zeiten, in denen die Versicherung allein deshalb bestanden hat, weil Alg II zu Unrecht bezogen wurde, nicht zu berücksichtigen. Nach § 188 Abs. 2 SGB V beginnt die Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V genannten Versicherungsberechtigten mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht. Nach § 188 Abs. 3 SGB V ist der Beitritt schriftlich zu erklären und nach § 9 Abs. 2 Ziff. 1 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 21.12.1992, BGBl. I, S. 2266) den Krankenkassen innerhalb von drei Monaten anzuzeigen.
Unstreitig hat der Ast vom 01.01.2005 bis zum 30.04.2006 Alg II bezogen und war deshalb nach § 5 Abs. 1 Ziff. 2a SGB V pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 190 Abs. 12 SGB V endet die Mitgliedschaft der Bezieher von Alg II nach dem Zweiten Buch mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung bezogen wird. Damit ist der Ast zum 01.05.2006 als Pflichtversicherter bei der Ag ausgeschieden. Ferner hat der Ast mit Schreiben vom 28.04.2006 gegenüber der Ag die Aufnahme als freiwillig Versicherter zum 01.05.2006 beantragt, worin zwanglos eine schriftliche Beitrittserklärung nach § 188 Abs. 2 SGB V sowie eine Anzeige im Sinne von § 9 Abs. 2 SGG zu sehen ist (vgl. auch zur diesbezüglichen Beratungspflicht der Krankenkassen und der Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: LSG Thüringen, Urteil vom 21.02.2005, L 6 KR 665/03, juris; LSG Saarland, Urteil vom 18. Februar 2004 – L 2 KR 27/02, juris; LSG NW, Urteil vom 17. November 1998 – L 5 KR 44/97, juris; im Ergebnis auch: LSG Berlin, Urteil vom 3. September 2003 – L 15 KR 31/01, juris).
Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Vorversicherungszeit deshalb nicht erfüllt ist, weil der Ast bereits im Jahr 2005 dauerhaft erwerbsgemindert gewesen ist, somit Alg II zu Unrecht bezogen hat und schließlich nicht unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate pflichtversichert war.
Entgegen der Ansicht der Ag hat der Antragssteller aber unmittelbar vor seinem Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung mindestens zwölf Monate zu Recht ALG II bezogen.
Zunächst geht aus dem vom ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit Köln gefertigten Gutachten nach Aktenlage vom 08.03.2006 nicht ausdrücklich hervor, dass der Ast bereits vor Erlass des Gutachtens dauerhaft voll erwerbsgemindert ist. Dasselbe gilt für das von der Beigeladenen auf Ersuchen nach § 45 Abs. 1 SGB XII eingeholte Prüfergebnis der Deutschen Rentenversicherung Rheinland. Eine dauerhafte volle Erwerbsminderung bereits im Jahr 2005 erscheint im Hinblick auf das Krankheitsbild des Ast auch nicht zwingend: Denn die psychotischen Symptome der schizophrenen Erkrankung konnten ausweislich einer entsprechenden medikamentösen Behandlung gebessert werden. Allerdings besteht seit längerem ein schizophrenes Residuum mit verminderter Belastbarkeit, Rückzugstendenzen und Affektlabilität, welches nicht gebessert werden konnte. Ob bzw. in welchem Umfang das schizophrene Residuum im Jahr 2005 ausgeprägt war, geht aus dem Gutachten nicht hervor.
Selbst aber, wenn schon für das Jahr 2005 eine volle Erwerbsminderung vorgelegen haben sollte, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Zwar erhält Alg II nur, wer erwerbsfähig ist (§§ 19 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 3 SGB II) und erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aber auch dann, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg II entfallen sein sollten, bedeutet das nicht, dass Alg II zu Unrecht bezogen worden ist.
Das Alg II nicht zu Unrecht bezogen worden ist, folgt allerdings nicht bereits aus § 5 Abs. 1 Ziff. 2a SGB V (eingeführt mit Wirkung zum 01.01.2005 durch Art. 5 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I, S. 2954), wonach "Personen in der Zeit versicherungspflichtig sind, für die sie Alg II nach dem Zweiten Buch beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist." Diese (im zweiten Halbsatz unglücklich formulierte) Regelung gilt nämlich nur für die Zeit des Bezugs von Alg II und trifft keine Aussage dazu, wie diese Zeit der Pflichtversicherung als Vorversicherungszeit für eine freiwillige Krankenversicherung zu bewerten ist (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V: BT-Drs. 16/245, S. 10: "Die Regelung lässt die Schutzwirkung des § 5 Abs. 1 Ziff. 2a zweiter Halbsatz sowie des § 10 SGB V für die Dauer des Leistungsbezugs für die Versicherten unberührt").
Vielmehr soll die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V insbesondere verhindern, "dass ein wegen fehlender Erwerbsfähigkeit rechtswidriger Bezug von Alg II dazu führt, dass nach Ende des unrechtmäßigen Leistungsbezugs eine dauerhafte freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet werden kann" (BT-Drs. 16/245, S. 9).
Allerdings obliegt die Entscheidung darüber, ob der Bezug von Alg II wegen fehlender Erwerbsfähigkeit zu Unrecht erfolgt ist, nicht der Beurteilung und Entscheidung der Ag. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit den §§ 44a, 45 SGB II ein eigenständiges Regelungssystem getroffen, in dessen Licht § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V betrachtet werden muss.
Nach § 44a SGB II (in der Fassung des Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft der Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004, BGBl. I, S. 2014, in Kraft getreten am 01.01.2005 und in dieser Fassung außer Kraft getreten am 30.07.2006 durch Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006, BGBl. I, 2535) stellte die Agentur für Arbeit fest, ob der Arbeitssuchende erwerbsfähig ist. Teilt der kommunale Träger oder ein anderer Leistungsträger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, die Auffassung der Agentur für Arbeit nicht, entscheidet die Einigungsstelle. Bis zur Entscheidung der Einigungsstelle erbringen die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB II (ebenfalls in der Fassung des Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft der Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004, BGBl. I, S. 2014, in Kraft getreten am 01.01.2005 und in dieser Fassung außer Kraft getreten am 30.07.2006 durch Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006, BGBl. I, 2535) entscheidet die gemeinsame Einigungsstelle bei Streitigkeiten über die Erwerbsfähigkeit oder die Hilfebedürftigkeit eines Arbeitssuchenden zwischen den Trägern der Leistungen nach dem SGB II sowie bei Streitigkeiten über die Erwerbsfähigkeit mit einem Leistungsträger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre.
Daraus folgt zum einen, dass allein die Agentur für Arbeit bzw. die ARGE, wenn diese – wie hier – die Aufgaben der Agentur für Arbeit wahrnimmt, feststellt, ob der Arbeitssuchende erwerbsfähig ist. Das schließt eine eigenständige Prüfung durch die Ag aus.
Wichtiger ist allerdings, dass dann, wenn die ARGE bis zur Entscheidung der Einigungsstelle Alg II gewährt hat und festgestellt wird, dass der Arbeitssuchende erwerbsunfähig ist, eine Aufhebung der Bewilligung von Alg II-Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht in Betracht kommt, da die Erbringung von Leistungen bis zur Entscheidung der Einigungsstelle nach allgemeiner Meinung rechtmäßig war (vgl. nur: Blüggel, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005 § 44a SGB II Rn. 40). Rechtswidrigkeit des Leistungsbezugs besteht danach also auch dann nicht, wenn für die Zeit des Bezugs festgestellt werden würde, dass Erwerbsfähigkeit nicht gegeben war. Diese Regelung dient dem Schutz des Betroffenen und ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass dann, wenn Alg II für die Vergangenheit zurückgezahlt werden müsste, regelmäßig für diese Zeit kein Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe realisiert werden könnte. Der Betroffene würde so durch den negativen Kompetenzkonflikt zwischen zwei Leistungsträgern benachteiligt.
Vorliegend hat allerdings kein Einigungsstellenverfahren stattgefunden. Die Ag hat die ARGE Köln zwar mit Schreiben vom 28.01.2005 gebeten, ein Einigungsstellenverfahren gem. § 45 SGB II einzuleiten und sie, die Ag, über den Ausgang des Verfahrens zu informieren. Aber dem ist die ARGE Köln offensichtlich nicht nachgekommen und hat stattdessen den Ärztlichen Dienst mit einer Begutachtung beauftragt. Wenn aber schon die Gewährung von Alg II während eines Einigungsstellenverfahren als rechtmäßig anzusehen ist und nicht für die Vergangenheit rückgängig gemacht werden kann, dann ist es nicht verständlich, dass der Bezug von Alg II in dem Fall rechtswidrig sein könnte, in dem eine ausdrückliche Feststellung der Arbeitsgemeinschaft zur Erwerbsunfähigkeit gar nicht vorliegt und auch ein Einigungsstellenverfahren nicht eingeleitet worden ist. Das wäre aus Sicht des Senats eine Umgehung gesetzlicher Regelungen, die gerade dem Schutz des Betroffenen im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes dienen sollen.
Das bedeutet, dass in Fällen der vorliegenden Art den Krankenkassen kein eigenes Beurteilungsrecht bei der Frage des rechtmäßigen Bezugs von Alg II im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V zusteht.
Zwar ist einzuräumen, dass die bis zum 30.07.2006 wirksamen Regelungen der §§ 44 Satz 2, 45 Abs. 1 SGB II a.F. die Ag insoweit verfahrensrechtlich benachteiligten, als Krankenkassen ein Einigungsstellenverfahren nach § 45 SGB II gar nicht in Gang setzen konnten. Der Gesetzgeber hatte offenbar die Relevanz des Einigungsstellenverfahrens für Krankenkassen nicht gesehen. Deshalb sind die Regelungen mit Wirkung zum 01.08.2006 durch Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I, S. 2535) gerade zugunsten der Krankenkassen geändert worden. Mit der neuen Formulierung von § 44a Abs. 1 Satz 2 SGB II wird auch den Krankenkassen die Möglichkeit gegeben, bei begründeten Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit der Betroffenen die gemeinsame Einigungsstelle nach § 45 SGB II anzurufen. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: "Die Neufassung berücksichtigt, dass von den finanziellen Folgen eines rechtswidrigen Bezugs von Arbeitslosengeld II aufgrund fehlender Erwerbsfähigkeit auch die Krankenkassen betroffen sind" (BT-Drs. 16/1410, 27).
Mit der ab 01.08.2006 geltenden neuen Rechtslage kommt den Krankenkassen zwar immer noch kein eigenes Beurteilungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bezugs von Alg II im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB V zu, denn § 44a Satz 1 SGB II ist nicht geändert worden, aber sie haben die Möglichkeit, aus eigenem Antragsrecht heraus gegen die aus ihrer Sicht fehlerhaften Feststellungen der Agentur für Arbeit bzw. der ARGE vorzugehen.
Überraschend ist insoweit, dass § 44a Satz 3 SGB II, wonach die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger bzw. die ARGE bis zur Entscheidung der Einigungsstelle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erbringen, ebenfalls gestrichen wurde, ohne, dass der Gesetzesbegründung hierfür ein Grund entnommen werden kann. Dabei dürfte es sich um ein Redaktionsversehen handeln, denn der neue § 44a Abs. 2 SGB II, der Erstattungsansprüche nach § 103 SGB X für den Fall vorsieht, dass die gemeinsame Einigungsstelle entscheidet, dass ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht besteht, setzt notwendig voraus, dass Grundsicherungsleistungen während des Einigungsstellenverfahrens gewährt werden.
Diese Frage kann aber letztlich dahinstehen, da der hier streitige Bezug von Alg II in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.04.2006 noch anhand von § 44a Satz 3 SGB II a.F. beurteilt werden muss und da gilt das oben Ausgeführte.
Ein Anordnungsanspruch besteht schließlich auch für den Mai 2006. Zwar regelt § 19 Abs. 2 SGB V: "Endet die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger, besteht Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird". Aber daraus folgt nicht, dass der Ast vorliegend einen Anspruch auf Leistungen aus seiner Pflichtmitgliedschaft noch für den Mai 2006 hat. Der Ast hat die freiwillige Mitgliedschaft zum 01.05.2006 angemeldet und angezeigt. Der nachgehende Anspruch aus § 19 Abs. 2 SGB V ist subsidiär und entfällt daher, wenn gleichartige Ansprüche aus einem neuen Versicherungsverhältnis bestehen (Wagner, in: Krauskopf, SozKV, § 19 SGB V Rn. 6). Ein Anspruch aus einer freiwilligen Krankenversicherung geht also § 19 Abs. 2 SGB V vor.
Dem Anordnungsanspruch steht auch nicht § 43 SGB I entgegen, wonach der zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig zur Leistung verpflichtet ist (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Dabei kann offen bleiben, ob die Beigeladene der zuerst angegangene Leistungsträger ist, denn jedenfalls begehrt der Betroffene und Ast in erster Linie Krankenversicherungsschutz über die Ag als freiwillig Versicherter und daran wäre er durch § 43 SGB I auch nicht gehindert, wenn die Beigeladene der zuerst angegangene Sozialleistungsträger gewesen wäre.
Gegen eine allgemeine vorrangige Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers in Eilverfahren spricht im übrigen die Nachrangigkeit der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Außerdem gibt es seit der Neuregelung des vorläufigen Rechtsschutzes im SGG – zumindest, soweit es nicht um Leistungen zum Lebensunterhalt geht – keine Grundlage mehr dafür, Ast auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu verweisen (LSG NW, Beschluss vom 25.02.2002, L B 5/02 KR ER juris; so zum alten Recht etwa LSG Celle, Beschluss vom 08.06.1998 – L 4 KR 121/98 ER juris; LSG NW, Beschluss vom 15.03.1999 – L 16 B 68/98 KR juris; dass., Beschluss vom 15.05.2001 – L 16 B 20/01 KR ER juris; a.A.: LSG Berlin, Beschluss vom 01.03.1999, L 9 B 7/99 KR/ER, Breith 1999, 910). Da nunmehr auch im sozialgerichtlichen Verfahren vorläufiger Rechtsschutz ohne die Einschränkung, dass dem Ast schwere irreparable und unzumutbare Nachteile drohen, gewährt werden muss, ist nicht begründbar, weshalb ohne Prüfung (und Verneinung) vorrangiger Leistungsansprüche gegen andere Träger auf Leistungen nach dem SGB XII verwiesen werden könnte.
Nach alledem ist der Ast seit 01.05.2006 freiwillig krankenversichertes Mitglied der Ag geworden und hat als gesetzliche Folge dessen Anspruch auf Leistungen einer freiwilligen Krankenversicherung.
Dem Erlass der einstweiligen Anordnung steht auch nicht das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Zwar kann grundsätzlich in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur eine vorläufige Regelung getroffen werden. Soweit jedoch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) eine bestimmte Regelung erfordert, etwa weil – wie hier – erheblich Nachteile drohen, gilt das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ohnehin nicht (LSG NW, Beschluss vom 25.02.2002, L B 5/02 KR ER juris; vgl. BVerwG NJW 2000, 160 [161]; OVG Münster NJW 1989, 1105 [1107]). Außerdem wird die Hauptsache nicht vorweggenommen, weil eine Rückabwicklung der gewährten Leistungen möglich ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 27.07.2007
Zuletzt verändert am: 27.07.2007