NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10.05.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Gunsten der Klägerin einen höheren Grad der Behinderung – GdB – als 50 (mindestens 70) seit der Stellung eines sog. Verschlimmerungsantrages im Mai 2009 festzustellen hat.
Die 1968 geborene Klägerin war bis 2006 als Bürokauffrau/Sachbearbeiterin beschäftigt. Anlässlich einer vierwöchigen Rehabilitation im Mai und Juni 2006 (Kostenträger: Deutsche Rentenversicherung Bund) berichtete sie von psychosozialen Konfliktkonstellationen am Arbeitsplatz. Im dazu erstellten Entlassungsbericht wurde als Diagnose unter anderem eine depressive Episode aufgeführt. Eine gezielte psychotherapeutische Behandlung erfolgte nicht. Seit 2010 bezieht die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, nachdem eine im Auftrag des Rentenversicherungsträgers erfolgte Begutachtung im März 2010 ein aufgehobenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen einer mittel- bis grenzwertig schwergradigen depressiven Episode ergeben hatte. Die zunächst befristet gewährte Rente wurde nach Einholung eines Befundberichts vom behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie T ab Juli 2012 auf Dauer bewilligt.
Bereits im April 2008 hatte die Klägerin einen ersten Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz gestellt, der von der Beklagten mit der Begründung ablehnt wurde, die festgestellten Beeinträchtigungen verursachten keinen GdB von mindestens 20 (Bescheid vom 30.09.2008).
Vom 15.07 bis 05.09.2008 und nach einer Probeentlassung erneut vom 05.09. bis 10.10.2008 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des F-Krankenhauses in H. In den dazu ergangenen Entlassungsberichten wird als Diagnose eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome angegeben. Berichtet wurde über eine deutlich verringerte Schwingungsfähigkeit (affektstarr, vom Antrieb her ebenso deutlich gemindert).
Aufgrund eines von der Klägerin im Oktober 2008 erneut gestellten Antrags nach dem Schwerbehindertengesetz stellte die Beklagte mit Bescheid vom 07.01.2009 einen GdB von 50, ausgehend von einem Einzel-GdB von 50 für die seelischen Leiden und von jeweils 10 für venöses Beinleiden, Wirbelsäulen-Syndrom, Sehminderung/Augenerkrankung und Allergien fest.
Im Mai 2009 machte die Klägerin sodann eine Verschlimmerung ihrer seelischen Leiden geltend und beanstandete, dass ein seit längerem bestehender Herzfehler (Mitralklappenprolaps) unberücksichtigt geblieben sei. Die Beklagte zog vorläufige Entlassungsberichte über weitere stationäre Behandlungen der Klägerin im F-Krankenhaus vom 09.02. bis 27.02.2009, vom 17.03 bis 30.04.2009, vom 01.06. bis 12.06.2009 und vom 14.06. bis zum 03.07.2009 sowie über einen Aufenthalt in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des N-M-Krankenhauses in C vom 03.07. bis 05.10.2009 (mit zwei kurzen Unterbrechungen) bei. Als Diagnosen wurden genannt: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode; emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Borderline Typ. Eine Erhöhung des GdB lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.01.2010 ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren gelangte ein nervenärztlicher Befundbericht vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie T sowie das für die Rentenversicherung erstellte Gutachten von Dr. E (Diagnosen: Rezidivierende depressive Episode, sonstige Reaktion auf schwere biografische Belastung, vorbeschriebene emotional instabile Persönlichkeit und Verdacht auf Zwangsstörung) zu den Verwaltungsakten. In einer für die Beklagte erstellten gutachterlichen Stellungnahme zum Verschlimmerungsantrag durch die Ärztin C heißt es, der Mitralklappenvorfall bedinge für sich keinen GdB von wenigstens 10. Die seelischen Leiden seien zutreffend mit einem GdB von 50 berücksichtigt worden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2010 zurückgewiesen, weil keine wesentliche Änderung der Verhältnisse vorliege.
Mit ihrer dagegen gerichteten Klage vom 29.09.2010 hat die Klägern geltend gemacht, ihrer Auffassung nach rechtfertigten die bei ihr vorliegenden Erkrankungen die Zuerkennung eines höheren GdB. Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Befundberichte vom behandelnden Allgemeinmediziner T1, vom Dermatologen Dr. X und vom Psychiater T sowie weitere medizinische Unterlagen beigezogen (unter anderem einen Entlassungsbericht des N-M-Krankenhauses über eine stationäre Behandlung vom 16.09.2010 bis ein 20.10.2010, Diagnose: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, emotional instabile Persönlichkeitsstörung) und sodann den Leitenden Arzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der katholischen Kliniken F, Professor Dr. X1 zum Sachverständigen ernannt. In seinem auf einer Untersuchung der Klägerin am 12.05.2011 beruhenden Gutachten vom 19.05.2011 stellte er auf seinem Fachgebiet die Diagnose seelisches Leiden (Borderline-Persönlichkeitsstörung, Dysthymia). Der GdB dafür und auch der Gesamt-GdB betrage 30. Spätestens Ende 2009 sei zu einer deutlichen Besserung des Krankheitsbildes gekommen. Eine vorübergehende Verschlechterung im Herbst 2010 ändere daran nichts. Es sei jetzt kaum noch eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit feststellbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Nachdem die Klägerin dem Gutachten mit der Begründung, ihre psychische Erkrankung habe sich nicht gebessert, entgegengetreten ist, hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters dazu eingeholt, der angab, er sehe keine Notwendigkeit, Änderungen an seinem Gutachten vorzunehmen. Versehentlich wurden dem Sachverständigen jedoch nicht sämtliche Ausführungen der Klägerseite zum Gutachten zugeleitet.
Mit Urteil (ohne mündliche Verhandlung) vom 10.05.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsakte seien jedenfalls nicht zu Ungunsten der Klägerin rechtswidrig. Die Beklagte habe zu Recht die Feststellung eines GdB von mehr als 50 abgelehnt, denn die gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin hätten sich seit Erlass des Bescheides vom 07.01.2009 nicht verschlechtert. Das Sozialgericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Professor X1 gestützt, das es als überzeugend und die daran von der Klägerin geübte Kritik als nicht begründet angesehen hat.
Gegen das ihr am 01.06.2012 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 11.06.2012 eingelegten Berufung. Das Gutachten von Professor X1 dürfe der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden, denn es sei unschlüssig und widersprüchlich. Eine Besserung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse sei keinesfalls eingetreten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Sachverständige ihren Gesundheitszustand völlig anders als von ihren behandelnden Ärzten und den Krankenhausärzten während ihrer stationären Behandlungen beurteile. Die zwischenzeitlich erfolgte Rentenbewilligung auf Dauer belege im Übrigen, dass auch der Rentenversicherungsträger nach Aufklärung des Sachverhalts durch ein ärztliches Gutachten vom Vorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen überzeugt sei. Es sei deshalb dringend erforderlich, ein weiteres Gutachten von Amts wegen zur Bewertung ihrer psychischen Erkrankung einzuholen. Die Erstellung eines Gutachtens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) könne sie wegen fehlender Mittel nicht beantragen. Die Klägerin hat Atteste ihres behandelnden Neurologen und Psychiaters T vom 24.01. und 06.05.2013 zum Verfahren gereicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10.05.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2010 zu ändern sowie die Beklagte zu verurteilen, bei der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 07.01.2009 ab Mai 2009 einen Grad der Behinderung von mindestens 70 festzustellen.
Weiterhin beantragt die Klägerin:
den Sachverhalt durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen weiter aufzuklären.
Zudem beantragt die Klägerin wörtlich,
die Behandlungsunterlagen der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des F-Krankenhauses H, Dr. W, bezüglich des Aufenthalts der Klägerin insbesondere im Zeitraum 17.03.2009 bis 24.04.2009 beizuziehen sowie die Behandlungsunterlagen auch des M-Krankenhauses C, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. I, bezüglich des Aufenthaltes zwischen dem 16.09.2010 bis 21.10.2010 beizuziehen.
Sodann wird beantragt werden,
die vollständigen Behandlungsunterlagen der beiden Krankenanstalten bezüglich dieser und anderer stationäre Aufenthalte entsprechend dem aktenkundlichen Verlauf bezüglich der stationären psychiatrischen Aufenthalte der Klägerin einem neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachter vorzulegen mit der Frage, ob der hier beschriebene Gesundheitszustand den einer Dysthymia erfüllt oder den einer rezidivierenden depressiven Störung.
Ebenfalls beantragt wird
die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung in Form einer schweren Episode gemäß ICD:10 F 33.2 vorgelegen hat
a) zum Zeitpunkt der Änderungsantragstellung
b) und insbesondere im Zeitpunkt bis zum Aufenthalt im M-Krankenhaus C.
Ferner wird beantragt,
Herrn Professor Dr. X1 zu der Frage zu hören, ob eine Dysthymia seiner Ansicht nach regelmäßig mit mehreren Suizidversuchen innerhalb eines Zeitraums von wenigen Jahren regelmäßig einhergeht.
Ferner wird beantragt,
Professor Dr. X1 zu der Frage zu hören, warum die Diagnosen von rezidivierenden schweren depressiven Episoden sämtlicher behandelnder Ärzte seiner Ansicht nach so falsch sind, dass er in seinem Gutachten nur von einer Störung spricht, die noch nicht einmal die Kriterien für eine rezidivierende leichte depressive Störung erfüllt. Er möge sich insbesondere auch dazu äußern, warum die teilweise sogar erfolgten Einweisungen nach dem PsychKG innerhalb der letzten sechs Jahre ausgesprochen worden sind.
Ferner wird beantragt,
Herrn Professor Dr. X1 zu der Behauptung, dass die depressiven Episoden in der Vergangenheit sämtlich nicht den Schweregrad einer Depression sondern lediglich den einer Dysthymia erreicht, zu befragen.
Zur Sachverhaltsaufklärung diese Abgrenzung wird nochmals explizit die Einholung eines entsprechenden neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen beantragt und hier auch auf die im Schriftsatz vom 12.07.2011 bereits erstinstanzlich geäußerte Anregung hingewiesen, besonders erfahrene Sachverständige Frau Dr. C1 mit einer Begutachtung zu beauftragen.
Es wird beantragt,
zu den diesseits mit Schriftsatz vom 12.07.2011 geäußerten Bedenken im Hinblick auf sein Gutachten den Gutachter erste Instanz zu befragen.
Es verletze die Klägerin offensichtlich in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör, dass das Gericht erster Instanz ausweislich der Antwort von Professor Dr. X1 vom 30.03.2012 den diesseitigen Schriftsatz vom 12.07.2011 nicht Professor Dr. X1 zur Stellungnahme zugeleitet habe. Professor Dr. X1 beziehe sich in seinem Antwortschreiben vom 30.03.2012 ausschließlich auf den diesseitigen Schriftsatz vom 21.07.2011.
Es wird daher ausdrücklich beantragt,
Professor Dr. X1 zeugenschaftlich zu der Frage zu vernehmen, ob ihm der diesseitige Schriftsatz vom 12.07.2011 vor Fertigung seine Schreibens vom 30.03.2012 vorgelegen hat.
Abschließend muss beantragt werden,
auch im Hinblick auf den neuen Befundbericht von T ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob bei der Klägerin eine – wie von Professor Dr. X1 behauptete Besserung der neurologisch-psychiatrischen Erkrankung eingetreten ist – oder ob es, – wovon diesseits und wovon insbesondere seitens des behandelnden Neurologen T ausgegangen wird – zu einem zunehmenden Mangel an Compliance seitens der nach wie vor schwerstgradig erkrankten Klägerin gekommen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts vom Rentenversicherungsträger die Unterlagen beigezogen, die zur Bewilligung der Dauerrente geführt haben (ein Befundbericht vom Arzt T) und vom Sachverständigen Professor X1 eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 19.06.2013 eingeholt.
Mit Beschluss vom 13.11.2012 hat das Berufungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt.
Eine Terminsladung zum 20.05.2014 hat der Senat aufgehoben, nachdem die Klägerin den Nachweis über eine urlaubsbedingte Abwesenheit vom 18.05. bis 01.06.2014 (zweiwöchige Nilkreuzfahrt mit einer Begleitung) erbracht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Akteninhalt und insbesondere die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten des Sozialgerichts Gelsenkirchen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht die Klage gegen die angefochtenen Bescheide abgewiesen, denn diese sind nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin mithin nicht in ihren Rechten. Das Sozialgericht hat den Sachverhalt tatsächlich und rechtlich richtig beurteilt, so dass das Berufungsgericht gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auch auf die zutreffenden erstinstanzlichen Urteilsgründe Bezug nimmt.
Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Feststellung eines höheren GdB als 50. Dies gilt auch für Teilzeiträume seit Stellung des Verschlimmerungsantrags im Mai 2009. Die Klägerin leidet im Wesentlichen an einer psychischen Erkrankung. Ihre übrigen Erkrankungen sind nicht schwerwiegend und wurden von der Beklagten zutreffend beurteilt, was auch von der Klägerin nicht angezweifelt wird (siehe ihren Schriftsatz vom 27.07.2011). Die psychische Erkrankung der Klägerin ist erheblich, sie bedingt aber jedenfalls keinen höheren als den zuerkannten GdB. Der Senat stützt sich bei seiner Entscheidung, welcher GdB für diese Erkrankung und auch als Gesamt-GdB gerechtfertigt ist, ebenso wie bereits das Sozialgericht wesentlich auf das im Gerichtsverfahren eingeholte Gutachten vom Sachverständigen Professor X1. Der Senat vermochte die Auffassung der Klägerin, dieses Gutachten sei widersprüchlich und unschlüssig, nicht zu teilen. Das Gutachten des erfahrenen und ersichtlich für die Beantwortung der Beweisfragen kompetenten Sachverständigen ist in jeder Hinsicht werkgerecht erstellt worden und überzeugt durch eine ausführliche und erkennbar sorgsam verfasste Anamnese- und Befunderhebung (die Begutachtung dauerte 5 Stunden und 20 Minuten). Die gefundenen Ergebnisse werden zudem ausführlich und überzeugend begründet. Es bestand deshalb keine Veranlassung, weitere Ermittlungen, insbesondere durch nochmalige Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, durchzuführen. Der Sachverhalt ist geklärt.
Nach den in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung festgelegten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (siehe zu Teil B 3.7) führen leichtere psychovegetative und psychische Störungen zu einem GdB von 0-20. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochonderische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einem GdB von 30-40. Schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten führen zu einem GdB von 50-70 und bei Vorliegen von schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu einem GdB von 80-100.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Professor X1 litt die Klägerin im zu beurteilenden Zeitraum seit Mai 2009 längerfristig (nach Teil A zu 7.a. der versorgungsmedizinischen Grundsätze liegt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nur vor, wenn der veränderte Gesundheitszustand mehr als sechs Monate angehalten hat oder voraussichtlich anhalten wird und die Änderung des GdB wenigstens 10 beträgt) an einem damals stark ausgeprägten seelischen Leiden, das einen Einzel-GdB von 50 rechtfertigte. Spätestens Ende 2009 ist es dann nach den weiteren Feststellungen des Gutachters zu einer deutlichen Besserung des Krankheitsbildes gekommen, wobei allerdings im Herbst 2010 eine vorübergehende Verschlechterung eintrat. Im Zeitpunkt der Untersuchung durch den Gutachter waren nur noch geringe Beschwerden im Sinne einer leichten Depression (Dysthymia) vorhanden, die einen GdB von 30 bedingen.
Dieses Ergebnis der Begutachtung ist sowohl im Hinblick auf die Schwere der Erkrankung der Klägerin im Zeitpunkt der Untersuchung als auch für den Zeitraum seit 2009 in jeder Hinsicht überzeugend. Insbesondere hat der Gutachter in sich schlüssig und nachvollziehbar eine deutliche Befundbesserung begründet. Für eine seither erneut eingetretene Verschlechterung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin ist nichts ersichtlich (der behandelnde Facharzt gibt in seiner Bescheinigung vom 06.05.2013 an, die Klägerin habe im Laufe des Jahres 2012 keine schwereren depressiven Dekompensationen erlitten) und eine solche Verschlechterung wurde von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Der Senat teilt die Beurteilung des Sachverständigen, dass der GdB der Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr als 30 betrug. Obwohl die Klägerin, wie sich anlässlich der Befragung durch den Sachverständigen herausstellte, im Zeitpunkt der Untersuchung bereits seit längerer Zeit die ihr verordneten Psychopharmaka nicht mehr eingenommen hatte, fand sich bei ihr kaum noch eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und damit kein schweres Krankheitsbild. Diese Feststellungen des Sachverständigen sind überzeugend, denn sie entsprechen dem von ihm geschilderten psychischen Befund. Im Begutachtungstermin machte die Klägerin einen wachen, ausgeruhten und kontaktbereiten Eindruck. Sie war unauffällig gekleidet, sprach normal laut und in normaler Sprechgeschwindigkeit und gewählter Ausdrucksweise. Aufmerksam und konzentriert verfolgte sie sämtliche Untersuchungen und wirkte an diesen aktiv mit. Ihre Angaben zu biografischen und krankheitsrelevanten Daten waren insgesamt präzise. Dass es sich dabei nicht um unbewiesene oder sogar fehlerhafte Einschätzungen des Sachverständigen handelt, belegen beispielsweise die Angaben der Klägerin zu ihrer Familienanamnese, die auf Seite 28 des Gutachtens wiedergegeben werden. Weiterhin wird vom Sachverständigen ausgeführt, die Klägerin habe bereitwillig und ausführlich sowie selbstbewusst sämtliche Fragen beantwortet und insgesamt wohl gestimmt gewirkt. Es seien lediglich depressiv getönte Gedankeninhalte artikuliert worden. Diese Darstellungen und Beurteilungen sind auch für den Senat gut nachvollziehbar, denn sie werden durch weitere persönliche Angaben und das Verhalten der Klägerin im Übrigen bestätigt. Die für schwerwiegende psychische Erkrankungen charakteristischen sozialen Anpassungsschwierigkeiten und sozialen Rückzugstendenzen sind bei der Klägerin nicht erkennbar. Sie gab beispielsweise beim Sachverständigen an (siehe Bl. 17 des Gutachtens), Spannungszuständen begegne sie durch Musikhören, Telefonieren und Verabredungen mit ihrer Freundin. Dies und auch die Tatsache, dass die Klägerin noch kurze Zeit vor dem Termin der mündlichen Verhandlung in Begleitung eine mehrwöchige Fernreise durchgeführt hat, belegt hinreichend, dass es noch nicht krankheitsbedingt zu einem sozialen Rückzug in größerem Umfang gekommen ist. Dies berücksichtigend sind die Ausführungen des Sachverständigen, die Erkrankung der Klägerin habe sich erheblich gebessert, gut nachvollziehbar. Denn beispielsweise im Arztbrief des N-M-Krankenhauses über den dortigen Aufenthalt im September und Oktober 2010 (Seite 36 der Gerichtsakten) wurde zur aktuellen Anamnese angemerkt, die Klägerin ziehe sich zuhause zurück, sei hoffnungslos und lebe in den Tag hinein, sie stehe spät auf und sitze den Tag über nur auf der Couch. Sie habe keine Freude mehr und habe sich sozial isoliert.
Die Kritik der Klägerin am Sachverständigengutachten vermag nicht zu überzeugen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wird ihre Erkrankung vom Sachverständigen bis zu der von ihm geschilderten Befundbesserung im Wesentlichen nicht anders als von den sie ambulant und stationär behandelnden Ärzten beurteilt, denn auch er geht unter Berücksichtigung und Auswertung der Behandlungsunterlagen, die ihm umfangreich bei der Erstellung seines Gutachtens vorgelegen haben, davon aus, dass die Klägerin bis Herbst 2009 an einem stark ausgeprägten seelischen Leiden litt. Damit wird von ihm die Krankheitsschwere durchaus vergleichbar mit den Beurteilungen des behandelnden Arztes T gesehen, der ausweislich seines Befundberichts vom 29.10.2010 auch nach einer progredienten Verschlechterung des psychischen Zustands der Klägerin in den letzten Jahren lediglich eine mittelschwere rezidivierende depressive Störung bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung zum Zeitpunkt der Erstellung des Befundberichts diagnostizierte und damit sogar zum Ausdruck bringt, dass die Beschwerden 2009 geringer gewesen sind. Dies rechtfertigt nicht die Feststellung eines höheren GdB als 50. Bereits die Annahme stärker behindernder Störungen, die zu einem GdB von 30-40 führen, setzt eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit voraus. Nach dem Entlassungsbericht des F-Krankenhauses vom 20.08.2009 über die Behandlung im Juni und Juli 2009 war die Klägerin in einem gepflegten und allseits orientierten Zustand, freundlich im Kontakt und nur leicht antriebsvermindert. Es bestand regelmäßiger Kontakt zur Mutter, die von der Klägerin tagsüber aufgesucht wurde. Dies belegt nicht das Vorliegen von schweren psychischen Störungen mit ausgeprägten sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die die Feststellung eines GdB von mehr als 50 rechtfertigen könnten. Während der stationären Behandlung ist es dann im Rahmen einer Belastungserprobung zwar zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen (Verlegung auf die fakultativ geschlossene Station bei bestehendem Unterbringungsbeschluss, der allerdings nach einem Monat wieder aufgehoben werden konnte), die Entlassung erfolgte am 14.10.2009 aber in einem gebesserten Zustand, nachdem eine Stabilisierung des Antriebs und der Tagesstruktur, phasenweise auch des Affekts, gelungen war. Der Senat teilt die Einschätzung des Gerichtsgutachters, dass diese Besserung bis auf eine vorübergehende Verschlechterung im Herbst 2010 im Wesentlichen fortgedauert hat und sich der Gesundheitszustand der Klägerin seither weiter gebessert hat. Dies lässt sich beispielsweise dem Umstand entnehmen, dass stationäre Behandlungen nicht mehr erforderlich waren. Die erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Sommer 2009 und erneut im Herbst 2010 kann schon deshalb nicht zu einem teilweisen Klageerfolg führen, weil es sich dabei nach den Feststellungen des Gerichtsgutachters, die der Senat durch die Entlassungsberichte als bestätigt ansieht, nicht um dauerhafte Beschwerdezunahmen handelte, die länger als sechs Monate vorgelegen haben. Dies gilt auch in Ansehung des für die Rentenversicherung im März 2010 erstellten Fachgutachtens. Zwar wirkte die Klägerin in der Grundstimmung zum Zeitpunkt dieser Untersuchung noch deutlich depressiv, im Affekt aber schon weitgehend schwingungsfähig und im Antrieb nur noch gemindert. Den gutachterlichen Feststellungen, es sei noch zu keiner wesentlichen Stabilisierung gekommen, lässt sich zudem entnehmen, dass bereits damals eine Besserung (wenn auch noch keine wesentliche) der Leiden eingetreten ist. Damit werden die mehr als ein Jahr danach getroffenen Feststellungen des Gerichtsgutachters auch durch dieses Rentengutachten bestätigt.
Das Klagebegehren, einen GdB von mehr als 50 festzustellen, wird auch im Übrigen vom behandelnden Facharzt für Neurologie T nicht unterstützt, denn in seiner ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage beim Sozialgericht vom 24.01.2013 wird von ihm ausgeführt, die Persönlichkeitsstörung der Klägerin erreiche einen Einzelgrad der Behinderung von 50, weshalb eine Herabstufung des GdB nicht erfolgen dürfe. Ein GdB in dieser Höhe liegt der hier von der Klägerin angegriffenen Bewilligung jedoch zu Grunde. Nicht Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens ist hingegen, ob die Beklagte aufgrund der Feststellungen des Gerichtsgutachters zur Herabsetzung des zuerkannten Grades der Behinderung berechtigt ist, zumal eine solche Herabsetzung bislang weder erfolgte noch angekündigt worden ist. Unabhängig davon sind die Angaben des behandelnden Arztes T auch teilweise widersprüchlich und damit insgesamt nicht überzeugend. In seinem Befundbericht vom 29.10.2010 stellte er die Diagnose mittelschwere rezidivierende depressive Störung. Eine gleich lautende Diagnose erfolgte sowohl in seinem Befundbericht für die Rentenversicherung als auch in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 24.01.2013. In seinen an die Bevollmächtigten der Klägerin gerichteten Ausführungen vom 06.05.2013 wurde dann aber eine mittelschwere bis schwere rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Für eine demzufolge sogar eingetretene Verschlechterung ist aber nichts ersichtlich, denn der Arzt beschreibt auch eine im Mai 2011 eingetretene Besserung des Gesundheitszustandes und führt weiterhin aus, danach (in 2012) habe es keine schwereren depressiven Dekompensationen mehr gegeben. Auch seien weitere therapeutische Schritte nicht mehr diskutiert worden. Letzteres spricht ganz entschieden gegen einen hohen Leidensdruck und relativiert damit die Angaben des behandelnden Arztes zur Schwere der Erkrankung der Klägerin. Keinesfalls gefolgt werden konnte dem behandelnden Arzt auch hinsichtlich seiner Feststellung, seit März 2011 sei die Stimmung der Klägerin vorübergehend schwerst depressiv geworden, nachdem sie aus Frust und aus Resignation ihre Psychopharmaka abgesetzt habe. Die genau in diesem Zeitraum und in Kenntnis der nicht mehr erfolgten Arzneimitteleinnahme getroffenen und – wie bereits dargelegt – überzeugenden Feststellungen des Gerichtsgutachters aufgrund eigener Untersuchung der Klägerin zu deren psychischen Befund lassen sich damit nicht in Einklang bringen.
Schließlich kann auch die Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu einem Berufungserfolg führen. Die Beurteilungen nach dem Schwerbehindertengesetz über die Höhe des GdB und die Frage des Bestehens eines Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rentenverfahren sind völlig unterschiedlich, so dass sich allenfalls Anhaltspunkte für das jeweils andere Rechtsgebiet ergeben können. Hier ist zudem zu berücksichtigen, dass die Weitergewährung der zunächst nur befristet bewilligten Erwerbsminderungsrente nur aufgrund eines kurzen Befundberichts des behandelnden Arztes T erfolgte, in dem es an einer ausführlichen Befunddarstellung fehlt.
Den Beweisanträgen der Klägerin war nicht zu folgen. Soweit sie auf Einholung eines weiteren neurologischen-psychiatrischen Sachverständigengutachtens gerichtet sind, steht ihnen entgegen, dass der Sachverhalt im Verfahren durch Einholung des in jeder Hinsicht verwertbaren Gutachtens von Professor Dr. X1 auf diesem Fachgebiet bereits umfassend aufgeklärt worden ist und es deshalb weiterer Ermittlungen nicht mehr bedurfte. Es ist nicht Aufgabe der Amtsermittlung im Sinne von § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), so lange Ermittlungen durchzuführen, bis ein für die Klägerseite positives Beweisergebnis erzielt wird.
Auch der Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen und einer anschließenden erneuten Befragung des Sachverständigen dazu bedurfte es nicht. Soweit die Klägerin beantragt, die vollständigen Behandlungsunterlagen über die stationären Aufenthalte in der Vergangenheit beizuziehen und diese dem Gutachter sodann vorzulegen, verkennt sie, dass es grundsätzlich Aufgabe des Gutachters ist, aufgrund eigener Fachkenntnis zu beurteilen, ob zur Beantwortung der Beweisfragen neben der hier angeordneten ambulanten Untersuchung der Akteninhalt ausreichend ist oder weitere Unterlagen beizuziehen oder sogar Zusatzgutachten erforderlich (so auch ausdrücklich die Beweisanordnung des Sozialgerichts vom 01.03.2011) sind. Dementsprechend ist der erfahrene Gutachter auch verfahren und hat die in den Akten fehlende Epikrise über die Behandlung vom 14. bis 19.10.1999 selbständig in dem genannten Krankenhaus angefordert, in seinem Gutachten berücksichtigt und ihm beigefügt. Über die sonstigen relevanten Klinikaufenthalte in den letzten Jahren lagen in den Gerichtsakten ausführliche Entlassungsbericht vor, die vom Sachverständigen ebenfalls berücksichtigt wurden.
Auch eine erneute Befragung des Gerichtsgutachters war nicht erforderlich, denn die Beweisfragen sind von ihm beantwortet worden und ihm ist auch Gelegenheit gegeben worden, sich zu den Einwendungen der Klägerseite gegen sein Gutachten zu äußern. Insbesondere hat ihm der Senat mit Schreiben vom 06.06.2013 Gelegenheit gegeben, sich zu den Einwendungen der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.07.2011 zu äußern. Der dahingehende Beweisantrag ist damit überholt. Im Übrigen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die auf eine erneute Befragung des Gutachters gerichteten Beweisanträge der Klägerin auch auf eine unzureichenden Sachkenntnis schließen lassen, denn der Sachverständige hat nicht behauptet, dass die depressiven Episoden in der Vergangenheit sämtlich nicht den Schweregrad einer Depression, sondern lediglich den einer Dysthymie erreichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden, denn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 18.08.2015
Zuletzt verändert am: 18.08.2015