Die Beschwerde des Zeugen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.11.2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. In dem zugrundeliegenden Verfahren, in dem die Klägerin die Anerkennung einer Schwerbehinderung begehrt, wurde der die Klägerin behandelnde Arzt – der Zeuge/Beschwerdeführer (Bf) – mit richterlicher Verfügung vom 25.07.2005 aufgefordert, einen Befundbericht über die Klägerin zu erstellen. Hieran ist er mit Verfügungen vom 31.08.2005 und 30.09. 2005 erinnert worden.
Mit Ladung vom 21.10.2005 hat das Sozialgericht den Bf als Zeugen zur Abgabe des angeforderten medizinischen Befundberichts zum Termin der Beweisaufnahme am 11.11. 2005 geladen. Diese Ladung enthielt den Hinweis, dass der Termin wieder aufgehoben würde, "wenn der Befundbericht rechtzeitig vor dem Termin schriftlich bei Gericht einginge". Die Ladung wurde dem Bf ausweislich der Postzustellungsurkunde am 25.10.2005 zugestellt. Nach einem unter dem 09.11.2005 erstellten Vermerk der Geschäftsstelle wurde der Bf telefonisch darüber informiert, dass der Befundbericht noch nicht eingegangen sei. Der Bf habe zugesagt, dass entweder der Befundbericht noch eingehen oder er zum Termin erscheinen würde.
Der Bf ist zum Termin nicht erschienen, woraufhin das Sozialgericht, bei dem nach Aktenlage der Befundbericht bislang nicht eingegangen war, mit Beschluss vom 11.11.2005 gegen den Bf wegen unentschuldigtem Ausbleibens ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 Euro ersatzweise 2 Tage Ordnungshaft festgesetzt hat. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Vernehmung des Bf habe sich auch nicht zwischenzeitlich, das heißt bis zum Beginn des Termins, durch Übersendung des mehrfach erbetenen Befundberichts erübrigt. Deshalb könne seine Verhaltensweise im Hinblick auf die eingetretene Verzögerung des Rechtsstreits im Interesse der Beteiligten nicht hingenommen werden. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie der mutmaßlichen Einkünfte des niedergelassenen Arztes halte das Gericht das festgesetzte Ordnungsgeld für angemessen und notwendig.
Am 15.11.2005 ist ein an die Beklagte gerichteter Befundbericht des Bf datierend unter dem 09.11.2005 bei Gericht eingegangen. Dabei hat der Bf einen Vordruck der Beklagten benutzt, ohne die detaillierten Fragen des Gerichts zu beantworten.
Das Sozialgericht hat den weiteren für den 30.11.2005 anberaumten Termin zur Beweisaufnahme aufgehoben.
Im Beschwerdeverfahren macht der Bf geltend, er habe den angeforderten Befundbericht am 09.11.2005 der Beklagten zugesandt. Sein Nichterscheinen zum Termin resultiere daraus, dass die Beklagte dem Sozialgericht diesbezüglich keine Mitteilung gemacht habe. Im Übrigen sei auch dem Sozialgericht am 09.11.2005 bzw. (wie er sodann unter dem 10.12. 2005 mitgeteilt hat) am 21.11.2005 eine Kopie des Befundberichtes übersandt worden.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 21.11.2005 nicht abgeholfen und im wesentlichen ergänzend ausgeführt, der Bf verkenne, dass der Befundbericht vom Gericht und nicht von der Beklagten angefordert worden sei. Dies sollte dem Bf als Mediziner bewusst sein. Desweiteren habe die Geschäftsstelle noch vor dem Termin telefonisch Rücksprache gehalten. Im Hinblick auf die Ordnungsgeldandrohung hätte der Bf nach Auffassung des Gerichts zumindest telefonisch nachfragen müssen, ob der Termin aufgehoben würde. Eine Aufhebung des Termins sei zudem nur als möglich dargestellt worden, wenn der angeforderte Befundbericht rechtzeitig vor dem Termin bei Gericht schriftlich eingehe.
Das Sozialgericht hat die Beschwerde des Bf gegen den Beschluss vom 11.11.2005 dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat dem Bf wegen seines nichtentschuldigten Ausbleibens im Termin am 11.11.2005 zu Recht ein Ordnungsgeld auferlegt.
Nach § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 380 Zivilprozessordnung (ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Die Auferlegung von Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt diese Entschuldigung nicht rechtzeitig, so unterbleibt die Auferlegung von Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder Glaubhaftmachung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen aufgehoben.
Der Bf hat sein Ausbleiben weder vor dem Termin zur Beweisaufnahme noch nachträglich ausreichend entschuldigt. Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, sein Nichterscheinen nachträglich als entschuldigt anzusehen. Eine genügende Entschuldigung ist anzunehmen, wenn der Betroffene Umstände glaubhaft macht, die das Ausbleiben im Termin nicht pflichtwidrig erscheinen lassen (Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO – Kommentar, 63. Auflage 2005, § 381 Rdn.4).
Soweit der Bf sich darauf beruft, er habe den Befundbericht der Beklagten zugesandt, entschuldigt dies nicht sein eigenmächtiges Fernbleiben vom Termin. Unabhängig davon, dass offensichtlich ist, dass ein Befundbericht, der vom Sozialgericht angefordert wird, auch an das Sozialgericht zu schicken ist, ergab sich dies auch aus dem dem Bf zugesandten Vordruck. Dieser Vordruck mit dem Fragenkatalog des Sozialgerichts ist derart für eine Rücksendung vorbereitet, dass im Adressenfeld bereits die Anschrift des Sozialgerichts angegeben ist, so dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen konnten, an wen der Befundbericht zu schicken war, selbst wenn der Vordruck für die Übersendung nicht genutzt wird. Hinzu kommt, dass auch die Ladung den Hinweis enthielt, der Termin würde aufgehoben, wenn der Befundbericht rechtzeitig vor dem Termin schriftlich "bei Gericht" einginge. Aus welchen Gründen der Bf – wie er angibt – den Befundbericht an die Beklagte übersandt hat, hat sich dem Senat nicht erschlossen.
Soweit der Bf des Weiteren widersprüchlich vorträgt, er habe den Befundbericht auch am 09.11.2005 bzw. 21.11.2005, wobei letzteres Datum in Hinblick auf den Termin am 11.11. 2005 als verspätet anzusehen ist, zugesandt habe, fehlt insoweit jeglicher Nachweis einer rechtzeitigen Abgabe. Nach Aktenlage ist der Befundbericht erstmals am 15.11.2005 beim Sozialgericht eingegangen.
Dem Sozialgericht ist im Übrigen auch insoweit zuzustimmen, als dass der Bf, unterstellt, er hätte die Kopie des Befundberichtes bereits vor dem Termin übersandt, jedenfalls die Pflicht gehabt hätte, bei Gericht nachzufragen, ob der Termin bestehen bleibt. Denn er kann nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sich die Ladung zur Zeugeneinvernahme, die er schon am 25.10.2005 erhalten hatte, ohne anderweitige Mitteilung des Gerichts erledigt, zumal der von ihm gefertigte Befundbericht nicht der gerichtlichen Anforderung entsprach. Bereits deshalb konnte er nicht ohne weiteres von einer Aufhebung des Termins ausgehen. Insoweit würde sich sein Verhalten auch vor diesem Hintergrund als pflichtwidrig darstellen.
Weitere Gründe, die das Ausbleiben entschuldigen, sind weder vorgetragen, noch dem Akteninhalt zu entnehmen.
Letztlich hält der Senat auch das festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 Euro für angemessen. Der Rahmen für ein Ordnungsgeld nach Artikel 6 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch EGStGB beträgt nach dessen Absatz 1 zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro. Bei der Festsetzung kann das Gericht in seiner Entscheidungsfindung den Grund der Pflichtverletzung, die Bedeutung der Angelegenheit für den Prozess und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen mit einbeziehen. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Zeugenaussage des Bf für den Fortgang des Prozesses sowie seiner Versäumnis, den Termin wahrzunehmen, ohne hierfür ausreichende (glaubhafte) Gründe vorzutragen, ist die Entscheidung des Sozialgerichts, das Ordnungsgeld im unteren Drittel des genannten Rahmens anzusetzen, nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
§ 197a SGG findet keine Anwendung. Die durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes – 6. SGG-ÄndG – vom 16.08.2001 (BGBl I 2001, 2144) eingeführte Neuregelung sieht mit Wirkung ab 01.01.2002 vor, dass Kosten auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben werden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört.
Die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 197a SGG scheitert schon daran, dass in der Person des Bf das Tatbestandsmerkmal "Kläger" oder "Beklagter" nicht erfüllt ist. In seiner Eigenschaft als Zeuge und als Beschwerdeführer im Ordnungsmittelverfahren nimmt er keine solche Beteiligtenstellung im Sinne des § 69 SGG ein. Das leuchtet ein vor dem Hintergrund, dass es im vorliegenden Ordnungsmittel(beschwerde-)verfahren einer begrenzten Kostenentscheidung gerade deshalb bedarf, weil die Beschwerde von einer Person eingelegt worden ist, die nicht Beteiligter des Klageverfahrens ist (so auch bei ehrenamtlichen Richtern und Zeugen; vgl. insoweit Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl., X. Kapitel, Rdnr. 58). Kommt dem so in das Verfahren Einbezogenen keine Beteiligtenstellung im Sinne des § 69 SGG zu, worauf § 197a SGG seinem Wortlaut nach abstellt, kann auch die Regelung des § 183 SGG nicht zum Zuge kommen.
Denn auch die Bestimmung des § 183 S. 1 SGG stellt im zweiten Halbsatz klar, dass das Verfahren für den Personenkreis der "Versicherten", "Leistungsempfänger" und "Behinderten" kostenfrei ist, "soweit" sie in "dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter" beteiligt sind. Das Privileg der Kostenfreiheit hat das 6. SGG-ÄndG auf diesen auch schon ursprünglich insofern als schutzbedürftig angesehenen Personenkreis beschränkt (vgl. amtliche Begründung BT-Drucks 14/5943 S. 29) und auf diese Weise betont. Die Regelung des § 197a SGG geht deshalb systematisch zutreffend von den in diesem Sinne am Verfahren beteiligten Personen aus (vgl. Krasney/Udsching, 4. Auflage, XII. Kapitel, Rdnr. 108), indem sie für diese ihre Anwendung ausschliesst. Sie ist für andere, nicht in § 183 Abs.1 SGG bezeichnete Kläger und/oder Beklagte, aber am Prozessrechtsverhältnis beteiligte Personen bestimmt. Deshalb verbietet sich die Anwendung dieser Bestimmung auf Personen wie den Bf. Er fällt zwar nicht unter den als schutzwürdig anzusehenden und deshalb insoweit privilegierten Personenkreis des § 183 SGG. Er ist aber auch nicht Kläger oder Beklagter und damit Beteiligter an dem zugrunde liegenden Prozessrechtsverhältnis. Der Bf ist Beteiligter an einem sich neben dem eigentlichen Rechtsstreit ausserhalb des Prozessrechtsverhältnisses abspielenden Ordnungsmittel-, hier: Beschwerdeverfahren. Allein der Umstand, dass der Bf nicht zum Personenkreis des § 183 S. 1 SGG gehört, rechtfertigt es nicht, einen solchen Verfahrensbeteiligten in die Kostenregelung des § 197a SGG – auch nicht in analoger Anwendung – einzubeziehen. Eine solche Ermächtigung lässt sich weder aus Wortlaut noch aus Sinn und Zweck der §§ 183, 197a SGG ableiten.
Wollte man demgegenüber im vorliegenden Verfahren – ungeachtet des eigenständigen Ordnungsmittel- und Beschwerdeverfahrens – auf die Beteiligtenstellung der am zugrunde liegenden Hauptverfahren Beteiligten abstellen und dies genügen lassen, schiede erst Recht § 197a SGG als Grundlage für die Kostenentscheidung aus, weil die Klägerin zum privilegierten Personenkreis der Behinderten des § 183 S. 1 SGG zählte.
Damit folgt die Kostenentscheidung aus der analogen Anwendung der allgemeinen Kostenregelung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.03.2006
Zuletzt verändert am: 02.03.2006