Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.06.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugunstenverfahrens über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 01.09.2012 bis 30.06.2013.
Der am 00.00.1955 geborene Kläger leidet seit seiner Kindheit an einer Zwangsstörung mit ausgeprägtem Wasch-, Putz- und Ordnungszwang. Er erhielt zunächst Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von dem Sozialamt der Stadt E. Zum 01.09.1995 mietete er seine jetzige und auch in der Streitzeit bewohnte etwa 94 m² große Mietwohnung unter der Anschrift T 00 in L an und bezog sie. Seitdem lebt er allein in der Wohnung. Für die Wohnung fielen in der Streitzeit die folgenden Kosten an: Kaltmiete: 551,17 EUR, Garagenstellplatz: 25,57 EUR, kalte Nebenkosten: 105,26 EUR und Abschlag für Heizung und Warmwasser: 96,00 EUR.
Der Umzug von E nach L in die nunmehr bewohnte Wohnung erfolgte zwar in Abstimmung mit dem Sozialamt der Gemeinde L jedoch mit dem Hinweis, dass die Wohnung unangemessen groß und zu teuer sei. Der Kläger sei gehalten seine Unterkunftskosten auf einen angemessenen Umfang zu reduzieren. Es könnten allenfalls Unterkunftskosten für einen Zweipersonenhaushalt anerkannt werden.
Nachdem der Kläger die Beklagte noch im Rahmen der Leistungsbewilligung nach dem BSHG auf Übernahme der vollen Wohnkosten in Anspruch genommen hatte, schlossen die Beteiligten am 06.06.2002 vor dem Verwaltungsgericht Aachen (Aktenzeichen: 6 K 3121/99) den folgenden Vergleich:
"1. Der Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ab dem 01.01.2002 Unterkunftskosten auf der Grundlage eines Zweipersonenhaushalts, wie er nach der Wohngeldtabelle in L Sozialhilfeempfängern im Zweipersonenhaushalt bewilligt wird, zu gewähren.
2. Der Kläger wird auch in Zukunft für die derzeit von ihm bewohnte Wohnung keine höheren Unterkunftskosten als diejenigen für einen Zweipersonenhaushalt geltend machen. Er ist sich darüber im Klaren, dass zur endgültigen Lösung seiner Wohnungsprobleme eine angemessene Wohnung noch gefunden werden muss."
Mit Bescheid vom 27.06.2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.03.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII auch für die Streitzeit. Zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung gewährte sie ab September 2012 bis einschließlich Juni 2013 einen Monatsbetrag von insgesamt 480,53 EUR, der sich wie folgt zusammensetzte: Grundmiete: 292,50 EUR, kalte Nebenkosten: 92,03 EUR, Heizkosten 96,00 EUR. Der Ausgangsbescheid wurde hinsichtlich der Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung bestandskräftig.
Am 04.08.2012 beantragte der Kläger die Wohn- und Heizkosten auf die tatsächlich anfallenden Beträge ab dem 01.09.2012 anzuheben. Er benötige aufgrund der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine größere Wohnung, insbesondere auch mit einem separaten Gäste-WC. Dafür würden regelmäßig Kosten in Höhe der derzeitigen tatsächlichen Unterkunftskosten anfallen. Seinen Eltern sei absehbar die Übernahme der ungedeckten Unterkunftskosten nicht mehr möglich.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2014 ab. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten bestünde nicht. Die jetzige Unterkunft und die tatsächlichen Unterkunftskosten seien sozialhilferechtlich unstreitig als unangemessen zu beurteilen. Bereits vor Anmietung der Wohnung zum 01.09.1995 sei der Kläger seitens des Sozialamtes der Gemeinde L ausdrücklich und eindringlich darauf hingewiesen worden, dass bei Bezug der Wohnung lediglich die sozialhilferechtlich als angemessen zu beurteilenden Aufwendungen als Unterkunftsbedarf berücksichtigt werden könnten. Schließlich habe die Beklagte mit Vergleich vom 06.06.2002 Unterkunftskosten auf Grundlage eines Zweipersonenhaushalts als angemessen anerkannt. Im Gegenzug habe sich aber auch der Kläger verpflichtet, keine höheren Unterkunftskosten als diejenigen für einen Zweipersonenhaushalt für die Wohnung T 00 in L geltend zu machen. Aus diesen Gründen käme die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten nicht in Betracht. Im Übrigen beabsichtige der Kläger nach seinen eigenen Ankündigungen auch gar nicht, die höheren Leistungen tatsächlich für die derzeit bewohnte Wohnung zu verwenden, sondern er beabsichtige, den Erwerb eines Eigenheimes zu finanzieren.
Mit Bewilligungsbescheid vom 21.06.2013 regelte die Beklagte den Leistungsbezug des Klägers für die Zeit ab 01.07.2013.
Gegen den ihm am 27.02.2014 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger im Wesentlichen unter Intensivierung seines bisherigen Vorbringens am 25.03.2014 Klage erhoben.
Er hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.04.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2014 zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat das Sozialgericht dem Kläger mitgeteilt, es beabsichtige zu der Frage, ob der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert sei, umzuziehen, ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Nervenheilkunde einzuholen. Eine Begutachtung durch die Ärztin hat der Kläger jedoch abgelehnt.
Das Sozialgericht hat sodann mit Urteil vom 19.06.2015 die Klage abgewiesen. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft seien nur so lange zu übernehmen, als es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder zumutbar sei, durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen auf ein angemessenes Maß zu senken. Hiervon könne nicht ausgegangen werden, da eine Beweiserhebung zu der Frage der Zumutbarkeit eines Umzuges nicht habe stattfinden können. Eine Begutachtung nach Untersuchung durch eine geeignete Fachärztin habe der Kläger abgelehnt. Eine Begutachtung nach Aktenlage habe die Kammer erwogen, indessen nicht für opportun gehalten. Es existierten kaum medizinische Unterlagen. Die einzigen Unterlagen, welche sich aus fachärztlicher Sicht mit der psychischen Erkrankung des Klägers näher befassten, seien deutlich mehr als zehn Jahre alt und verhielten sich nicht zu der hier interessierenden medizinischen Feststellung. Der Kläger könne daher nur die angemessenen Kosten für einen Zweipersonenhaushalt verlangen. Solche seien von der Beklagten jedoch bezahlt worden. Sie stelle zur Berechnung der angemessenen Kosten auf das für den Kreis E entwickelte sogenannte schlüssige Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe der Unterkunft und Heizung ab. Das Konzept sei anzuwenden, es entspreche den Qualitätsmaßstäben, die das Bundessozialgericht (BSG) an ein solches stelle.
Gegen das ihm am 20.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.08.2015 Berufung eingelegt. Die Kosten der von ihm bewohnten Wohnung seien in voller Höhe zu übernehmen, denn eigentlich benötige er eine noch teurere Wohnung mit einem Gäste-WC. An den Vergleich aus dem Jahre 2002 sei er nicht mehr gebunden. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.06.2015 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 11.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2014 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 27.06.2012 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 22.03.2013 zu ändern und ihm für die Zeit vom 01.09.2012 bis 30.06.2013 weitere Leistungen zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung bis zur Höhe seiner tatsächlichen Ausgaben hierfür zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts aus seinen Gründen für zutreffend.
Der Senat hat zur Frage der Umzugsfähigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der in Aachen niedergelassenen Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, das diese nach Zusatzbegutachtung durch den Diplom-Psychologen Dr. L (Gutachten vom 28.12.2017) und Untersuchung des Klägers am 28.09.2017 erstellt hat. Sie kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die bei dem Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihn nicht daran gehindert hätten, seine aktuelle Wohnung aufzugeben. Es sei dem Kläger zuzumuten, eine andere, kostengünstigere Wohnung zu beziehen. Der Kläger hat das Gutachten in einzelnen Punkten kritisiert. Zum Teil sieht er Aspekte seiner gesundheitlichen Situation nicht ausreichend gewürdigt, wobei er die grundsätzliche Möglichkeit eines Wohnungswechsels nicht in Frage stellt. Auch angesichts der Auseinandersetzung des Klägers mit dem Gutachten sieht die Sachverständige keinen Anlass, die gefundene Beurteilung zu ändern (gutachterliche Stellungnahme vom 23.04.2018).
Auf Aufforderung des Senats hat sodann die Beklagte die "Richtlinien des Kreises E zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (Stand Dezember 2012)" sowie das "Gutachten über die Ermittlung der angemessenen Bedarfe der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II und § 35 SGB XII (Stand Januar 2013)" der Firma InWIS eingeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Gerichtsakten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 19.06.2015 abgewiesen. Der Bescheid vom 11.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2014 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 27.06.2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.03.2013 ändert und ihm weitere Leistungen zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 01.09.2012 bis 30.06.2013 gewährt.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2014 sowie der durch den vorgenannten Bescheid zu überprüfende Bewilligungsbescheid vom 27.06.2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.03.2013 und damit die Zeit ab 01.09.2012 bis 30.06.2013. Eine Überprüfung der Leistungsbewilligung für die Zeit davor hatte nicht zu erfolgen, da der Überprüfungsantrag vom 04.08.2012 ersichtlich nur auf eine Erhöhung der Bewilligung ab September 2012 gerichtet ist. Die Zeit ab dem 01.07.2013 ist von dem vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht umfasst. Dieser Zeitraum wird von dem Bewilligungsbescheid vom 21.06.2013 neu geregelt. Jedenfalls erledigt dieser Bescheid für den von ihm erfassten Zeitraum ab dem 01.07.2013 die bisherigen Regelungen nach § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Mit dem in der mündlichen Verhandlung am 16.05.2018 gestellten Antrag beschränkt der Kläger entsprechend sein Begehren auf diesen Zeitraum.
In inhaltlicher Hinsicht sind nur die Leistungen zur Sicherung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung streitgegenständlich. Der Überprüfungsantrag des Klägers vom 04.08.2012 als auch seine gerichtlichen Anträge beziehen sich lediglich auf Leistungen zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung, dagegen nicht auf die Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Insofern hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits anerkannt, dass es sich bei den Verfügungen betreffend die Regelleistungen einerseits und die Leistung für Unterkunft sowie die Heizkosten andererseits um abtrennbare Verfügungen handelt, die einzeln zur Überprüfung gestellt werden können (BSG Urteil vom 14.04.2011, B 8 SO 18/09 R unter Hinweis auf BSG Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R).
Für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Überprüfung, gegebenenfalls Abänderung und Verpflichtung zur ergänzenden Bewilligung kann Anspruchsgrundlage nur § 116a SGB XII i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 SGB X sein. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach dem SGB II jedoch längstens für den Zeitraum von bis zu einem Jahr vor der Rücknahme bzw. der Antragstellung erbracht, § 116a Nr. 2 SGB XII iVm § 44 Abs. 4 SGB X.
Ein Anspruch auf Verpflichtung zur Änderung der Leistungsbewilligung besteht jedoch nicht. Der bestandskräftige Bescheid vom 26.07.2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.03.2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat in der streitigen Zeit keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Mit dem Vergleich vom 06.06.2002, geschlossen vor dem Verwaltungsgericht Aachen, hat sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab dem 01.01.2002 für die Wohnung T 00 in L Unterkunftskosten für einen Zweipersonenhaushalt entsprechend der Wohngeldtabelle des Wohngeldgesetzes (WoGG) nach der für L nach dem WoGG geltenden Mietstufe zu gewähren. Im Gegenzug dazu hat sich der Kläger verpflichtet, für diese Wohnung keine höheren Unterkunftskosten als die vorbenannten geltend zu machen.
Diese Verpflichtung ist ihrem Wortlaut in dem vorbeschriebenen Sinne eindeutig. Die Beklagte ist ihr im Streitzeitraum auch nachgekommen. Für Grundmiete und kalte Nebenkosten hat die Beklagte dem Kläger sogar einen Betrag von 388,50 EUR gewährt. Hinzu kamen die tatsächlichen Heizkosten i.H.v. 96,00 EUR. Nach der Tabelle der für die Streitzeit geltenden Vorschrift des § 12 WoGG ergibt sich für einen Zweipersonenhaushalt nach der für L geltenden Mietstufe II sogar für Grundmiete und kalte Nebenkosten nur ein Betrag von 380,00 EUR.
Gerade nachdem die Beklagte ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich vom 06.06.2012 auch noch in der hier streitigen Zeit erfüllt hat, sind keine Gesichtspunkte erkennbar, warum der Kläger nicht seinerseits auch im Streitzeitraum noch an seine Verpflichtung aus dem Vergleich gebunden sein sollte. Die Regelungen wurden nach ihrem Wortlaut zukunftsoffen getroffen. Sie sollten ersichtlich für die gesamte Zeit gelten, zu der der Kläger noch die Wohnung T 00 in L bewohnt. Soweit der Kläger geltend macht, er sei an den Vergleich nicht mehr gebunden, da sich seine gesundheitliche Situation verschlechtert habe, ist durch das von dem Senat eingeholte Sachverständigengutachten jedenfalls in den relevanten Aspekten das Gegenteil bewiesen. Der Kläger war danach gesundheitlich in der Lage umzuziehen. Der Senat schließt sich insoweit der Beurteilung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau Dr. S in ihrem Gutachten vom 22.01.2018 an. Die Ergebnisfindung erfolgte auf Grundlage wissenschaftlicher Standards, der ausführlichen Exploration des Klägers unter Einholung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens und ist in sich schlüssig. Soweit der Kläger einzelne Aspekte kritisiert, ist die Sachverständige dem mit ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2018 nachhaltig entgegengetreten. Im Übrigen will der Kläger selbst die Wohnung T 00 in L verlassen, da sie unter anderem nicht über ein separates Gäste-WC verfügt. Er geht also damit ebenfalls von seiner Umzugsfähigkeit aus. Das gilt auch für die Streitzeit. Aus klägerischen Schriftsätzen der Jahre 2012, 2013 geht hervor, dass der Kläger den Erwerb eines Grundstücks angedacht hatte, um ein Eigenheim nach seinen Vorstellungen zu errichten. Eine solche Planung setzt denknotwendig voraus, dass auch der Kläger sich für in der Lage gehalten hat, einen Umzug zu bewerkstelligen. Der Kläger geht im Übrigen davon aus, dass die aktuell bewohnte Wohnung nicht schützenswert ist. Noch im Februar diesen Jahres trägt er vor, in welch desolatem Zustand sie sich befindet.
Die Geltendmachung weiterer Unterkunftskosten für die Wohnung ist daher bereits durch die vergleichsweise Regelung vom 06.06.2002 ausgeschlossen.
Auch unabhängig von der bindenden vergleichsweisen Regelung hat der Kläger nach den einfachgesetzlichen Vorschriften keinen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für die hier streitige Zeit. Denn es wäre ihm möglich und auch zu zumutbar gewesen, etwa durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen für die Unterkunft auf das für ihn angemessene Maß zu reduzieren, § 35 Abs. 2 S. 3, Abs. 2 S. 1, Abs. 1 SGB XII.
Die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung ist nach der Rechtsprechung des BSG in mehreren Schritten zu prüfen (vgl. BSG Urteil vom 17.12.2014, B 8 SO 15/13 R sowie BSG Urteile vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R und vom 19.10.2010, B 14 AS 2/10 R, siehe auch Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 35 Rn 6 u. 21ff). Zunächst ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist. Dabei erfolgt die Bemessung der angemessenen Größe nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumforderung vom 13.9.2001 (WoFG). Angemessen ist eine Wohnung ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Nach der Rechtsprechung des BSG genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (BSG a.a.O.). Zu ermitteln ist somit zunächst die abstrakte Angemessenheit der Wohnkosten bestehend aus Wohnungsgröße, Grundmiete und kalten Betriebskosten (ohne Heizkosten), sodann ist in einem zweiten Schritt im Rahmen der konkreten Angemessenheit zu prüfen, ob es dem Betroffenen aufgrund seiner individuellen Verhältnisse möglich und zumutbar war, die Wohnung zu wechseln und sodann ist in einem dritten Schritt zu ermitteln, ob die als abstrakt angemessenen Wohnungen am Wohnungsmarkt auch konkret verfügbar waren.
Mit dem durch die InWIS Forschung und Beratung GmbH erstellten schlüssigen Konzept aus Januar 2013 hat die Beklagte die für angemessen zu erachtenden Unterkunftskosten im Gebiet des Kreises E nach den aufgezeigten Maßstäben ermittelt. Insoweit kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen werden. Die Schlüssigkeit des Konzepts für den Kreis E ist auch bereits obergerichtlich bestätigt (LSG NRW Urteil vom 24.11.2016, L 7 AS 723/16) und wird auch von dem Kläger nicht in Frage gestellt.
Der Kläger war nach den oben stehenden Ausführungen auch gesundheitlich in der Lage umzuziehen.
Auf dem Wohnungsmarkt standen dem Kläger in der Streitzeit ferner kostengünstigere Wohnungen zur Verfügung, die nach dem schlüssigen Konzept für eine Einzelperson als angemessen anzusehen sind. Der Senat hat keinen Anlass an der diesbezüglichen Einschätzung der insofern ortskundigen Beklagten zu zweifeln, zumal auch der Kläger hierzu nicht nachhaltig gegenteilig vorträgt. Soweit der Kläger meint, es gäbe keine preisgünstigen Wohnungen mit Gäste-WC, kommt es hierauf nicht an. Das Vorhandensein eines Gäste-WC ist grundsätzlich auch bei dem Kläger objektiv (z.B. aus hygienischen Gründen) nicht notwendig. Der Kläger lebt bereits aktuell in einer Wohnung ohne Gäste-WC, ohne dass hierdurch die Einhaltung nötiger hygienischer Standards in einem Privathaushalt gefährdet würde. Soweit der Kläger – offensichtlich als Ausdruck der bestehenden Zwangserkrankung – meint, auf ein solches angewiesen zu sein, ändert dies nichts daran, dass eine objektive Notwendigkeit nicht gegeben ist. Der Kläger ist vielmehr gehalten, die auch in dem Gutachten aufgezeigten Therapiemöglichkeiten zur Reduzierung der bestehenden Zwangssymptomatik auszuschöpfen. Bei bestehendem Krankenversicherungsschutz steht ihm das gesetzliche Gesundheitssystem zur Verfügung.
Die Kostenentscheidung folgt aus der 193 SGG.
Gründe, die Revision in dieser Einzelfallentscheidung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Erstellt am: 27.11.2018
Zuletzt verändert am: 27.11.2018