Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 04.04.2007 geändert.
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 28.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2005 verurteilt, den Klägern vom 01.07. bis 31.12.2004 Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung einer monatlichen Kaltmiete von 379,50 Euro zuzüglich 68,00 Euro Nebenkosten sowie 60,00 Euro Heizkosten unter Anrechnung der bereits gezahlten Beträge zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 85 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Übernahme höherer Unterkunftskosten vom 01.07. bis 31.12.2004 nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) für die Wohnung "B 00" in T.
Im Jahre 2002 zogen die Kläger im Gemeindegebiet des Beklagten in eine 120 m² große Wohnung unter der Adresse "H XX". Der Kläger bezieht eine Altersrente in Höhe von zirka 111,00 Euro monatlich. Über sonstige Einnahmen verfügen die Kläger nicht. Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2003 und die Klägerin seit dem 01.03.2003 Leistungen nach dem GSiG. Für die Wohnung "H XX" in T erkannte der Beklagte zuletzt monatlich 332,00 Euro als Kosten der Unterkunft und weitere 60,00 Euro als laufende Heizungskosten an. Den Klägern stand eine Zwangsräumung unmittelbar bevor. Dem Beklagten (Ordnungsamt) war die Zwangsräumung nach dem von den Klägern verlorenen Zivilprozess gegen den Vermieter der 120 m² Wohnung bekannt. Nicht ersichtlich ist, dass von dem Ordnungsamt das Sozialamt eingeschaltet wurde oder sonstige Hilfestellungen an die Kläger geleistet wurden. Die einzige aktenkundige Hilfestellung war, dass die Kläger von dem Beklagten in eine Sozialwohnung mit 18 m² in der gemeintlichen Unterkunft der Gemeinde T eingewiesen werden sollten. Diese Zwangsräumung wehrten die Kläger dadurch ab, dass sie am 20.05.2003 einen Mietvertrag für die Wohnung "B 00" abschlossen.
Laut Mietvertrag ist die Wohnung "B 00" 86 m² groß (68,9 m² Wohnfläche plus 33,53 m² Terrasse). Als Kaltmiete wurde ein Betrag von 400,00 Euro monatlich vereinbart, was einem Quadratmeterpreis von 4,65 Euro unter Zugrundelegung einer Wohnfläche von 86 m² entspricht. Außerdem wurde den Klägern ein Stellplatz für 20,00 Euro monatlich vermietet. Die Nebenkosten betrugen einschließlich Heizkosten 128,00 Euro monatlich. Die Gesamtmiete betrug somit 548,00 Euro monatlich. Nach eigenen Angaben informierte der Kläger den Beklagten bereits Anfang Mai über den geplanten Umzug. Am 06.06.2003 forderte der Beklagte den Kläger auf, einen weiteren Antrag auf Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz zu stellen. Dem kam der Kläger am 07.06.2003 nach und teilte dem Beklagten die neue Adresse mit. Er legte eine Mietbescheinigung vom 07.06.2003 und den Mietvertrag vom 20.05.2003 vor. Am 15.06.2003 erfolgte der Umzug. Mit Bescheiden vom 21.07.2003 nahm der Beklagte eine Neufestsetzung für den Monat Juni 2003 vor und bewilligte monatlich 332,00 Euro als Kosten der Unterkunft und weitere 60,00 Euro als laufende Heizungskosten nach dem GSiG für die Zeit vom 01.07.2003 bis 30.06.2004. Gegen diese Bescheide erhoben die Kläger Widerspruch und trugen vor, dass sie einen Anspruch auf die Übernahme der tatsächlich entstandenen Mietkosten in voller Höhe hätten. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhoben die Kläger gegen die genannten Bescheide Klage vor dem Verwaltungsgericht Aachen. Diese Klage nahmen die Kläger nach einer Erörterung des Sachverhalts am 27.04.2006 zurück.
Mit Bescheid vom 28.06.2004 bewilligte der Beklagte den Klägern auf deren Antrag vom 07.06.2006 Leistungen nach dem GSiG bis 31.12.2004. Dabei erkannte er für die Unterkunft einen Bedarf in Höhe von 332,00 Euro monatlich und außerdem Heizkosten in Höhe von 60,00 Euro monatlich abzüglich eines Warmwasseranteils in Höhe von 10,80 Euro an. Der Abzug für den Warmwasseranteil wurde später rückwirkend für den gesamten Bewilligungszeitraum aufgehoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück.
Zur Begründung ihrer am 07.07.2005 erhobenen Klage haben die Kläger vorgetragen, dass ihre Wohnung nicht 86 m², sondern nur 68,9 m² groß sei. Hinzu käme eine 16,8 m² große Terrasse ohne Überdachung. Bei der Zahlenangabe im Mietvertrag müsse es sich um einen "Zahlendreher" handeln. Es sei überdies nicht möglich gewesen, vor dem Umzug eine andere, preisgünstigere Wohnung zu finden. Schließlich habe der Kläger den Beklagten bereits im Mai 2003 über den geplanten Umzug informiert.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2005 zu verurteilen, die tatsächlich angefallenen Kosten für Unterkunft, Heizung und auch die angefallenen Nebenkosten in voller Höhe zu übernehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat seine Ansicht auf ein Internet-Angebot des Unternehmens C-Immobilien vom 24.04.2006, eine Mietwerttabelle für steuerbegünstige Wohungen, freifinanzierte Wohnungen und Altbauten im Gemeindegebiet T (gültig ab 01.01.1998 bis 31.12.2004) und einen internen Vermerk vom 26.04.2006 gestützt. Hierin wird allgemein erklärt, dass nach der Zugangs-/Abgangsstatistik der Gemeinde T vom 01.07.2003 bis 30.06.2004 in insgesamt 18 Fällen Personen in das Gemeindegebiet T von außerhalb zugezogen und durch das Sozialamt betreut worden seien. Hiervon habe es sich in sieben Fällen um Zwei-Personenhaushalte gehandelt. In keinem dieser Fälle sei die maßgebliche Höchstgrenze im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) überschritten worden. Der Beklagte ist aufgrund dieser Unterlagen davon ausgegangen, dass es mit einem entsprechenden zeitlichen Vorlauf und intensiven Bemühungen ohne weiteres möglich gewesen sei, auch in zurückliegender Zeit mehrere Alternativen zur Anmietung sozialhilferechtlich angemessenen Wohnraums zu finden. Er hat zudem erklärt: Sofern ihm bekannt geworden wäre, dass bei den Klägern die Notwendigkeit zum Bezug einer anderen Wohnung vorgelegen habe, wäre ihnen Hilfe bei der Wohnungssuche angeboten worden.
Mit Urteil vom 04.04.2007 hat das Sozialgericht Aachen die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Kläger keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung haben, die über die vom Beklagten in den angefochtenen Bescheiden bereits übernommenen Kosten in Höhe von 332,00 Euro monatlich für die Kaltmiete inklusive Nebenkosten und 60,00 Euro monatlich für die Heizungskosten hinausgehen. Die Unterkunftskosten der Wohnung "B 00" seien unangemessen hoch. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Nebenkosten, weil der Beklagte die Neben- und Heizungskosten bereits in voller Höhe bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt habe.
Das Urteil ist den Klägern am 23.04.2007 zugestellt worden. Sie haben hiergegen am 14.05.2007 Berufung eingelegt und begehren weiterhin die Übernahme höherer Unterkunftskosten. Mit Beschluss vom 02.12.2009 hat ihnen der Senat Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T1 beigeordnet. Der Prozessbevollmächtigte begründet die Berufung zuletzt damit, dass aufgrund der vorliegenden Krankheiten (Klägerin: Brustkrebs, Polyneuropathie, Herzerkrankung, Rückenleiden und Erkrankung der Kniegelenke; Kläger: Krebs, koronare Eingefäßerkrankung, LWS-Syndrom, arterielle Hypertonie, HWS-Syndrom sowie Impingimentsyndrom) und der naturgemäß altersbedingten Prognose ein persönlicher Bedarf an einer zusätzlichen Wohnfläche von 15 m² bestehe. In Anbetracht des Alters der Kläger und der Möglichkeit einer Pflegebedürftigkeit werde eine erhöhte Wohnfläche für eine angemessene Pflege dringend benötigt. Im Übrigen hätten die Kläger zum damaligen Zeitpunkt überhaupt nicht wissen können, welche Wohnung nach Ansicht des Beklagten angemessen sei.
Am 12.05.2010 hat die Berichterstatterin den Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum sogenannten schlüssigen Konzept hingewiesen und erbeten, Nachweise über entsprechende Wohnungsangebote für den streitigen Zeitraum vorzulegen. In der mündlichen Verhandlung hat der Senat auf die vom BSG gestellten Anforderungen hingewiesen. Der Vertreter der Beklagten hat daraufhin ausdrücklich erklärt, dass der Beklagte kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG habe. Im Bereich T sei ein derartiges Konzept nicht erforderlich. Es seien keine Fälle bekannt, in denen Betroffene mit den von dem Beklagten für angemessen gehaltenen Wohnkosten nicht auskämen. Er könne nur auf die eingereichten Unterlagen hinweisen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 04.04.2007 zu ändern und den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2005 zu verurteilen, die tatsächlich angefallenen Kosten der Unterkunft, Heizung und auch die Nebenkosten in voller Höhe zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Akte des Verwaltungsgerichts Aachen (- 6 K 3812/04 -) verwiesen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.
Die Kläger hatten im streitgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf Leistungen für ihre Unterkunft unter Berücksichtigung einer monatlichen Kaltmiete von 379,50 Euro zuzüglich 68,00 Euro Nebenkosten sowie 60,00 Euro Heizung, zusammen demnach 507,50 Euro, unter Anrechnung der bereits gewährten Beträge. Indem den Klägern in den Monaten Juli bis Dezember 2004 die Differenz zwischen diesem Betrag und den bewilligten 392,00 Euro (264,00 Euro Kaltmiete zuzüglich 68,00 Euro Nebenkosten und 60,00 Euro Heizung) vorenthalten wurde, ist die Bewilligungsentscheidung des Beklagten rechtswidrig und entsprechend zu korrigieren. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet und zurückzuweisen.
Die Kläger erfüllen die Grundvoraussetzungen gemäß § 1 Nr. 1 GSiG für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung in der bis 31.12.2004 gültigen Fassung. Hiernach erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Nach § 2 GSiG werden hiernach u. a. auch die angemessenen Kosten für die Unterkunft und Heizung erfasst. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 GSiG). Die Angemessenheitsgrenze ist dabei wie im Sozialhilferecht unter Heranziehung der Regelsatzverordnung zu ziehen. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den nach den Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Umfang überschreiten, sind sie als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigen ist, solange anzuerkennen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise seine Aufwendungen zu senken. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG (Regelsatzverordnung). Es gilt jedoch nicht bei einem Umzug aus einer anderen Wohnung. Bei einem Umzug aus einer anderen Wohnung hat der Hilfeempfänger vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch, ist der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden Aufwendungen zugestimmt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 Regelsatzverordnung).
Die gerichtlich voll überprüfbare Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung ist nach der sogenannten Produkttheorie (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R – Rdnr. 19 ff.; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – Rdnr. 20 ff. m. w. N.; Berlit, in: Münder, SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rdnr. 39; Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rdnr. 41 a ff.) in drei Schritten zu prüfen: Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen und des Wohnungsstandards wird in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist zu ermitteln, wieviel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Nach der Produkttheorie müssen nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße, Wohnungsstandard – ausgedrückt durch den Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet angemessen sein, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete – die Referenzmiete – ergibt. Nach diesen Kriterien war die von den Klägern zu zahlende Kaltmiete von 264,00 Euro monatlich nicht angemessen.
Die Bemessung der angemessenen Wohnungsgröße erfolgt, solange keine bundeseinheitliche Festsetzung auf dem Verordnungsweg gemäß § 27 SGB II geschieht (BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – Rdnr. 18), nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WofG). Aus der Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften NW zum Wohnungsbindungsgesetz ergibt sich, dass für einen Zweipersonenhaushalt die vom Beklagten zugrunde gelegte Wohnungsgröße von 60 m² angemessen ist. Bei der Wohnflächenberechnung geht die Balkon- oder Terrassenfläche gewöhnlich zu einem Viertel (nach der alten DIN 283) oder bis zur Hälfte nach der Verordnung über wohnwirtschaftliche Berechnungen (II. BV, nur für preisgebundenen Wohnraum verbindlich) in die Berechnung ein. Im Mietvertrag ist somit die Terrassenfläche auf zulässige Weise in halber Größe als Wohnfläche gerechnet worden, so dass sich für den Mietvertrag eine Quadratmeterzahl von 86 m² ergibt. Aber selbst wenn man den Balkon nur zu einem Viertel einberechnet, errechnet sich eine Wohnfläche von ca. 77 m² und somit eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche um ca. 17 m². Diese Überschreitung hätten die Kläger nur ausgleichen können, wenn ihre Mietaufwendungen die Referenzmiete nicht überschritten hätte.
Vergleichsraum für die Ermittlung des Mietpreisniveaus ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen. Ein Umzug in einen anderen Ort, der mit der Aufgabe des sozialen Umfelds verbunden wäre, kann vom Hilfsbedürftigen im Regelfall nicht verlangt werden (BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – Rdnr. 20; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – Rdnr. 21). Dabei ist zwar nicht strikt auf den kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der Gemeinde nach dem jeweiligen Landeskommunalrecht abzustellen. Vielmehr kann es insbesondere im ländlichen Raum geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleine Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – Rdnr. 21). Da es sich beim Umland des Wohnorts der Kläger zum einen nicht um ein besonders ländlich geprägtes Gebiet handelt und zum anderen die Gemeinde T mit einer Einwohnerzahl von rund 16.000 gemessen an räumlicher Nähe, Infrasstruktur und verkehrstechnischer Verbundenheit auch einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – Rdnr. 21), ist hier das Gemeindegebiet als Vergleichsmaßstab heranzuziehen.
Die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt in der Gemeinde T hat der Beklagte mit der seiner Bewilligungsentscheidung zugrunde liegenden Referenzmiete von 264,00 Euro nicht hinreichend ermittelt. Zur Feststellung der Beschaffenheit des örtlichen Mietwohnungsmarktes und zur Ermittlung einer Mietobergrenze für Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen qualifizierten oder einfachen Mietspiegel im Sinne der §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss allerdings auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben (BSG, Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – Rdnr. 16 m. w. N.). Entscheidend ist insoweit, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, welches im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß hinreichend nachvollziehbar ist. Bei der Erstellung eines solchen Konzepts ist zu beachten, dass es dem Hilfebedürftigen angesichts der danach ermittelten Referenzmiete möglich sein muss, im konkreten Vergleichs-raum eine angemessene Wohnung anzumieten. Hierzu ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung der erforderlichen Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichszeitraum erforderlich. Schlüssig ist das vom Grundsicherungsträger gewählte Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt (BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R – Rdnr. 19; Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 50/09 – Rdnr. 23, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 – Rdnr. 26):
Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung).
Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße.
Das Konzept muss Angaben über den Beobachtungszeitraum enthalten.
Es bedarf einer Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zum Beispiel Mietspiegel).
Der Umfang der einbezogenen Daten muss repräsentativ sein.
Die Validität der Datenerhebung muss sichergestellt sein.
Die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze der Datenauswertung sind einzuhalten.
Das Konzept muss Angaben über die gezogenen Schlüsse (zum Beispiel Spannoberwert und Kappungsgrenze) enthalten.
Diesen Vorgaben wird der Beklagte vorliegend nicht gerecht. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, er habe kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Grund hierfür sei, dass man im Bereich T ein derartiges nicht brauche. Es seien keine Fälle bekannt, in denen Betroffene mit den von ihm für angemessen gehaltenen Wohnkosten nicht hinkommen. Er könne daher nur auf die dem Gericht eingereichten Unterlagen hinweisen.
Diese Unterlagen (Mietwerttabelle, interner Vermerk und Internet-Angebot des Unternehmens C-Immobilien vom 24.04.2006) werden den oben genannten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept jedoch nicht ansatzweise gerecht.
Die Vorgehensweise des Beklagten ist bereits deshalb unschlüssig, weil bei der Ermittlung der Differenzmiete bereits keine Differenzierung nach Wohnungsgrößen vorgenommen wurde. Damit berücksichtigt der Beklagte nicht den zwischen den durchschnittlichen Kaltmiete-Quadratmeterpreisen je nach Wohnungsgröße bestehenden Unterschied. Auch der interne Vermerk der Beklagten, der die Zugänge im Zeitraum 01.07.2003 bis 30.06.2004 beschreibt, hilft hier nicht weiter, da dieser aufgrund des Persönlichkeitsschutzes nur allgemein die Zahl benennt, ohne dass diese für einen Dritten nachvollziehbar bzw. überprüfbar ist. Für den Senat ist auch nicht erkennbar, inwieweit ein Internet-Angebot eines Unternehmens vom 24.04.2006 hier eine geeignete Grundlage für ein schlüssiges Konzept im streitigen Zeitraum Juli bis Dezember 2004 bilden kann. Da die Vorgehensweise des Beklagten mithin bereits auf ungeeigneten Grundlagen beruht, erübrigt sich eine weitere Überprüfung der Repräsentativität und der Validität der einbezogenen Daten. Bei einer etwaigen Erarbeitung eines Konzept wird der Beklagte allerdings darauf zu achten haben, die von ihm aus künftigen Datenerhebungen gezogenen Schlussfolgerungen nachvollziehbar zu dokumentieren. Offenkundig mangelt es hieran bislang.
Es ist im Wesentlichen Sache der Grundsicherungträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln sowie auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind grundsätzlich schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Liegt der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze des Grundsicherungsträgers ein schlüssiges Konzept – wie hier – nicht zu Grunde, geht die Ermittlungspflicht nicht ohne Weiteres auf das Gericht über. Vielmehr ist der Beklagte im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht gemäß § 103 Satz 1 SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und eine unterbliebene oder unzureichende Datenerhebung und -aufbereitung ggf. nachzuholen (BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R – Rdnr. 26).
Der Senat hat hier auch durch Ermittlung bei dem Beklagten den Versuch unternommen, die erforderlichen Daten zu erlangen. Der Beklagtenvertreter hat jedoch ausdrücklich im Termin bestätigt, dass der Beklagte kein schlüssiges Konzept hat. Der Senat erachtet es aufgrund des Zeitablaufs allerdings mit den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nicht mehr für möglich, die angemessene Kaltmiete am Wohnort der Kläger in T für die Monate Juli bis Dezember 2004 zu ermitteln. In einem solchen Fall sind grundsätzlich die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen.
Es existiert jedoch auch dann eine absolute Obergrenze der Angemessenheit, die durch die einschlägigen Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) markiert wird. Da insoweit eine abstrakte, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist auf den jeweiligen Höchstwert der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen. Ferner ist im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraums ein Sicherheitszuschlag zum einschlägigen Tabellenwert vorzunehmen (BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 50/09 R – Rdnr. 27; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – Rdnr. 23). Der Senat sieht hiebei einen Zuschlag von zehn Prozent als angemessen an.
Die Gemeinde T war im streitgegenständlichen Zeitraum der Mietenstufe 2 nach dem WoGG zugeordnet (§ 1 Abs. 4 Wohngeldverordnung in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung). Für die Ermittlung der absoluten Mietobergrenze ist der dieser Mietenstufe für einen Zweipersonenhaushalt gemäß § 8 Abs. 1 WoGG (in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung) zugeordnete Tabellenwert von 345,00 Euro heranzuziehen. Dieser ist um einen Sicherheitszuschlag von 10 Prozent zu erhöhen. Hieraus folgt eine berücksichtigungsfähige Referenzmiete von 379,50 Euro. Dieser sind die Nebenkosten in Höhe von 68,00 Euro sowie die Heizkosten in Höhe von 60,00 Euro hinzurechnen.
Soweit die Kläger darüber hinaus insgesamt einen Betrag von 400,00 Euro Kaltmiete monatlich, nämlich die Übernahme ihrer tatsächlichen Wohnkosten in voller Höhe, begehren, ist die Berufung unbegründet und daher abzuweisen. Denn insoweit überschritten ihre Unterkunftskosten auch die absolute Angemessenheitsgrenze, das heißt den maßvoll erhöhten Tabellenwert nach dem WoGG. Ein besonderer, darüber hinausgehender Wohnbedarf der Kläger infolge der bei diesen vorliegenden Erkrankungen ist für den Senat nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Kläger nicht auf bestimmte Hilfsmittel angewiesen. Die (zu große) Wohnung ist auch nicht auf die spezielle gesundheitliche Situation der Kläger zugeschnitten. Derartige Umstände sind nach dem Vortrag der Kläger im konkreten Fall nicht vorhanden. Aber auch der Vortrag der Kläger dahingehend, dass in Zukunft möglicherweise eine Pflegebedürftigkeit eintreten und dann mehr Wohnraum erforderlich sein werde, ist für den streitigen Zeitraum nicht überzeugend. Der zukünftige Eintritt einer Pflegebedürftigkeit der Kläger ist nämlich ungewiss.
Es ergibt sich auch kein Anspruch der Kläger auf Übernahme der nicht angemessenen Unterkunftskosten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 der Regelsatzverordnung. Der Beklagte hat dem Umzug der Kläger nicht zuvor zugestimmt. Darüber hinaus bestand auch keine Verpflichtung des Beklagten, eine Zustimmung für die Übernahme der nicht angemessenen Aufwendungen zu erteilen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 6 der Regelsatzverordnung soll eine Zustimmung erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann; hieran mangelt es. Nach der Überzeugung des Senats können die Kläger insbesondere nicht geltend machen, günstigerer Wohnraum habe nicht zur Verfügung gestanden, da sie entsprechende Bemühungen nicht ausreichend dargelegt bzw. nachgewiesen haben. Die Kläger hatten daher nur Anspruch auf Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten (§ 3 Abs. 1 GSiG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem überwiegenden Obsiegen der Kläger Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 07.07.2010
Zuletzt verändert am: 07.07.2010