Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 11.10.2012 wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich gegen die Anrechnung des für den Kläger zu 3) gezahlten Kindergeldes auf den Bedarf des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) in der Zeit vom 01.12.2011 bis zum 30.04.2012.
Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern des am 00.00.1994 geborenen Klägers zu 3). Die Kläger wohnen gemeinsam in einem Haushalt. Der Kläger zu 3) bezog im o.a. Zeitraum Erwerbseinkommen (Ausbildungsvergütung), das nach den Berechnungen des Beklagten und des Sozialgerichts den Bedarf des Klägers zu 3) bis auf einen Restbetrag von 9, 13 EUR monatlich deckte. Für den Kläger zu 3) wurde zudem Kindergeld gezahlt, das vom Beklagten in Höhe von 9,13 EUR auf den Bedarf des Klägers zu 3) angerechnet wurde, so dass dieser keinen Leistungsanspruch hatte. Im Übrigen rechnete der Beklagte das Kindergeld anteilig auf den Bedarf des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) an (Bescheide vom 15.11.2011 und 26.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2012).
Mit Urteil vom 11.10.2012 hat das Sozialgericht die wegen der Anrechnung des Kindergeldes auf den Bedarf des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) erhobene Klage abgewiesen, ohne die Berufung zuzulassen. Die Anrechnung des den Restbedarf des Klägers zu 3) übersteigenden Kindergeldanspruchs sei – auch unter Berücksichtigung der der Rechtsprechung des BSG (Urteile des BSG vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R, 13.05.2009 – B 4 AS 39/08 R und 07.07.2011 – B 14 KG 2/09 R) – zu Recht erfolgt. Das Kindergeld sei gem. § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II nur insoweit als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen, als es bei dem Kind zur Deckung des Lebensunterhalts benötigt wird. Im Übrigen sei es Einkommen der Eltern. In voller Höhe sei es als Einkommen des Kindes gem. § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg-II V nur zu berücksichtigen, soweit es an Kinder weitergereicht werde, die nicht im Haushalt der Eltern wohnen. Dies sei beim Kläger zu 3) jedoch nicht der Fall.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in der am 29.10.2012 zugestellten Entscheidung richtet sich die am 20.11.2012 erhobene Beschwerde des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2). Wenn die Berufung zulassungsbedürftig sei, was wegen der Beschränkung des Bewilligungszeitraums auf fünf anstelle der gesetzlich vorgesehen sechs Monate fraglich sei, sei sie zuzulassen. Die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Das Urteil des Sozialgerichts verkenne die Neuregelung von § 1612 b BGB ab 01.01.2008. Hiernach sei Kindergeld allein zur Bedarfsdeckung des Kindes bestimmt. Faktisch führe die Anrechnung des Kindergeldes auf den Bedarf der Eltern zu einer Unterhaltszahlung des Kindes zugunsten der Eltern.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig (§ 145 SGG). Die Berufung ist gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt – wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat – bei 724,35 (Anrechnungsbetrag i.H.v. 144,87 EUR – 5 Monate = 724,35) und übersteigt 750 EUR damit nicht. Die Beschränkung des Bewilligungszeitraums auf fünf Monate und damit des Streitwerts des Verfahrens berührt die Zulassungsbedürftigkeit der Berufung nicht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 144 RdNr. 15a), zumal Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte willkürlich im Hinblick auf eine Beschränkung der Anfechtbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidung den Bewilligungszeitraum nicht auf den vom Gesetz als Regelfall vorgesehenen Zeitraum von sechs Monaten (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) festgelegt hat, nicht ersichtlich sind (zur Unbeachtlichkeit willkürlicher Manipulationen des Streitwerts im Hinblick auf die Erreichung des Berufungsstreitwertes näher Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 144 RdNr. 14a, 18a, 19).
Die Beschwerde ist unbegründet. Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Rechtsfrage, ob Kindergeld, das für die Deckung des Bedarfs eines mit seinen Eltern in einem Haushalt lebenden Kindes nicht benötigt wird, auf den Bedarf der Eltern angerechnet wird, ist geklärt.
Gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als bedarfsminderndes Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Hierzu gehört grundsätzlich auch das Kindergeld, das gem. § 1 Abs. 1 BKGG ein eigener Anspruch der kindergeldberechtigten Person ist.
Abweichend von der kindergeldrechtlichen Zurechnung bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 4, Satz 3 SGB II, das für die Bestimmung des zu berücksichtigenden Einkommens nach dem SGB II das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Das Kindergeld soll damit vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Es nimmt insoweit nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II teil. Verfügt das Kind indes über hinreichendes Einkommen, um seinen Bedarf nach dem SGB II zu decken, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus. Der nicht zur Bedarfsdeckung des Kindes benötigte Teil des Kindergeldes wird sodann dem Kindergeldberechtigten entsprechend den Regeln des BKGG zugerechnet und als dessen Einkommen nach den Regeln des SGB II verteilt (ständige Rechtsprechung des BSG, vergl. Urteil vom 18.06.2008, B 14 AS 55/07 R; Urteil vom 13.05.2009, B 4 AS 39/08 R; Urteil 07.07.2011 – B 14 KG 2/09 R).
Die Streitsache erhält mit der Neuregelung von § 1612 b Abs. 1 BGB ab 01.01.2008 durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl. I, 3189) keine grundsätzliche Bedeutung.
§ 1612 b Abs. 1 BGB in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung bestimmt, dass das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden ist und zwar zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, in allen anderen Fällen in voller Höhe. Diese Regelung beinhaltet gegenüber der Vorgängernorm eine Neukonzipierung der Berücksichtigung von Kindergeld im Unterhaltsrecht. Während bis zum Inkrafttreten der Neuregelung das Kindergeld auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes angerechnet wurde, erfolgt seit dem 01.01.2008 eine Berücksichtigung des Kindergeldes bereits bei der Bestimmung des Bedarfs des Kindes. Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber ausdrücklich eine Harmonisierung der unterhaltsrechtlichen und der sozialrechtlichen Rechtslage durch Anpassung des Unterhaltsrechts an die sozialrechtliche Rechtslage erreichen (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Unterhaltsrechts, BT-Drucks. 16/1830 S. 29). Damit besteht gerade kein Widerspruch zwischen der zivilrechtlichen und der sozialrechtlichen Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen. Sowohl § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II als auch nunmehr § 1612 b BGB ordnen – abweichend von der grundsätzlichen kindergeldrechtlichen Zuordnung – jeweils an, dass das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung des sozialrechtlichen bzw. unterhaltsrechtlichen Bedarfs des Kindes zu verwenden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 15.05.2013
Zuletzt verändert am: 15.05.2013