Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 15.06.2012 aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig verworfen. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen ausgebliebener Ratenzahlungen sowie gegen die angeordnete Kostenbeteiligung und Höhe der monatlichen Raten.
Mit Beschluss vom 08.09.2011 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin für das seinerzeit anhängig gewesene, mittlerweile beendete Klageverfahren ab dem 03.03.2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten. Als Kostenbeteiligung der Klägerin setzte das Gericht acht monatliche Raten i.H.v. 95,00 EUR, erstmals zu zahlen für den Monat Oktober 2011 und fällig jeweils am 01. des Folgemonats, fest. Im Rahmen der Berechnung der monatlichen Raten legte die Kammer ein monatliches Nettoarbeitseinkommen der Klägerin i.H.v. monatlich 858,50 EUR abzüglich einer Arbeitsmittelpauschale i.H.v. 5,20 EUR, einer Pauschale für Erwerbstätige i.H.v. 182,00 EUR sowie eines Grundfreibetrags i.H.v. 400,00 EUR, insgesamt also 271,30 EUR, zugrunde.
Nachdem die Klägerin in der Folgezeit ihrer Ratenzahlungspflicht nicht nachgekommen war, hörte der Kammervorsitzende die Klägerin mit Schreiben vom 04.05.2013 zu der beabsichtigten Aufhebung des Prozesskostenhilfebeschlusses an und gab ihr Gelegenheit, binnen vier Wochen zu den Gründen der unterbliebenen Ratenzahlung Stellung zu nehmen. Eine Reaktion der Klägerin auf das Anschreiben erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 15.06.2012 hat das Sozialgericht den Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 08.09.2011 aufgehoben. In den Gründen hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bewilligungsbeschlusses seien gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 124 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) erfüllt. Die Klägerin befinde sich länger als drei Monate mit der Zahlung der festgesetzten Raten im Rückstand. Auch sei davon auszugehen, dass sie ihrer Ratenzahlungspflicht schuldhaft nicht nachgekommen sei. Sie habe bisher nicht schlüssig dargelegt, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zur Zahlung von Raten in der Lage zu sein.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 22.06.2012 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 20.07.2012 Beschwerde erhoben und geltend gemacht, ihr sei Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen zu gewähren. Zu Unrecht habe das Sozialgericht eine Kostenbeteiligung von Raten à 95,00 EUR angeordnet. Insofern sei unberücksichtigt geblieben, dass sie noch in der Haushaltsgemeinschaft ihrer Familie wohne, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehe. Folglich werde ihr Einkommen teilweise als Unterhaltszahlung der Bedarfsgemeinschaft angerechnet. Darüber hinaus sei der von ihr zu leistende Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 115 Abs., 1 S. 3 Nr. 3 und 4 ZPO von dem in Ansatz gebrachten Nettoeinkommen in Abzug zu bringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zulässig und begründet (dazu unter 1.). Soweit sich die Beschwerde darüber hinaus gegen die Kostenbeteiligung in Form von Raten und deren Höhe richtet, ist sie bereits unzulässig (dazu unter 2.).
(1.) Die Beschwerde gegen die Aufhebung der mit Beschluss des Sozialgerichts vom 15.06.2012 erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß §§ 172, 173 SGG zulässig, insbesondere statthaft. Zwar ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 ZPO wird von dieser Vorschrift jedoch nicht erfasst. Schon der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG, der nur die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, nicht jedoch die Aufhebung, also die nachträgliche Rücknahme einer bereits erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung, erwähnt, steht einer solchen Auslegung entgegen. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift ist weder nach Sinn und Zweck geboten, noch lässt sich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/7716, S. 22) ein entsprechender Wille des Gesetzgebers entnehmen (LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2011 – L 20 AY 8/11 B m.w.N.). Ebenso wenig kommt eine analoge Anwendung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG wenn nicht schon aufgrund einer fehlenden Regelungslücke, so jedoch zumindest mangels einer vergleichbaren Interessenlage in Betracht (vgl. u.a. LSG NRW, Beschluss vom 03.12.2012 – L 6 AS 1448/12 B sowie vom 27.08.2008 – L 19 B 23/08 AL; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.05.2012 – L 11 AS 296/12 B); denn die Aufhebungsentscheidung nach § 124 ZPO hängt – abweichend von der Entscheidung über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG – gerade nicht allein von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen, sondern von weiteren, in § 124 Nr. 1 bis 4 ZPO genannten Voraussetzungen ab (vgl. u.a. LSG NRW, Beschluss vom 03.12.2012 – L 6 AS 1448/12 B).
Die diesbezügliche Beschwerde der Klägerin ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der mit Beschluss des Sozialgerichts vom 08.09.2011 erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe des § 202 SGG i.V.m. § 124 Nr. 4 ZPO sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn der Beteiligte länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand ist.
Zwar befand sich die Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts (am 15.06.2012) bereits seit dem 01.11.2011 und daher mit (weitaus) mehr als drei Monatsraten im Rückstand. Ein Zahlungsrückstand im Sinne des § 124 Nr. 4 ZPO kann jedoch nur dann zur Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe führen, wenn er von dem Betroffenen zu vertreten ist, also schuldhaft herbeigeführt wurde (vgl. hierzu u.a. BGH, Beschluss vom 09.01.1997 – IX ZR 61/94 m.w.N., LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2011 – L 20 AY 8/11 B; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.07.2011 – L 9 AL 60/10 B PKH; Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 73a Rn. 13 h; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Auflage 2012, Rn. 850 m.w.N.). An einem solchen Verschulden fehlt es nicht nur dann, wenn die unterbliebene Ratenzahlung auf einer (ungünstigen) Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse beruht (vgl. hierzu u.a. LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2011 – L 20 AY 8/11 B). Von einem unverschuldeten Zahlungsrückstand ist vielmehr auch dann auszugehen, wenn der Betroffene von vornherein, also schon im Zeitpunkt der Entscheidung über die (gegen Ratenzahlung erfolgte) Bewilligung von Prozesskostenhilfe, nicht in dem vom Gericht angenommen Umfang leistungsfähig war; denn das Gericht ist bei der Prüfung, ob die unterbliebene Ratenzahlung im Sinne des § 124 Nr. 4 ZPO auf einem Verschulden des Berechtigten beruht, nicht an die Feststellungen und Bewertungen im Rahmen des ursprünglichen Bewilligungsbeschlusses gebunden (BGH, a.a.O.; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/ Dürbeck, a.a.O.).
Der Umstand, dass die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Zwar umfasst der Beschwerdeausschluss auch den Fall, dass das Sozialgericht Prozesskostenhilfe nicht in vollem Umfang abgelehnt, sondern – wie hier mit Beschluss vom 08.09.2011 – unter Anordnung von Raten bewilligt hat; denn in der Festsetzung von Raten liegt eine Teilablehnung, die allein aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers erfolgt (vgl. insoweit Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 172 Rn. 6h m.w.N.). Der Ausschluss einer Beschwerde gegen die Ratenfestsetzung wird jedoch insbesondere nicht dadurch umgangen, dass der Betroffene seiner Ratenzahlungspflicht bei überhöht festgesetzten Raten nicht nachkommt, auf diese Weise die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 4 ZPO herbeiführt und in dem gegen die Aufhebung gerichteten Beschwerdeverfahren eine Neufestsetzung oder Beseitigung der Ratenzahlung begehrt wird; dies schon deshalb, weil die Festsetzung der Raten nicht Gegenstand des Aufhebungsbeschlusses, sondern des ursprünglichen Bewilligungsbeschlusses ist (so auch BayLSG, Beschluss vom 06.12.2012 – L 7 AS 791/12 B). Wird der Beschluss über die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe also mangels schuldhaft herbeigeführten Zahlungsrückstand aufgehoben, weil die Voraussetzungen des § 124 Nr. 4 ZPO nicht erfüllt sind, so bleibt es dennoch bei der in dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid erfolgten, nicht mittels einer Beschwerde angreifbaren Festsetzung von Raten sowie deren Höhe, die im Übrigen auch eingezogen werden können (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a.a.O). Ob insofern eine Abänderung der Ratenhöhe gemäß § 120 Abs. 4 ZPO oder sogar von Amts wegen in Betracht kommt, kann offen bleiben; denn diese Entscheidung obliegt gegebenenfalls dem Sozialgericht.
Ist ein Zahlungsrückstand somit auch dann unverschuldet, wenn der Betroffene von vornherein (teilweise) leistungsunfähig war, so fehlt es vorliegend an einem – zur Aufhebung des Bewilligungsbeschlusses vom 08.09.2011 berechtigenden – Verschulden der Klägerin im Sinne des § 124 Nr. ZPO; denn die Klägerin war schon im Zeitpunkt der ursprünglichen Entscheidung des Sozialgerichts über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wirtschaftlich jedenfalls nicht in der Lage, die monatlichen Raten in der festgesetzten Höhe zu tragen.
Im Rahmen der Berechnung der monatlichen Raten waren von dem durchschnittlichen Nettoarbeitseinkommen der Klägerin i.H.v. 858,50 EUR nicht nur die vom Sozialgericht berücksichtigten Beträge i.H.v. 5,20 EUR (= Arbeitsmittelpauschale gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 ZPO, § 82 Abs. 1 S. 1a SGB XII Nr. 1 bis 4), 182,00 EUR (= Pauschale für Erwerbstätige im Sinne des § 115 Abs. 1b S. 3 Nr. 1 ZPO, § 82 Abs. 1 1b SGB XII) und 400,00 EUR (= Grundfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO) in Abzug zu bringen. Vielmehr reduzierte sich ihr einzusetzendes Einkommen darüber hinaus zumindest um den von ihr zu leistenden Mietanteil (inklusive Heizkosten) i.H.v. 139,05 EUR (vgl. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO und den Bescheid über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG für die übrigen Familienmitglieder für den Monat Mai 2011) sowie möglicherweise – als besondere Belastung im Sinne des § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO – einen Unterhaltsbetrag i.H.v. 35,87 EUR, der im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem AsylbLG als Einkommen des Vaters der Klägerin anspruchsmindernd berücksichtigt wurde (vgl. den Bescheid über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG für die übrigen Familienmitglieder für Mai 2011). Ausgehend von einem einzusetzenden Einkommen i.H.v. 132,25 EUR bzw. 96,38 EUR waren der Klägerin daher nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO lediglich monatliche Raten i.H.v. 30,00 EUR abzuverlangen.
(2.) Unzulässig ist die Beschwerde hingegen, soweit die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Kostenbeteiligung bzw. zumindest in geringerer Höhe begehrt.
Da lediglich der ursprüngliche Beschluss des Sozialgerichts vom 08.09.2011 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, nicht hingegen der Aufhebungsbeschluss vom 15.06.2012 eine Entscheidung über die Festsetzung von Raten enthält (s.o.), wurde die – erst am 20.07.2012 erhobene – Beschwerde nicht innerhalb eines Monats erhoben und ist daher gemäß § 173 S. 1 SGG verfristet.
Im Übrigen ist die Beschwerde insoweit auch unstatthaft; denn der in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG vorgesehene Ausschluss der Beschwerde, sofern das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse für die Prozesskostenhilfe verneint, umfasst auch den Fall, dass das Sozialgericht – wie hier in dem Beschluss vom 08.09.2011 – Prozesskostenhilfe nicht in vollem Umfang abgelehnt, sondern unter Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt hat (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.04.2013
Zuletzt verändert am: 10.04.2013