Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.08.2012 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Klägerin, die kosovarische Staatsangehörige ist, reiste erstmals im Januar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein, die sie auf Verlangen der Ausländerbehörde wieder verließ. Nachdem ihr aufgrund der Geburt ihres Sohnes, dessen Vater in Deutschland lebte, am 23.08.2010 ein Visum ausgestellt worden war, kehrte sie am 19.12.2010 nach Deutschland zurück und beantragte am 20.12.2010 eine Aufenthaltserlaubnis, welche am 03.01.2011 erteilt wurde.
Mit Bescheid vom 02.02.2011 bewilligte der Beklagte Elterngeld ab dem 23.01.2011 (Beginn des 6. Lebensmonats des Kindes), lehnte aber im Hinblick auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Aufenthaltserlaubnis eine frühere Leistungsgewährung ab. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie Elterngeld schon ab dem 20.12.2010, hilfsweise ab dem 03.01.2011 begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 31.03.2011).
Die hiergegen erhobene Klage auf Gewährung von weiterem Elterngeld in Höhe von 300,- EUR für den 5. Lebensmonat des Kindes hat das Sozialgericht nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 13.08.2012 abgewiesen, weil Elterngeld im jeweiligen Lebensmonat des Kindes nur demjenigen Ausländer zustehe, der am 1. Tag dieses Monats über den erforderlichen Aufenthaltstitel verfüge, was bei der Klägerin bezüglich des streitigen 5. Lebensmonats nicht der Fall gewesen sei. Die Berufung hat das Sozialgericht nicht zugelassen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.08.2012 bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR nicht übersteigt und Leistungen für lediglich einen Monat im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Mit dem angefochtenen Urteil hat das Sozialgericht lediglich über den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung weiterer 300,- EUR Elterngeld für einen Lebensmonat entschieden.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil ein Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Keiner dieser Zulassungsgründe, die enumerativ sind, ist gegeben.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 4. Aufl., § 144 S. 17 m.w.N.). Ein Individualinteresse genügt dagegen nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 Rn. 28 f. mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt insbesondere dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und / oder wenn sie sich ohne weiteres aus den Rechtsvorschriften und / oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG, Beschl. v. 15.08.2012 – B 6 Ka 97/11 b = juris Rn. 12 m.w.N. zur gleichlautenden Bestimmung des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Nach diesen Grundsätzen fehlt vorliegend die Klärungsbedürftigkeit der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob für den Anspruch auf Elterngeld einer nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländerin ausreichend ist, dass sie die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 1 Abs. 7 BEEG erfüllt. Das BSG hat wiederholt entschieden, dass der zum Bezug von Elterngeld wie zuvor des Erziehungsgeldes erforderliche Aufenthaltstitel tatsächlich erteilt sein muss und es für den Anspruch auf diese Leistungen nicht ausreichend ist, dass die Voraussetzungen für den erforderlichen Aufenthaltstitel vom Leistungsbegehrenden lediglich rechtlich erfüllt werden (BSG, Urt. vom 30.09.2010 – B 10 EG 7/09 R = juris Rn. 31; BSG SozR 3 – 7833 § 1 Nr. 12 S. 54). Das BSG hat das Ergebnis als verfassungsrechtlich unbedenklich und als mit der Rechtsprechung des BVerfG im Einklang angesehen (BSG, Urt. v. 30.09.2010 a.a.O. Rn. 34).
Gegenteiliges folgt auch nicht aus den Entscheidungen des BVerfG (Beschl. v. 06.07.2004 – 1 BvR 2515/95 – und Beschl. v. 10.07.2012 – 1 BvL 2, 3, 4/10 und 3/11 – beide unter juris) hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG in der Fassung des FKPG vom 23.06.1993 (BGBl. I, 944) und des § 1 Abs. 6 Nr. 3 b BErzGG i.d.F. v. 13.12.2006 (BGBl. I, 2915) sowie des § 1 Abs. 7 Nr. 3 b BEEG i.d.F. v. 05.12.2006 (BGBl. I, 2748). Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das BVerfG dem Gesetzgeber nicht vorgegeben, die Gewährung des Erziehungs- bzw. Elterngeldes an nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer allein von der Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland abhängig zu machen. Es hat es vielmehr als legitimes gesetzgeberisches Ziel angesehen, diese Leistungen nur denjenigen Ausländern zu Gute kommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben (BVerfG, Beschl. v. 06.07.2004 a.a.O. Rn. 32; Beschl. v. 10.07.2012 a.a.O. Rn. 42; BVerfG, Beschl. v. 04.12.2012 – 1 BvL 4/12 – unter B II. 1.). Das Visum ist jedoch ein Aufenthaltstitel, der grundsätzlich nicht zum dauerhaften Aufenthalt berechtigt (§ 6 AufenthG). Allein die erlaubte Einreise aufgrund des erteilten Visums verpflichtet den Gesetzgeber daher nicht, schon vom ersten Tag des Aufenthalts den Ausländer mit gültigem Visum in den Genuss von Elterngeldleistungen kommen zu lassen.
Jedenfalls aus Gründen der verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.07.2004 a.a.O. Rn. 40) ist die hierin liegende Schlechterstellung der Ausländer, die lediglich über ein Visum verfügen, hinzunehmen. Die mit dieser Typisierung verbundene Belastung wiegt nämlich nicht besonders schwer und wäre nur unter Schwierigkeiten vermeidbar. Der aufgrund eines Visums zwecks Familiennachzugs in die Bundesrepublik Deutschland einreisende Ausländer kann – wie auch die Klägerin – regelmäßig nämlich nur Anspruch auf Elterngeld im Mindestumfang von 300,- EUR monatlich haben. Werden – wie im Falle der Klägerin – die Voraussetzungen eines Aufenthaltstitels nach § 27 AufenthG schon bei der Einreise nach Deutschland erfüllt, kann regelmäßig damit gerechnet werden – wie es auch hier der Fall gewesen ist -, dass zeitnah der entsprechende Aufenthaltstitel erteilt wird. Danach entfällt aber lediglich ein Anspruch auf 300,- EUR, maximal 600,- EUR für ein oder zwei Lebensmonate des Kindes, der nicht geeignet ist, die Lebensumstände und die Entscheidung zwischen Erwerbstätigkeit und Erziehungsleistungen wesentlich zu beeinflussen. Demgegenüber müsste die für das Elterngeld zuständige Behörde, ließe man allein die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für einen entsprechenden Aufenthaltstitel für den Bezug von Elterngeld ausreichen, jeweils in eine selbständige Prüfung eintreten, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels durch die Ausländerbehörde vorliegen, was einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand bedeutete (vgl. BSG, Urt. v. 03.12.2009 – B 10 EG 6/08 R = juris Rn. 59).
Da sich das angefochtene Urteil des Sozialgerichts im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung gehalten hat, liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor.
Verfahrensmängel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat die Klägerin nicht gerügt und solche sind auch nicht erkennbar.
Die Beschwerde ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Sozialgerichts vom 13.08.2012 rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Die Beschwerde hat nach den vorstehenden Ausführungen daher auch keine Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, §114 ZPO geboten, sodass Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 28.03.2013
Zuletzt verändert am: 28.03.2013