Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Honorarkürzungen für die Quartale I/2000 bis IV/2000 in Höhe von 2348,09 Euro vor dem Hintergrund der Überschreitung einzelner Gebührenziffern des BEMA-Z.
Der Kläger ist zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den streitigen Quartalen wichen seine Gesamtfallwerte von denjenigen der günstigsten Vergleichsgruppe B 2 um 17,36 % (Quartal I/00), 9,78 % (Quartal II/00), 9,50 % (Quartal III/00) und 6,95 % (Quartal IV/00) ab. Die Einzelpositionen 28 (Extirpation der vitalen Pulpa), 31 (Trepanation eines pulpatoten Zahnes), 32 (Aufbereitung des Wurzelkanalsystemes) und 35 (Wurzelkanalfüllung einschließlich eines evtl. provisorischen Verschlusses) überschritten die Werte der Vergleichsgruppe B 2 jeweils über 100 %. Mit Beschluss vom 28.04.2003 verfügte der Prüfungsausschuss auf Prüfanträge der Beigeladenen zu 1) bis 7) für die streitigen Quartale Honorarkürzungen in Höhe von 3165 Punkten. Die Kürzungen bezogen sich auf die genannten Einzelpositionen.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, es seien pauschal ausschließlich zahnrettende Leistungen gekürzt worden. Alle von ihm geretteten Zähne seien erhaltungswürdig gewesen. Falls der Beklagte seinen Fallwert mit den Überschreitungen bei Extraktionen und prothetischem Ersetzen der extrahierten Zähne im Bereich Nordrhein vergleiche, müsse er feststellen, dass nicht er unwirtschaftlich arbeite, sondern die Mehrheit der Zahnärzte nicht den ehrlichen Weg des Rettens eines Zahnes beschritten, sondern den lukrativen Weg des Massenextraktionismus. Die geretteten Zähne seien als kompensatorische Einsparung in den Extraktionspositionen zu erkennen.
Mit Beschluss vom 13.08.2003 änderte der Beklagte den Beschluss des Prüfungsausschusses ab und reduzierte die Kürzung auf 2899 Punkte. Augenfällig sei zunächst, dass der Anteil der Zahnersatzleistungen im Abrechnungsvolumen lediglich um 0,18 vermindert sei. Dies sei bei der Argumentation des Klägers betreffend die Zahnerhaltung und die Vermeidung von Zahnersatz nicht zwingend zu erwarten gewesen. Bei der Zusammenschau der Volumina habe der Beklagte festgestellt, dass die Abrechnungswerte des Klägers mit den durchschnittlichen Abrechnungswerten der nordrheinischen Zahnärzte so gut wie identisch seien. Von daher seien auch keine Praxisbesonderheiten anzunehmen oder Bereinigungen vorzunehmen. Aufgrund des Überschreitungswertes in den Einzelpositionen um mehr als 100 % könne zunächst ein unwirtschaftliches Behandlungsverhalten bzgl. der streitigen Einzelgebührenpositionen vermutet werden. Diese Vermutung könne nicht entkräftet werden. Die schriftliche Argumentation des Klägers im Hinblick auf seinen Behandlungsschwerpunkt im Bereich der Endodontie vermöge die Überschreitungen in den einzelnen Positionen nicht verständlich oder nachvollziehbar im Lichte der Wirtschaftlichkeit zu erklären. Eine Besprechung der einzelnen Fälle sei mit dem Kläger nicht möglich gewesen, da er zur Sitzung des Beklagten nicht erschienen sei. Im Ergebnis seien Kürzungen auf den Vergleichsgruppenwert B 2 plus 100 % in den genannten BEMA-Z Positionen erfolgt. Dabei sei ein nicht quantifizierbarer erhöhter Behandlungsbedarf mit reflektiert worden.
Hiergegen richtete sich die am 19.12.2003 erhobene Klage. Der Kläger wandte sich gegen die massiven Regresse wegen statistischer Überschreitungen bei den an erhaltungswürdigen Zähnen erbrachten zahnerhaltenden Leistungen, da das Entfernen eines Zahnes ohne ärztliche Indikation eine straf- und zivilrechtliche Körperverletzung darstelle und durch deren Behebung mit Zahnersatz den Krankenkassen und den Versicherten einen Schaden in Millionenhöhe entstehe. Zudem sei er vor den Kürzungen nicht beraten worden.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Zurückweisung des Beschlusses des Beklagten vom 13.08.2003 und die Rückerstattung des Betrages in Höhe von 2899 Punkten (2348,09 Euro). Der Beklagte solle auch die Kosten des vorliegenden Verfahrens tragen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 8) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte und die Beigeladenen halten den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.11.2005 abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten sei nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei sei eine statistische Vergleichsprüfung nach arithmetischen Durchschnittswerten vorgenommen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung einzelner Leistungspositionen als zulässig anzusehen. Nicht zu beanstanden sei auch, dass der Beklagte unter Dokumentation der Gesamtfallwerte das offensichtliche Missverhältnis bei den geprüften Positionen bei einer Überschreitung um plus 100 % festgesetzt habe. Bei einer im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt mehr als doppelt so hohen Abrechnungshäufigkeit sei die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis überschritten. Dagegen könne auch nicht der Grundsatz der Therapiefreiheit angeführt werden. Mit der zutreffenden Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses sei nach den Regeln des Anscheinsbeweises der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit erbracht, den der Kläger nicht hinreichend widerlegt habe. Er habe weder substantiiert echte Praxisbesonderheiten noch kompensatorische Einsparungen in anderen Leistungsbereichen vorgetragen. Hinsichtlich der kompensatorischen Einsparungen weise der Kläger zwar auf seine endodontische, zahnerhaltene Ausrichtung seiner Praxistätigkeit und die Strafbarkeit von zahnmedizinisch nicht indizierten Extraktionen hin, die Auswertung der Häufigkeitstabellen für die geprüften Quartale zeige jedoch, dass sich die Abrechnungsfrequenzen des Klägers bei den Extraktionen nicht durchgreifend von denjenigen der Vergleichsgruppe B 2 unterschieden. Zum anderen unterschreite der Kläger bei dem von ihm als kostentreibend angesehenen Zahnersatz nach Extraktion den Durchschnitt der Fachgruppe nur unwesentlich, denn sein prozentualer Anteil am Abrechnungsvolumen liege nur um 1,41 % unter demjenigen aller nordrheinischen Vertragszahnärzte. Um die vermutete Unwirtschaftlichkeit zu widerlegen, wäre es Obliegenheit des Klägers gewesen, schlüssig darzulegen, aus welchen Gründen er bei den streitigen BEMA Positionen den Vergleichsgruppendurchschnitt um mehr als das Doppelte überschritten habe und sich dies gleichwohl als wirtschaftlich darstellen solle. Unzutreffend sei auch die Annahme des Klägers, der Beklagte habe Wortbruch begangen, da er, nach einer Ruhephase für die Quartale I bis IV/98, nunmehr erneut Prüfungsmaßnahmen durchgeführt habe, obwohl der Kläger sich an seine Zusage, keine Pulpabehandlungen mehr in unmittelbarer Verbindung mit Zahnersatz durchzuführen, gehalten habe. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung sei im Gesetz festgeschrieben, eine Zusicherung, von Prüfungen abzusehen, würde gegen diesen Gesetzesbefehl verstoßen, abgesehen davon befände sich auch kein Hinweis darauf, dass der Beklagte tatsächlich eine solche Zusicherung gegeben habe. Rechtsfehlerfrei sei der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich der nach der Feststellung der Unwirtschaftlichkeit dem Grunde nach in weiteren Schritten vorzunehmenden Feststellung bzw. Schätzung des durch die Unwirtschaftlichkeit bedingten Mehraufwandes sowie der Ausübung des Kürzungsermessens. Der Beklagte habe dem Kläger jeweils noch Restüberschreitungen nach Kürzungen im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses belassen. Soweit der Kläger rüge, ihm sei keine hinreichende Beratung vor den Honorarkürzungen zu teil geworden, sei dieses Verhalten rechtsmissbräuchlich, denn er sei jeweils von den Prüfgremien geladen worden, ohne den jeweiligen Ladungen nachgekommen zu sein.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 22.12.2005. Das Urteil bestätige die massiven Honorarkürzungen wegen statistischer Überschreitungen bei den zahnerhaltenen Leistungen, deren einzige mögliche Alternative das widerrechtliche Entfernen und das pothetische Ersetzen des erkrankten Zahnes sei. Damit werde die finanzielle Ausbeutung der Krankenkassen und der Patienten angeregt, die Extraktion eines Zahnes und die nachfolgende Neuversorgung mit Zahnersatz sei wesentlich treurer als die von ihm praktizierten zahnerhaltenen Maßnahmen. Ca. 5000 Zahnärzte in Nordrhein könnten oder wollten keine Wurzelbehandlungen durchführen, sie wollten alle leben und neigten aus diesem Grunde eher zur Extraktion von Zähnen als zur Durchführung zahnerhaltener Maßnahmen. Das Urteil ahme lediglich die Argumentation der Beigeladenen zu 8) nach und verschweige den strafrechtlichen Aspekt der Massenextraktion, die die einzig mögliche Alternative der stritten Zahnerhaltung sei. Im Übrigen werde ihm in den Urteil das Recht auf gezielte Beratung vor Honorarkürzungen abgesprochen. Es sei auch nicht zutreffend, dass er einen Termin ohne Angaben von Gründen nicht wahrgenommen habe. Im Übrigen hätte der Beklagte bei detaillierter Einzelfallbetrachtung erkennen können, dass seine zahnerhaltenen Maßnahmen kostensparend sind und in dem Fall, in dem alle Zahnärzte so behandeln würden wie er, jährlich mehrere Millionen Euro erspart würden. Hierzu legt der Kläger eine von ihm selbst verfasste Rechnung mit dem Titel "Ein bisschen Arithmetik. Rechnen Sie bitte nach" vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2005 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20.11.2003 zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte sowie den Vortrag der Beteiligten im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 20.11.2003 (Beschluss vom 13.08.2003) ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger daher nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Hierzu verweist der Senat zunächst voll inhaltlich auf die zutreffenden und ausführlichen Begründungen im sozialgerichtlichen Urteil, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung, denn er besteht in einer Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend und klarstellend hierzu weist der Senat darauf hin, dass der Kläger die Grundsätze der statistischen Vergleichsprüfung verkennt. Diese in § 106 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) V normierte und durch die höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannte Prüfmethode beruht auf einer Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten bzw. der Einzelleistungspositionen des überprüften Arztes mit denen der Vergleichsgruppe nach Abschluss des jeweiligen Quartals und geht davon aus, dass die Vertragsärzte der gleichen Fachgruppe den gleichen medizinischen Standard anwenden. Bereits aus diesem Grunde kann der Kläger nicht damit gehört werden, die Methode sei unanwendbar, weil die übrigen Vertragszahnärzte nicht lege artis behandelten. Aus dem gleichen Grunde kann auch die von ihm aufgestellte Vergleichs- bzw. Gegenrechnung zu den ersparten Behandlungskosten nicht durchgreifen. Ebensowenig kann dieser Umstand als Praxisbesonderheit geltend gemacht werden, denn eine solche muss sich aus der Patientenklientel ergeben, nicht hingegen aus der Behandlungsmethode des jeweiligen Zahnarztes.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 29.05.2007
Zuletzt verändert am: 29.05.2007