Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 06.12.2004 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen in Höhe von 23.416,14 Euro für die Quartale II/98 bis IV/98 vor dem Hintergrund einer Überschreitung des durchschnittlichen Gesamtfallwertes um mehr als 40 %.
Die Klägerin besteht im streitigen Zeitraum aus zwei Vertragszahnärztinnen, daneben war in den Quartalen I/98 bis I/99 noch eine Ausbildungsassistentin in der Praxis tätig. Die Fallzahlen und die Fallkosten wichen im Prüfzeitraum von den Durchschnittswerten im Bereich der Beigeladenen zu 1) im Sinne einer Überschreitung ab (Fallzahlen: + 110 % (I/98), + 117 % (II/98), + 146 % (III/98), + 128 % (IV/98), + 149 % (I/99); Fallkosten: + 29 % (I/98), + 54 % (II/98), + 50 % (III/98), + 43 % (IV/98) und 23 % (I/99)). Im Prüfzeitraum rechnete die Klägerin 3 PAR-Fälle auf je 100 Behandlungsfälle ab, in der Durchschnittspraxis lagen diese Zahlen bei 1,4 PAR-Fälle pro 100 Behandlungsfälle.
Die Krankenkassen beantragten die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung und begründeten diese Anträge mit Überschreitungen bei den Fallkosten. Die Klägerin machte in ihrer Stellungnahme hierzu die Lage der Praxis im Dortmunder Norden als Praxisbesonderheit geltend, da hierdurch ein erhöhter Behandlungsbedarf im Hinblick auf den hohen Anteil von Sozialhilfeempfängern, ausländischen Mitbürgern und Suchtkranken bedingt sei. Die Abweichungen bei der Gebührennummer Ä 925 c BEMA-Z führte sie auf das hohe Aufkommen von PAR- und ZE-Behandlungen zurück.
Der Prüfungsausschuss 4 kürzte mit Beschluss vom 14.02.2001 das Honorar der Klägerin, soweit der durchschnittliche Fallwert um mehr als 40 % überschritten wurde. Daraus ergab sich in den streitigen Quartalen eine Honorarkürzung in Höhe von 23.416,14 Euro.
Ihre dagegen gerichtete Beschwerde begründete die Klägerin damit, der Prüfungsausschuss habe den Mehraufwand aufgrund des erhöhten Behandlungsumfangs im PAR-Bereich nicht berücksichtigt. Das gelte auch für den Minderaufwand bei den Extraktionen und den Prothetikbereich. Die durchschnittliche Fallkostenabweichung betrage außerdem im Prüfzeitraum 39,8 %, so dass die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis nicht überschritten sei.
Mit Beschluss vom 23.10.2002 wies der Beklagte die Beschwerde der Klägerin zurück. Zur Begründung dieser Entscheidung führte er im dazu ergangenen Bescheid vom 04.02.2003 aus, die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung der Klägerin sei nach der Prüfmethode des statistischen Vergleichs erfolgt. Für die von den Kürzungen betroffenen Quartale sei im Hinblick auf die Fallkostenabweichungen von einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen. Die Zahl der im Prüfzeitraum tätigen Behandlerinnen und die Lage der Praxis im Dortmunder Norden seien keine Praxisbesonderheiten. Gravierende Abweichungen von der Klientel einer Durchschnittspraxis, insbesondere eine erhöhte Morbidität der Patienten, lasse sich nicht feststellen. Die ausgewerteten OPG-Aufnahmen hätten keine Anhaltspunkte für eine überdurchschnittliche große Anzahl großer Sanierungsfälle ergeben. Die Überprüfung habe deutlich gemacht, dass in allen Behandlungsbereichen mehr Aufwendungen vorliegen würden, die nicht auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen sein. Der Mehraufwand im PAR-Bereich betrage 6 %. Dieser Folgemehraufwand könne nur dann als notwendig und wirtschaftlich anerkannt werden, wenn sich in dessen Rahmen nicht konkret Unwirtschaftlichkeit ergebe. Nach den ausgewerteten Unterlagen würden jedoch fast durchgehend 3 PAR-Vorbehandlungstermine durchgeführt. Die gleichzeitige Durchführung von PAR- und ZE-Maßnahmen entspreche nicht den maßgeblichen Richtlinien. Der Mehraufwand im PAR-Bereich rechtfertige keine höheren Toleranzen im Hinblick auf die hohen Fallzahlen und die festgestellten unwirtschaftlichen Behandlungsabläufe.
Hiergegen richtete sich die am 21.02.2003 erhobene Klage. Zur Begründung trug die Klägerin vor, die durchschnittlichen Fallkosten hätten im Prüfzeitraum nicht im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses gelegen. Im Hinblick auf die Praxisbesonderheit hätten höhere Toleranzen eingeräumt werden müssen. Insbesondere sei der hohe Anteil an PAR-Behandlung zu Unrecht nicht als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Die pauschale Feststellung, dass fast durchgehend 3 PAR-Vorbehandlungen durchgeführt würden, könne nicht dazu führen, dass der Umfang dieser Behandlungen nicht als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen sei. Der Beklagte habe zu Unrecht aufgrund der Auswertung der Behandlungsunterlagen die Unwirtschaftlichkeit der Behandlung angenommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beschluss vom 23.10.2002 (Bescheid vom 04.02.2003) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Beschwerde gegen den Beschluss des Prüfungsausschusses 4 vom 14.02.2001 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 2) bis 4) und 6) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Das Sozialgericht Münster hat der Klage mit Urteil vom 06.12.2004 stattgegeben. Im Rahmen der statistischen Vergleichsprüfung, innerhalb deren ein Überschreiten der Fallkosten um mehr als 40 % den Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit erbringe, habe der Beklagte es unterlassen, die vermehrte Durchführung von PAR-Behandlungen als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Behandlungen seien vermehrt konservierend-chirurgische Leistungen angefallen, so dass eine Anerkennung vermehrter PAR-Behandlung als Praxisbesonderheit möglich sei. Aus den statistischen Unterlagen ergebe sich, dass in der Praxis der Klägerin mehr als das doppelte an PAR-Behandlungen durchgeführt werde als in der statistischen Durchschnittspraxis. Da die entsprechenden PAR-Behandlungen von den Krankenkassen genehmigt worden seien, führe dies dazu, dass die genehmigte Behandlung nachträglich nicht als unwirtschaftlich bewertet werden könne. Neben den genehmigten Behandlungsleistungen fielen bei der Durchführung von PAR-Behandlungen noch ergänzende Begleitleistungen an, ohne die die genehmigten Behandlungen nicht lege artis durchgeführt werden könnten. Dass gerade diese Begleitleistungen Einfluss auf die Fallkostenwerte haben könnten, ergebe sich nach Auffassung der Kammer aus den statistischen Unterlagen. In den von der Honorarkürzung betroffenen Quartalen II/98 bis IV/98 seien erheblich mehr PAR-Behandlungen durchgeführt worden als in den Quartalen I/98 und I/99. Diese Quartale wiesen unauffällige Fallkostenwerte auf. Die Kammer halte es daher für notwendig, dass der Beklagte zur genauen Bestimmung der Praxisbesonderheiten den Auswirkungen des erhöhten Umfangs an PAR-Behandlungen auf die Fallkosten eingehender nachgehe. Im Übrigen sei der angefochtene Beschluss auch rechtswidrig, weil der Beklagte davon ausgegangen sei, dass die Durchführung von 3 PAR-Vorbehandlungsterminen in jedem Fall als unwirtschaftlich anzusehen sei. Nach Einschätzung der als Vertragszahnärztin tätigen ehrenamtlichen Richterin Dr. U habe jedoch diese Behandlungsweise der für den Prüfzeitraum maßgeblichen wissenschaftlichen Lehrmeinung entsprochen. Eine solche könne jedoch nicht nachträglich als unwirtschaftlich angesehen werden. Eine andere Betrachtung würde zu einer unzulässigen Einschränkung der Behandlungstätigkeit der Vertragszahnärzte führen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten vom 04.01.2005. Der Beklagte habe im angefochtenen Beschluss den Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses, der nur eingeschränkter richterlicher Kontrolle unterliege, rechtsfehlerfrei dahin bestimmt, dass dieser anzunehmen sei, soweit der Behandlungsaufwand im Gesamtfallwert den durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe um mehr als 40 % überschreite. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass die genehmigten PAR-Behandlungen nicht als unwirtschaftlich bewertet worden seien, sondern ein Teil der Vorbehandlungsmaßnahmen, deren tatsächliche Durchführung im Übrigen von der Genehmigung der Krankenkasse nicht umfasst werde und damit auch keinen ins Gewicht fallenden Mehraufwand im Rahmen der PAR-Behandlungen rechtfertige. In den Quartalen mit deutlich weniger PAR-Behandlungen (I/98 und I/99) wiesen z.B. die Gebührenziffern 105 und 107 BEMA-Z keine signifikanten Abweichungen zu den Werten in den hier streitigen Quartalen auf. Die Leistungen nach der Gebührenziffer 105 BEMA-Z überschritten hingegen in allen geprüften Quartalen den Durchschnitt um mehr als das Doppelte. Auch im Übrigen sprächen die als Vorbehandlungen für eine systematische PAR-Behandlung in Betracht kommenden Maßnahmen (Entfernung des Zahnsteins, der weichen Belege und sonstigen Reizfaktoren) des K/Ch-Leistungsspiegels nicht dafür, dass der Gesamtfallwert in nennenswertem Umfang durch Begleitleistungen beeinflusst worden sei, zumal der Mehraufwand im PAR-Bereich bei der Klägerin durchschnittlich nur 6 % betrage. Die im Rahmen der intelektuellen Prüfung vorgenommenen Stichproben bestätigten die statistischen Ergebnisse. Der Mehraufwand an Begleitleistungen nach den Ziffern 105 und 107 BEMA-Z könne zum Teil nicht als Behandlungsnotwendigkeit und damit als Praxisbesonderheit anerkannt werden. Entgegen der Meinung des Sozialgerichts sei der Beklagte nicht davon ausgegangen, 3 Vorbehandlungstermine seien in jedem Fall als unwirtschaftlich anzusehen, vielmehr sei lediglich dargelegt worden, dass als Vorbehandlung nach den Gebührennummern 105 und 107 regelmäßig und üblicherweise zwei derartige Behandlungen ausreichten. Im Übrigen gälten auch für die Vorbehandlungsmaßnahmen die Abrechnungsbestimmungen z.B. der Nr. 107 BEMA-Z, in denen es heiße "harte Zahnbelege sollen bei Anspruchsberechtigten, die regelmäßig zahnärztlich untersucht und behandelt werden, in der Regel in einer, bei anderen Anspruchsberechtigten in der Regel in zwei Sitzungen entfernt werden". Die Durchführung der systematischen PAR-Behandlungen setze eine hohe Compliance des Patienten einerseits und erhebliche Motivationsbemühungen des Behandlers andererseits voraus, so dass zu unterstellen sei, dass wegen der hierdurch erzielten Mundhygiene des Patienten in der Regel nicht mehr als 2 Vorbehandlungen zur Zahnsteinentfernung und Mundbehandlung erforderlich seien, erst Recht nicht als bis zur dreifacher Kombinationsansatz. Die Klägerin habe keine Besonderheiten, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten vorgetragen oder auf konkrete andere Fälle verwiesen. Aus diesem Grunde könne auf sich beruhen, ob 3 Vorbehandlungstermine der maßgeblichen wissenschaftlichen Lehrmeinung entsprechen würden, die PAR-Richtlinien hätten weder eine bestimmte Zahl von Vorbehandlungsterminen noch einen bestimmten Umfang an Begleitleistungen nach den Nrn. 105 und 107 BEMA-Z vorgesehen. Es käme insoweit auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Im Übrigen habe der Beklagte dargelegt, dass und warum der Mehraufwand bei den PAR-Behandlungen nicht einem Mehraufwand bei den Anästhesieleistungen zur Folge habe und dass die in Kombination mit Zahnersatzleistungen durchgeführten PAR-Behandlungen nicht leg artis erbracht worden seien. Solche Behandlungen seien aber auf jeden Fall nicht als wirtschaftlich anzusehen. Darüber hinaus bestünden Vorbehandlungen aus mehr als den genannten Leistungen, z.B. auch Anleitungen zur Mundhygiene und Beseitigung sonstiger Reizfaktoren, so dass natürlich 3 und mehr Vorbehandlungstermine anfallen können. Nichts anderes habe die ehrenamtliche Richterin durch ihre Äußerung in dem Zusammenhang festgestellt. Im Übrigen habe der Beklagte ausgeführt, dass die Mehraufwendungen im PAR-Bereich nicht allein mit den systematischen PAR-Behandlungen zu rechtfertigen seien, das ergebe sich aus einer Gegenüberstellung der Quartale I/98 und II/99 zu den streitigen Quartalen. Die Klägerin habe bei insgesamt 117 PAR-Behandlungen über den Durchschnitt in allen Quartalen 57.223 Punkte bei den Nrn. 105 und 107 BEMA-Z mehr abgerechnet als der Durchschnitt. Es könne nicht ernsthaft unterstellt werden, dass die überdurchschnittlichen Behandlungen diese überdurchschnittliche Punktzahl begründeten. Aus dieser beispielhaften Darstellung lasse sich nachvollziehen, dass die insgesamt in der Abrechnung vorliegenden Mehraufwendungen mit der geltend gemachten Besonderheit nicht zu rechtfertigen seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 06.12.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig. Die Krankenkassen hätten mit den PAR-Leistungen auch die Begleitleistungen bewilligt. Nach den zum Prüfzeitpunkt geltenden PAR-Richtlinien wären 3 Behandlungen üblich gewesen, so dass zu einem späteren Zeitpunkt diese nicht als unwirtschaftlich qualifiziert werden können. Berechne man die Fallkostenwerte der Klägerin unter Berücksichtigung der PAR-Behandlungen als Praxisbesonderheit unter Zugrundelegung von 192 Punkten pro Fall, ergäben sich deutlich niedrigere Überschreitungswerte. Der Fachgruppendurchschnitt rechne etwa 1,37 PAR-Behandlungen je 100 Behandlungsfälle ab, bei der Fallzahl der Klägerin im Quartal II/98 in Höhe von 1269 hätten also in diesem Quartal etwa 17 PAR-Behandlungsfälle abgerechnet werden müssen, um dem Bild einer Durchschnittspraxis zu entsprechen. Tatsächlich seien jedoch 46 PAR-Behandlungen abgerechnet worden, also 29 über dem Durchschnitt. Für die zwei weiteren streitigen Quartale ergäben sich Zahlen von 40 (III/98) und 32,5 (IV/98). Für das Quartal II/98 bedeute dies, dass zusätzlich 5494 Punkte (28,6 x 192 Punkte) als konservierend-chirurgische Begleitleistungen zu PAR-Behandlungen abgerechnet worden seien. Diese seien von den insgesamt abgerechneten Punkten abzuziehen, so dass von den abgerechneten 152.538 Punkten nur noch rund 147.044 Punkte verblieben. Errechne man auf dieser Grundlage die Fallkosten pro Fall, sowie die Überschreitungswerte neu, komme man für dieses Quartal zu dem Ergebnis dass sich der Fallwert 120,2 Punkte auf 115,9 Punkte reduziere und damit statt einer Überschreitung in Höhe von 54 % nur eine solche von 48,5 % ergebe. Für die weiteren streitigen Quartale ergeben sich Zahlen von 43,0 % (III/98) bzw. 37,9 % (IV/98). Damit bleibe festzuhalten, dass die durch die überdurchschnittlichen PAR-Behandlungen verursachten Begleitleistungen im konservierend-chirurgischen Bereich erhebliche Auswirkungen auf die Fallkosten bzw. Fallwertüberschreitungen hätten und sich der maßgeblichen 40 % Grenze näherten bzw. diese unterschritten.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte sowie den Vortrag der Beteiligten im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beschluss vom 23.10.2002 (Bescheid vom 04.02.2003) aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt, denn der aufgehobene Beschluss ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 106 des Sozialgesetzbuches (SGB) V. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung überwachen die Krankenkassen und die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Dabei wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Die arztbezogene Prüfung nach Durchschnittswerten erfolgt durch eine Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten des geprüften Arztes einerseits und der Gruppe vergleichbarer Ärzte andererseits. Ergänzt durch die sogenannte intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch(zahn)ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Wann der mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnis gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemeinen verbindlichen Festlegung. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Zahnarztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d.h. in einem Ausmaß überschreitet, dass sich im Regelfall nicht durch Unterschiede in der Patientenstruktur oder in den Behandlungsmethoden erklären lässt, hat dies die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (BSG, Urteil vom 21.05.2003, Az.: B 6 KA 32/02 R).
Der Beklagte hat zu Recht die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Klägerinnen anhand eines statistischen Kostenvergleichs mit der Gruppe der im Bereich der Beigeladenen zu 1) zugelassenen Vertragszahnärzte vorgenommen und die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Überschreitung der durchschnittlichen Fallkostenwerte von 40 v.H. gezogen. Der sich hieraus ergebende Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit wird entkräftet, wenn dargelegt wird und sich als zutreffend erweist, dass in der geprüften Zahnarztpraxis besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende Umstände vorliegen, die für die zum Vergleich herangezogenen Zahnärzte untypisch sind. Sind kostenerhöhende Praxisbesonderheiten bekannt oder anhand der Abrechnungsunterlagen erkennbar, so müssen nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.06.2001, Az.: B 6 KA 43/00 R) ihre Auswirkungen bestimmt werden, noch ehe auf der Grundlage des statistischen Abweichungen verlässliche Aussagen über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise getroffen werden können. Die durch die ergänzende Prüfung unter medizinisch ärztlichen Gesichtspunkten gewonnene Erkenntnisse sind nicht erst in einem späteren Verfahrensstadium und/oder nur auf entsprechende Einwendungen des Betroffenen hin, sondern bereits auf der ersten Prüfungsstufe von Amts wegen mit zu berücksichtigen. Nur die Zusammenschau der statistischen Daten und der medizinisch-ärztlich Gegebenheiten ermöglicht die Beurteilung, ob die vorgefundenen Vergleichswerte die Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses und damit den Schluss auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise rechtfertigen. Mithin müssen bereits vorab die besonderen Strukturen und das Behandlungsverhalten innerhalb des speziellen engeren Leistungsbereichs sowie die Praxisumstände des geprüften Zahnarztes berücksichtigt werden, um die Eignung der Vergleichsgruppe und den Aussagewert der gefundenen Vergleichszahlen beurteilen zu können (BSG, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die angefochtene Entscheidung des Beklagten vom 23.10.2002 (Bescheid vom 04.02.2003) entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden. Zutreffend ist, dass Paradontoseleistungen als Praxisbesonderheit anerkannt werden können und der Klägerin auch nicht entgegen gehalten werden kann, sie handelte unwirtschaftlich, weil die Paradontoseleistungen vor ihrer Durchführung durch die Krankenkassen genehmigt worden sind. Die Anerkennung von PAR-Behandlungen als Praxisbesonderheit ergibt sich daraus, dass mit ihnen konservierend chirurgische Begleitleistungen einhergehen, die sich auf die Fallwerte auswirken. Der vom Sozialgericht vorgenommene Ansatz der Gegenüberstellung der PAR-Behandlungen in den Quartalen I/1998 und I/1999 mit den hier streitigen Quartalen ist zutreffend, jedoch ist insgesamt eine weitergehende, differenzierende Betrachtung erforderlich. Der Beklagte hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass der Mehraufwand der durch die PAR-Behandlung entsteht, nur zu einem Mehraufwand konservierend chirurgischer Leistungen führt, die in diesem Rahmen anfallen. Daraus ergibt sich, dass konservierend-chirurgische Behandlungen, die mit den Begleitbehandlungen einer PAR-Behandlung anfallen, auch in anderem Rahmen anfallen können und daher aus diesem Grunde eine differenzierende Betrachtung erforderlich ist. Gerade aus dem Umstand, dass die exemplarisch aufgeführten Gebührenziffern 105 und 107 BEMA-Z in allen Quartalen erheblich über den Durchschnitt angefallen sind und zwar auch in den Quartalen I/98 und I/99, in denen die PAR-Behandlungen nur geringfügig über dem Durchschnitt lagen, belegt, dass die Begleitleistungen nicht notwendig durch die PAR-Behandlungen entstanden sind. Auf diese Unterscheidungen hat auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg, auf die sich das Sozialgericht bezieht, hingewiesen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.05.2002, Az.: L 5 KA 5/02). Es führt dort wörtlich aus: "Der Beklagte wird allerdings abzugrenzen haben, inwieweit es sich bei den abgerechneten konservierend-chirurgischen Leistungen um Grundleistungen handelt, die jeder Zahnarzt im Rahmen seiner Behandlungen durchführte, und zwar unabhängig davon, welche Behandlungen er danach erbringt und inwieweit es sich bei den abgerechneten konservierend-chirurgischen Behandlungen um solche handelt, die typischerweise als zusätzlicher Mehraufwand bei Zahnersatz und Parodontosebehandlungen anfallen". Diese differenzierende Betrachtung wird aus dem angefochtenen Beschluss des Beklagten deutlich, so dass der Beschluss daher in diesem Punkt nicht zu beanstanden ist. Es wäre Aufgabe der Klägerin, die sich auf Praxisbesonderheiten berufen, darzulegen, welche der konservierend-chirurgischen Maßnahmen als Begleitleistungen zu den Paradontoseleistungen anzusehen sind und welche im Rahmen anderer Behandlungen angefallen sind. Dieser Darlegungspflicht ist die Klägerin jedoch nicht nachgekommen. Demgegenüber hat der Beklagte im Bescheid exemplarisch im Rahmen der intelektuellen Einzelprüfung Fälle angeführt, mit denen er belegt, dass die abgerechneten Begleitleistungen, die mit PAR-Behandlungen zwingend anfallen, vorliegend auch in anderen Fällen mehrfach abgerechnet worden sind. Aus diesem Grunde kommt es auch letztlich nicht streitentscheidend auf die Frage an, ob eine dreifache Abrechnung der exemplarisch genannten Gebührenziffern 105 und 107 BEMA-Z richtlinienkonform und damit der allgemeinen Lehrmeinung entsprochen haben, solange die Klägerinnen nicht dargelegt haben, dass die Begleitleistungen, die zu einer Erhöhung ihrer Fallwerte geführt haben, nur im Zusammenhang mit PAR-Behandlungen angefallen sind.
Darüberhinaus sind auch die weiteren Ausführungen der Klägerin zum Überschreiten der Fallwerte nicht durchgreifend. Die Klägerin errechnet im Rahmen ihrer Berufungsschrift Fallwertüberschreitungen, die immer noch den Grenzwert des offensichtlichen Missverhältnisses überschreiten (vom Quartal IV/98 abgesehen). Die anderen Quartale liegen bei 48,5 % (II/98) bzw. 43,0 % (Quartal III/98). Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats ein weiteres Argument für die Richtigkeit der vom Beklagten getroffenen Entscheidung. Wenn die Klägerin dann noch ausführt, dass aufgrund dieser Werte die Grenzziehung zum offensichtlich Missverhältnis vorliegend deutlich über 40 % anzunehmen sei, ist dieser Vortrag nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 15.08.2007
Zuletzt verändert am: 15.08.2007