Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.06.2010 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Honorareinbehalten im Bereich der Primärkrankenkassen für das Jahr 2008.
Der Kläger ist als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie in X niedergelassen und seit dem 16.01.2006 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Im Jahr 2008 erwirtschaftete er einen Umsatz aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit im Bereich der Primärkassen i.H.v. 106.691,76 EUR und im Bereich der Ersatzkassen i.H.v. weiteren 96.070,59 EUR.
Für den Bereich der Primärkassen legte die Beklagte mit der Abrechnung des Quartals IV/2008 vom 18.04.2009 endgültige Honorargrenzen je Kieferfunktionsorthopädie (KFO) – Fall für die Leistungsgruppen Multibandbehandlung i.H.v. 211,00 EUR und Behandlung mit herausnehmbaren Geräten i.H.v. 91,00 EUR fest. Davon ausgehend errechnete sie eine endgültige Honorargrenze für den Bereich der Primärkassen im Jahr 2008 i.H.v. 99.697,00 EUR und verfügte zu Lasten des Klägers eine Kürzung i.H.v. (106.691,76 EUR – 99.697,00 EUR =) 6.994,76 EUR. Der Widerspruch des Klägers gegen diese Entscheidung blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.08.2009).
Hiergegen hat sich sodann die am 21.09.2009 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger die der Kürzung zugrunde liegenden Regelungen des im Bereich der Beklagten geltenden Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) als rechtswidrig beanstandete. Deren Anwendung führe zu Honorarunterschieden innerhalb der Honorargruppe der Kieferorthopäden, die mit dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht vereinbar seien. Durch die Praxisneugründung werde seine Praxis überdurchschnittlich von Neupatienten aufgesucht, die fast alle zeitnah mit einer Behandlungsapparatur zu versorgen seien. Dadurch entstünden weit über dem Durchschnitt liegende Kosten, die über der Honorargrenze pro KFO-Fall lägen. Patienten einer Neugründerpraxis befänden sich kaum in der Retentionsphase. Solche Patienten seien demgegenüber in länger existierenden Praxen vorhanden und sorgten durch den niedrigen Kostenverbrauch bei gleichzeitiger Abrechnung der Abschlagsgebühren nach Nrn. 119, 120 des Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (BEMA) für einen Ausgleich der Patienten, die sich in aktiver und somit kostenintensiver Behandlung befänden. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die Kostenansätze einer Neugründerpraxis und einer länger bestehenden Praxis im Bereich der Kieferorthopädie zu ermitteln, zu vergleichen und als bestimmendes Merkmal für die Angemessenheit der Honorarumsätze heranzuziehen. Es sei nicht ausreichend, die Besonderheiten von Neugründerpraxen lediglich durch Aufstockung von Fallzahlen zu berücksichtigen.
Der Kläger hat beantragt,
unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 18.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2009 die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Jahr 2008 für den Bereich der Primärkassen weitere 6.994,76 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide hingegen weiterhin für rechtmäßig erachtet. Der HVM ermögliche jedem Vertragszahnarzt und Kieferorthopäden von Beginn an, das maximal zur Verfügung stehende Honorar zu erhalten; für Neugründer sei ein Mindestkontingent vorgesehen. Hinsichtlich der Kostensätze sei sowohl auf der Bewertungsebene (BEMA) als auch auf der Honorarverteilungsebene (HVM) zu unterstellen, dass die Kostensätze in arztgruppengleichen Praxen gleich seien. Besonders günstige oder besonders extensive Kostenstrukturen seien im Rahmen der pauschalierenden und abstrahierenden Betrachtungsweise bei Honorarverteilungsregelungen nicht zu berücksichtigen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.06.2010 abgewiesen. Die unterschiedlichen Regelungen der Honorarverteilung unter Zahnärzten und Kieferorthopäden stellten sich als konsequente Vorsorge gegen eine unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Zahnarztgruppen dar, die das Honorargefüge zu Lasten anderer Gruppen beeinflusse. Es werde gewährleistet, dass die Folgen von Mengenausweitungen in diesen Gruppen auch dort verbleiben. Unzumutbare Nachteile seien mit diesen Regelungen nicht verbunden. Für die hier streitbefangenen Leistungen stehe den Kieferorthopäden im Kalenderjahr ein Honorarvolumen zur Verfügung, das sich aus der Multiplikation der Zahl der abgerechneten KFO-Fälle je Leistungsgruppe (Multibandbehandlung, Behandlung mit herausnehmbaren Geräten) mit den Honorargrenzen (in EUR) ergebe. Diese Honorargrenzen bildeten keine starre Höchstgrenze der pro Fall tatsächlich abrechenbaren Leistungen. Vielmehr würden entsprechend den Vorgaben des HVM im Rahmen der während des Jahres kumulierten Betrachtung in einem Quartal nicht verbrauchte Punkte/Honorare den individuellen Gesamtkontingenten für das nächste Quartal zugeschlagen. Somit könnten Überschreitungen in einem Quartal durch Mindermengen in anderen Quartalen kompensiert werden. Damit stehe jedem Zahnarzt ein allein von seiner – nicht limitierten – Fallzahl abhängiges Honorarvolumen im Kalenderjahr zur Verfügung, das ihm garantiert werde und eine wirtschaftliche Kalkulierbarkeit der Einnahmesituation ermögliche. Die praxisindividuellen Budgetierungen hätten auch nicht zur Folge, dass tatsächlich erbrachte zahnärztliche Leistungen nicht vergütet würden. Sie bewirkten lediglich, dass bei einer Überschreitung des Grenzwertes die Höhe der Vergütung für die einzelne erbrachte Leistung sinke. Das Berechnungsverfahren schließe die Honorierung einer bestimmten zahnärztlichen Leistung in einem bestimmten Behandlungsfall nicht aus. Die Regelung führe in verschiedenen Berechnungsschritten lediglich auf das Kalenderjahr bezogen zu einer Kürzung des vertragszahnärztlichen Honorars des einzelnen Zahnarztes, wenn und soweit die für ihn geltenden Kontingentgrenzen überschritten würden. Insofern stellten sich sowohl die Zahl der angeforderten Punkte als auch die individuellen Kontingentgrenzen lediglich als Berechnungsfaktoren für das dem Zahnarzt in jedem einzelnen Quartal und im Kalenderjahr insgesamt zustehende Honorar dar. Soweit der Kläger unterschiedliche Kostenstrukturen für kieferorthopädische Neugründerpraxen und etablierte Praxen geltend mache und wegen einer geringeren Anzahl von Patienten in der Retentionsphase in Neugründerpraxen einen unzureichenden Kostenausgleich gegenüber etablierten Praxen sehe, vermöge dies eine Rechtswidrigkeit der HVM-Regelungen nicht zu begründen. Der Normgeber des HVM könne in typisierender, generalisierender und pauschalierender Betrachtung davon ausgehen, dass mit zunehmend größerem Honorarvolumen der prozentuale Kostenanteil sinke, weil manche Kosten einer Praxis (Miete, Personal) bei höherem Gesamthonorar nicht dementsprechend proportional wüchsen. Ferner könne berücksichtigt werden, dass ein größeres Honorarvolumen bzw. der diesem zugrunde liegende größere Tätigkeitsumfang im Regelfall mehr Möglichkeiten zur Rationalisierung und zum produktiven Einsatz der Mitarbeiter und Geräte biete. Insofern wirke die Sonderbestimmung des § 5 (3) Nr. 3.6 HVM einer übermäßigen Belastung kieferorthopädische Neugründerpraxen durch unzureichend abgedeckte Fixkosten während der ersten acht Quartale durch Aufstockung von Fällen auf insgesamt 250 entgegen. Einen weitergehenden Schutz fordere das Gebot der Angemessenheit der Vergütung (zahn)ärztlicher Leistungen nicht. Neugründerpraxen müssten nach der Rechtsprechung die Möglichkeit haben, innerhalb von fünf Jahren bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen. Das fallzahlabhängige Honorarkontingent (Budget) nach dem HVM der Beklagten führe dem Grunde nach dazu, dass bei gleichen Fallzahlen Neugründerpraxen und etablierte Praxen das gleiche Honorar erhielten. Unterschiedliche Kostenstrukturen – sollten sie denn tatsächlich in signifikanter Weise bestehen – wären bei der Behandlung ausschließlich neuer Patienten spätestens nach fünf Jahren vollständig nivelliert, wenn man eine Behandlungsdauer von 16 Quartalen einschließlich Retentionsphase zugrunde lege. Schließlich sei ein Eingriff in die Therapiefreiheit des Klägers oder in sein Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit durch die von der Beklagten verfügten Honorarkürzungen aufgrund der Kontingentbildung nicht zu erkennen. Gemessen an den über die Beklagte abgerechneten Gesamthonoraren aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit i.H.v. 202.762,35 EUR entspreche die Honorarkürzung einem Anteil von 3,4 %. Hiermit sei unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Grundrechtsverletzung nicht gegeben.
Im Berufungsverfahren vertritt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags weiterhin die Auffassung, der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende HVM sei wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit rechtswidrig. Er berücksichtige nicht die unterschiedlichen Kostenstrukturen kieferorthopädischer Neugründerpraxen und etablierter Praxen, obwohl zwischen etablierten Praxen und Neugründerpraxen Unterschiede von derartigem Gewicht bestünden, die es als sachwidrig erscheinen ließen, beide nach einheitlichen Honorarregelungen zu behandeln. Dem Umstand, dass alle Neugründerpraxen im Gegensatz zu etablierten Praxen über eine geringe Anzahl von Patienten in der Retentionsphase verfügten, werde nicht durch Aufstockung der Behandlungsfälle auf ein bestimmtes Mindestmaß Rechnung getragen. Dadurch werde lediglich eine Abdeckung der Fixkosten trotz unterdurchschnittlicher Anzahl von Behandlungsfällen gewährleistet und umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnenden Jungpraxen die Möglichkeit geboten, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Die Tatsache, dass eine Gesamtbetrachtung noch zu einem nach Auffassung der Beklagten vertretbaren wirtschaftlichen Ergebnis führt, könne nicht dazu führen, dass ein an sich rechtswidriger HVM dadurch geheilt werde.
Auf den Hinweis der Beklagten, dass mit der Quartalabrechnung I/2009 der angefochtene Honorareinbehalt wegen der Doppelbelastung durch Degressionsabzüge um 152,02 EUR vermindert wurde, hat der Kläger seine Zahlungsforderung entsprechend gekürzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.06.2010 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2009 zu verurteilen, ihm für das Jahr 2008 für den Bereich der Primärkassen weitere 6.842,74 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen
Die vom Kläger aufgestellte Forderung, unterschiedliche Kostenansätze müssten berücksichtigt werden, führe im Ergebnis dazu, dass anhand der Kostensituation in einzelnen Praxen "Arztgruppen" bzw. gesonderte Honorargrenzen je Fall für Praxen mit höheren Kostensätzen gebildet werden müssten. Zum einen sei eine solche Verpflichtung der Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Zum anderen müsse dann gegebenenfalls auch dafür Sorge getragen werden, dass Praxen mit besonders hohen Kostensätzen – abhängig von der konkreten individuellen Situation der Praxis – berücksichtigt werden. Derartige ausschließlich im unternehmerischen Risiko des Vertragszahnarztes liegende Parameter seien jedoch gerade nicht die gesetzlichen Kriterien der Honorarverteilung. Darüber hinaus sei der Kläger in keinster Weise in seinem Wachstum begrenzt worden und insoweit unbotmäßig durch die beanstandete Honorarverteilungsregelung betroffen. Das vom Kläger abgerechnete und ihm ausgezahlte Honorar aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit für Versicherte der Primär- und Ersatzkrankenkassen habe in den nachfolgend aufgeführten Jahren (ohne Material- und Laborkosten) betragen:
2006 = 89.029,47 EUR
2007 = 150.281,16 EUR
2008 = 202.762,35 EUR
2009 = 232.240,19 EUR
Es ergäben sich hieraus prozentuale Steigerungen der Umsätze von 68 % im Jahr 2007 im Vergleich zu 2006, von 35 % im Jahr 2008 im Vergleich zu 2007 und von 14,5 % im Jahr 2009 im Vergleich zu 2008. Die vom Kläger abgerechneten Fallzahlen stellten sich wie folgt dar:
2006 = 240
2007 = 792
2008 = 1.214
2009 = 1.439
Die vom Kläger über die Beklagte abgerechneten Leistungen, die nach Maßgabe des BEMA in Punkten erfasst würden, beliefen sich auf folgende Werte:
2006 = 141.243
2007 = 237.741
2008 = 321.757
2009 = 366.893
Setze man die Punktmengensteigerung des Klägers ins Verhältnis, ergäben sich exakt die selben prozentualen Veränderungen von 68 % im Jahr 2007 gegenüber 2006, von 35 % im Jahr 2008 gegenüber 2007 und schließlich von 14 % im Jahr 2009 gegenüber 2008. Den prozentualen Steigerungen im Umfang der vom Kläger abgerechneten Leistungen sei eine kongruente prozentuale Steigerung des an den Kläger ausgezahlten vertragszahnärztlichen Honorars gefolgt. Bereits im Jahre 2008 sei der Kläger von – wenn auch geringfügigen – Punktwertkürzungen im Rahmen der sogenannten "Degressionsregelung" des § 85 Abs. 4b SGB V, nämlich in Höhe von 152,02 EUR betroffen gewesen. Im Jahr 2009 habe sich zu Lasten des Klägers eine "Degressionsbelastung" von insgesamt 235,59 EUR ergeben. Folge man der gesetzgeberischen Intention und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), seien die Degressionsregelungen dadurch gerechtfertigt, dass der in umsatzstarken Praxen entstehende Kostenvorteil unter Gemeinwohlaspekten den Krankenkassen als Kostenersparnis zukommen soll. In dieser Diktion bleibend sei der Kläger somit bereits im Jahr 2008 als umsatzstärkere Praxis anzusehen gewesen. Soweit es die unternehmerische Verantwortungssphäre des Klägers betreffe, sei weiterhin festzustellen, dass dieser seit dem 24.04.2008 einen angestellten Zahnarzt im Umfang von 25 % beschäftige und – wenn auch außerhalb des streitbefangenen Honorarverteilungszeitraums liegend – in der Folgezeit ohne Unterbrechung weitere Zahnärzte beschäftige. Auch diese unternehmerische Entscheidung, der steigenden Nachfrage durch Beschäftigung angestellter Fachkollegen entsprechend Rechnung zu tragen, spreche gegen die These des Klägers, er sei im Bereich der Honorarverteilung durch die Beklagte als "Neugründer" benachteiligt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG hat die nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässige Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2009 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die Beklagte hat zu Recht im Bereich der Primärkrankenkassen einen Honorareinbehalt für das Jahr 2008 festgesetzt. Soweit sie im angefochtenen Bescheid die rechtswidrige (vgl. Bundesssozialgericht (BSG), Urteil vom 21.05.2003 – B 6 KA 25/03 -) Doppelbelastung durch die Degressionsabzüge nach § 85 Abs. 4b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht berücksichtigt hat, ist dem durch die Gutschrift in Höhe von 152,02 EUR im Rahmen der Quartalsabrechnung I/2009 Rechnung getragen worden.
Die Festsetzung des Honorareinbehalts im Übrigen, die der Kläger nur noch mit seiner Berufung angreift, ist nicht zu beanstanden. Die auf den §§ 4 und 5 HVM in der für das Jahr 2008 geltenden Fassung (Rhein. Zahnärzteblatt 2008, 22 ff.) beruhende Kürzung ist rechnerisch nicht zu beanstanden; Einwände werden insofern weder vom Kläger geltend gemacht noch ergeben sich solche aus der Aktenlage. Die Regelungen stehen (zumindest) soweit als sie der gerichtlichen Überprüfung unterzogen sind auch mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG (§ 153 Abs. 2 SGG), denen er vollumfänglich folgt, und führt ergänzend aus:
Die Normgeber des HVM sind nicht verpflichtet, die Kosten- oder die Patientenstruktur (hier eine überdurchschnittliche Anzahl von Neupatienten) bei der Honorarverteilung zu berücksichtigen; dies unterfällt dem unternehmerischen Risiko des Vertragsarztes unabhängig davon, dass er eine neue oder eine bereits seit längerer Zeit etablierte Praxis betreibt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in verschiedenen Entscheidungen betont, dass der Arztberuf durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1959 – 1 BvR 71/57 -). Das Berufsbild der freiberuflich Tätigen trägt im Ganzen den "unternehmerischen Zug", der auf Selbstverantwortung, individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet ist (BVerfG, Entscheidung vom 25.02.1960 – 1 BvR 239/52 -). Der frei praktizierende Arzt hat die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, kann insbesondere seine Arbeitszeit frei einteilen, er trägt aber auch das volle wirtschaftliche Berufsrisiko (BVerfG, Entscheidung vom 23.07.1963 – 1 BvL 1/61, 1 BvL 4/61 -). Mithin wird eine Tätigkeit in "freier Praxis" unzweifelhaft durch die Merkmale individuelle Unabhängigkeit und Tragung des wirtschaftlichen Risikos konkretisiert (so BSG, Urteil vom 23.06.2010 – B 6 KA 7/09 -). Das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit hat der Vertragsarzt jedenfalls grundsätzlich selbst zu tragen; die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist nicht gehalten, ihm die Sorge um seine Existenz abzunehmen (BSG, Urteil vom 25.08.1999 – B 6 KA 58/98 R -). Losgelöst hiervon ist nicht dargetan und nicht ansatzweise ersichtlich, ob und inwieweit der Honorareinbehalt zu einer nennenswerten Einschränkung des Praxisbetriebs führt. Dieser Aspekt wäre allenfalls dann entscheidungserheblich, wenn der Kläger in seiner Funktion als freiberuflich tätiger Arzt keine Möglichkeit hätte, die beanstandete Kürzung aufzufangen. Dafür besteht indes angesichts des geringen prozentualen Anteils an der Gesamtvergütung i.H.v. nur 3,4 % kein Anhaltspunkt, unabhängig davon, dass für die Prüfung, ob und inwieweit die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen einer Arztgruppe unangemessen niedrig ist, auch die Einnahmen aus privatärztlicher oder sonstiger Tätigkeit zu berücksichtigten sind (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2010 – B 6 KA 42/09 -).
Auch das von den Partnern der Gesamtverträge zu beachtende gesetzliche Gebot, ärztliche Leistungen angemessen zu vergüten (§ 72 Abs. 2 SGB V), vermag den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nicht zu begründen. Diese Regelung enthält nur ein objektives Gebot, das im Allgemeinen keine subjektiven Rechte der Vertragsärzte begründet. Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann indes ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche Tätigkeiten erst dann hergeleitet werden, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (BSG, Beschluss vom 11.03.2009 – B 6 KA 31/08 B – und Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 44/03 R -; vgl. auch Beschluss des Senats vom 09.05.2012 – L 11 KA 90/11 B ER und Urteile des Senats vom 17.11.2010 – L 11 KA 53/07 -, vom 09.12.2009 – L 11 (10) KA 39/07 -, vom 09.04.2008 – L 11 KA 108/06 – sowie vom 25.06.2003 – L 11 KA 243/01 -). Auch dafür bestehen vorliegend nicht ansatzweise Anhaltspunkte.
Schließlich vermögen auch die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für neu gegründete Praxen (vgl. BSG, Urteil vom 03.02.2010 – B 6 KA 1/09 R – m.w.N.) den Anspruch des Klägers nicht zu stützen. Danach muss sog. "Aufbaupraxen" bzw. "Anfängerpraxen" in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden kann, die Steigerung des Honorars auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein. Diese Anforderung wird durch die vom Kläger beanstandete Kürzungsregelung gemäß § 5 HVM nicht verletzt. Im Bereich der Honorarverteilungsregelung der Beklagten hat jeder (Vertragszahnarzt und) Fachzahnarzt für Kieferorthopädie die Möglichkeit von Beginn an, das maximal im Rahmen der Gesamtvergütung zur Verfügung stehende Honorar je Fall und damit zumindest einen Durchschnittsumsatz zu erhalten. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass das fallzahlunabhängige Honorarkontigent (Budget) dem Grunde nach dazu führt, dass bei gleichen Fallzahlen Neugründerpraxen und etablierte Praxen das gleiche Honorar erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach fallen demjenigen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 04.04.2013
Zuletzt verändert am: 04.04.2013