Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.09.2006 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Antragsgegnerin zu 1) das von der Antragstellerin vertriebene Fertigarzneimittel Fraxiparin auf einer im Internet zugänglichen Me-Too-Liste führen und diese Liste den Vertragsärzten ihres Bezirks zugänglich machen darf.
Der Begriff Me-Too-Präparat (Synonyme: Analogpräparat bzw. Scheininnovation) wird seit ca. 1982 zur Bewertung von Arzneimitteln verwandt, die zwar einen neuen Wirkstoff enthalten, dieser jedoch dem Wirkstoff bereits zugelassener Medikamente sehr ähnlich ist. Zur Bewertung des Innovationsgrades von Arzneimitteln ist das folgende, seit 1982 unveränderte Klassifikationsschema entwickelt worden:
A. Neuartige Wirkstoffe oder neuartige Wirkprinzipien mit therapeutischer Relevanz;
B. Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Qualitäten bereits bekannter Wirkprinzipien;
C. Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten;
D. Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend gesicherte Therapieprinzipien.
Am 21.11.2005 schlossen die Antragsgegner eine "Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2006" (Rheinisches Ärzteblatt 1/2006, 82 ff). Diese Vereinbarung trat am 01.01.2006 in Kraft und galt bis zum 31.12.2006. Hiernach wurde das Ausgabenvolumen auf 2,68 Mrd. EUR festgelegt (§ 2). Eine flankierende Zielvereinbarung sah die Erhöhung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils des Brutto-Generikaumsatzes am generikafähigen Markt um 5 Prozentpunkte und die Reduzierung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils der Me-Too-Präparate ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt um wiederum 5 Prozentpunkte vor (§ 4). Für die einzelne Arztgruppen wurde ein Zielwert von 73, 1 % (Nervenärzte) bis zu 87,9 % (HNO-Ärzte) bei den Generika (§ 4 Abs. 1) und von 1,0 % (Chirurgen, Kinderärzte) bis zu 14,3 % (Augenärzte) bei den Me-Too-Präparaten (§ 4 Abs. 2) bestimmt. Ergänzend regelte § 7 Maßnahmen für den Fall, dass das vereinbarte Ausgabenvolumen und/oder die Vorgaben der Zielvereinbarung überschritten werden wie folgt:
(1)
Eine individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Vertragsarztes für die Überschreitung des vereinbarten Ausgabenvolumens 2006 tritt ein, wenn das vereinbarte Ausgabenvolumen insgesamt überschritten wird und
– der einzelne Vertragsarzt sein für das Kalenderjahr 2006 maßgebliches Richtgrößenvolumen überschritten hat und
– der einzelne Vertragsarzt mindestens einen der nach § 4 vereinbarten Zielwerte nicht erreicht hat. Eine Saldierung zwischen den einzelnen Zielwerten findet nicht statt.
(2)
Im Falle des Absatzes 1 erhalten die nordrheinischen Krankenkassen/-verbände gegenüber den einzelnen Vertragsärzten jeweils einen Zielerreichungsbeitrag in Höhe von vier Prozent des für das Kalenderjahr 2006 für den jeweiligen Vertragsarzt anerkannten GKV-Gesamthonorars.
Dieser Abzug musste im Abrechnungsbescheid gesondert ausgewiesen sein (§ 11 Abs. 1c des Honorarverteilungsvertrages (HVV) vom 31.01.2006, Rheinisches Ärzteblatt 1/2006, 68, 69). Einreden aufgrund von Ergebnissen der Bewertung hinsichtlich der Ursachen der Überschreitung des Ausgabenvolumens 2006 gegen den Bestand von Ansprüchen der Krankenkassen nach § 7 Abs. 2 sowie die Durchführung von Anspruchsprüfungen waren ausgeschlossen (§ 7 Abs. 3 der Vereinbarung).
Eine Liste patentgeschützter Analogpräparate ("Me-Too-Liste") veröffentlichte die Antragsgegnerin zu 1) ab dem Quartal I/2006 auf ihrer Internet-Website (www.kvno.de). Das streitgegenständliche Präparat Fraxiparin war darin zunächst nicht enthalten. Eine überarbeitete Fassung der Liste, in der nunmehr auch Fraxiparin aufgeführt war, wurde am 03.03.2006 in die Internetseiten der Antragsgegnerin zu 1) eingestellt.
Die Vertragspartner haben für 2007 eine neue, überwiegend inhaltlich vergleichbare Arzneimittelvereinbarung abgeschlossen. Eine wesentliche Änderung weist allerdings § 8 Abs. 1 auf. Darin heißt es nunmehr
"Die individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Vertragsarztes für eine Überschreitung des Ausgabenvolumens bzw. für eine Verringerung der Sonderzahlung nach § 7 Abs. 1 tritt ein, wenn
– der einzelne Vertragsarzt sein für das Kalenderjahr 2007 maßgebliches Richtgrößenvolumen überschritten hat und
– der einzelne Vertragsarzt mindestens einen der nach § 4 vereinbarten Zielwerte nicht erreicht hat. Eine Saldierung zwischen den einzelnen Zielwerten findet nicht statt."
Nachdem außergerichtliche Bemühungen der Antragstellerin gescheitert sind, das Präparat Fraxiparin von der Liste entfernen zu lassen, hat sie am 12.07.2006 bei dem Sozialgericht (SG) München den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 18.08.2006 – S 28 KA 1322/06 ER – hat sich dieses Gericht für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Düsseldorf verwiesen.
Die Antragstellerin hat vorgetragen:
Der in Fraxiparin enthaltene Wirkstoff Nadroparin sei eines von mehreren niedermolekularen Heparinen, die wegen ihrer gerinnungshemmenden Wirkung in zahlreichen Indikationen eingesetzt würde. Hauptindikation sei die Thromboseprophylaxe. Fraxiparin sei am 25.07.1988 als erstes Fertigarzneimittel der Gruppe der niedermolekularen Heparine zur Thromboseprophylaxe arzneimittelrechtlich zugelassen worden. Heute sei Fraxiparin das am zweithäufigsten verordnete niedermolekulare Heparin nach dem Fertigarzneimittel Clexane. In der Hauptindikation Thromboseprophylaxe sei Fraxiparin das preiswerteste niedermolekulare Heparin. Dies gelte insbesondere im Vergleich zu den im Arzneiverordnungsreport von Schwabe mit niedrigeren DDD-Kosten angegebenen Konkurrenzprodukten Clexane, Fragmin und Clivarin. Die ärztlich verordnete Thromboseprophylaxe mit Fraxiparin sei um 12,6 % billiger als mit Clexane, um 6,3% billiger als mit Fragmin P bzw. Fragmin P Forte und um 18,6% billiger als mit Clivarin. Clexane und Fragmin seien in der aktuellen Liste patentgeschützter Analogpräparate nicht aufgeführt. Clivarin hingegen sei wie Fraxiparin als Analogpräparat gelistet. Die Qualifizierung von Fraxiparin als "Me-Too-Präparat" im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 Arzneimittelvereinbarung und deren Veröffentlichung würden das Recht auf einen von rechtswidrigen öffentlich-rechtlichen Maßnahmen unverzerrten Wettbewerb aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzen. Die Arzneimittelvereinbarung 2006 sei aus mehreren Gründen rechtswidrig. Sie hätte bis zum 30.11.2005 von den Vertragspartnern rechtswirksam abgeschlossen werden müssen (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V). Maßgebend sei insoweit der Veröffentlichungszeitpunkt (frühestens Ende Dezember 2005). Die Kompetenz, eine Arzneimittelvereinbarung zu bestimmen, habe nach dem 30.11. ausschließlich das Schiedsamt. Der Normsetzungsspielraum der Vertragspartner werde durch die gesetzlichen Regelungen begrenzt. Nach den §§ 35 b, 92, 139 a ff. SGB V obliege die Nutzenbewertung neuer Arzneimittel allein dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Zwar bewerte die Arzneimittelvereinbarung nicht selbst den Nutzen einzelner Arzneimittel. Allerdings setze die Anwendung der für die Vertragsärzte rechtlich verbindlichen "Me-Too-Quoten" notwendig voraus, dass feststehe, welche Arzneimittel hiervon erfasst seien. Eine "Me-Too-Quote" enthalte notwendig immer auch eine medizinische Nutzenbewertung. Diese stehe den regionalen Vertragspartnern indessen nicht zu. Selbst wenn aus § 73 Abs. 8 SGB V hergeleitet würde, dass Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen auf regionaler Ebene zur eigenständigen Konkretisierung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse befugt seien, lasse sich diese Informationslegitimation nicht auf die Kompetenz zum Abschluss von Zielvereinbarungen gem. § 84 Abs. 1 SGB V übertragen, weil die Informationen nach § 73 Abs. 8 SGB V für die Vertragsärzte nur Empfehlungscharakter hätten. Die Vereinbarung einer Me-Too-Quote setze ferner notwendig voraus, dass die erfassten Arzneimittel für den betroffenen Vertragsarzt hinreichend klar erkennbar seien. Dem genüge die Arzneimittelvereinbarung nicht, weil sie außer dem wenig weiterführenden Zusatz "ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber höheren Kosten" nicht erkennen lasse, welche Produkte erfasst seien. Die Me-Too-Liste sei notwendiger Bestandteil der Arzneimittelvereinbarung, damit selber Rechtsnorm und erst dann wirksam, wenn sie in dem gesetzlich vorgesehenen Normsetzungsverfahren zustande komme und ordnungsgemäß veröffentlicht werde. Das sei nicht geschehen. Auch im Übrigen seien die rechtsstaatlichen Anforderungen an eine wirksame Rechtsnorm nicht erfüllt, weil die erste Me-Too-Liste nicht bereits am 01.01.2006 auf den Internetseiten verfügbar gewesen sei. Spätere Veröffentlichungen einer Me-Too-Liste seien nicht in der Lage, die aus der am 01.01.2006 fehlenden Veröffentlichung folgende Rechtswidrigkeit der Arzneimittelvereinbarung und einer etwa auf ihr gründenden 4 %igen Honorarkürzung eines Vertragsarztes zu rechtfertigen. Weiterhin verstießen die veröffentlichten Me-Too-Listen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, weil sie sich inhaltlich wiederholt änderten. So sei auf der ersten Me-Too-Liste eine Fülle von Präparaten aufgeführt, die auf den späteren Listen ab 03.03.2006 fehlten. Umgekehrt seien auf der erstmals am 03.03.2006 veröffentlichten Liste einige Produkte zum ersten Mal aufgeführt. Soweit die Antragsgegnerin zu 1) die Me-Too-Präparateliste regelmäßig überarbeite, räume sie ein, dass eine eindeutige Qualifikation als "Me-Too-Präparat" nicht möglich sei, sich im Verlauf des Verordnungsjahres vielmehr unterschiedliche Beurteilungen ergeben könnten. Dies genüge nicht dem Gebot der Normenklarheit. Wenn man in das Verordnungsverhalten eines Vertragsarztes durch Androhung einer 4 %en Honorarkürzung massiv eingreife und dementsprechend die Wettbewerbsbedingungen der Pharmaunternehmen auf dem Arzneimittelmarkt stark beeinflusse, müsse von Beginn an und dauerhaft feststehen, welche Präparate betroffen seien. Voraussetzung einer rechtmäßigen Listung von Präparaten sei ferner, dass diese von den gesetzlich hierzu ermächtigten Vertragspartnern vorgenommen werde. Das sei zweifelhaft. Die erste Me-Too-Liste erwecke den Anschein, dass es sich nicht um eine von den Vertragspartnern vereinbarte Liste handele, sondern um eine Zusammenstellung der von der Klassifikation von Fricke/Klaus (vermeintlich) erfassten Wirkstoffe. In den weiteren ab 03.03.2006 auf den Internetseiten der Antragsgegnerin zu 1) veröffentlichten Listen werde am Ende als Quelle jeweils "Prof. Dr. Schwabe im Projektauftrag der KV Nordrhein und der nordrheinischen Krankenkassen" angegeben. Das lege es nahe, dass die Antragsgegner diese offensichtlich von Prof. Schwabe erstellte Liste nicht in ihren Normsetzungswillen aufgenommen, sondern die Normsetzung an den privaten Prof. Schwabe delegiert hätten. Eine hinreichend präzise Normsetzung durch die Vertragspartner selbst sei mithin nicht erfolgt. Die Normsetzungsdelegation sei rechtswidrig. Die Normsetzung sei zudem widersprüchlich. In § 4 Abs. 2 Nr. 2 Arzneimittelvereinbarung würden Me-Too-Präparate als Präparate "ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten" definiert. Die Vorbemerkungen der im Internet veröffentlichten Me-Too-Liste würden hiervon abweichen und eine andere Definition einführen. Während § 4 Abs. 2 Nr. 2 Arzneimittelvereinbarung die Therapierelevanz von Unterschieden zwischen den Arzneimitteln betone, sei für die am 03.03.2006 veröffentlichte sowie nachfolgende Me-Too-Listen entscheidend:
– Patentschutz des Wirkstoffs
– basierend auf der Methode von Fricke und Klaus (Arzneiverordnungsreport 1986 – 2005)
– kein oder nur marginaler Unterschied zu bereits eingeführten Präparaten
– Inverkehrbringen zwischen 1986 und 2004
– Patentschutz im Januar 2006 noch nicht abgelaufen
– Arzneimittel am 15.02.2006 im Handel
– zwischen Januar und September 2005 bundesweit mindestens 1000 Verordnungen
– pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel für die Hauptindikation mit günstigeren Tagestherapiekosten für die verordnungshäufigste Packungsgröße als Substitution verfügbar.
Diese Kriterien hätten keinen Bezug zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Arzneimittelvereinbarung. Überdies werde von der Definition des Analogpräparates in § 4 Abs. 2 Nr. 2 Arzneimittelvereinbarung abgewichen. Die widersprüchlichen Angaben der Antragsgegner führten letztlich dazu, dass die Arzneimittelvereinbarung den Wettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt mangels gesetzlicher Bestimmtheit rechtswidrig beeinflusse. Des weiteren: Nach § 84 Abs. 7 SGB V vereinbarten die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen, von denen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarungen nur abweichen dürften, soweit dies durch regionale Versorgungsbedingungen begründet sei. Weder hinsichtlich der Erhöhung der Generika-Quote noch hinsichtlich der Frage, wie Verfehlungen der Zielvereinbarungen sanktioniert werden könnten, würden für 2006 Rahmenvorgaben existieren. Die Vereinbarung von Generika-Mindest- und Me-Too-Höchstverordnungsquoten sowie die Zielverfehlungssanktion weiche mithin von den Rahmenvorgaben auf Bundesebene ab. Damit verstoße die Zielvereinbarung gegen § 84 Abs. 7 S. 3 SGB V und sei rechtswidrig. Zielvereinbarungen müssten schließlich nach der Gesetzessystematik ein zeitlich abgestuftes Verfahren vorsehen. Sofern die Ziele trotz Sicherungsmaßnahmen verfehlt würden, dürften die daraus resultierenden Folgen nicht Gegenstand derselben Arzneimittelvereinbarung, müssten vielmehr gem. § 84 Abs. 3 S. 1 SGB V Gegenstand späterer Gesamtverträge sein. Die vertragsarztindividuelle Sanktion einer Zielverfehlung stelle einen eigenständigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit des Vertragsarztes aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Anders als § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V enthalte § 84 SGB V keine gesetzliche Grundlage für arztindividuelle Sanktionen von Zielverfehlungen. Jedenfalls für 2006 sei sowohl der Sanktionsmechanismus als auch der pauschalierte 4%-igen Honorarabzug bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens rechtswidrig. Schließlich stelle es einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, das Honorar auch dann um 4 % zu kürzen, wenn eine Richtgrößenüberschreitung und eine Zielverfehlung in einem finanziell möglicherweise deutlich geringeren Umfang vorlägen. Die 4%ige Pauschalierung habe nichts mit Wirtschaftlichkeits- und Versorgungszielen zu tun, sondern stelle ein von den Kompetenzen der Vertragspartner nicht gedecktes Sanktionsinstrument mit strafähnlichem Charakter dar. Die Regelung sei auch rechtswidrig, weil sie dem Arzt keine individuelle Rechtfertigungsmöglichkeit seiner Zielverfehlung – über Praxisbesonderheiten – einräume. Die Sanktion greife auch dann ein, wenn sämtliche Verordnungen des Vertragsarztes dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügten. Der Sanktionsmechanismus der Arzneimittelvereinbarung laufe dem vom Gesetzgeber vorgesehene gestuften Verhältnis zwischen Zielvereinbarungen und Richtgrößen zuwider. Die Arzneimittelvereinbarung umgehe das gesetzlich vorgesehene System der Regelprüfmethoden. Die Rechtswidrigkeit folge schließlich daraus, dass Fraxiparin fälschlich als patentgeschütztes Analogpräparat gelistet sei. Fraxiparin sei zum ersten Mal in der ab 03.03.2006 auf den Internetseiten der Antragsgegnerin zu 1) veröffentlichten Liste patentgeschützter Analogpräparate aufgeführt worden. Bereits diese späte Klassifizierung als Analogpräparat sei rechtswidrig, weil ein Arzneimittel entweder ein Me-Too-Präparat im Sinne der Regelung der Arzneimittelvereinbarung oder aber kein Me-Too-Präparat sei. Eine unterschiedliche Klassifizierung im Laufe der Zeit widerspreche der statischen Eigenschaft eines Me-Too-Präparates und mache die Listung rechtswidrig. Selbst unter Zugrundelegung der rechtswidrigen Listungskriterien sei Fraxiparin kein Analogpräparat: Hierzu rechneten nur solche Arzneimittel, die keine oder nur marginale Unterschiede "zu bereits eingeführten Präparaten" aufwiesen. Das erste Arzneimittel einer neuen Klasse therapeutisch vergleichbarer Arzneimittel werde als sog. "echte Innovation" gegenüber den Analogpräparaten dadurch privilegiert, dass es keiner Me-Too-Quote in der Verordnungspraxis unterfalle. Fraxiparin sei jedoch das erste niedermolekulare Heparin, das für die Hauptindikation dieser Arzneimittel, nämlich zur Thromboseprophylaxe, arzneimittelrechtlich zugelassen worden sei. Soweit mit Fragmin ein anderes niedermolekulares Heparin zeitlich früher eine arzneimittelrechtliche Zulassung erhalten habe, sei dies irrelevant, weil diese Zulassung sich auf abweichende Indikationen beziehe. Weitere Voraussetzung für die Aufnahme in die Me-Too-Liste sei es, dass ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel für die Hauptindikation mit günstigeren Tagestherapiekosten verfügbar sei. Fraxiparin sei entgegen der Ausführungen im Arzneiverordnungsreport 2005 in der Hauptindikation Thromboseprophylaxe preisgünstiger als die dort als vermeintlich preisgünstiger angegebenen Arzneimittel Clexane, Fragmin und Clivarin. Die Listung von Fraxiparin führe bei therapeutischer Vergleichbarkeit zu einem unwirtschaftlichen Verordnungsverhalten und verstoße damit gegen § 12 Abs. 1 SGB V. Der Preisvergleich im Arzneiverordnungsreport 2005 basiere auf den WHO-DDD für die Anti-X a-Wirksamkeit. Ein solcher Preisvergleich rechtfertige keine Qualifizierung als Analogpräparat. Die WHO betone ausdrücklich, dass die DDD nicht dazu geeignet seien, Arzneimittel im Hinblick auf Erstattungsfragen und Preisfestsetzungen zu vergleichen. Bereits der Umstand, dass im Arzneiverordnungsreport auf die WHO-DDD und nicht auf die DIMDI-DDD zurückgegriffen werde, lasse eine etwaige gesetzliche Legitimation des Rückgriffs auf DDDs für einen Preisvergleich entfallen. Überdies enthalte § 73 Abs. 8 SGB V keine gesetzliche Legitimation dafür, Preisvergleiche auf die WHO-DDD in Arzneimittelvereinbarungen zu stützen, die für die Vertragsärzte rechtlich verbindliche Vorgaben enthielten und zudem mit einer pauschalierten 4%igen Honorarkürzung verknüpft seien. Der Preisvergleich im Arzneiverordnungsreport 2005 sei unzutreffend. Auf unzutreffende Preisvergleiche im Hinblick auf die Hauptindikation könnten sich rechtsverbindliche Eingriffe in den Arzneimittelmarkt indessen nicht stützen. Die Listung von Fraxiparin, nicht aber der im Verordnungsalltag teureren Fertigarzneimittel Clexane und Fragmin verletze den Anspruch der Antragstellerin auf Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher sachlicher Grund sei für die Differenzierung zwischen dem gelisteten Fraxiparin einerseits und den nicht gelisteten Präparaten Clexane und Fragmin nicht ersichtlich. Vielmehr handele es sich bei Fraxiparin sowohl um die preisgünstigere Therapie zur Thromboseprophylaxe als auch – im Gegensatz zu Clexane und Fragmin – um eine "echte Innovation". Der Anspruch auf Unterlassung und Widerruf bestehe, weil die Listung von Fraxiparin als Analogpräparat inhaltlich unzutreffend sei. Zumindest hätte auf verbliebene Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit Fraxiparin als Analogpräparat gelistet werde, hingewiesen werden müssen. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die Arzneimittelvereinbarung und insbesondere die Listung von Fraxiparin als Analogpräparat seien offensichtlich rechtswidrig. Daher seien die Anforderungen an den Anordnungsgrund sehr niedrig mit der Folge, dass dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel stattzugeben sei. Sie – die Antragstellerin – könne nicht auf die Geltendmachung von Sekundäransprüchen verwiesen werden, weil Schadensersatzansprüche kaum präzise bezifferbar seien, wenn das Verordnungsverhaltens der Vertragsärzte zu Lasten der Antragstellerin rechtswidrig beeinflusst werde. Die Listung von Fraxiparin habe massive Auswirkungen auf die Verordnungszahlen von Fraxiparin im Bereich der KV Nordrhein. Die Umsatzeinbußen würden sich für die Laufzeit der Arzneimittelvereinbarung 2006 auf mindestens 300.000, 00 EUR belaufen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten,
das Arzneimittel Fraxiparin (Wirkstoff Nadroparin) nicht als "Me-Too-Präparat" bzw. Analogpräparat bzw. Schritt- oder Scheininnovation zu bezeichnen,
insbesondere dieses Arzneimittel aus der im Internet auf den Seiten der Antragsgegnerin zu 1) (http://www.kvno.de) veröffentlichten Liste "Patentgeschützte Analogpräparate" zu entfernen und
diese Entfernung von Fraxiparin von der Liste patentgeschützter Analogpräparate durch einen Hinweis auf der Internetseite der Antragsgegnerin zu 1) sowie in einem Rundschreiben an die der Antragsgegnerin zu 1) angehörenden Ärzte bekannt zu geben.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat beantragt,
den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung vom 05. Juli 2006 – Eingang bei ihr am 21. Juli 2006 – zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin zu 5) hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 05.07.2006 zurückzuweisen.
Die Antragsgegner haben darauf verwiesen, dass es bereits am Anordnungsgrund fehle.
Mit Beschluss vom 08.09.2006 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Es fehle bei einem Umsatzrückgang von ca. 300.000,00 EUR bereits an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin sei der weltweit zweitgrößte Pharmakonzern, der im Jahre 2005 weltweit einen Umsatz von 37,7 Mrd. US-Dollar, davon in Deutschland 846 Mio. EUR, erzielt habe. Auch wenn allein auf die Umsätze in Deutschland abgestellt werde, führe ein Umsatzrückgang von 300.000,00 EUR zu Umsatzeinbrüchen von nur ca. 0,035 %. Damit seien schwere und unzumutbare Nachteile nicht verbunden. Ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache, in der allen Rechtsfragen und tatsächlichen Gegebenheiten umfassend nachgegangen werden könne, sei zumutbar. Ggf. eintretende finanzielle Nachteile der Antragstellerin könnten durch Sekundäransprüche (Amtshaftungsansprüche) kompensiert werden. Hinzu komme, dass es ein besonderes Anliegen des Gesetzgebers sei, die Arzneimittelausgaben zu steuern. Die Erhaltung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung sei ein Gemeinwohlbelang von hohem Rang. Daher wiege das Interesse der Antragsgegner an der Umsetzung der Arzneimittelvereinbarung und dem Erreichen der Wirtschaftlichkeitsziele schwer.
Diese Entscheidung greift die Antragstellerin mit der Beschwerde an. Sie trägt u.a. vor: Der Anspruch auf Unterlassung und Widerruf sei schon deswegen begründet, weil die Behauptung, Fraxiparin sei ein Me-Too-Präparat im Sinn der Definition, die der Me-Too-Liste vorangestellt sei, falsch sei. Fraxiparin sei nicht "basierend auf der Methode von Fricke und Klaus" als Analogpräparat klassifiziert. Es handele sich um das erste arzneimittelrechtlich zugelassene niedermolekulare Heparin für die Hauptindikation Thromboseprophylaxe. Fraxiparin sei in dieser Indikation preisgünstiger als die Heparine Clexane, Fragmin und Clivarin. Einen Anordnungsgrund habe das SG fälschlich verneint. Es habe verkannt, dass die Entscheidung in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät komme, denn die Arzneimittelvereinbarung 2006 ende mit dem 31.12.2006. Das SG habe ferner übersehen, dass die drohenden Nachteile irreparabel seien. Der Umsatzrückgang von 300.000,00 EUR gefährde sie – die Antragstellerin – zwar nicht existenziell. Es sei allerdings unmöglich, etwaige Schadensersatzansprüche hinreichend substantiiert geltend zu machen. Ferner führe die Klassifizierung des Präparats Fraxiparin im Ergebnis zu einer Marktverdrängung auch in anderen KV-Bezirken. Für 2007 würden sich diese Beeinträchtigungen unter Geltung der Arzneimittelvereinbarung 2007 fortsetzen. Gegenläufige Interessen der Antragsgegner seien nicht ersichtlich. Soweit mit der Arzneimittelvereinbarung das Ziel verfolgt werde, die Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu stützen, werde dies durch die Klassifizierung des Präparats Fraxiparin als Me-Too-Präparat nicht gefördert, vielmehr beeinträchtigt. Fraxiparin sei das preisgünstigste niedermolekulare Heparin zur Thromboseprophylaxe. Im Übrigen seien auch die deutlich überwiegenden Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahren einzubeziehen. Letztlich komme es nicht darauf an, ob und inwieweit irreparable Nachteile drohten. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG komme eine einstweilige Anordnung bereits dann in Betracht, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig sei. Das sei dann der Fall, wenn ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung – wie hier – nicht zumutbar sei. Und ein Obsiegen in der Hauptsache zu erwarten sei.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 08.09.2006 abzuändern und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
Die Antragsgegnerin zu 1) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die von ihr übersandte Stellungnahmen von Prof. Dr. Schwabe, Pharmakologisches Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, vom 15.09.2006/ 12.10.2006. Hieraus folge, dass Fraxiparin zutreffend als Analogpräparat klassifiziert sei, es sich dabei nicht um das erste niedermolekulare Heparin für die Thromboseprophylaxe handele, dieses Präparat überdies in der Hauptindikation teurer sei als andere niedermolekulare Heparine.
Die Antragsgegner zu 4), 7) und 8) schließen sich dem an.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakten verwiesen.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der angefochtene Beschluss des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung nach Maßgabe der in Absatz 1 bzw. Absatz 2 genannten Voraussetzungen treffen. Durch das am 02.01.2002 in Kraft getretene 6. SGG-ÄndG (BGBI. l S. 2144 ff.) ist der einstweilige Rechtsschutz im SGG in Anlehnung an §§ 80 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geregelt worden. Dies rechtfertigt es, die zu §§ 80, 80 a, 123 VwGO entwickelten Grundsätze auf das sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen (Senatsbeschlüsse vom 18.09.2002 – L 10 B 9/02 KA ER – und vom 23.08.2002 – L 10 B 12/02 KA ER -). Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden. Eine Sicherungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kommt danach in Betracht, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann ergehen, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierunter fallen die praktisch häufigen Fälle eines Verpflichtungs- oder Leistungsbegehrens (vgl. Düring in Berliner Kommentare, SGG, 2. Auflage, 2006, § 86 b Rdn. 11). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -; Senatsbeschluss vom 04.09.2006 – L 10 B 2/06 KA ER -), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfGE 93, 1 ff). Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können (BVerfG NJW 1997, 479, 480; NVwZ RR 2001, 694 bis 695; Senatsbeschluss vom 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich:
1. Das Rechtschutzbedürfnis ist nicht entfallen. Die Arzneimittelvereinbarung 2006 endete zwar am 31.12.2006. Die Antragsgegner haben jedoch eine neue, inhaltlich im Wesentlichen deckungsgleiche Arzneimittelvereinbarung 2007 abgeschlossen. Hierdurch werden die von der Antragstellerin gesehenen Rechtsbeeinträchtigungen perpetuiert.
2. Ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht. Soweit das SG den Anordnungsgrund deswegen verneint hat, weil der von der Antragstellerin bezifferte Umsatzverlust von ca. 300.000,00 EUR angesichts des weltweiten Pharmaumsatzes des Konzerns GlaxoSmithKline (2005: 37,7 Mrd. US-Dollar) letztlich zu vernachlässigen ist, vermag der Senat dem allerdings nicht zu folgen. Die Antragstellerin ist zwar Teil des vorgenannten Konzerns. Sie ist aber – anders als eine Zweigniederlassung (§§ 13 ff. Handelsgesetzbuch – HGB -) eine eigenständige juristische Person des Privatrechts. Muss bei einer Zweigniederlassung grundsätzlich auf die wirtschaftliche Situation der "Hauptniederlassung" abgestellt werden (hierzu Senatsbeschluss 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER -), gilt dies für die Antragstellerin nicht. Sie ist eine Kommanditgesellschaft und damit eine juristische Person des Privatrechts. Sie kann selbstständig Rechte und Pflichten begründen (§§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB), wird dabei – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – durch jeden Gesellschafter vertreten (§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1 HGB ), unterliegt einer eigenen Buchführungspflicht und muss eine Bilanz erstellen (vgl. §§ 161 Abs. 2, 120 Abs. 1 HGB). Diese gesellschaftsrechtliche Stellung gebietet es, ungeachtet dessen, dass die Antragstellerin in den Konzern GlaxoSmithKline eingebettet ist, auf ihre wirtschaftliche Situation abzustellen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 14.12.2006 – L 10 B 21/06 KA ER – für eine GmbH). Der in Deutschland erzielte Umsatz beläuft sich nach den Ermittlungen des SG auf 846 Mio. EUR. Ein Umsatzrückgang von 300.000,00 EUR entspricht ca. 0,0035 %. Schon dieses Zahlenverhältnis deutet darauf hin, dass es am Anordnungsgrund fehlt. Zwar hat der Senat im Beschluss vom 09.07.2004 – L 10 B 6/04 KA ER – (GesR 2004, 418, 420) deutlich gemacht, dass er angesichts des 6. SGG-ÄndG nicht mehr in vollem Umfang an den zuvor aufgestellten hohen Anforderungen an den Anordnungsgrund festhält und es nunmehr ausreicht, wenn wesentliche Nachteile glaubhaft gemacht werden. Ein Umsatzrückgang von 0,0035 % genügt diesen Anforderungen indessen nicht. Soweit die Antragstellerin den irreparablen Nachteil darin sieht, Sekundäransprüche infolge von Beweisschwierigkeiten kaum durchsetzen zu können, kann dahin stehen, ob dies zutrifft. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist es nicht die Aufgabe des Senats, in allen Einzelheiten zu prüfen, ob und inwieweit die Antragstellerin etwaige Schadensersatzansprüche substantiieren und mittels zivilgerichtlichen Schadensersatzklage durchsetzen kann. Das hängt von einer Vielzahl von nur schwerlich prognostizierbaren Umständen ab. Dazu rechnet auch, dass naturgemäß nicht absehbar ist, was im Zivilprozess vorgetragen wird und ob das Zivilgericht ggf. Beweiserleichterungen zu Gunsten der Antragstellerin annimmt. Auch der Hinweis der Antragstellerin darauf, ihr Produkt Fraxiparin werde faktisch vom Markt verdrängt, rechtfertigt keinen Anordnungsgrund. Die Marktverdrängung als solche, wenn sie denn einträte, stellt keinen schweren und unzumutbaren Nachteil dar. Dieser Effekt muss grundsätzlich mit wesentlichen finanziellen Nachteilen einhergehen. Anderenfalls müsste ein Anordnungsgrund schon dann angenommen werden, wenn ein Produkt, das für den Gesamtumsatz des Herstellers letztlich bedeutungslos ist und auch nur minimale Marktanteile erzielt, einem Verdrängungsprozess ausgesetzt wird. Dass eine solche Konstellation schwerlich einen "wesentlichen Nachteil" im Sinn des § 86 b Abs. 2 SGG jedenfalls dann darstellt, wenn ein Obsiegen in der Hauptsache – wie hier – nicht überwiegend wahrscheinlich ist, drängt sich auf.
Zutreffend verweist die Antragstellerin darauf, dass auch gegenläufige Interessen der Antragsgegner einbezogen werden müssen. Das SG hat dem Zweck der Arzneimittelvereinbarung "Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung" insoweit besonderes Gewicht beigemessen. Das ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Allerdings liefe diese Erwägung leer, wenn die auf einem eingehenden Kostenvergleich beruhende Auffassung der Antragstellerin zutreffen würde, Fraxiparin stelle das preisgünstigste niedermolekulare Heparin zur Thromboseprophylaxe dar. Dem ist die Antragsgegnerin zu 1) unter Bezugnahme auf die ausführlichen Stellungnahmen von Prof. Schwabe (15.09., 15.10. und 14.12.2006) entgegengetreten. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lässt sich nicht klären, welche der entgegengesetzten Auffassungen zutrifft. Hierzu bedarf es nötigenfalls umfangreicher Sachaufklärung. Diese bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Soweit die Antragstellerin meint, dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung jedenfalls dann nicht zumutbar sei, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anordnungsanspruch besteht, tritt der Senat dem rechtlichen Ansatz grundsätzlich bei. Allerdings lässt sich derzeit nicht feststellen, dass die Klassifizierung von Fraxiparin als Analogpräparat offensichtlich falsch ist (dazu unten).
2. Der Anordnungsanspruch ist nicht überwiegend wahrscheinlich.
a) Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung der Me-Too-Liste ist § 84 Abs. 1 SGB V. Danach haben die Antragsgegner eine Arzneimittelvereinbarung zu treffen, die neben einem Ausgabenvolumen für Arzneimittel auch Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsätze dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere zur Information und Beratung enthalten soll. In Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrags haben die Antragsgegner zum einen Wirtschaftlichkeits- und Versorgungsziele (§ 4 Abs. 2 der Vereinbarung) vereinbart und sich zum anderen in § 5 Abs. 2 sowohl zu einer allgemeinen Unterrichtung der Ärzte über die Vereinbarung und die Notwendigkeit einer Änderung des Verordnungsverhaltens als auch einer gezielten Information über die therapeutischen Bewertung einzelner Arzneimittel verpflichtet. Dem dienen die angegriffenen Maßnahmen, insbesondere die Veröffentlichung der Me-Too-Liste. Das BSG hat die Ermächtigung des Bundesausschusses zum Erlass von Richtlinien für eine wirtschaftliche Verordnung (§ 92 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 6 SGB V) für ausreichend gehalten, um zur Konkretisierung des den Vertragsarzt unmittelbar bindenden Wirtschaftlichkeitsgebotes Therapiehinweise zu erlassen (BSG vom 31.08.2006 – B 6 KA 13/05 R -). Auch die Vorgaben des § 84 Abs. 1 SGB V dienen der Einhaltung und Erfüllung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Bei der Neufassung des § 84 Abs. 1 SGB V durch das Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz (ABAG) hat der Gesetzgeber ausdrücklich gefordert, Wirtschaftlichkeitsziele hinsichtlich der bevorzugten Verordnung von Generika und Analogpräparaten zu vereinbaren (BT-Drucksache 14/6309, 7). Somit stellt § 84 Abs. 1 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage für die zur Umsetzung der hier getroffenen Arzneimittelvereinbarung dienenden Maßnahmen der Antragsgegnerin zu 1) dar (vgl. auch Beschluss des LSG NRW vom 27.06.2006 – L 11 B 31/06 KA ER – sowie Senatsbeschlüsse vom 09.08.2006 – L 10 B 6/06 KA ER – und 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER -). Der abweichenden Auffassung der Antragstellerin folgt der Senat nicht. Zutreffend ist zwar, dass die Veröffentlichung der Me-Too-Liste nicht auf § 73 Abs. 8 SGB V gestützt werden kann, denn dessen Voraussetzungen sind ersichtlich nicht erfüllt. Indessen sieht der Senat in § 84 Abs. 1 SGB V eine eigenständige und von § 73 Abs. 8 SGB V zu trennende Ermächtigungsgrundlage. Aus der Gesetzesbegründung zu § 84 SGB V folgt, dass die auf Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele ausgerichteten Maßnahmen auch Informationen der Vertragsärzte umfassen (BT-Drs. 14/6309). Im Gesetzeswortlaut hat diese Vorstellung ihren Niederschlag gefunden. Darin wird den Vertragspartnern ausdrücklich vorgegeben, dass die Vereinbarung auch Maßnahmen zur Information enthalten muss. Hierbei handelt es sich um ein aliud zu den in § 73 Abs. 8 SGB V geregelten Informationsmechanismen, da § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V sonst schlicht überflüssig wäre. Das kann angesichts der Gesetzbegründung (vgl. oben ) nicht angenommen werden. Im Übrigen ist § 73 Abs. 8 SGB V dem Ersten Titel des Zweiten Abschnitts des Vierten Kapitels des SGB V zugeordnet. Hierin finden sich die gesetzlichen Grundlagen für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§§ 72-76 a SGB V). Demgegenüber unterfällt § 84 SGB V dem Dritten Titel – Verträge auf Bundes- und Landesebene. Gesetzgebungstechnisch folgerichtig stellt deshalb § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V nicht nur eine Ermächtigungsgrundlage für arztbezogene Informationen dar. Der Gesetzgeber hat den Vertragsparteien vielmehr bindend den Vertragsinhalt vorgegeben, nämlich konkrete Maßnahmen zur Umsetzung von Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitszielen, insbesondere zwecks Information, zu vereinbaren. Damit steht § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V in einem ganz anderen Zusammenhang als die nicht abschließende Regelung des § 73 Abs. 8 SGB V und stellt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für § 4 (Zielvereinbarung) und § 5 (Maßnahmen zur Zielerreichung) der Arzneimittelvereinbarung dar. Dies wiederum bedeutet, dass die auf § 5 Abs. 2 dieses Vertragswerks beruhende Informationspflicht der Antragsgegnerin auf § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V als hinreichende Ermächtigungsgrundlage zurückzuführen ist.
b) Zutreffend verweist die Antragstellerin darauf, dass die Antragsgegner die Arzneimittelvereinbarung bis zum 30.11. für das jeweils folgenden Kalenderjahr zu treffen haben (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Arzneimittelvereinbarung 2006 ist am 21.11.2005 vereinbart und im Rheinischen Ärzteblatt 1/2006 vom 28.12.2005, S. 82 ff …veröffentlicht worden. Soweit die Antragstellerin meint, es komme nicht auf den Abschluß der Vereinbarung sondern auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung an, führt das nicht weiter. Zwar ist die Arzneimittelvereinbarung nach dem 30.11.2005 veröffentlicht worden. Dies ist indessen im hier interessierenden Zusammenhang unschädlich. Denn die Arzneimittelvereinbarung wird nicht unwirksam oder auch nur rechtswidrig, wenn sie nach dem durch § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmten Stichdatum veröffentlicht wird; insbesondere fällt die Abschlusskompetenz dann nicht in die alleinige Zuständigkeit des Schiedsamtes (§ 89 SGB V). Aus der von der Antragstellerin in Bezug genommenen Entscheidung des BSG vom 02.11.2005 – B 6 KA 63/04 R – folgt nicht anderes. Das BSG hat hierin für Richtgrößenvereinbarungen entschieden, dass diese bereits vor Beginn des Jahres, für das sie gelten sollen, abgeschlossen und bekannt gemacht werden müssen. Dies folge aus der beabsichtigten Steuerungsfunktion der Richtgrößenfestlegungen, eine steuernde Einwirkung sei nur denkbar, wenn die Richtgröße bereits zu Beginn des Zeitraums vorliege, für den sie eine Orientierung bieten solle. Zur Überzeugung des Senats sind diese Überlegungen auf die Arzneimittelvereinbarung zu übertragen. Deren Steuerungsfunktion ergibt sich unmissverständlich aus § 1 der Vereinbarung. Dass die Arzneivereinbarung 2006 erst nach dem 30.11.2005 veröffentlicht worden ist, berührt indessen nicht deren Wirksamkeit ex nunc. Denn die Vertragpartner können solche Vereinbarungen auch erst im Verlaufe des Jahres schließen, müssen dabei aber beachten, dass für die schon verstrichene Zeit keine Verhaltenssteuerung mehr bewirkt werden kann und hieran auch keinerlei Sanktionen (rückwirkend) geknüpft werden dürfen (vgl. BSG a.a.O zur Richtgrößenvereinbarung). Im Übrigen: Schließen die Vertragspartner keine oder nur verspätet eine Arzneimittelvereinbarung, so verstoßen sie zwar gegen den Normbefehl des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Alleinige Rechtsfolge ist insoweit, dass nunmehr die zuständige Aufsichtsbehörde einschreiten muss ( § 78 SGB V). Ohnehin wäre die Antragstellerin durch eine verspätete Veröffentlichung nicht beschwert. Ihr Präparat Fraxiparin ist erstmals in der aktualisierten Liste vom 03.03.2006 aufgeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die Arzneimittelvereinbarung bereits veröffentlicht.
c) Die Me-Too-Liste ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Rechtsnorm. Sie ist nicht notwendiger Bestandteil der Arzneimittelvereinbarung und weist insbesondere keine eigenständige Rechtsnormqualität auf. Es fehlt sowohl am Normbindungswillen des (vermeintlichen) Normgebers als auch an jeglichem Regelungsgehalt der Liste. Ein förmliches Normsetzungsverfahren ist insoweit nicht zu beachten. Die Me-Too-Liste beruht auf § 5 Abs. 2 der Vereinbarung (Maßnahmen der Zielerreichung). Hiernach verpflichtet sich die Antragsgegnerin dazu, die Vertragsärzte ihres Bezirks über die Abs. 2 aufgeführten Themenkomplexe zu unterrichten. Hierzu rechnet auch die Me-Too-Liste, mittels der zwar auf ein bestimmtes Verordnungsverhalten hingewirkt werden soll (§ 1 der Vereinbarung), die Therapieverantwortung letztendlich dennoch beim Vertragsarzt verbleibt (Senatsbeschluss vom 09.08.2006 – L 10 B 6/06 KA ER -), ihr mithin keinerlei Regelungscharakter beizumessen ist.
d) Soweit die Antragstellerin vorträgt, Normsetzung durch Private im grundrechtsrelevaten Bereich verlange eine gesetzliche Grundlage, ist dies zutreffend. Unzutreffend ist allerdings ihre Auffassung, die Me-Too-Liste sei deswegen rechtswidrig, weil die Antragsgegner deren Erstellung an Prof. Schwabe delegiert hätten. Die Me-Too-Listen ab 03.03.2006 schließen jeweils mit dem Hinweis "Quelle: Prof.Dr. Schwabe im Projektauftrag der KV Nordrhein und der nordrheinischen Krankenkassen". Um eine Delegation rechtsetzender Gewalt handelt es sich dabei nicht. Dies folgt schon daraus, dass die Me-Too-Liste keinerlei Rechtsnormqualität hat und sich auf einen informatorischen Inhalt beschränkt (vgl. oben). Im Übrigen bleibt es jeder Verwaltung unbenommen, externen Sachverstand hinzuziehen und dies zu publizieren.
e) Die in der Qualifizierung als Me-Too-Präparat im Sinne der Arzneimittelvereinbarung enthaltene Bewertung des therapeutischen Nutzens wird nicht durch § 35 b SGB V ausgeschlossen. Diese Vorschrift regelt Einzelheiten zu den Aufgaben des nach § 139 a Abs. 1 SGB V errichteten Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bzgl. der Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1525, 88) lässt sich nicht entnehmen, dass damit dem IQWiG die ausschließliche Nutzenbewertung von Arzneimitteln übertragen ist. Zutreffend weist das Sozialgericht München im Beschluss vom 18.05.2006 (S 47 KR 444/06 ER) darauf hin, dass in diesem Fall jede Darstellung der Antragsgegnerin bzw. der Krankenkassen mit Hinweisen auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu Arzneimitteln gesetzwidrig wäre und auch die Beschränkung des IQWiG auf Fragen grundsätzlicher Bedeutung und das beschränkte Antragsrecht für ein Tätigwerden des Instituts gegen eine "Sperrwirkung" des § 35 b SGB V spreche. Die Einführung eines Verfahrens mit transparenten Bewertungskriterien und Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten beruht darauf, dass die Empfehlungen des IQWiG die fachliche Grundlage für Beschlüsse des GBA nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V bilden. Die vom GBA in den Arzneimittel-Richtlinien vorgenommenen Bewertungen entfalten im Verhältnis zu Krankenkassen, Ärzten und Versicherten gleichermaßen rechtliche Wirkung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 27 Nr. 9). Deswegen ist es konsequent, dass der Gesetzgeber eine besondere Regelung für das Verfahren in § 35 b SGB V getroffen hat. Die rechtliche Systematik des SGB V steht dem nicht entgegen. Einzuräumen ist, dass der Gesetzgeber eine Nutzbewertung von Arzneimitteln durch den GBA nur insoweit vorsieht, als integraler Bestandteil des Bewertungsvorgangs ein transparenter Entscheidungsprozess unter Einbeziehung der hiervon betroffenen Fachkreise ist (vgl. §§ 92 Abs. 2, 139 a ff. SGB V). Das betrifft indessen nur die von diesem Gremium zu beachtenden Verfahrensmodalitäten. Hieraus kann nicht hergeleitet werden, dass es der Antragsgegnerin zu 1) verwehrt wäre, die Me-Too-Liste zu erstellen und zu veröffentlichen. Rechtsgrundlage hierfür ist – wie dargestellt – § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V. Den bindenden Vorgaben des Gesetzgebers müssen die in § 84 Abs. 1 Satz 1 genannten Vertragspartner nachkommen. Dass es sich bei den unter Nr. 2 genannten Maßnahmen, insbesondere zur Information um Beratung um ein Aliud zu den in § 73 Abs. 3 SGB V geregelten Mechanismen handelt, hat der Senat bereits ausgeführt. Für das Verhältnis zu den Regelungen, denen der GBA unterliegt, gilt nichts anderes. Eine ausschließliche Zuständigkeit zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln vermag der Senat dem Normengeflecht der §§ 84 Abs. 1, 92 Abs. 2, 139 a ff. SGB V nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil die mittels der Me-Too-Liste implizierte Bewertung nicht verbindlich ist. Angesichts der unter § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Vereinbarung definierten Quoten für die dort genannten Arztgruppen verbleibt den jeweiligen Vertragsärzten die Möglichkeit, in den ihnen geboten erscheinenden Fällen ohne für sie negative Folgen auch Analogpräparate zu verordnen. Im Beschluss vom 09.08.2006 – L 10 B 6/06 KA ER – hat sich der Senat ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit die Me-Too-Liste bzw. das damit zusammenhängende Regelwerk in die Therapieverantwortung des Arztes eingreift. Der Senat hat dies verneint.
f) Die Einordnung von Medikamenten als Me-Too-Präparate ist ausreichend bestimmt. Zwar wird der Begriff des Me-Too-Präparates in der Vereinbarung nicht selbst definiert. Es handelt sich aber um einen seit Anfang der achtziger Jahre eingeführten Begriff, der nicht nur dem seit Jahren erscheinenden Arzneiverordnungsreport, sondern auch den nach § 84 Abs. 5 Satz 4 erstellten GKV-Arzneimittelschnellinformationen (GAmSi) zugrunde liegt. Für die interessierten Kreise ist die Einstufung ausreichend transparent (so auch LSG NRW vom 27.06.2006 – L 11 B 31/06 KA ER -; Senatsbeschluss vom 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER -). Soweit sich die Einstufungen wiederholt ändern, kann die Antragstellerin hieraus nichts zu Ihren Gunsten herleiten. Ob und inwieweit die Me-Too-Liste bzw. die Me-Too-Quote eine steuernde Funktion entfalten können, wenn und soweit die von ihr erfassten Präparate auch im Verlauf eines Jahres ausgetauscht werden, mag problematisch erscheinen, ist indessen nicht zu beanstanden. Präparate werden gestrichen, wenn sie außer Handel waren oder keine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren preisgünstigeren Alternativen mehr existieren (KVNO-Ticker 16/2006 Seite 1). Im Übrigen ist der Umsatzanteil der Me-Too-Präparate im Bezirk der Antragsgegnerin zu 1) in 2006 auf 13,5 % gesunken (www.kvno.de/presse/meld2006/metoo generika07). Ohnehin ist die Antragstellerin hiervon nicht betroffen. Ihr Präparat Fraxiparin ist erstmals am 03.03.2006 gelistet worden und wird seither kontinuierlich geführt.
g) Die Normsetzung der Antragsgegner ist nicht widersprüchlich. Soweit § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Arzneimittelvereinbarung Me-Too-Präparate als "ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten" charakterisiert, es hingegen in den Vorbemerkungen der Me-Too-Liste heißt: "Als patentgeschützte Analogpräparate werden alle patentgeschützten Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen bezeichnet, die basierend auf der Methode von Fricke und Klaus (Arzneiverordnungsreport 1986-2005) als Analogpräparate mit keinem der marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Wirkstoffen klassifiziert wurden", lässt sich hieraus für eine widersprüchliche Normsetzung nichts herleiten. Dieser von der Antragstellerin verfolgte gedankliche Ansatz käme nur dann zum Zug, wenn auch die Me-Too-Liste Rechtsnormqualität hätte. Das ist – wie dargelegt – nicht der Fall. Im Übrigen erschließt sich dem Senat auch nicht, dass die Vorbemerkungen der Me-Too-Liste einerseits und § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Vereinbarung andererseits inkohärent sein sollen. Die Vorbemerkungen erläutern den in § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Vereinbarung benutzten, dort aber nicht näher definierten Begriff des Me-Too-Präparats. Der Zusatz "aber mit höheren Kosten" ist kein notwendiger Bestandteil des Begriffs "Me-Too". Analogpräparate sind keineswegs immer teuerer als bereits am Markt vorhandene Arzneimittel; sie können sogar dazu beitragen, Wirtschaftlichkeitsreserven bei den Arzneiausgaben zu mobilisieren Demgemäß lautet die Überschrift der Me-Too-Liste richtigerweise auch nur "Patentgeschützte Analogpräparate". Soweit es § 4 Abs. 2 Nr. 2 Arzneimittelvereinbarung anlangt, wird der Me-Too-Begriff um den Zusatz "aber mit höheren Kosten" angereichert. Dies ist folgerichtig, weil auf das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte auch nur hinsichtlich der "Me-Too-Präparate mit höheren Kosten" eingewirkt werden soll, um insoweit eine Kostenreduktion zu erreichen.
h) Die Arzneimittelvereinbarung ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V nicht beachtet worden wären. Die Rahmenvorgaben für das Jahr 2006 haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am 06.10.2005 vereinbart (DÄBl. Nr. 48 vom 02.12.2005, S. A 3366). Hiervon dürfen die Vertragsparteien des § 84 Abs. 1 SGB V nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist (§ 84 Abs. 7 Satz 3 SGB V). Soweit es um die Erhöhung der Generika-Quote bzw. Reduzierung der Verordnung von Me-Too-Präparaten sowie um die Frage geht, wie zu verfahren ist, wenn die Zielvereinbarungen verfehlt werden, finden sich in der Rahmenvorgabe vom 06.10.2005 keinerlei Regelungen. Dies führt indes weder zur Rechtswidrigkeit der Arzneimittelvereinbarung noch der darin geregelten Zielvereinbarungen noch der Me-Too-Liste. Der Antragstellerin lässt insoweit unberücksichtigt, dass die Rahmenvorgabe des § 84 Abs. 7 SGB V die Vertragsparteien des § 84 Abs. 1 SGB V nur insoweit (relativ) bindet, als eine Regelung getroffen wird. Fehlt es hieran, tritt keine Bindung ein. Die ergibt sich daraus, dass die Vertragsparteien des § 84 Abs. 1 SGB V nur unter den in Abs. 3 genannten Voraussetzungen von den Rahmenvorgaben abweichen dürfen. M.a.W: Bindend sind Vorgaben; fehlt es an Vorgaben, sind die Vertragsparteien des § 84 Abs. 1 SGB V frei. Das wiederum bedeutet, dass die Antragsgegner nicht durch Rahmenvorgaben gehindert sind, Zielvereinbarungen hinsichtlich der Erhöhung der Generika-Quote zu treffen. Im Übrigen enthält Nr. 3 der Rahmenvorgabe ausdrücklich nur Empfehlungen für Zielvereinbarungen mit Beispielen und Berechnungsmustern.
i) Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Zielvereinbarungen müssten ein zeitlich abgestuftes Verfahren vorsehen, da nur Ziele und Maßnahmen nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V vereinbart werden dürften, etwaige Sanktionen hingegen in gesonderten Gesamtverträgen (§ 84 Abs. 3 SGB V) zu regeln seien, lässt der Senat offen, ob er dem folgt. Selbst wenn die Auffassung der Antragstellerin zutreffen sollte, kann sie hieraus nichts herleiten. Durch Zielverfehlungssanktionen wird nicht sie, sondern der hiervon konkret betroffene Vertragsarzt beschwert. Sofern dieser Teil der Arzneimittelvereinbarung rechtswidrig wäre, hätte das nicht zur Folge, dass auch die Vereinbarung im Übrigen rechtswidrig wäre. Vielmehr wäre in Anlehnung an § 139 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu prüfen, ob nicht die Vereinbarung im Übrigen wirksam bliebe. Im Hinblick auf die salvatorische Klausel des § 8 der Vereinbarung dürfte dies anzunehmen sein.
j) Auch das Vorbringen der Antragstellerin, die Arzneimittelvereinbarung umgehe das gesetzlich vorgesehen System der Regelprüfmethoden, zumal Praxisbesonderheiten nicht berücksichtigt würden, trägt ihr Begehren nicht. Beschwert sein kann wiederum nur der jeweilige Vertragsarzt.
k) Soweit die Antragstellerin rügt, die Me-Too-Liste sei deswegen fehlerhaft, weil Fraxiparin kein Analogpräparat darstelle, führt dies derzeit nicht weiter. Der Senat tritt dem rechtlichen Ansatz der Antragstellerin allerdings bei, wenn sie darauf hinweist, dass Informationen der Antragsgegner – wie jeder anderen öffentlich-rechtlichen Institution – nicht irreführend sein dürfen (vgl. BSG vom 24.11.2004 – B 3 KR 23/04 R -). Die Antragstellerin behauptet hierzu, es sei unzutreffend, wenn in den Vorbemerkungen der Me-Too-Liste ausgeführt werde, Fraxiparin sein "basierend auf der Methode von Fricke und Klaus" als Analogpräparat klassifiziert worden. Einzuräumen, ist, dass Prof. Schwabe in seiner Stellungnahme vom 12.10.2005 ausgeführt hat, Fraxiparin sei bislang nicht von Fricke/Klaus als Analogpräparat klassifiziert worden, für dieses Präparat gelte vielmehr die ursprüngliche Klassifikation als verbessertes Arzneimittel der Gruppe B. Allein hieraus folgt indessen nicht, dass die Listung fehlerhaft ist. In der Vorbemerkung der Liste wird nicht darauf abgestellt, dass Fricke/Klaus die entsprechenden Präparate gleichsam originär klassifiziert haben. Zurückgegriffen wird vielmehr auf die von Fricke/Klaus entwickelte Klassifikationsmethode ("basierend auf"). In Anwendung dieser Kriterien kommt Prof. Schwabe zum Ergebnis, dass Fraxiparin ein Analogpräparat ist, da es nach der Methode von Fricke/Klaus nicht auf das Datum der Zulassung sondern auf das der Markteinführung ankomme; da Fraxiparin am selben Tag wie Fragmin eingeführt worden sei, mithin nicht das erste verfügbare niedermolekulare Heparin zur perioperativen Thromboseembolieprophylaxe sei, handele es sich definitionsgemäß um ein Analogpräparat. Soweit die Antragstellerin dem u.a. mit dem Bemerken entgegengetreten ist, bei Fraxiparin handele es sich um das erste arzneimittelrechtlich zugelassene niedermolekulare Heparin mit der Hauptindikation Thromboseprophylaxe ("echte Innovation") vermag der Senat dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit vertretbaren Zeitaufwand nicht nachzugehen. Das bleibt nötigenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
3. Bei dieser Sachlage lässt sich auch im Rahmen der Folgenabwägung die beantragte einstweilige Anordnung nicht rechtfertigen. Die Antragstellerin beklagt Umsatzrückgänge. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es ein besonderes Anliegen des Gesetzgebers ist, die Arzneimittelausgaben zu steuern. Im Jahre 2005 sind die Arzneimittelausgaben – bereinigt um die Rückführung des Herstellerrabatts – um rund 2,5 Milliarden EUR gestiegen (s. die Begründung zum Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung BT-Drucksache 16/194, 6). Der Gesetzgeber wertet dies als Verstoß sowohl gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung als auch gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (a.a.O.). Durch § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V wird deutlich, dass der Gesetzgeber ein sofortiges Reagieren der KV en auf sich abzeichnende Überschreitungen des vereinbarten Ausgabenvolumens erwartet. Hiermit ist nicht zu vereinbaren, wenn Steuerungsinstrumenten schon vorläufig ihre Wirkung genommen wird. Im Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26.04.2006 (BGBl. I, 984) hat der Gesetzgeber nunmehr in § 84 Abs. 7 a SGB V den Spitzenverbänden und der KBV aufgegeben, Durchschnittskosten je definierter Dosiereinheit auf Bundesebene zu vereinbaren, die Bestandteil der Vereinbarung nach § 84 Abs. 1 SGB V sind, wenn nicht die regionalen Vertragspartner eine abweichende adäquate Regelung zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung treffen (§ 84 Abs. 4 a SGB V i.d.F. des Gesetzes vom 26.04.2006). Der Gesetzgeber geht bei dieser Regelung von erheblichen Wirtschaftlichkeitsreserven insbesondere bei der therapiegerechten Auswahl von Wirkstoffen und Wirkstoffklassen aus (a.a.O., S. 10). Dies zeigt die Bedeutung der Einhaltung der in der Arzneimittelvereinbarung getroffenen Wirtschaftlichkeitsziele. Die finanziellen Stabilität der GKV ist ein Gemeinwohlbelang von hohem Rang (BVerfGE 68, 193, 218; 82, 201, 230). Demzufolge wiegt das Interesse der Antragsgegner daran, dass die Arzneimittelvereinbarungen 2006 und 2007 umgesetzt und Wirtschaftlichkeitsreserven realisiert werden, schwer.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1, 4 GKG. Maßgebend hierfür ist die von der Antragstellerin mit ca. 300.000,00 EUR bezifferte Umsatzeinbuße.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 21.02.2007
Zuletzt verändert am: 21.02.2007