Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.08.2014 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 44.954,10 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Rechtsstreit S 2 KA 256/14 (Sozialgericht (SG) Düsseldorf).
Der Antragsteller ist als Facharzt für Chirurgie in C niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hob die Antragsgegnerin die dem Antragsteller für die Quartale III/2008 bis II/2012 erteilten Honorarbescheide teilweise in Höhe von insgesamt 224.770,51 EUR auf und forderte diesen Betrag zurück. Das mit ihm am 30.04.2013 über eine Plausibilitätsprüfung geführte Gespräch habe ergeben, dass seine Abrechnungen teilweise zu berichtigen seien. Dies zeige sich anhand der sechs aufgeführten Beispielfälle. Der Ansatz der GOP (Gebührenordnungspositionen) 31102 und 31103 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM) sei nicht plausibel. Die Beispiele erlaubten den Schluss, dass der Antragsteller in fehlerhafter Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen, insbesondere der Leistungslegenden des EBM, abgerechnet habe. Es handele sich nicht um ein lediglich leichtes Versehen. Der Antragsteller habe Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen, die ihm bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zumindest hätten bekannt sein müssen. Im Wege des Schätzungsermessens seien für den o.g. Zeitraum die GOP 31102 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur GOP 02301 EBM und die GOP 31103 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur GOP 02302 EBM gekürzt worden.
Mit Schreiben vom 25.09.2013 teilte die Antragsgegnerin mit, zur Rückführung des Honorars werde ratenweise mit den Quartalsabrechnungen von III/2013 bis II/2023 verrechnet. Einbehalten würden 2.070,51 EUR im Quartal III/2013 und jeweils 5.900,00 EUR in den Quartalen IV/2013 und I/2014. Die Quartale II/2014 bis II/2023 würden mit jeweils 5.700,00 EUR belastet. Demgemäß seien die Ratenzahlungen Oktober 2013 bis Februar 2014 vorab um jeweils 2.000,00 EUR zu mindern. Die Raten März 2014 bis Juni 2023 sowie September 2023 würden um 1.900,00 EUR gekürzt.
Mit weiterem Bescheid vom 13.05.2014 hob die Antragsgegnerin die Honorarbescheide für die Quartale III/2012 bis III/2013 in Höhe von 74.209,45 EUR teilweise auf und forderte das insoweit zu Unrecht gezahlte Honorar zurück. Das Abrechnungsverhalten nach der Plausibilitätsprüfung habe sich nicht geändert. Teilweise sei sogar ein Anstieg der dermatochirurgischen Eingriffe nach der GOP 31103 zu verzeichnen. Die Antragsgegnerin kürzte die GOP 31103 in 90 % der Fälle um die Differenz zur GOP 02302. Mit Schreiben vom 03.06.2014 teilte die Antragsgegnerin mit, wegen des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13.05.2014 über 74.209,45 EUR die monatliche Rückzahlung ab Juni 2014 auf 2.600,00 EUR zu erhöhen. Dies gewährleiste, dass die Laufzeit der Rückforderung nicht über den geplanten Zeitrahmen bis Mitte 2023 hinausgehe.
Gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hat der Antragsteller Klage zum Aktenzeichen S 2 KA 256/14 erhoben. Gegen den weiteren Bescheid vom 13.05.2014 hat er Widerspruch eingelegt. Am 04.07.2014 hat er beim SG um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.
Er hat vorgetragen: Zwar sei eine Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes bereits dann unrichtig, wenn nur eine mit ihr abgegebene Abrechnungsposition eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthalte. Voraussetzung für die Rechtswidrigkeit eines auf einer unrichtigen Honorarabrechnung beruhenden Honorarbescheides sei jedenfalls der Nachweis der Unrichtigkeit einer Abrechnungsposition für jedes einzelne Quartal. Die im Bescheid benannten Beispielsfälle beträfen die Quartale IV/2010, I/2011 und IV/2011. Bezüglich der übrigen 13 Quartale benenne der Bescheid dagegen keine konkreten Abrechnungsfehler. Eine Übertragung auf andere Quartale sei nicht zulässig. Zudem sei der Bescheid deswegen fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorwerfe. Dem Bescheid lasse sich allenfalls entnehmen, dass er mit einfacher Fahrlässigkeit gehandelt haben solle. Das Schätzungsermessen sei nicht richtig ausgeübt. Aus sechs Beispielsfällen könne nicht auf 16 Quartale geschlossen werden. Die Honoraraufhebung- und Rückforderung sei verfristet. Zulässig sei es im Übrigen nur, einen kleineren Teil des Gesamthonorars etwa in Höhe von 15 % zurückzufordern. Der Rückforderungsbetrag liege hingegen bei mehr als 26 %. Die Vollziehung des Bescheides führe zu einer unbilligen Härte (wird jeweils ausgeführt).
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16.06.2014, Aktenzeichen S 2 KA 256/14, gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat sinngemäß beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es fehle an einem Anordnungsgrund. Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Der Antragsteller habe die GOP 31102 und 31103 EBM analog angesetzt und abgerechnet.
Mit Beschluss vom 04.08.2014 hat das SG den Antrag auf der Grundlage des § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgelehnt. Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid erweise sich bei summarischer Prüfung mit Ausnahme der Quartale III/2008 und IV/2008 als rechtmäßig. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen seien grundsätzlich innerhalb einer Frist von vier Jahren seit Erlass des Quartalshonorarbescheides zulässig. Der Abrechnungsbescheid III/2008 sei um den 25.01.2009 und der Abrechnungsbescheid IV/2009 um den 25.04.2009 erteilt worden. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 liege insofern jeweils außerhalb der Vier-Jahres-Frist und sei für diese beiden Quartale rechtswidrig. Im Übrigen sei der Bescheid nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 31102 und 31103 EBM seien erfüllt. Der Antragsteller habe deren Leistungsinhalte nicht erbracht. Das aus der Besprechung von drei Quartalen gewonnene Ergebnis habe auf die übrigen Quartale hochgerechnet werden dürfen. Der Antragsteller habe grob fahrlässig gehandelt. Das Schätzungsermessen habe die Antragsgegnerin noch hinreichend ausgeübt. Die Ratenzahlungen beliefen sich ca. 15 % der Honorareinkünfte. Aus für den persönlichen Bedarf eingegangenen Verpflichtungen herrührende Liquiditätsengpässe blieben unberücksichtigt. Soweit es die Honorarrückforderung für die Quartale III/2008 und IV/2008 angehe, werde die Antragsgegnerin die Laufzeit der ratierlichen Honorareinbehalte entsprechend verkürzen müssen. Die Einbehalte beliefen sich insoweit auf insgesamt auf 9.336,13 EUR. Angesichts dieser im Verhältnis zum Gesamtumfang der Rückforderungen geringen Größenordnung komme eine Reduzierung der laufenden Ratenzahlungen nicht in Betracht.
Diese Entscheidung greift der Antragsteller fristgerecht unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens an.
Er beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vorn 04.08.2014 aufzuheben und im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16.06.2014, Aktenzeichen: S 2 KA 256/14, gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf den angefochtenen Beschluss des SG und verweist darauf, dass der Antragsteller nach eigenem Vorbringen einräume, analog abgerechnet zu haben.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholung in entsprechender Anwendung des 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffende erstinstanzliche Entscheidung und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Einschätzung.
1. Schon die in jeder Variante des § 86b SGG vorausgesetzte Eilbedürftigkeit erscheint als fraglich. Der Beschluss des SG ist den Bevollmächtigten des Antragstellers am 06.08.2014 zugestellt worden. Die Beschwerdeschrift datiert vom 28.08.2014. Mit Verfügung vom 08.12.2014 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die ausstehende Begründung Zweifel an der Eilbedürftigkeit erweckt und der angefochtene Beschluss nach kursorischer Prüfung als zutreffend erscheint. Hierauf hat der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung vom 22.12.2014 reagiert.
2. Zentrale Aussage des Beschwerdevorbringens ist folgende Passage (Schriftsatz vom 22.12.2014, S. 2 (Gliederungsnummer II.)): "Zunächst ist es nicht zutreffend, dass der Antragsteller die GOP 31102 und 31103 EBM in der ihm vorgeworfenen Häufigkeit analog angewendet haben soll."
Dieser Obersatz wird in den folgenden Absätzen unter II. ausdifferenziert. Insoweit ist das Vorbringen des Antragstellers nicht schlüssig. Keiner Erörterung bedarf, dass eine analoge Anwendung der Gebührenordnungspositionen des EBM rechtswidrig ist. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen sechs Fallbeispiele sind lediglich den Quartalen IV/2020, I/2011 und IV/2011 entnommen und ausgehend hiervon sind Kürzungen für 16 Quartale verfügt worden. Zwar gibt es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine in bestimmten Fällen implausibel oder fehlerhaft abgerechnete Leistung damit zwangsläufig auch in anderen Fällen implausibel und fehlerhaft ist, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat. Dennoch hat das SG das Vorgehen der Antragsgegnerin aus drei Gesichtspunkten heraus nicht beanstandet, nämlich:
"Wenn jedoch – wie hier – der Antragsteller ein grundsätzliches Verständnis von der Abrechnungsfähigkeit der betroffenen Leistungen deutlich macht, alle Fälle gleichgelagert sind und deshalb einvernehmlich auf die Besprechung weiterer Fälle verzichtet wird, durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass die aufgedeckten Abrechnungsfehler in sämtlichen streitbefangenen Quartalen vorhanden waren, und durfte deshalb rechtsfehlerfrei das aus der Besprechung von Fällen aus drei Quartalen gewonnene Ergebnis auf die übrigen Quartale hochrechnen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.03.2009 – L 11 (10) KA3/07-)."
Dem ist beizutreten. Das grundsätzliche Verständnis des Antragstellers davon, die fraglichen Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen, vermittelt nochmals die Beschwerdebegründung. Soweit er vorträgt, dass andere Ärzte, welche die "Lasermethode vergleichbar dem Antragsteller perfektioniert haben", diese Art von Eingriffen häufig privat abrechneten (Schriftsatz vom 22.12.2014, S. 3 oben), belegt dies eine ständige Übung und steht der Annahme, es handele sich um wenige Fälle, diametral entgegen. Wenn zudem die von der Antragsgegnerin ausgewerteten Fälle alle gleichgelagert waren, verdichtet sich eine kontinuierliche Implausibilität. Beweiserhebungen dazu, ob die Annahme der Antragsgegnerin zutrifft, verbieten sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller diese oben zitierte Aussage des SG lediglich mit dem negierenden Hinweis angreift, die stichprobenartige Durchsicht von lediglich sechs konkreten Beispielsfällen aus drei Quartalen sei nicht ansatzweise geeignet, einen zutreffenden Eindruck von seiner Vorgehens- und Abrechnungsweise zu erhalten. Es fehlt jegliche Konkretisierung dahin, warum das Vorgehen der Antragsgegnerin entgegen der Ausführungen des SG nicht ausreichen soll. Soweit der Antragsteller bestreitet, dass bei dem Plausibilitätsgespräch am 30.04.2013 einvernehmlich auf eine weitere Beispielbesprechung verzichtet worden sei, handelt es sich um eine ggf. beweisbedürftige Tatsachenbehauptung; sofern entscheidungserheblich, bleibt dies dem Hauptsachverfahren vorbehalten.
Soweit der Antragsteller erstinstanzlich bemängelt hat, dass der Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 keine hinreichenden Feststellung zur Frage enthält, ob und inwieweit er grob fahrlässig gehandelt habe, hat er dies in der Beschwerde nicht mehr vorgetragen. Vorsorglich weist der Senat dennoch auf Folgendes hin: Sollte insoweit ein Begründungsdefizit auszumachen sein, wäre dieses durch die Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 21.07.2014 geheilt (§§ 35 Abs. 1, 41 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Jedenfalls griffe § 42 Satz 1 SGB X, da offensichtlich ist, dass ein etwaiges Begründungsdefizit die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte.
Das Schätzungsermessen hat die Antragsgegnerin nach kursorischer Prüfung sachgerecht ausgeübt. Der Senat folgt auch insoweit den Ausführungen des SG (Beschlussumdruck S. 15, 16) und betont mit dem SG, dass das Ermessen "noch hinreichend" betätigt worden ist.
Nach alledem erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Antragsteller die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Bemessung für das Hauptsacheverfahren erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag (BSG, Beschluss vom 12.12.2012 – B 6 KA 31/12 B -). Streitgegenstand des Verfahrens S 2 KA 256/14 ist der Bescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 betreffend eine Honorarrückforderung von 224.770,51 EUR. Für das einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist ausgehend hiervon ein Abschlag zu machen. Die Höhe des Streitwert wird durch zwei Faktoren bestimmt, nämlich "Zeit" und "Regressvolumen". Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist wirtschaftlich auf ein "Behalten-Dürfen" des regressierten Betrags bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gerichtet. Prospektiv kann eine Laufzeit von zwei Jahren für das Verfahren in der ersten Instanz angenommen werden. Dem zuzuordnen ist der wirtschaftliche Wert des angestrebten "Behalten-Dürfens", also das Zinsinteresse. Dieses ist darauf gerichtet, (weiterhin) über die regressierten Betrag verfügen zu können und nicht auf eine etwaige Zwischenfinanzierung angewiesen zu sein (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 21.05.2012 – L 11 KR 113/12 B ER – und 04.10.2011 – L 11 KA 50/11 B ER -). Angesichts eines geschätzten Zinssatzes von 10 % ergibt sich ein jährliches Zinsinteresse von 22.477,05 EUR. Das entspricht einem auf zwei Jahre bezogenen Zinsinteresse von 44.954,10 EUR.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 31.03.2015
Zuletzt verändert am: 31.03.2015