Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin in dem vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängigen Rechtsstreit S 2 KA 403/12.
Die Antragstellerin ist seit 01.10.1993 in L als Vertragszahnärztin tätig. Über ihr Vermögen wurde am 01.09.2009 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet (Amtsgericht xxx). Der Insolvenzverwalter hat den Betrieb der Zahnarztpraxis mit Wirkung zum 01.08.2010 gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) aus der Insolvenzmasse freigegeben.
Mit vorläufigem Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin die gesamten von ihr im Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2006 erbrachten Zahnersatz-Leistungen in Höhe von 319.239,80 EUR zurück. Die ihr für diese Zeit erteilten Honorarbescheide wurden insofern aufgehoben und durch diesen Rückforderungsbescheid ersetzt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012). Die Antragsgegnerin führte hierzu aus: Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bzw. dem Steuerstrafverfahren habe die Antragstellerin zumindest in den Jahren 2003 bis 2010 Fremdlaborleistungen als Eigenlaborleistungen deklariert und zur Abrechnung gebracht. Sie habe angegeben, dass die Laborleistungen, soweit nicht im Eigenlabor angefallen, überwiegend in einem polnischen Zahnlabor erbracht worden seien. Die insofern erforderlichen Angaben bzw. Unterlagen (Originalrechnungen, Umrechnungen in Euro, Zolleinfuhrbestätigungen, Konformitätserklärungen, Dokumentationen) fehlten bzw. seien mangelhaft. Diese Unterlagen seien Voraussetzung für die Abrechnungsfähigkeit von Zahnersatzleistungen sowohl hinsichtlich der Material- und Laborkosten als auch der darauf entfallenden Honorare. Die in den Jahren 2003 bis 2010 erbrachten Zahnersatzleistungen seien daher insgesamt nicht abrechnungsfähig gewesen.
Die Abrechnungen für die Jahre 2003 – 2010 stellten sich wie folgt dar:
Zeitraum 2003:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 86.807,05
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 72.084,91
Zeitraum 2004:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 71.038,71
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 68.537,34
Zeitraum 2005:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 90.920,27
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 73.019,17
Zeitraum 2006:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 70.473,77
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 55.959,82
Zeitraum 2007:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 101.313,29
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 63.763,28
Zeitraum 2008:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 136.939,05
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 94.312,04
Zeitraum 2009:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 101.442,42
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 65.241,22
Zeitraum 2010:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 140.012,94
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 97.951,08
Summe:
Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar = 798.947,50
Davon abgerechnete Material- und Laborkosten in Euro = 590.868,86
Alle Abrechnungen habe die Antragstellerin mit einer Abrechnungs-Sammelerklärung unterschrieben, mittels der sie bestätigt habe, die abgerechneten Leistungen persönlich erbracht zu haben und da so die Abrechnung sachlich richtig sei. Zudem habe sie bestätigt, dass die zahntechnischen Leistungen des Zahnarztlabors von diesem erbracht worden seien. Bei Wegfall der Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung sei die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) berechtigt und verpflichtet, den Honorarbescheid aufzuheben und die Honorare nach weitem Schätzungsermessen neu festzusetzen. Daher werde davon abgesehen, die gesamten abgerechneten Zahnersatzleistungen der Jahre 2003 – 2010 in Höhe von 798.947,50 EUR zurückzufordern. Der Rückforderungsbetrag für die Jahre 2003 – 2007 werde mittels Schätzung auf 60 % und für die Jahre 2008 – 2010 auf 30 % der abgerechneten Beträge reduziert, insgesamt mithin 365.850,17 EUR. Der Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 stelle ausdrücklich heraus, dass dieser vorläufig sei, weil es nach den bisherigen Sachverhaltsfeststellungen nicht ausgeschlossen werden könne, dass in gleicher Weise fehlerhaft auch für die Jahre 2000 bis 2002 und ab 2007 bis 2010 abgerechnet worden sei. Insofern bleibe vorbehalten, auch die Honorarbescheide für Zahnersatz für die Vorjahre bzw. nachfolgenden Jahre aufzuheben und die bereits geleisteten Zahlungen zurückzufordern. Der Widerspruchsbescheid umfasse nun auch die Jahre 2007 bis 2010. Die Vorläufigkeit des Rückforderungsbescheides wurde aufgehoben. Da mit dem Widerspruchsbescheid keine Verböserung bezogen auf den vorläufigen Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 verbunden sein solle, werde die Rückforderung weiterhin auf 319.239,80 EUR begrenzt.
Diesen Bescheid hat die Antragstellerin mit der am 09.08.2012 zum Aktenzeichen S 2 KA 403/12 erhobene Klage angegriffen, mit welcher sie die Aufhebung des vorläufigen Rückforderungsbescheides vom 19.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2012 sowie die Auszahlung der einbehaltenen Honorare in Höhe von 20.682,31 EUR verfolgt. Gleichzeitig hat sie beantragt, die aufschiebenden Wirkung der Klage anzuordnen. Der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig. Er gehe über den Regelungsgegenstand des Ursprungsbescheides (Rückforderungen für die Jahre 2003 bis 2006) hinaus, indem er Rückforderungen auch für die Jahre 2007 bis 2010 verfüge. Für diese Zeiträume fehle es an rechtsbehelfsfähigen Ursprungsbescheiden. Im Übrigen verstoße der Widerspruchsbescheid gegen insolvenzrechtliche Bestimmungen (wird ausgeführt). Materiell-rechtlich lägen zudem keine Gründe für eine Rückforderung vor. Schließlich seien die zur Zeit vorgenommenen Einbehalte in Höhe von 25 % nicht rechtsverbindlich. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit des Rückforderungsbescheides könne vielmehr jederzeit – bis zur Pfändungsfreigrenze – vollstreckt und aufgerechnet werden. Bereits der 25 %ige Einbehalt belaste sie über der Opfergrenze.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr Widerspruchsbescheid weder evident rechtswidrig sei noch die Voraussetzungen einer Regelung im vorläufigen Rechtsschutz vorlägen.
Mit Beschluss vom 10.09.2012 hat das SG die aufschiebende Wirkung der Klage zum Aktenzeichen S 2 KA 403/12 mit der Maßgabe angeordnet, dass die Antragsgegnerin berechtigt ist, die bereits einbehaltenen Honorare in Höhe von 20.682,31 EUR zu einzubehalten. Den weitergehenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das SG zurückgewiesen. Soweit es Rückforderungsansprüche für den Zeitraum bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (01.09.2009) betrifft, erweise sich der Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2012 bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig. Insolvenzgläubiger könnten gemäß § 87 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO und damit ihre zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner begründeten Vermögensansprüche nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Dementsprechend dürften nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerpflichtigen keine Steuerbescheide und auch keine Haftungsbescheide mehr gegen diesen ergehen Diese Rechtslage gelte auch mit Blick auf Regressbescheide, die an einen Vertragsarzt ergangen, der zugleich Gemeinschuldner sei. Nichts anderes sei für Rückforderungsbescheide bezüglich abgerechneter Zahnersatz-Leistungen (Material- und Laborkosten) inklusive Honorar maßgebend. Für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (01.09.2009) bis zum 31.07.2010 (Freigabe der Zahnarztpraxis aus dem Insolvenzbeschlag am 01.08.2010) sei die Antragsgegnerin befugt gewesen, durch Verwaltungsakt eine Rückforderung festzusetzen, soweit es Ansprüche aus den in diesem Zeitraum abgerechneten Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar betreffe. Insofern sei die Antragsgegnerin keine Insolvenzgläubigerin im Sinne des § 38 InsO. Materiell-rechtlich bestünden im Rahmen summarischer Prüfung gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 keine durchgreifenden Bedenken. Zwar sei der Zeitraum der Rückforderungen auf die Jahre 2007 bis 2010 ausgedehnt worden, ohne insofern entsprechende Ausgangsbescheide zu erteilen. Dies sei jedoch unschädlich, denn Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde seien identisch. Kompetenzrechtlich habe daher der Vorstand im Widerspruchsbescheid weitergehende Regelungen treffen dürfen. Diese seien als reformatio in peius auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden, denn sie hielten sich noch im Rahmen der durch den Devolutiveffekt des Widerspruchs begründeten Sachherrschaft der Widerspruchsstelle. In dem vorläufigen Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 werde ausgeführt, nach den bisherigen Sachverhaltsfeststellungen sei es nicht ausgeschlossen, dass in gleicher Weise fehlerhaft auch ab 2007 bis 2010 abgerechnet worden sei. Insofern habe sich die Antragsgegnerin vorbehalten, auch die Honorarbescheide für die nachfolgenden Jahre aufzuheben und die bereits geleisteten Zahlungen zurückzufordern. Damit seien mit dem Widerspruchsbescheid inzidenter die Honorarbescheide für 2007 bis 2010 aufgehoben und ausdrücklich Rückforderungen verfügt worden. Dies sei bei summarischer Prüfung in der Sache berechtigt. Bereits bei einem unrichtig abgerechneten Behandlungsfall entfalle die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung mit der Folge, dass Honorare sowie Material- und Laborkosten neu festzusetzen seien. Ein Anteil von 30 % der abgerechneten Leistungen als fehlerhaft erscheine realistisch. Gleichwohl dürfe die Antragsgegnerin die sich insofern ergebenden Rückforderungen nicht gegen die laufenden Honoraransprüche der Antragstellerin (Gemeinschuldnerin) aufrechnen. Die Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO unzulässig (wird ausgeführt). Anders verhalte es sich für die Zeit ab Freigabe der Zahnarztpraxis aus dem Insolvenzbeschlag (01.08.2010). Insofern habe der Insolvenzverwalter Vermögen aus dem Insolvenzbeschlag mit konstitutiver Wirkung freigegeben. Die strikte Trennung der Insolvenzmasse vom insolvenzfreien Vermögen gewährleiste, dass auf der einen Seite die Insolvenzmasse den Altgläubigern als Haftungsmasse verbleibe und auf der anderen Seite die Neugläubiger des Gemeinschuldners auf eine Haftungsmasse (das insolvenzfreie Vermögen) zugreifen könnten. Damit sei die Antragstellerin aktiv- und passivlegitimiert und Neugläubiger könnten ihre Ansprüche gegen sie mit laufenden Honoraren aufrechnen. Für das Jahr 2010 habe die Antragsgegnerin ein Volumen von 140.012,94 EUR an abgerechneten Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar ermittelt. Die Rückforderung habe sie insofern im Wege der Schätzung auf 30 % reduziert. Das führe zu einem Rückforderungsbetrag von rund 42.000,00 EUR. Da die Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag zum 01.08.2010 erfolgt sei, habe die Antragsgegnerin – bei Annahme einer gleichmäßigen Abrechnungsweise über das ganze Jahr – 5/12 hiervon einbehalten dürfen, also etwa 17.500,00 EUR. Die tatsächlich vorgenommenen Einbehalte von 20.682,31 EUR überstiegen diesen Betrag nicht so nennenswert, dass es geboten sei, der Antragsgegnerin die Auszahlung eines Teilbetrages an die Antragstellerin aufzugeben.
Diese Entscheidung haben Antragstellerin und Antragsgegnerin mit der Beschwerde angegriffen.
Die Antragsgegnerin hat sich gegen die Beurteilung der insolvenzrechtlichen Rechtslage durch das SG gewandt, die Beschwerde aber nach einem Hinweisschreiben des Senats zurückgenommen. Sie hat zudem am 23.05.2013 einen neuen Bescheid wie folgt erteilt:
" …, die KZV Nordrhein hat den Beschluss gefasst,
1. den Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2012 abzuändern und durch diesen Bescheid zu ersetzen,
2. die Rückforderung im Zeitraum vom 01.08.2010 bis zum 31.12.2010 in der Praxis Frau T erbrachten Zahnersatz-Leistungen in Höhe von 17.501,62 Euro festzusetzen.
3. Die für diese Zeit erteilten Honorarbescheide werden bzgl. der damit vergüteten Zahnersatz-Leistungen aufgehoben und durch diesen Rückforderungsbescheid ersetzt.
4. Die Rückforderung für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.07.2010 wird im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend gemacht.
(.) Da über das Vermögen Frau T seit dem 01.09.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet ist und mit Wirkung zum 01.08.2010 eine Freigabe des Betriebs der Zahnarztpraxis durch den Insolvenzverwalter erfolgte, kann eine unmittelbare Rückforderung erst ab diesem Zeitpunkt der Freigabe erfolgen. Für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.07.2010 erfolgt eine Rückforderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Aus den Einlassungen und aus den Feststellungen in den Strafverfahren konnte die KZV Nordrhein entnehmen, dass für die Jahre ab 2008 zumindest einige Laborarbeiten selbst durchgeführt werden konnten. Aus diesem Grunde sieht die KZV Nordrhein davon ab, die gesamten abgerechneten Zahnersatzleistungen des Jahres 2010 in Höhe von 5/12 der 140.012,94 Euro – also 58.338,73 Euro – zurückzufordern, sondern reduziert im Wege der Schätzung den Rückforderungsbetrag für den Zeitraum ab Freigabe durch den Insolvenzverwaiter auf 30 % der abgerechneten Beträge, insgesamt mithin 17.501,62 Euro. Wir weisen darauf hin, dass dieser Bescheid gem. § 96 Sozialgerichtsgesetz automatisch Gegenstand der Verfahren beim Sozialgericht Düsseldof und Landesozialgericht Düsseldorf wird."
Die Antragstellerin hat diesen Bescheid mit Widerspruch vom 04.06.2013 angegriffen und trägt im Übrigen vor: Der Bescheid sei wie die zuvor ergangenen Bescheide nicht hinreichend bestimmt (wird ausgeführt). Es werde zudem gegen den Grundsatz der reformatio in peius verstoßen. Eine rechtswirksame Anhörung sei nicht erfolgt. Es fehle an einem Schaden. Der Wegfall der Garantiefunktion der Sammelerklärung setze grobe Fahrlässigkeit voraus. Diese sei nicht gegeben (wird ausgeführt). Überdies sei nicht verständlich, warum SG und Antragsgegnerin als Bemessungsgrundlage für eine prozentuale Reduktion des Honorars das Gesamthonorar des Jahres 2010 in Höhe von 140.012,94 EUR statt nur die Laborkosten herangezogen hätten. Im neuen Widerspruchsbescheid werde gar nicht mehr begründet, wieso nun "30 % der abgerechneten Beträge" zurückgefordert werden. Mangels Begründung müsse auf den ehemaligen Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 zurückgegriffen werden. Die nun erneut herangezogenen Quoten bezögen sich auf "die Leistungen, die unzulässigerweise extern beschafft, aber als Eigenleistung abgerechnet worden waren." Bemessungsgrundlage seien damit nicht die Summe der "abgerechneten Zahnersatzleistungen inkl. Honorar", sondern "nur" "abgerechnete Material- und Laborkosten". Diese hätten sich für das Jahr 2010 ausweislich des Bescheides auf 97.951,08 EUR, anteilig für den Zeitraum 8-12/2010 und damit auf 40.812,95 EUR belaufen. Die anzulegende Quote von 30 % auf 40.812,95 EUR ergebe einen Betrag in Höhe von 12.243,88 EUR, also weniger, als zurückgefordert werde. Weite Teile des neuerlichen Widerspruchsbescheides gingen an der Sache vorbei, da nichts darauf hinweise, dass für den Zeitraum 8-12/2010 metallorientierte Vorarbeiten in Polen gefertigt worden seien. Selbst in der persönlichen Anhörung vor dem Disziplinarausschuss seien sich alle Anwesenden einig gewesen, dass für diesen Zeitraum lediglich der Vorwurf der Abrechnungen der sogenannten "Krauser-Arbeiten" als Eigenlaborarbeiten Gegenstand des Verfahrens sei. Daher gelte: Die Feststellung, dass sie – die Antragstellerin – am 11.10.2007 mitgeteilt habe, zum damaligen Zeitpunkt Arbeiten in Polen habe durchführen lassen, rechtfertige keine Aussage darüber zu, ob dies auch im Zeitraum 8-12/2010 noch so gewesen sei. Alles spreche dagegen, zumal aktenkundig sei, dass sie jedenfalls in diesem Zeitraum einen deutschen Zahntechniker eingesetzt habe, der die entsprechenden Arbeiten durchgeführt und abrechnet habe.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschluss die aufschiebende Wirkung der Klage zum Az. S 2 KA 403/12 gänzlich anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie sieht die von ihr gesetzten Bescheide unter Darlegung im Einzelnen als rechtmäßig an.
Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Streitakte sowie der Gerichtsakte S 2 KA 403/12 (SG Düsseldorf).
II. Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Im Ergebnis zutreffend hat das SG den Antrag auf weitergehenden vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner abweichenden Entscheidung.
1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Zwar ist in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG lediglich die Rede von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, doch wird wegen der gleichen Zielrichtung auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von dieser Norm erfasst (Senat, Beschlüsse vom 20.05.2009 – L 11 B 5/09 KA ER -, 13.04.2011 – L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.10.2006 – L 10 B 15/06 KA ER -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 – L 4 B 269/04 KA ER -).
2. Grundvoraussetzung für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein Rechtsschutzbedürfnis (hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -). Dieses ist erst dann gegeben, wenn ein vorrangig bei der Antragsgegnerin zu stellender Antrag, die Vollziehung auszusetzen (§ 86a Abs. 3 Satz 1 des SGG), erkennbar aussichtslos ist (Senat, Beschluss vom 31.08.2011 – L 11 KA 24/11 B ER -). Ein solcher Antrag ist nicht gestellt worden. Ob ein entsprechender Antrag angesichts des Vorbringens der Antragsgegnerin im Verfahren aussichtslos wäre, erscheint als zweifelhaft. Dies kann dahinstehen, denn die Beschwerde hat aus anderen Gründen keinen Erfolg.
3. In der Sache ergibt sich:
a) In Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ist eine Differenzierung in Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch nicht vorzunehmen. Demgegenüber wird für die Prüfung, ob und inwieweit die streitige Regelung wesentliche Nachteile zur Folge hat oder eine Rechtsverwirklichung vereitelt bzw. wesentlich erschwert, in beiden Varianten des § 86b Abs. 2 SGG grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Folgen der in geschützte Rechtsgüter (z. B. Art. 12, 14 GG) eingreifenden Regelung abgestellt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.11.2007 – L 10 B 11/07 KA ER -). Hingegen nennt § 86b Abs. 1 SGG keine Voraussetzungen für den Erfolg des Eilantrags. Demzufolge ist zu klären, welcher Maßstab für die richterliche Eilentscheidung entscheidend ist (Krodel, Eilverfahren, B Rdn. 185). Hierzu werden unterschiedliche Auffassungen vertreten (Nachweise bei Frehse in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 86b Rdn. 34).
Der Senat hat als Eingangskriterium festgelegt, dass die öffentlichen und privaten Interessen abzuwägen sind (Senat, Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -; vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rdn. 12e ff.; Frehse, a.a.O., § 86b Rdn. 34 ff.). Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund (Senat, Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -). Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (Senat, Beschluss vom 10.11.2010 – L 11 KA 87/10 B ER -; hierzu auch Krodel, NZS 2001, 449, 452 ff.; Kummer, SGb 2001, 705, 714 m.w.N.). Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist (vgl. auch Begründung zum 6. SGG-ÄndG BT-Drs. 14/5943 zu Nr. 34). Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, wonach in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Vergleichbares gilt, wenn der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie im Fall der Regressfestsetzung durch den Beschwerdeausschuss nach Durchführung einer Richtgrößenprüfung in § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V ausdrücklich ausgeschlossen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 31.08.2011 – L 11 KA 24/11 B ER -). Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es ggf. auch auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen an. Diese haben indessen keine solche Bedeutung wie im Anwendungsbereich des § 86b Abs. 2 SGG, da sie dort in der Form des Anordnungsgrundes gleichrangig neben dem Anordnungsanspruch stehen. Für § 86b Abs. 1 SGG sind wirtschaftliche Interessen ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Abwägung einzubeziehender Umstände und können – je nach Sachlage – auch von untergeordneter Bedeutung sein (Senat, Beschluss vom 21.05.2010 – L 11 B 15/09 KA ER -).
b) Hieraus folgt, dass der Antrag nicht schon am fehlenden Anordnungsgrund scheitert. Mit vorläufigem Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin die gesamten von ihr im Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2006 in ihrer Praxis erbrachten Zahnersatz-Leistungen in Höhe von 319.239,80 EUR zurück. Die aufgrund des Rückforderungsbescheid einbehaltene Honorare belaufen sich auf 20.682, 31 EUR. Angesichts dieser Größenordnung wäre ein Anordnungsgrund i.S.d. § 86b Abs. 2 SGG wohl zu verneinen (zu den Anforderungen ausführlich Senat, Beschluss vom 09.05.2012 – L 11 KA 90/11 B ER -). Überdies hat die Antragstellerin einen solchen auch nicht glaubhaft gemacht. Letztlich kommt es hierauf nicht an. Bei einer Entscheidung nach § 86b Abs. 1 SGG hat – wie aufgezeigt – eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen zu erfolgen (vgl. Senat, Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -). Dies setzt voraus, dass zunächst zu klären ist, ob und inwieweit der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Sollte das überwiegend wahrscheinlich zu bejahen sein, gewönne ein vom Gesetzgeber ggf. angeordnetes Regel-/Ausnahmeverhältnis Bedeutung. Hieraus ist herzuleiten: Ist der angefochtene Bescheid überwiegend wahrscheinlich rechtmäßig, greift die Regel; die Ausnahme käme nur zum Zug, wenn gravierende private Interessen ausnahmsweise ein Abweichen von der Regel erfordern. Wäre hingegen der angefochtene Bescheid als überwiegend wahrscheinlich rechtswidrig einzuordnen, spräche dies gegen ein öffentliches Interesse am Vollzug; dennoch wäre eine Interessenabwägung geboten. Erweist sich der angefochtene Bescheid hingegen als offenkundig rechtswidrig, reduziert sich das öffentliche Interesse "auf Null". Der Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides mag zwar von einem übergeordneten öffentlichen Interesse getragen sein, dieses jedoch ist wegen Art. 20 Abs. 3 GG nicht schutzwürdig, solange der Bescheid nicht rechtmäßig ist (Senat, Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -).
c) Streitbefangen war ursprünglich der Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2012. Der Honorarrückforderung muss eine Aufhebung des Honorarbescheides vorangehen. Der Honorarbescheid ist die Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen des Honorars. Dieser muss aufgehoben werden, erst dann kann es zu einer Rückforderung kommen. Der mit "vorläufiger Rückforderungsbescheid Zahnersatz für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2006" überschriebene Bescheid vom 19.08.2011 enthält zwei Regelungen i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), nämlich die Honoraraufhebung und die Honorarrückforderung. Die Aufhebung bezog sich auf die Zeiträume 2003 bis 2006. Demgegenüber greift der Widerspruchsbescheid vom 23.07.2012 weiter. Er bezieht die Jahre 2007 bis 2010 ein und addiert den evtl. Rückforderungsbetrag auf insgesamt 798.947,50 EUR.
Die Antragsgegnerin konnte die im ursprünglichen Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 erhobene Forderung nicht gegenüber der Antragstellerin geltend machen. Diese Forderung bezieht sich auf den Zeitraum von 2003 bis 2006. Das Insolvenzverfahren wurde am 01.09.2009 eröffnet. Somit handelt sich um eine Insolvenzforderung (Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 – L 11 KA 121/10 B ER – und – L 11 KA 16/11 B ER -). Losgelöst vom Insolvenzverfahren kann sie ihre Forderung daher nur für die Zeit ab 01.08.2010 geltend machen; folgerichtig befasst sich der Bescheid vom 23.05.2013 mit diesem Zeitraum.
Alleine die unterlassene Anhörung führt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren noch nicht dazu, dass ein Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Die Anhörung kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Zudem ist jedenfalls hinsichtlich des Bescheids vom 23.05.2013 die erforderliche Anhörung erfolgt. Sie kann darin gesehen werden, dass sich die Antragstellerin im streitgegenständlichen Verfahren umfassend zu dem Zeitraum ab 01.08.2010 geäußert hat.
Der Bescheid vom 23.05.2013 kann zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung im streitgegenständlichen Verfahren herangezogen werden. Er ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden (§§ 96, 153 Abs. 1 SGG). Der angegriffene Widerspruchsbescheid umfasst auch den Zeitraum 2007 bis 2010. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Anstragstellerin beantragt hat, "den vorläufigen Rückforderungsbescheid vom 19.08.2011 für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2012 aufzuheben ". Daraus ergibt sich bei verständiger Würdigung nicht, dass die Antragstellerin nur den Zeitraum bis 31.12.2006 angreifen wollte. Es ist nicht davon auszugehen, dass dies beabsichtigt war. In ihrer Antragsschrift setzt sie sich nämlich auch mit der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides für die Jahre 2007 bis 2010 auseinander.
Der Bescheid vom 23.05.2013 wurde von der Ausgangsbehörde erlassen. Damit kommt es nicht darauf an, ob die Widerspruchsbehörde dazu befugt war, die Forderung für den Zeitraum ab 01.08.2010 zu erheben. Hinsichtlich der Einbeziehung des Bescheides ist auf die Ausführungen soeben zu verweisen.
Die Antragsgegnerin hat 20.682,31 EUR einbehalten, die sie nach dem Beschluss des SG auch behalten darf. Zwar hat das SG für das Jahr 2010 einen geringeren Betrag in Höhe von 17.500,00 EUR errechnet und dazu ausgeführt: "Die tatsächlich vorgenommenen Einbehalte von 20.682,31 EUR übersteigen diesen Betrag nicht so nennenswert, dass die Kammer Veranlassung gesehen hätte, der Antragsgegnerin die Auszahlung eines Teilbetrages an die Antragstellerin aufzugeben."
In diesem Zusammenhang weist die Antragstellerin jedoch darauf hin, dass sich die Quote von 30 % auf die Rückforderung für August bis Dezember 2010 nur auf die Material- und Laborkosten beziehe und daher nach der Argumentation der Antragsgegnerin nur 12.243,88 EUR hätten einbehalten dürfen. Weder dem Widerspruchsbescheid noch dem Bescheid vom 23.05.2013 lässt sich indes entnehmen, dass die Antragsgegnerin für die Berechnung der 30 % die abgerechneten Material- und Laborkosten zugrunde legen wollte. Im Widerspruchsbescheid wird für die Berechnung von einem Betrag in Höhe von 789.947,50 EUR ausgegangen. Dieser Betrag umfasst nach der Aufstellung auf Seite b6 des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2012 "Abgerechnete Zahnersatz-Leistungen inklusive Honorar":
d) Die materiell-rechtlichen Fragen, nämlich
– ob es an einem Schaden fehlt,
– weil keine zahntechnischen Leistungen nach Polen vergeben worden sind,
– die Fremdlaborkosten im Verhältnis 1:1 an die Privat- und Kassenpatienten weitergegeben wurden,
– ob der normative Schadensbegriff maßgebend ist und inwieweit der festzustellende Sachverhalt dem unterfällt,
– die Garantiefunktion infolge grober Fahrlässigkeit entfällt, sind einer Klärung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zugänglich.
4. Nach alledem: Die streitbefangenen Bescheide sind, soweit es den Prüfumfang des Beschwerdeverfahrens anlangt, nicht offensichtlich rechtswidrig. Angesichts der hohen in Streit stehenden Beträge erachtet es der Senat als im öffentlichen Interesse, wenn – wie hier – moderate Honorareinbehalte vorgenommen werden. Das SG hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, mithin zu Recht abgelehnt.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gesondert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Erstellt am: 19.08.2013
Zuletzt verändert am: 19.08.2013