Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.04.2004 abgeändert Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung für das Jahr 1997 in Höhe von 35.648,56 Euro aufgrund der Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze.
Die Klägerin nimmt als Vertragszahnärztin an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) hatte nach Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Abs. 4b ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der bis zum 30.06.1997 geltenden Fassung) durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I., 1520) zum 01.07.1997 die Auffassung vertreten, dass die im Gesetz genannte Puntmengengrenze von 350.000 Punkten ungeachtet der Aufhebung der Vorschrift auch im Jahre 1997 für alle Vertragszahnärzte gelte, die mindestens vom 01.01.1997 bis 30.06.1997 zugelassen waren. Demgemäß ermittelte die Beklagte die Degressionsbeträge nur in den Fällen, in denen Vertragszahnärzte die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten bereits im ersten Halbjahr überschritten hatten. Die Klägerin hatte für die beiden ersten Quartale 1997 (zunächst) 355.721 Punkte abgerechnet, so dass mit Bescheid vom 19.10.1997 wegen der Degressionsregelung ein Honorarabzug von 1.193,11 DM erfolgte. Wegen nachträglicher Abrechnungsänderungen für das erste Halbjahr 1997 ergab sich schließlich eine Punktmenge von 352.829 Punkten, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 13.01.1999 nur noch eine Honorarkürzung in Höhe von 945,40 DM festsetzte. Diesen Bescheid hat die Klägerin nicht angefochten.
Die Viertelsjahresabrechnungen für die Quartale I/1997 im Juli 1997 und II/1997 im Oktober 1997 enthielten folgenden Vorbehalt: "Diese Vierteljahresabrechnung erfolgt gemäß § 3 des gültigen Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der KZV Westfalen-Lippe unter den dort genannten Vorbehalten. Alle Zahlungen der KZV Westfalen-Lippe gelten gemäß § 4 Abs. 1 des HVM als Vorschüsse auf den endgültigen Vergütungsanspruch, bis die Bescheide rechtsbeständig und die Vorbehalte gemäß § 3 HVM erledigt sind". § 3 des seinerzeit maßgeblichen HVM sah einen Vorbehalt für die Abrechnungen unter anderem in Nr. 3 wegen "Berichtigung wegen Überschreitung gesetzlicher Punktmengengrenzen (§ 85 Abs. 4b SGB V – Degression)" vor.
Die Krankenkassen vertraten gegenüber der Beklagten die Auffassung, dass Degressionsbeträge unter Zugrundelegung einer maximal hälftigen Jahrespunktmenge zu berechnen seien und rechneten zum Teil gegenüber Gesamtvergütungsforderungen der Beklagten mit Zahlungsansprüchen auf Abführung der Degressionsbeträge für 1997 auf. Die Beklagte erhob deswegen im November 2001 Zahlungsklagen gegen Krankenkassen (siehe BSG Urt. v. 27.04.2005 – B 6 KA 18/04 R).
Unter Hinweis auf die streitige Frage der degressionsfreien Punktmenge für das Jahr 1997 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 19.11.2001 von der Klägerin unter Zugrundelegung der hälftigen Jahrespunktmenge Honorare in Höhe von 70.667,92 DM zurück, so dass sich nach Abzug des schon erfolgten Honorareinbehalts eine Forderung von 69.722,52 DM (35.648,56 Euro) ergab. Da die vierjährige Ausschlussfrist für Honorarrückforderungen gegenüber dem einzelnen Zahnarzt mit Ende des Jahres 2001 ablaufe und daher Degressionskürzungen für das Jahr 1997 gegenüber dem einzelnen Zahnarzt nicht mehr geltend gemacht werden könnten, sehe sich der Vorstand gezwungen, Degressionsbescheide zu erstellen, die bezogen auf den Zeitraum 01.01.1997 bis 30.06.1997 eine degressionsfreie Punktmenge entsprechend der Auffassung der Krankenkassen ausweisen. Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die Anwendung der Degressionsvorschriften und die Halbierung der Jahrespunktmenge und meinte zudem, der Vorbehalt in den Honorarbescheiden sei zu unbestimmt gewesen, um eine Rückforderung wegen der Degressionsberechnung zu rechtfertigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der am 06.08.2002 erhobenen Klage hat die Klägerin ihre Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vor allem ihren Vortrag dazu vertieft, dass der Vorbehalt in den Honorarbescheiden den späteren Grund für eine Honorarberichtigung nicht ausreichend konkret benannt habe.
Mit Urteil vom 26.06.2004 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat gemeint, der Rückforderung stehe der Ablauf der vierjährigen Auschlussfrist für die Honorarkorrektur entgegen. Für den Lauf der Frist sei auf den Zeitpunkt der Erteilung der Abrechnung für die Quartale I/1997 und II/1997 abzustellen.
Gegen das ihr am 03.05.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.05.2004 Berufung eingelegt. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 28.04.2004 (L 11 KA 150/03) macht sie geltend, die vierjährige Ausschlussfrist habe erst ab dem 01.01.1998 zu laufen begonnen, so dass sie bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2001 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Das Sozialgericht beachte bei seiner Entscheidung nicht, dass die Degression nicht quartalsbezogen berechnet werde, vielmehr werde ein quartalsübergreifendes Degressionskonto geführt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.04.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und macht zudem unter Hinweis auf ihren bisherigen Vortrag geltend, der Bescheid sei auch aus anderen Gründen rechtswidrig, insbesondere wegen eines unzureichenden Vorbehalts der Änderung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht den Bescheid vom 19.11.2001 aufgehoben. Dieser Bescheid ist rechtmäßig.
I.
Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 19 lit.a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) bzw. § 12 Abs. 1 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z), wonach die Beklagte die von den Vertragszahnärzten eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührensordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen hat. Diese Bestimmungen setzen die Möglichkeit einer nachträglichen Honorarberichtigung voraus. Zahlungen an den Vertragszahnarzt haben nur vorläufigen Charakter; bis zum Ablauf der für die Einleitung und Durchführung von Prüfverfahren vorgesehenen Fristen muss der Vertragszahnarzt mit einer nachträglichen Prüfung und Berichtigung rechnen (BSG SozR 3-5555 § 32 Nr. 1; SozR 4-2500 § 85 Nr. 11). Die genannten Vorschriften verdrängen in ihrem Anwendungsbereich gemäß § 37 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB X), vgl. BSGE 74, 44; 89, 90). Die Berichtigungsbefugnis besteht unabhängig davon, welcher Sphäre der zu Unrichtigkeit des Honorarbescheides führende Fehler zuzurechnen ist und gilt auch für die Umsetzung der Vorschriften über die Honorarminderung wegen eines degressiven Punktwertes gemäß § 85 Abs. 4b ff. SGB V (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 11).
II.
1.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichtigung der ursprünglichen Bescheide über die Degressionsberechnung liegen vor. Die Auffassung der Beklagten, dass den Zahnärzten für die ersten sechs Monate des Jahres 1997 eine degressionsfreie Punktmenge von 350.000 Punkten zugestanden habe, ist im Gerichtsverfahren nicht bestätigt worden. Vielmehr kommen die in § 85 Abs. 4b SGB V (in der bis 30.06.1997 geltenden Fassung) für ein Kalenderjahr genannten Punktmengengrenzen entsprechend dem verkürzten Geltungszeitraum der Norm nur zeitanteilig zur Anwendung, so dass die Punktmengengrenze für das Jahr 1997 maximal 175.000 Punkte beträgt (BSG Urt. v. 27.04.2005 – B 6 KA 18/04 R).
2.
Die Beklagte durfte das in den Honorarbescheiden für die Quartale I/1997 und II/1997 festgesetzte Honorar in Anwendung des § 85 Abs. 4b SGB V wegen Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze mindern. Die Ansicht der Klägerin, der Vorbehalt in den Honorarbescheiden sei nicht ausreichend konkret gewesen, trifft nicht zu. Das BSG fordert für eine sachlich-rechnerische Berichtigung nur, dass aufgrund entsprechender Hinweise hinreichend deutlich ist oder sich zumindest aus den dem Vertragszahnarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergibt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die KZV auf die Vorläufigkeit des Bescheides berufen will (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 42). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Honorarbescheide enthielten einen ausdrücklichen Hinweis auf die Vorbehalte des § 3 HVM. Nach § 3 Nr. 3 HVM ergehen Abrechnungen unter dem Vorbehalt einer Überschreitung wegen gesetzlicher Punktmengengrenzen. Da ausdrücklich § 85 Abs. 4b SGB V zitiert wird und diese Vorschrift für die Degressionsberechnung auf eine jahresbezogene Punktmenge abstellt, erfasst der Vorbehalt eindeutig den Fall, dass bei einer quartalsübergreifenden Betrachtung sich herausstellt, dass die gesetzlich festgelegte Punktmengengrenze überschritten ist und daher die Regelungen zum degressiven Punktwert eingreifen (vgl. auch Senat, Urt. v. 05.06.2002 – L 11 KA 146/00). Die Bezugnahme auf § 3 HVM im Honorarbescheid ist daher ausreichend, um dem Vertragszahnarzt deutlich zu machen, dass es wegen (späteren) Überschreitens der Punktmengengrenzen zu einer Minderung des Honorars kommen kann. Die Forderung der Klägerin, bereits der Honorarbescheid müsse einen Hinweis auf eine evtl. Honorarkürzung wegen der Degressionsregelung enthalten, ist angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf § 3 HVM blosse Förmelei, zumal dem Vertragszahnarzt die Bestimmungen des HVM bekannt sein müssen. Erst recht ist kein Hinweis erforderlich, unter welchen Voraussetzungen eine Rückforderung in Betracht kommt, denn es liegt für alle Beteiligten auf der Hand, dass (nur) bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Rückforderung erfolgen wird.
3.
Die Klägerin kann sich gegenüber der weitergehenden Honorarrückforderung wegen degressionsbedingter Kürzungen durch den Bescheid vom 19.11.2001 nicht auf Vertrauensschutz berufen. Allerdings hat das BSG in den Urteilen vom 30.06.2004 (SozR 4-2500 § 85 Nr. 11) und 08.02.2006 (B 6 KA 27/05 R) entschieden, dass die ursprüngliche Berechnung der Degressionsminderung zu Lasten der Zahnärzte nur unter Beachtung ihres Vertrauensschutzes korrigiert werden darf. Zwar können auch bei einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KZV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides bzw. des Honorarminderungsbescheides zur Umsetzung des Degressionsvorschriften Honorarberichtigungen nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften vorgenommen werden, jedoch sind im Rahmen des Berichtigungsverfahren die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen. Nach Ansicht des BSG wäre der Vertrauensschutz eines Vertragszahnarztes auf den Bestand ihm erteilter Honorarbescheide weitgehend aufgehoben, wenn er auch bei individuellen Rechtsanwendungsfehlern der KZV, die er nicht erkannt hat und auch nicht hätte erkennen können oder müssen, dem Risiko ausgesetzt wäre, dass der ihm erteilte Honorar- oder Degressionsberechnungsbescheid ohne umfangmäßige Begrenzung rückwirkend zu seinen Lasten verändert werde.
Gleichwohl kann in der hier vorliegenden Fallkonstellation der Klägerin kein Vertrauensschutz zugebilligt werden. Wie das BSG in seinem Urteil vom 27.04.2005 (a.a.O.) zur Aufhebung der Degressionsregelung durch das 2.GKV-NOG dargelegt hat, mussten die Vertragszahnärzte spätestens ab dem 20.03.1997, dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Bundestages, damit rechnen, dass die Degressionsregelungen nur noch bis zum 30.06.1997 gelten würden und deshalb entsprechend der in § 85 Abs. 4 b SGB V angelegten Grundstruktur "pro rata temporis" eine Punktmengengrenze von 175.000 Punkten für den Geltungszeitraum des § 85 Abs. 4b SGB V maßgeblich sein werde. Vor diesem Hintergrund hat das BSG die rückwirkende Umgestaltung der Rechtslage für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten. Mit dieser Feststellung ist es nicht vereinbar, der Klägerin Vertrauensschutz hinsichtlich der ursprünglichen fehlerhaften Degressionsberechnung zuzubillligen. Die Zahnärzte waren in den Zahnärztlichen Mitteilungen vom 16.06.1997 (ZM 1997, 1491) über die Streichung der Degressionsvorschriften informiert worden. Wenn die Klägerin wie alle anderen Vertragszahnärzte seit März 1997 mit einer Punktmengengrenze von 175.000 Punkten rechnen musste, musste sie auch von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes von einer Punktmengengrenze von 175.000 Punkten ausgehen. Daher konnte und musste die Klägerin erkennen, dass die Zubilligung einer degressionsfreien Punktmenge von 350.000 Punkten in den Bescheiden vom 19.10.1997 bzw. 13.01.1999 nicht mit der materiellen Rechtslage in Einklang stehen konnte. Es wäre auch schwer verständlich, warum für die Zahnärzte, die im ersten Halbjahr 1997 weniger als 350.000 Punkte, aber mehr als 175.000 Punkte abgerechnet hatten, denen aber wegen des gleichen Rechtsanwendungsfehlers der Beklagten kein Degressionsbescheid erteilt worden war (oder bei denen sogar – wie im Parallelverfahren L 11 KA 54/04 – trotz Überschreitung der Punktmengengrenze von 350.000 Punkten im ersten Halbjahr gleichwohl keine Degressionsberechnung vorgenommen worden war) wegen des fehlenden Vertrauensschutzes eine Honorarrückforderung erfolgen dürfte, für die Zahnärzte, denen bereits ein Degressionsbescheid erteilt worden war, dies aber nicht gelten sollte, obwohl beide Gruppen gleichermaßen die infolge des Wegfalls der Degressionsregelung für das erste Halbjahr 1997 geltende Punktmengengrenze von 175.000 Punkten kennen mussten. Der Senat hält daher für das Jahr 1997 auch die Korrektur einer früheren fehlerhaften Degressionsberechnung zulässig.
4.
Der Honorarrückforderung steht auch nicht der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für die Korrektur der Honorarbescheide entgegen.
Für sachlich-rechnerische Richtigstellungen gilt in Anlehnung an die im Sozialrecht für die Verjährung von Sozialleistungen (§ 45 Abs. 1 SGB I), Beiträgen (§ 25 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) und Erstattungsansprüchen (§ 27 Abs. 2 SGB IV, § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X, § 113 Abs. 1 SGB X) geltende Verjährungsfrist von vier Jahren eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer die Beanstandung dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss (BSG SozR 3-5535 § 119 Nr. 1; SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Diese Ausschlussfrist begann erst mit dem Ablauf des Jahres 1997, d.h. ab dem 01.01.1998, zu laufen, so dass sie bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2001 noch nicht abgelaufen war.
Für den Fristbeginn ist entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht auf die Bekanntgabe der Honorarbescheide abzustellen. Die vom Sozialgericht für seine Auffassung zitierte Rechtsprechung ist nicht einschlägig. Das BSG hat im Beschluss vom 27.04.2005 (B 6 KA 46/04 B) dargelegt, dass es zwar in seiner bisherigen Rechtsprechung für den Fristbeginn auf das Ergehen des zu berichtigenden Quartalsbescheides abgestellt habe, diese Entscheidungen aber quartalsbezogene Korrekturen des Honorars betroffen hätten. Soweit Gegenstand des Korrekturbescheides insgesamt das dem betroffenen (Zahn)Arzt in diesem Jahr für seine Leistung zustehende Honorar sei, sei offen, ob bei rückwirkender Korrektur des Honorars für ein Jahr bei der Frist für die teilweise Aufhebung der für alle Quartale ergangenen Bescheide auf die Bekanntgabe der einzelnen Honorarbescheide, auf den Zeitpunkt des für das betroffenene Jahr abschließenden Honorarbescheides oder auf den Schluss des jeweiligen Kalenderjahres abzustellen sei.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 28.04.2004 (L 11 KA 150/03) die Auffassung vertreten, dass sich aus einer Gesamtanalogie zu § 45 Abs. 1 SGB X, § 25 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, 50 Abs. 4 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X ergebe, dass die Frist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der ursprüngliche Honorarbescheid ergangen ist, zu laufen beginnt. Er hat dazu in dem genannten Urteil ausgeführt:
"Diese Gesamtanalogie ist gerechtfertigt, nachdem es hinsichtlich der Fristen für sachlich-rechnerische Berichtigungen und damit erst recht für deren Beginn oder Ablauf keine eigenständigen Fristen gibt. Die genannten Vorschriften betreffen alle wesentlichen im Sozialrecht auftretenden Konfliktlagen: den Leistungsanspruch des Versicherten (§ 45 Abs. 1 SGB I) ebenso wie die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen (§ 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X), Beitragsforderungen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) gleichermaßen wie Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und schließlich die Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander (§ 113 SGB X). In allen Fällen hat es der Gesetzgeber für angemessen gehalten, die Geltendmachung des Anspruchs nach vier Jahren auszuschließen und mit Ablauf dieser Frist ungeachtet der materiellen Berechtigung des Anspruchs Rechtsfrieden einkehren zu lassen. Da sozialrechtliche Ansprüche mithin in aller Regel nach Ablauf von vier Jahren verjähren, ist die Anwendung dieser Frist auch auf sachlich-rechnerische Berichtigungen gerechtfertigt. Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1), wobei das BSG ausdrücklich ausführt, es handele sich um "die vierjährige Frist, wie sie im sonstigen Sozialrecht z.B. für die Verjährung von Sozialleistungen und Erstattungsansprüchen gilt" (BSGE 89, 90, 103).
Im Hinblick darauf ist gerechtfertigt, sich auch hinsichtlich Beginn und Ablauf der Frist an den genannten Vorschriften zu orientieren. Diese zeichnen sich sämtlich dadurch aus, dass die Frist mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das verjährungsbegründende Ereignis eingetreten (z.B. die Fälligkeit des Anspruchs oder die Unanfechtbarkeit des die Leistung gewährenden Bescheides) ist. Sie stehen in Einklang mit den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen, nach denen die Regelverjährungsfrist von dort drei Jahren ebenfalls erst mit dem Jahresschluss zu laufen beginnt (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Soweit es – wie hier – auf die Bekanntgabe des Honorarbescheides ankommt, läuft die Frist danach ab dem 01.01. des Folgejahres (hier am 01.01.1997) und endet am 31.12. des vierten folgenden Jahres (hier am 31.12.2000).
Hierfür sprechen im Übrigen dieselben sachlichen Erwägungen, die im Sozialrecht wie im bürgerlichen Recht dieser sog. Ultimo-Verjährung zugrunde liegen. Gegen den ursprünglichen Regierungsentwurf hat sich der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 BGB für diese Verjährungsform nach der Sachverständigenanhörung entschieden, weil sie nicht unerhebliche praktische Erleichterungen biete (vgl. BT-Drucks. 14/7052, S. 180). Auch im Sozialrecht soll der Verjährungsablauf am Letzten des jeweiligen Jahres die Überwachung der Fristen erleichtern (vgl. Seewald in KassKomm, § 25 SGB IV Rdnr. 5). Gerade im Bereich der Massenverwaltung, zu der auch die vertrags(zahn)ärztliche Honorarverteilung gehört, gewinnt dieser Gesichtspunkt an besonderer Bedeutung. Da die Honorarbescheide nicht förmlich bekannt gemacht und nicht einmal ihre Absendung von den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen individuell festgehalten wird, lässt sich das genaue Datum ihrer Bekanntgabe häufig gar nicht feststellen. Wegen der unsicheren Postlaufzeiten weil sich die Ausfertigung eines Honorarbescheides jedenfalls bei den Kassenärztlichen Vereinigungen oft über mehrere Tage hinzieht und in mehreren Ausfertigungsdaten auf den einzelnen Bestandteilen des Bescheides niederschlägt, erscheint es ebenso wenig gerechtfertigt, auf das Datum der Ausfertigung abzustellen. Die Überwachung der genauen Fristdaten würde aus diesen Gründen für die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen – ebenso wie für die Vertrags(zahn)ärzte – zu einem zusätzlichen und vermeidbaren Verwaltungsmehraufwand führen".
An dieser Auffassung hält der Senat jedenfalls für nicht quartalsbezogene Korrekturbescheide fest (das LSG Schleswig konzediert in seinem Urteil vom 28.06.2005 – L 4 KA 9/05, dass gewichtige Gründe für diese Fristberechnung sprechen). Wenn das Sozialgericht für die Fristberechnung spätestens auf den Erlass des das zweite Quartal 1997 betreffenden Honorarbescheides abstellen will, weil die Degressionsberechnung ausschließlich die beiden ersten Quartale betreffe, überzeugt dies nicht. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Degression nicht quartalsbezogen berechnet werde. Die Honorarminderung aufgrund der Degressionsregelung betrifft auch im Jahre 1997 unverändert das Gesamthonorar des Jahres, wobei lediglich wegen der Aufhebung des § 85 Abs. 4b SGB V zum 01.07.1997 für das zweite Halbjahr keine Punktmengengrenze mehr bestand. Aus diesem Grund unterlagen nur die im ersten Halbjahr 1997 abgerechneten Punkte der – anteiligen – Jahresmengenbegrenzung, so dass sich die Degressionsberechnung nur auf die im ersten Halbjahr 1997 abgerechneten Punkte bezog. Dies rechtfertigt aber nicht, für den Lauf der Ausschlussfrist auf den Erlass der Honorarbescheide für die einzelnen Quartale abzustellen. Vielmehr ist es sachgerecht, dass die Frist zur Berichtigung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres, für das die Degressionsberechnung vorgenommen wird, beginnt.
Fehler bei der Berechnung der Höhe der Honorarminderung aufgrund der Degression sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Bescheid vom 19.11.2001 ist somit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat misst insbesondere der Frage der Fristberechnung für die Korrektur von Honorarbescheiden grundsätzliche Bedeutung bei und hat daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 30.05.2006
Zuletzt verändert am: 30.05.2006