I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2018 verurteilt, der Klägerin über den 17. Juni 2018 hinaus bis 11. September 2018 Krankengeld nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Es wird festgestellt, dass die Mitgliedschaft der Klägerin nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V über den 17. Juni 2018 hinaus bis 11. September 2018 fortbesteht.
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II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
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T a t b e s t a n d :
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Streitig ist die Weitergewährung von Krankengeld über den 17.06.2018 hinaus.
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Die Klägerin, geboren 1966, hatte einen Versicherungsschutz bei der Beklagten vom 01.05.2016 bis 30.04.2018 aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma D1 in U-Stadt. Dieses Arbeitsverhältnis endete am 30.04.2018. Vom 01.05.2018 bis 17.06.2018 bestand der Versicherungsschutz durch die Mitgliedschaft erhaltende Wirkung der Zahlung von Krankengeld. Die Klägerin war am 21.09.2017 arbeitsunfähig erkrankt.
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Es lag eine AU-Bescheinigung bis zum 17.06.2018 vor. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 21.06.2018 fest, dass es zur Fortzahlung von Krankengeld erforderlich gewesen wäre, die Arbeitsunfähigkeit spätestens am 18.06.2018 feststellen zu lassen. Vorliegend sei die weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit jedoch erst am 20.06.2018 erfolgt. Es bestehe daher kein Anspruch auf Krankengeld über den 17.06.2008 hinaus und auch keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 18.06.2018. Die Arbeitsunfähigkeit müsse lückenlos bescheinigt werden. Für den Anspruch auf Krankengeld komme es ausschließlich auf den Tag der ärztlichen Feststellung an. Eine rückwirkende Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit habe in Bezug auf das Krankengeld keine Relevanz.
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Die Klägerin legte ein ärztliches Attest von Herrn Dr. D1 vom 22.06.2018 vor. Dieser teilte mit, dass die Klägerin am 18.06.2018 in seiner hausärztlichen Praxis gewesen sei. Wegen des sehr hohen Patientenaufkommens wurde jedoch fälschlicherweise ein Termin erst für den 20.06.2018 vergeben.
\nDie Klägerin erhob Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.06.2018 und machte geltend, dass im September 2017 eine Schulteroperation erfolgt sei. In der Folge sei sie arbeitsunfähig geschrieben worden. Am 18.06.2018 habe sie persönlich die Praxis ihres Hausarztes aufgesucht. Ihr sei gesagt worden, dass wegen der vielen Patienten eine Untersuchung erst am 20.06. möglich sei. Dies könne ihr jedoch nicht angelastet werden. Aufgrund der Befunde habe eindeutig festgestanden, dass sie mindestens bis September 2018 arbeitsunfähig sei. Sie habe im Sinne der Rechtsprechung des BSG vom 11.05.2017 alles getan, um eine rechtzeitige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vornehmen zu lassen. Ein Fehler des Arztes dürfe nicht zu Lasten von ihr als Patientin gehen, bei ihr liege kein Verschulden vor. Eine Versagung von Krankengeld wäre treuwidrig. Außerdem sei eine rückwirkende AU-Bescheinigung möglich.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2018 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Am 18.06.2018 habe kein Arzt-Patientenkontakt stattgefunden. Die Arbeitsunfähigkeit sei erst am 20.06.2018 festgestellt worden, insoweit sei maßgeblich, dass eine Lücke entstanden sei und deswegen auch die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld endete.
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Hiergegen erhob die Klägerin Klage. Die Klagebegründung entsprach im Wesentlichen der Widerspruchsbegründung. Die Versagung von Krankengeld verstoße gegen Treu und Glauben. Die Klägerin habe rechtzeitig beim Arzt vorgesprochen, dass sie auf den 20.06.2018 verwiesen worden sei, könne ihr nicht angelastet werden. Außerdem handle es sich um eine Dauererkrankung und es sei gesundheitlich keine Änderung eingetreten.
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Das Sozialgericht holte einen Befundbericht bei Dr. D1 ein. Dieser teilte mit, dass sich die Beschwerden seit der Schulteroperation im September 2017 nicht wesentlich gebessert hätten.
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Auf Nachfrage teilte die Klägerin mit, dass sie der Sprechstundenhilfe am 18.06.2018 gesagt habe, dass sie eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit benötige. Wegen der vielen Patienten konnte jedoch kein Untersuchungstermin an diesem Tag vergeben werden, sondern es wurde ein Termin für den 20.06.2018 vergeben. Die Sprechstundenhilfe sei wohl fälschlicherweise der Meinung gewesen, dass eine Folgebescheinigung erst am 21.06.2018 erforderlich war. Sie habe also die Praxis rechtzeitig aufgesucht und wurde wegen des Patientenandranges nicht in die Sprechstunde vorgelassen.
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Die Beklagte machte geltend, dass am 18.06.2018 kein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden habe. Außerdem wurde erst am 18.06.2018 eine ärztliche Vorstellung angestrebt. Eine Terminvereinbarung im Vorfeld habe nicht stattgefunden, sondern erst kurzfristig am 18.06.2018. Die Klägerin habe daher nicht alles in ihrer Macht Stehende getan, um eine rechtzeitige AU-Bescheinigung zu erlangen. Außerdem wurde auf eine Entscheidung des LSG Bayern vom 21.03.2018 verwiesen, wonach kurzfristige Terminengpässe bei kurzfristigen Terminvereinbarungen nicht in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen würden. Hier müsse die Klägerin dann gegebenenfalls einen anderen Arzt aufsuchen oder den Kassenärztlichen Notdienst in Anspruch nehmen.
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Der Klägerbevollmächtigte teilte mit, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin bisher nicht eingetreten sei. Es werde Krankengeld über den 17.06.2018 hinaus bis auf Weiteres geltend gemacht.
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Auf Nachfrage teilte die Beklagte mit, dass seit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.06.2018 durchgängig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis zum 11.09.2018 eingereicht worden seien. Die Klägerin habe sich am 12.09.2018 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Sie habe bis zum 07.11.2018 Arbeitslosengeld bezogen, seit dem 08.11.2018 beziehe die Klägerin erneut Krankengeld. Außerdem wurde das zitierte Urteil des LSG Bayern vom 21.03.2018 vorgelegt.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 30.11.2018 wurde darauf hingewiesen, dass zulässiger Streitgegenstand im vorliegenden Klageverfahren nur der Zeitraum bis 11.09.2018 sein könne.
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Die Klägerin beantragt,
\ndie Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2018 zu verurteilen, der Klägerin über den 17.06.2018 hinaus bis 11.09.2018 Krankengeld nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und festzustellen, dass die Mitgliedschaft der Klägerin nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V über den 17.06.2018 hinaus bis 11.09.2018 fortbesteht
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Die Beklagte beantragt,
\ndie Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die vorliegende Akte der Beklagten.
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\nE n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Auf den gerichtlichen Hinweis hin wurde der Klageantrag auf den Zeitraum bis zum 11.09.2008 beschränkt. In diesem Sinne war die Klage in vollem Umfang begründet. Der Bescheid vom 21.06.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat über den 17.06.2018 hinaus bis 11.09.2018 Anspruch auf Krankengeld nach den gesetzlichen Bestimmungen gegen die Beklagte. Außerdem war festzustellen, dass die Mitgliedschaft der Klägerin nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über den 17.06.2018 hinaus bis 11.09.2018 fortbesteht.
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Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn sie aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig sind. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können bestimmt sich danach, welches Versicherungsverhältnis im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt (Bundessozialgericht – BSG – vom 16.12.2014, B 1 KR 31/14 R). Nach der Rechtsprechung des BSG setzt der Anspruch auf Krankengeld nach § 44 SGB V neben dem Bestehen einer Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld und dem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt voraus. Diese Grundsätze gelten nach der Rechtsprechung des BSG sowohl für den Beginn der Arbeitsunfähigkeit, um den Krankengeldanspruch zu begründen, als auch im Laufe einer lange andauernden Arbeitsunfähigkeit, in der es immer wieder zu neuen ärztlichen Feststellungen hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit kommt. Der Versicherte muss in solchen Situationen alle Obliegenheiten beachten, um seinen Krankengeldanspruch zu erhalten. Nach der Rechtsprechung des BSG sind die Obliegenheiten Versicherter zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit strikt zu handhaben, um praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, die durch die nachträgliche Behauptung von Arbeitsunfähigkeit entstehen (BSG vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R). Nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, an dem die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
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Vorliegend war zunächst durchgehend Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 17.06.2017 bescheinigt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde auch Krankengeld gezahlt. Um weiterhin Krankengeld über diesen Zeitpunkt hinaus zu gewähren, wäre eigentlich spätestens am Montag, den 18.06.2018 erforderlich gewesen, eine weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt vornehmen zu lassen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibt, solange der Anspruch auf Krankengeld besteht. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist insoweit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Nachdem das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2018 geendet hatte, wäre die Fortführung des versicherungspflichtigen Mitgliedschaftsverhältnisses solange möglich, wie lückenlos ein Anspruch auf Krankengeld besteht.
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Vorliegend wurde zwar am 18.06.2018 keine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit getroffen. Vielmehr erfolgte diese ärztliche Feststellung erst am 20.06.2018. Trotz dieser ärztlichen Feststellung erst am 20.06.2018 waren jedoch nach Auffassung des Gerichts die Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch über den 17.06.2018 hinaus bis zum 11.09.2018 erfüllt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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Zwar ist eine nachträglich rückdatierte AU-Bescheinigung nicht ausreichend, um den Krankengeldanspruch zu wahren. Für die Entstehung des Krankengeldanspruchs kommt es auf das Datum an, an dem die Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde, eine Rückdatierung kann keinen Krankengeldanspruch begründen. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits früher eingetreten ist und eine Rückdatierung erfolgt (§ 46 SGB V, Juris Praxiskommentar Randnr. 23). Insoweit ergibt sich ein Krankengeldanspruch für den streitigen Zeitraum nicht daraus, dass laut den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten Herr Dr. D1 eine Krankschreibung ab 18.06.2018 vornehmen wollte und die Beklagte ihm dies untersagt habe.
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Es ist jedoch weiter Folgendes zu berücksichtigen:
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Wie bereits ausgeführt, muss der Versicherte alle Obliegenheiten beachten, um seinen Krankengeldanspruch zu erhalten und eine rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu ermöglichen (BSG vom 16.12.2014). In seiner Entscheidung vom 11.05.2017 (B 3 KR 22/15 R) hat das BSG daran festgehalten, dass aufgrund der Missbrauchsgefahr nahtlose Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen müssen und eine rückwirkende Bescheinigung nicht ausreicht und gegebenenfalls zum Verlust des gesamten Krankengeldanspruchs führen kann. Allerdings hat das BSG in dieser Entscheidung vom 11.05.2017 die Auffassung vertreten, dass eine Obliegenheitsverletzung verneint werden kann, wenn ein Arzt aufgesucht wird und dieser die Ausstellung der Bescheinigung ablehnt. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien liegt ein Ausnahmetatbestand, bei dem dem Versicherten die verspätete Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht entgegengehalten werden kann, dann nahe, wenn innerhalb normaler Praxisöffnungszeiten ein Arzt persönlich aufgesucht wird und deutlich wird, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden soll und der Versicherte bereit ist, diese Feststellung durch eine Untersuchung zu ermöglichen. Damit hat er alles in seiner Macht Stehende getan, um eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen. Der Versicherte kann zur Erfüllung der ihm auferlegten Obliegenheiten, eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen, lediglich einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt aufsuchen und seine Beschwerden schildern. Weder kann eine medizinisch zutreffende Feststellung erwirkt werden noch dass überhaupt eine Feststellung durchgeführt wird, all dies liegt nicht in der Hand des Versicherten. Wenn der Irrtum des Arztes auf einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung zur Möglichkeit, eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (krankengeldsichernd) zu treffen, beruht, ist dies nicht von Belang. Insoweit ist maßgeblich, dass der Versicherte in einem solchen Fall nicht einen Rechtsrat von seinem Arzt eingeholt hat, sondern der Versicherte es lediglich hingenommen hat, dass der Arzt eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht vorgenommen hat. Eine Handlungsalternative besteht gegenüber dem aufgesuchten Arzt dann nicht, denn der Versicherte kann den Vertragsarzt nicht zwingen, die erforderlichen Schritte für eine ordnungsgemäße Feststellung einzuleiten (§ 46 SGB V, Juris Praxiskommentar Randnr. 49). Nach dieser Rechtsprechung des BSG vom 11.05.2017 steht dem Krankengeldanspruch eine nachträgliche ärztliche AU-Feststellung nicht entgegen, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und diesem seine Beschwerden geschildert hat, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen und dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch erfolgt ist und der Versicherte an der Wahrung der Krankengeldansprüche durch eine auch nicht medizinische Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde und der Versicherte seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenze des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend gemacht hat (BSG 11.05.2017, B 3 KR 22/15 R).
\nVorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin persönlich am 18.06.2018 in der Praxis von Herrn Dr. D1 war. Nach der Mitteilung von Herrn Dr. D1 herrschte an diesem Tag ein hohes Patientenaufkommen und es sei fälschlicherweise ein Termin erst für den 20.06.2018 vereinbart worden. Die Klägerin teilte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg am 19.12.2018 mit, dass sie am 18.06.2018 persönlich in der Praxis gewesen sei. Sie habe an diesem Tag zwar ihren Arzt gesehen, aber nicht mit ihm gesprochen. Sie habe der Sprechstundenhilfe mitgeteilt, dass sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötige, diese habe ihr dann jedoch einen Termin erst für den 20.06.2018 gegeben. Außerdem gab sie an, dass sie sich in der Woche vor dem 18.06.2018 noch nicht um einen Termin bemüht habe, sie habe gedacht, dass dies am 18.06.2018 klappe.
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Insoweit sind nach Auffassung des Gerichts die Ausnahmen nach der Rechtsprechung des BSG vom 11.05.2017 erfüllt, wonach trotz der erst am 20.06.2018 erfolgten ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin zu verneinen ist. Diese war persönlich am 18.06.2018 und damit noch rechtzeitig in der Praxis ihres Arztes, um an diesem Tag das weitere Bestehen der Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen. Aufgrund des hohen Patientenaufkommens konnte sie an diesem Tag jedoch keinen Termin bekommen, so dass die ärztliche Untersuchung erst am 20.06.2018 stattfand. Zwar hat das BSG in seiner Entscheidung vom 11.05.2017 darauf hingewiesen, dass ein „Arzt-Patienten-Kontakt“ stattgefunden haben müsse. Insoweit stellt sich daher die Frage, wie unmittelbar dieser Kontakt sein muss. Insoweit ist es zu berücksichtigen, dass es ein Versicherter grundsätzlich nicht in der Hand hat, einen solchen persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient zu erwirken oder zu erzwingen. Der Patient kann vielmehr nichts anderes tun als eine Arztpraxis aufzusuchen, in der ein zu Diagnostik und Behandlung befugter Arzt tätig ist und im Empfangsbereich auf die Dringlichkeit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hinzuweisen. Ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt kann daher nicht erzwungen werden (§ 46 Juris Praxiskommentar Rn. 49.5). Insoweit erscheint es grundsätzlich zumutbar, dass der Versicherte sein Anliegen, nämlich die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, in sozial adäquater Weise vorträgt und deutlich macht. Allerdings kann der persönliche Arzt-Kontakt nicht erzwungen werden (§ 46 Juris Praxiskommentar Randnr. 49.11).
\nVor diesem Hintergrund ist das Gericht der Auffassung, dass der Klägerin keine Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist. Sie hat vielmehr am 18.06.2018 persönlich die Praxis ihres Arztes aufgesucht und der Sprechstundenhilfe mitgeteilt, dass sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötigt. Dass ihr dann erst ein Termin für den 20.06.2018 gegeben wurde, kann ihr insoweit nicht angelastet werden. Auch steht dem Krankengeldanspruch nicht entgegen, dass kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat. Wie bereits ausgeführt kann ein solcher Arzt-Patienten-Kontakt vom Versicherten nicht erzwungen werden. Insoweit erscheint es ausreichend, dass die Klägerin persönlich in der Praxis war, um eine weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erreichen und insoweit wegen eines Termins zur Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit mit der Sprechstundenhilfe des Arztes gesprochen hat.
\nNach Auffassung des Gerichts steht dem Krankengeldanspruch auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin erst am letzten Tag des anspruchserhaltenden Zeitraums, d.h. am 18.06.2018 um einen Termin bemüht hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch im Fall, den das BSG am 11.05.2017 zu entscheiden hatte, der Kläger erst am letzten Tag des anspruchserhaltenden Zeitraums sich persönlich zum Arzt begeben hatte, um eine weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erreichen. Auch insoweit hatte das BSG keine Obliegenheitsverletzung des Versicherten gesehen.
\nSoweit die Beklagte auf eine Entscheidung des LSG Bayern vom 21.03.2018 (L 20 KR 531/17) verweist, ergibt sich ebenfalls keine andere Beurteilung. In diesem Fall war der Kläger nicht persönlich in der Praxis, sondern hatte nur mit der Arztpraxis telefoniert. Dieser Fall ist daher mit dem vorliegenden Fall der Klägerin daher nicht vergleichbar.
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Die Klägerin hat entsprechend der Rechtsprechung des BSG vom 11.05.2017 auch unverzüglich ihre Rechte geltend gemacht, nachdem sie das ärztliche Attest von Herrn Dr. S1 von 22.06.2018 persönlich bei der Beklagten abgab und dieses nach Auskunft der Beklagten bereits vor dem Widerspruch vom 04.07.2018 berücksichtigt wurde. In diesem Attest hatte der Arzt bescheinigt, dass die Klägerin am 18.06.2018 in der Praxis war und ihr aufgrund des sehr hohen Patientenaufkommens fälschlicherweise ein Termin erst für den 20.06.2018 gegeben wurde.
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Insoweit sind daher nach Auffassung des Gerichts alle Voraussetzungen für den Krankengeldanspruch über den 17.06.2018 hinaus bis 11.09.2018 erfüllt, nachdem im Zeitraum bis 11.09.2018 lückenlose Bescheinigungen von Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG vom 11.05.2017 vorliegen. Aufgrund der vorliegenden Befunde und der ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist das Gericht auch der Überzeugung, dass in diesem Zeitraum eine Arbeitsunfähigkeit nach § 44 SGB V bestand. Für die Arbeitsunfähigkeit kommt es insoweit auf eine mit der früheren Tätigkeit beim B-Dienst vergleichbare Tätigkeit an, nachdem dieses Arbeitsverhältnis während der bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit geendet hatte.
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Nach alledem war der Anspruch auf Weitergewährung von Krankengeld über den 17.06.2018 bis 11.09.2018 begründet.
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Gleichzeitig war auch der Feststellungsantrag begründet, da insoweit festzustellen war, dass das Versicherungsverhältnis nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V über den 17.06.2018 hinaus bis 11.09.2018 fortbesteht. Insoweit blieb die Mitgliedschaft der Klägerin nach dieser Vorschrift erhalten, da sie in diesem Zeitraum Anspruch auf Krankengeld hatte. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
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Nach alledem war die Klage in vollem Umfang begründet.
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Die Beklagte hat daher die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen, § 193 SGG.
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Erstellt am: 10.02.2023
Zuletzt verändert am: 10.02.2023