I. Der Bescheid vom 30. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 1999 wird insoweit aufgehoben, als Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 4 bis 12 für Zeiträume nachgefordert werden, die laut den E101 Bescheinigungen, die für die Beigeladenen zu 4 bis 12 ausgestellt wurden, dem britischen Sozialversicherungsrecht unterliegen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Streitig ist eine Beitragsforderung aufgrund einer Betriebsprüfung.
Im Oktober 1998 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt nach § 28 p Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Prüfzeitraum war der 01.01.1994 bis 31.12.1997. Anlässlich dieser Prüfung stellte die Beklagte fest, dass vom 01.05.1996 bis 31.07.1997 insgesamt neun britische Bauarbeiter für die Klägerin tätig waren. Vertragliche Grundlage waren zwei sog. "Bauausführungsverträge" vom 02.05.1996 und 01.04.1997, die die Klägerin mit der britischen Firma N. aus B. abschloss. Darin verpflichtete sich die Firma N. , für eine bestimmte Zeit Maurer zu einem Stundenlohn von 38,00 DM zu stellen. In diesem Preis seien Abgaben wie Sozialversicherung, Lohnsteuer, Unterkunft, Reisekosten und dergleichen enthalten. Die Bezahlung erfolge wöchentlich in bar. Im Vorfeld des Vertragsabschlusses hat die Klägerin auf ein Fax der Firma N. reagiert und mit einem Herrn B. von der Firma A. in H. in den Niederlanden Kontakt aufgenommen. Mit der Fax-Mitteilung vom 25.04.1996 wurde die Anforderung von vier Arbeitern bestätigt. Einer davon müsste die deutsche Sprache beherrschen. Die Arbeiter müssten auch Beton- und Stahlbeton- und Schalungarbeiten erledigen können. Der Stundenlohn betrage 38,00 DM inklusive sämtlicher Abgaben. Die Abrechnung erfolgte ausschließlich über Herrn B. der Fa. A. in H., wobei dieser zum Teil auch den Briefkopf der Firma N. verwendete. Die dabei angegebenen Fax- bzw. Telefonnummern hatten stets eine niederländische Vorwahl. Die Auszahlung der Stundenlöhne erfolgte nach Anweisung der Firma A. zum Teil direkt an die Bauarbeiter, zum Teil auf Konten der Firma N …
Nach Durchführung einer Schlussbesprechung am 09.10.1998 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 30.11.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.1999 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von damals 32.925,93 DM nach, da eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vorliege. Die Firma N. sei nach den Feststellungen des Bundesamtes für Finanzen vom 10.06.1997 eine Briefkastengesellschaft. Die E101-Bescheinigungen hätten lediglich deklaratorische Bedeutung.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.08.1999 Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Klägerin mit der Firma N. Werkverträge geschlossen habe. Die britischen Bauarbeiter hätten mit Ausnahme der Planübergabe keinerlei Weisungen von der Klägerin erhalten. Stundenabrechnungen seien auch bei einem Werkvertrag üblich. Außerdem hätten sog. E101-Bescheinigungen vorgelegen. Auch eine Briefkastenfirma könne entsprechend dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16.12.1997, Az.: VII 398/96, in einen leistungsrechtlichen Austausch mit einem Vertragspartner treten. Wegen der Einheit der Rechtsordnung müsse dies in einem sozialgerichtlichen Verfahren in gleicher Weise bewertet werden. Im Hinblick auf die vorliegenden E101-Bescheinigungen und auf das Urteil des EuGH vom 09.11.2000 in der Rechtssache "Plum" sei deutsches Recht nicht anwendbar. Es läge vielmehr eine Entsendung im Sinne von Art. 14 I lit.a VO (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 vor. Die Klägerin genieße Vertrauensschutz dahingehend, dass aufgrund der E101-Bescheinigungen die Beigeladenen zu 4 bis 12 der britischen Sozialversicherung unterlägen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 30.11.1998 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 29.07.1999 insoweit aufzuheben, als Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 4 bis 12 für die Zeiträume nachgefordert werden, die laut den E101-Bescheinigungen, die für die Bei- geladenen zu 4 bis 12 ausgestellt wurden, dem briti- schen Sozialversicherungsrecht unterliegen.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vorliege und die Klägerin sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Die Entsendebescheinigungen hätten lediglich deklaratorische Wirkung. Die Echtheit der E101-Bescheinigungen werde vom britischen Sozialversicherungsträger laut Schreiben vom 12. Mai 2003 und 20. April 2004 angezweifelt. Sozialversicherungsbeiträge seien an den britischen Sozialversicherungsträger nicht abgeführt worden. Damit könne von diesen Bescheinigungen nicht die Beweiskraft ausgehen, die der EuGH echten 101-Bescheinigungen zubillige. Im EuGH-Urteil vom 09.11.2000 – Rs. C 404/98 – "Plum" habe er deutsches Recht für anwendbar erklärt. Demgegenüber hätten im Fall "Fitzwilliam" (EuGH-Urteil vom 10.02.2000 – Rs. C 202/97 -) und "Banks" (EuGH-Urteil vom 30.03.2000 – Rs. C 178/97 -) ordnungsgemäß durchgeführte Arbeitsverhältnisse vorgelegen.
Zur Aufklärung des weiteren Sachverhalts hat das Gericht am 23.10.2003 einen Erörterungs- und Beweistermin abgehalten und die Beteiligten gehört sowie die Zeugen W. und M. einvernommen. Zum Ergebnis der Anhörung und Zeugeneinvernahme wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 23.10.2003 verwiesen. Die mündliche Verhandlung am 12.12.2003 hat das Gericht vertagt und der Klägerin Gelegenheit gegeben, sämtliche E101-Bescheinigungen vorzulegen. Im Übrigen wird hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Klageakte und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90, 92 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin haftet nicht für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge nach Art. 1 § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) für die Zeiträume, für die E101-Bescheinigungen für die Beigeladenen zu 4 bis 12 ausgestellt waren. Aufgrund der E101-Bescheinigungen unterliegen die britischen Arbeitnehmer für die bestätigten Zeiträume dem britischen Sozialversicherungsrecht nach Art. 14 I lit.a VO (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 in Verbindung mit Art. 11 I lit.a VO (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21.03.1972.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin mit der britischen Firma N. einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag geschlossen hat. Maßgebend für die rechtliche Einordnung ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern der tatsächliche Geschäftsinhalt. Dies ergibt sich aus den Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung. Dabei ist bei einem Widerspruch die tatsächliche Vertragsausführung maßgebend (BAGE 67, 124). Eine Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn Arbeitnehmer eines Verleihers ihre Arbeitsleistung in Fremdbetrieben (der Entleiher) erbringen und dort entsprechend den Vorstellungen und Zielen des Entleihers wie dessen eigene Arbeitnehmer eingesetzt werden (BAG NZA 1995, 572).
Vertraglich vereinbart war die Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern, die über bestimmte Sachkunde verfügten gegen einen bestimmten Stundenlohn. Die Erstellung eines Werkes war nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen. Dies ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt als auch aus der glaubwürdigen Zeugenaussage M … Demnach bestand vor Vertragsabschluss ein Arbeitskräftemangel bei der Klägerin. Dringend wurden Maurer benötigt, die Schalungs-, Betonbau- und Eisenbindungsarbeiten erledigen konnten. Weder wurden der britischen noch der niederländischen Firma Pläne übersandt noch diese aufgefordert, ein Angebot zu einem bestimmten Leistungsverzeichnis abzugeben. Bei den Vertragsverhandlungen wurde kein bestimmtes "Werk" näher konkretisiert. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um überhaupt eine angemessene Gegenleistung dafür vereinbaren zu können. Die Vertragsbeziehung zur britischen Firma erschöpfte sich darin, dass diese Maurer mit einer bestimmten Fachkunde zur Verfügung stellt.
Aufgrund der Ermittlungen des Bundesamtes für Finanzen steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass es sich bei der britischen Firma N. um eine sog. Briefkastenfirma handelt. Bei einer Briefkastenfirma ist es ausgeschlossen, dass diese als Hersteller im Rahmen eines Werkvertrages auftreten kann (BAG NZA 1995, 572 ff.). Einer Briefkastenfirma fehlen nämlich die eigenen betrieblichen und personellen Voraussetzungen, um die im Rahmen eines Werkvertrages notwendigen Handlungen organisieren zu können. So wurden die konkreten Vertragsverhandlungen über die niederländische Firma A. geführt. Die britische Firma hat auch nicht dafür gesorgt, dass den Beigeladenen zu 4 bis 12 Pläne und das notwendige Material zur Verfügung gestellt wurde. Vielmehr erhielten diese Pläne und auch das Material von der Klägerin. Das Material wurde nach den Angaben der Klägerin auch von dieser selbst bezahlt. Ebenso wenig organisierte die britische Firma die Abnahme des Gewerkes "Eisenbinden". Bei der Abnahme waren nach eigenen Angaben der Klägerin nur sie selber und der Baustatiker zugegen. Organisatorische Beziehungen zwischen der britischen Firma und den Beigeladenen zu 4 bis 12 bestanden tatsächlich nicht. Um ihre Arbeit ordnungsgemäß erledigen zu können, erhielten sie die notwendigen Materialien und Anweisungen von der Klägerin. Insoweit agierten die Beigeladenen zu 4 bis 12 auch nicht als Erfüllungsgehilfen der britischen Firma. Dass sie nach den glaubwürdigen Angaben des Zeugen W. vor Ort unabhängig von den anderen Arbeitnehmern der Klägerin arbeiteten, lag allein an den Kommunikationsschwierigkeiten. Aufgrund fehlender Deutsch- bzw. Englischkenntnisse erhielten sie zwar keine mündlichen Anweisungen, jedoch wurde ihnen durch die Übergabe der Pläne mittelbar Weisung erteilt, was sie vor Ort auf der Baustelle zu tun hatten. Sie arbeiteten zwar in einer Kolonne unabhängig von den anderen Arbeitnehmern der Klägerin, fügten sich jedoch insgesamt reibungslos in den Arbeitsprozess so ein, dass die Bauarbeiten ordnungsgemäß zu Ende geführt werden konnten.
Entgegen der Auffasung der Klägerin steht das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom 16.12.1997, Az.: VII 398/96, der Annahme nicht entgegen, dass eine Briefkastenfirma keinen Werkvertrag schließen könne. Denn das Niedersächsische Finanzgericht stellt lediglich fest, dass auch eine Briefkastenfirma in einen leistungsrechtlichen Austausch treten könne. Das Finanzgericht hat sich nicht dazu geäußert, ob eine Briefkastenfirma auch einen Werkvertrag abschließen kann. Auch ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ist ein Vertrag, der auf einen leistungsrechtlichen Austausch, nämlich die Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern gegen ein bestimmtes Entgelt gerichtet ist.
Unstreitig besitzt die Firma N. keine Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG. Es liegt somit eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vor.
Gleichwohl haftet die Klägerin nicht für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge für die Zeiträume, die durch die E101-Bescheinigungen dem britischen Sozialversicherungsrecht unterstellt sind.
Die E101-Bescheinigungen sind für die Beklagte verbindlich. Denn der britische Sozialversicherungsträger hat weder in seinem Schreiben vom 12.05.2003 noch im Schreiben vom 20.04.2004 die E101-Bescheinigungen zurückgezogen oder für ungültig erklärt. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil des EuGH vom 10.02.2000 – Rs. C-202/97 "Fitzwilliam" in: NZS 2000, 291 ff.) hat, solange eine E101-Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird, der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in den die Arbeitnehmer entstandt sind, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass diese bereits dem Recht der sozialen Sicherheit des Staates unterliegen, in dem das Unternehmen, das sie beschäftigt, seine Betriebsstätte hat; er kann daher die fraglichen Arbeitnehmer nicht seinem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellen. Die zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in den die Arbeitnehmer entstandt werden, würden ihre Verpflichtungen zur Zusammenarbeit nach Art. 5 EGV verletzen – und die Ziele der Art. 14 I lit.a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und Art. 11 I lit.a Verordnung (EWG) Nr. 574/72 verfehlen -, wenn sie sich nicht an die Angaben in der Bescheinigung gebunden sähen und die Arbeitnehmer zusätzlich ihrem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellten. Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, der diese E101-Bescheinigungen ausgestellt hat, muss allerdings deren Richtigkeit überprüfen und die Bescheinigungen gegebenenfalls zurückziehen, wenn der zuständige Träger des Mitgliedstaats, in den die Arbeitnehmer entsandt sind, Zweifel an der Richtigkeit des der Bescheinigung zugrunde liegenden Sachverhalts und den darin gemachten Angaben insbesondere deshalb geltend macht, weil diese den Tatbestand des Art. 14 I lit.a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfüllten. Soweit die betroffenen Träger im Einzelfall nicht zu einer Übereinstimmung gelangen, können sie sich an die Verwaltungskommission wenden oder gemäß Art. 170 EGV (jetzt Art. 227 EG) ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, sodass der Gerichtshof die Frage des auf diese Arbeitnehmer anwendbaren Rechts und damit die Richtigkeit der Angaben der E101-Bescheinigung prüfen kann.
Zwar steht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Bescheinigungen gefälscht wurden. Der britische Sozialversicherungsträger äußert hierbei nur Zweifel. Jedoch teilt das Gericht die Auffassung der Beklagten, wonach der Tatbestand des Art. 14 I lit.a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfüllt ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH a.a.O.) unterfällt ein Unternehmen nur dann Art. 14 I lit.a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, wenn er seine Geschäftstätigkeit gewöhnlich in dem ersten Staat ausübt. Ein Bauunternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, das seine Arbeitnehmer in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsendet, in dem es – abgesehen von rein interner Verwaltungstätigkeit – seine gesamte Geschäftstätigkeit ausübt, kann sich nicht auf Art. 14 I lit.a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 berufen. Diese Arbeitnehmer fallen vielmehr gemäß Art. 13 II lit.a dieser Verordnung unter das Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in welchem sie tatsächlich beschäftigt sind (Urteil des EuGH vom 09.11.2000, Rs. C-404/98 "Plum", SLG. 2000, I-9395 RdNr. 22, 23). Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass eine Briefkastenfirma sich nicht auf Art. 14 I lit.a dieser Verordnung berufen kann, da diese an diesem Ort keine nennenswerte Geschäftstätigkeit ausübt.
Noch in seinem Urteil vom 16.02.1995 – Rs. C-425/93 "Calle Grenzshop Andresen", SLG. 1995, I-269 ff. hat der EuGH die Frage der Bindungswirkung von E101-Bescheinigungen offen gelassen. Der Generalanwalt ist dabei aber nicht der Rechtsauffassung der BfA und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland gefolgt, die den Standpunkt vertreten haben, die E101-Bescheinigungen wirkten nur deklaratorisch. Der zuständige Staat könne selbst die Rechtslage überprüfen. Eine Bindung an Bescheinigungen, die der Rechtslage nicht entsprechen, würde dazu führen, dass das Recht unrichtig angewendet würde bzw. dass eine Bescheinigung, die aufgrund unzutreffender Umstände erteilt worden sei, nicht der korrekten Anwendung der Art. 13 bis 16 der Verordnung im Wege stehen dürfe. Demgegenüber hat nämlich der Generalanwalt ausgeführt, dass die E101-Bescheinigung einen Rechtsschein erzeuge und den Beweis des ersten Anscheins für sich sprechen lasse. Eine materiell falsche Bescheinigung müsse mit den in den mitgliedstaatlichen Verfahrensordnungen vorgesehenen üblichen Beweismitteln entkräftet werden können. Gelingt dies, so muss der in der Bescheinigung Genannte aus dem Sozialversicherungssystem des ausstellenden Mitgliedstaats entlassen werden, damit er in das Sozialversicherungssystem des zuständigen Staates eingegliedert werden kann. Der Beweiswert der E101-Bescheinigungen darf nicht ohne Einschaltung der ausstellenden Behörde vernichtet werden. Solange der ausstellende Staat den Sozialversicherungspflichtigen nicht aus seinem Sozialversicherungssystem entlässt, kann er vom zuständigen Staat nicht in Anspruch genommen werden, denn dies würde eine Doppelbeanspruchung bedeuten und damit dem Zweck des Art. 13 I VO (EWG) Nr. 1408/71 und den Art. 48 – 51 EG-Vertrag über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer widersprechen. Weigert sich der ausstellende Staat die Bescheinigung aufzuheben, so kann der zuständige Staat die Angelegenheit in der Verwaltungskommission zur Sprache bringen. Bleibt auch dieser Schritt erfolglos, kann der Weg eines Vertragsverletzungsverfahrens gemäß der Art. 169 und 170 EG-Vetrag beschritten werden.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 30.03.2000 – Rs. C-178/97 "Banks" seine Rechtsprechung festgesetzt und ist wiederum der Auffassung der deutschen Regierung entgegengetreten, dass die zuständigen Träger der anderen Mitgliedstaaten das Recht hätten, abweichend von den E101-Bescheinigungen gegebenenfalls zu einem anderen Ergebnis zu gelangen.
Da sich das Gericht der Rechtsprechung des EuGH anschließt, war dem Klageantrag in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 15.10.2007
Zuletzt verändert am: 15.10.2007