Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28.03.2011 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Anträge der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden abgelehnt.
Gründe:
Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) lebten spätestens seit Mai 2009 in einer 39,82 m² großen 1 ½-Zimmer Wohnung in der T-Straße 00 in L. Der Antragsteller zu 1) war in die Wohnung der Antragstellerin zu 2) zugezogen, nachdem er zuvor wohnungslos gewesen war. Für den am 00.00.2009 geborenen gemeinsamen Sohn der Antragsteller zu 1) und 2), M, den Antragsteller zu 3) gewährte der Antragsgegner Leistungen für eine Erstausstattung bei Geburt (Bekleidung und Einrichtung) mit Bescheid vom 20.10.2009 i.H.v. 659,30 Euro.
Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) schlossen mit Wirkung ab 15.01.2011 einen Mietvertrag für die 81,89 m² große Wohnung in der G-straße 00 in L. Mit Schreiben vom 29.12.2010 beantragte die Antragstellerin zu 2) eine Erstausstattung der Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte. Bis auf eine Waschmaschine und einen Herd verfügte der Haushalt über keinerlei Haushaltsgeräte. Mit Bescheid vom 16.03.2011 lehnte der Antragsgegner die Gewährung eines Zuschusses ab. Die Erstausstattung im Rahmen einer Beihilfe sei abzulehnen, da der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) bereits seit dem 04.05.2009 als Paar in einer Wohnung zusammen lebten. Eine teilweise Bewilligung sei im Rahmen eines Darlehens zu prüfen. Die Antragsteller erhielten zu diesem Zweck einen Termin zur Klärung eines potenziellen Darlehens. Den hiergegen am 23.03.2011 erhobenen Widerspruch begründete die Bevollmächtigte der Antragsteller damit, die Erstausstattungskosten seien als Zuschuss und nicht als Darlehen zu gewähren, da die Gegenstände erstmalig beantragt würden. Laut Vermerk vom 28.03.2011 hat die Antragstellerin zu 2) bei einem persönlichen Kontakt am 25.03.2011 das Angebot eines Darlehens abgelehnt.
Am 14.03.2011 stellten die Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Antrag, ihnen angemessene Erstausstattung für eine Küche (ausser Herd), eine Wohnzimmereinrichtung sowie Matratzen und Bettgestelle für alle drei Antragsteller zu gewähren.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.03.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller hat es dem Antragsgegner zu ¼ auferlegt. Es fehle an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin zu 2) habe das Angebot des Antragsgegners, ein Darlehen zu bewilligen, abgelehnt und auf der Bewilligung eines Zuschusses bestanden. Die Frage, ob die Ausstattungsgegenstände als Zuschuss oder Darlehen zu bewilligen seien und es sich dabei insbesondere um eine Erstausstattung oder Ersatzbeschaffung früher bereits vorhandener Gegenstände handele, könne in dem anhängigen Widerspruchs- und ggf. einem sich anschließendem Klageverfahren entschieden werden. Die Kostenentscheidung berücksichtige die Tatsache, dass der Antragsgegner trotz der Einschaltung der Bevollmächtigten erst nach der Einleitung des Eilverfahrens eine Entscheidung getroffen und das Darlehen angeboten habe.
Gegen den ihnen am 31.03.2011 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am selben Tag unter Bezugnahme auf den Vortrag erster Instanz Beschwerde eingelegt. Die Vorgehensweise des Antragsgegners sei rechtswidrig. Bei einem laufenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren müsse das Angebot eines Darlehens über das anhängige Gerichtsverfahren erfolgen und nicht außerhalb der Kenntnislage der Bevollmächtigten. Selbstverständlich wäre kein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz anhängig gemacht worden, wenn die Leistungen darlehensweise gewährt worden wären.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und schließt sich den Gründen des sozialgerichtlichen Beschlusses an. Bereits aus dem angefochtenen Bescheid vom 16.03.2011 selbst sei zu ersehen gewesen, dass ein Darlehen nicht ausgeschlossen gewesen sei, sondern im einzelnen geprüft werden sollte.
Mit Bescheid vom 21.04.2011 hat der Antragsgegner dem Antrag des Antragstellers zu 1) auf Übernahme von Kosten der Erstausstattung der Wohnung i.H.v. 426,94 Euro entsprochen. Dabei würden folgende Gegenstände berücksichtigt: Kleiderschrank, Sessel, Regale (Wohnzimmer), Tisch, Stühle, Spülunterschrank, Lampen (Diele, Bad Küche), Lampe Schlafzimmer, Lampe Wohnzimmer, pauschalige Gardinen. Wegen der angesetzten Beträge wird auf den Bescheid Bezug genommen. Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch (Schriftsatz vom 04.05.2011) machten die Antragsteller geltend, es fehlten die beantragte Spüle, das Sofa und vor allem das Bett und die Küchenschränke. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 wurden in Abänderung der Bescheide vom 16.03. und 21.04.2011 dem Antragsteller zu 1) weitere 161,00 Euro (74,00 Euro für ein Bett und 87,00 Euro für eine neue Matratze) als Wohnungsersteinrichtung bewilligt. Zudem wurde für den Kühlschrank, den die Bedarfsgemeinschaft nach eigenen Angaben den Nachbarn wieder habe zurückgeben müssen, ein Gutschein im Wert von 173,74 Euro für eine bestimmte Firma als Ersteinrichtung gewährt. Nur Leistungen im Sinne einer Erstausstattung könnten als Beihilfe erbracht werden. Einrichtungsgegenstände oder Haushaltsgeräte, die durch Nutzung unbrauchbar würden und damit einen Erhaltungs- oder Ergänzungsbedarf darstellten, gehörten nicht zum Bedarf im Sinne des § 23 bzw. nach Rechtslage ab 01.01.2011 § 24 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Ein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 SGG liege ohnehin nur dann vor, wenn die Abdeckung des fraglichen Bedarfs keinen Aufschub dulde. Eine schlichte Bedarfsunterdeckung führe nicht bereits zur Unabweisbarkeit des Bedarfs. Da mit dem Widerspruch eine Beihilfe und gerade nicht ein Darlehen begehrt worden sei, sei jedoch über ein Darlehen nicht zu entscheiden.
Die am 05.07.2011 gegen den Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 beim Sozialgericht Köln erhobene Klage wird dort unter dem Az.: S 22 AS 2591/11 geführt.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist nicht begründet.
Nach Erlass des Bewilligungsbescheides an den Antragsteller zu 1) vom 21.04.2011 über 426,94 Euro und der Teilabhilfe im Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 mit Bewilligung weiterer 161,00 Euro sowie eines Gutscheines im Wert von 173,74 Euro machen die Antragsteller – laut Schriftsatz vom 04.05.2011 bzw. der Widerspruchsschrift vom selben Tage – noch einen Bedarf geltend für ein Bett, die Spüle, ein Sofa und (Küchen-)Schränke.
Hinsichtlich dieser Gegenstände ist zur Überzeugung des Senats bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO).
Der Antragsgegner macht im Gerichtsverfahren geltend und führt im Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 aus, mit dem am 21.04.2011 bewilligten Betrag für einen "Spülenunterschrank" (46,20 Euro) seien die Kosten für eine Spüle mit Unterschrank abgedeckt. Diesem Vortrag, der sich mit den Erfahrungswerten des Senats über Preise von Spülen mit Unterschrank im einfachen Segment deckt, sind die Antragsteller nicht substantiiert entgegen getreten.
Ob ein Sofa für das Wohnzimmer zwingender Bedarf ist, wenn der Bedarfsgemeinschaft Sitzgelegenheiten inklusive Sessel gewährt worden sind, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn die Antragstellerin zu 2) hat in ihrem Schreiben vom 25.02.2011 mitgeteilt, ihre Nichte, die seit 2010 ohne festen Wohnsitz sei, hätte ihr leihweise u.a. eine Couch zur Verfügung gestellt.
Hinsichtlich der begehrten Schränke bzw. Küchenschränke und Matratzen bzw. Bettgestelle für die Antragsteller zu 2) und 3) ist nicht glaubhaft gemacht, dass diese Erstausstattungsbedarf im Sinne von § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung bzw. § 24 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 in der Fassung des Gesetzes vom 24.03.2011 (BGBl. I, 453) darstellen. Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel oder andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist (BSG, Urteil vom 19.08.2010 – B 14 AS 36/09 R, Rn. 16 m.w.W.). Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zu 1) mit Bescheid vom 21.04.2011 u.a. Leistungen für Regale (Wohnzimmer) i.H.v. 51,31 Euro bewilligt. Die Antragstellerin zu 2) hat im Verwaltungsverfahren (Schreiben vom 25.02.2011) erklärt, sie habe bei ihrem Umzug nach L vom 01.04.2009 über drei kleine Schrankelemente und eine Schlafcouch verfügt. Dem am 22.11.2009 geborenen Antragsteller zu 3) hat der Antragsgegner Leistungen für eine Erstausstattung bei Geburt (Bekleidung und Einrichtung) mit Bescheid vom 20.10.2009 i.H.v. 659,30 Euro gewährt. Danach ist ein Bedarf an diesen Gegenständen nicht glaubhaft gemacht bzw. wäre die Anschaffung neuer Gegenstände lediglich eine Ersatzbeschaffung. Für den Antragsteller zu 1) wurde durch die Teilabhilfeentscheidung im Widerspruchsbescheid ein Bett und eine neue Matratze als Wohnungsersteinrichtung bewilligt.
Den Antragstellern steht Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus vorstehenden Gründen von Beginn an keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) aufwies. Auch hinsichtlich des Antragstellers zu 1) ist im Hinblick auf das Angebot eines Darlehens am 25.03.2011 – und damit vor Einlegung der Beschwerde am 31.03.2011 – ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 16.08.2011
Zuletzt verändert am: 16.08.2011