Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10.04.2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger hat zum Wintersemester 2002/2003 an der Universität E das Studium Lehramt Primarstufe mit den Fächern Deutsch, Mathematik und Religion aufgenommen. Er beabsichtigt, im Sommersemester 2008 das Examen abzulegen. Im September 2006 beantragte er bei der Beklagten Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil das Studium nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähig sei und ein besonderer Härtefall, der ausnahmsweise die darlehensweise Gewährung von Grundsicherungsleistungen rechtfertigen könne, nicht vorliege (Bescheid vom 24.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 20.11.2006).
Dagegen hat der Kläger am 07.12.2006 vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Er hat geltend gemacht, dass Leistungen nach dem BAföG nicht bewilligt worden seien. Er habe in den vergangenen vier Jahren mindestens 15 Stunden pro Woche gearbeitet. Da er diese Arbeit neben dem Studium ausgeübt habe, habe er das Studium nicht in der Weise betreiben können, wie er es ohne die Erwerbstätigkeit hätte verfolgen können. Er hat des Weiteren auf sein Widerspruchsvorbringen verwiesen, wonach er sein Studium im Sommersemester 2008 abschließen müsse, weil andernfalls der Studiengang nicht mehr in derselben Weise abgeschlossen werden könne und ein Großteil des Studiums hinfällig werde.
Mit Beschluss vom 10.0.42007 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Beklagte zutreffend das Vorliegen eines Härtefalls verneint habe.
Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klage bietet nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht (§ 73 Sozialgerichtsgesetz -SGG – iVm § 114 ZPO -Zivilprozessordnung -).
Zwar sind die Voraussetzungen für die Annahme eines besonderen Härtefalls nach § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt (vgl. anhängige Revisionen zu B 7b AS 28/06 R und B 7b AS 36/06 R). Dies gebietet gleichwohl nicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Auch wenn die Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ist die Ablehnung der Prozesskostenhilfe gerechtfertigt, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellten Auslegungshilfen ohne Schwierigkeiten zu beantworten ist (vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 1156, 1157 m.w.N.). Dies ist hier der Fall in dem Sinne, dass die Voraussetzungen eines Härtefalls im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht erfüllt sind.
Zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) hat bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass allein die Förderungsfähigkeit durch das BAföG maßgeblich für den grundsätzlichen Ausschluss von Leistungen ist (vgl. Beschl. v. 13.05.1993 – 5 B 82/92 = ZfS 1993, 274). Das Studium des Klägers ist nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BAföG förderungsfähig, auch wenn der Antrag des Klägers auf entsprechende Leistungen nach diesen Gesetz zwischenzeitlich abgelehnt worden ist, was zwischen den Beteiligen auch nicht streitig ist. Diese grundsätzliche Förderbarkeit schließt auch nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II den Anspruch auf Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach aus (Urt. des Senats v. 23.04.2007 – L 19 AS 40/06).
Einen Härtefall im Sinne des § 26 Satz 1 BSHG hat das BVerwG nur angenommen, "wenn die Folgen des Ausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden und vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden ist" (BVerwGE 94, 224, 228). Diese Entscheidung hat allerdings schon in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (OVGe) Kritik erfahren, die eine typisierende Betrachtungsweise nach besonderen Fallgruppen für notwendig erachtet hat (vgl. die Nachweise bei Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 Rn 47). Aber auch nach letzterer Auffassung, die nach überwiegender Meinung bei der Auslegung des § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II Anwendung finden soll (vgl. Brühl/Schoch in LPK – SGB II, 2. Aufl., § 7 Rn 102; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn 94; wohl auch Spellbrink a.a.O.; a.A. Hörder in juris PK-SGB II § 7 Rn 49), sind nur solche Gesichtspunkte herangezogen worden, die beim Kläger nicht vorliegen.
Hierzu zählen der unverschuldete Abbruch früherer Ausbildung (LSG Niedersachsen-Bremen, FEVS 50/511), die Unterbrechung der Ausbildung wegen Krankheit (LSG Hamburg Beschl. v. 20.06.2005 – L 61 AS 472/05 ER), die Ausübung einer Pflegetätigkeit (Valgolio a.a.O. Rn 95); kurze Restdauer der Ausbildung (LSG Sachsen-Anhalt, NZS 2006, 161; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 05.07.2006 – L 10 AS 545/06), der Wegfall einer zuvor gesicherten finanziellen Grundlage (LSG Hessen NDV-RD 2005, 102), Unmöglichkeit der Erzielung von Erwerbseinkommen trotz Aufgabe des Studiums (OVG Lüneburg info also 1996, 137, 138, die begonnene Ausbildung als einzige realistische Chance auf Zugang zum Erwerbsleben (LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 05.07.2006 – L 10 AS 545/06), Zwang zum Abbruch der Ausbildung zwecks Erhalts von Sicherungsleistungen bei Alleiner-ziehenden (OVG Saarland info also 2002, 173, 175) oder sonstige Gründe, die eine Erwerbstätigkeit neben der Ausbildung unzumutbar machen (Brühl/Schoch a.a.O.), sowie der nicht rechtzeitig erteilte Bescheid über den bestehenden Anspruch auf BAföG (Brühl/Schoch a.a.O.). Solche oder vergleichbare Verhältnisse sind jedoch beim Kläger nicht gegeben.
Seine vor Antragstellung ausgeübte Erwerbstätigkeit beruhte auf einem befristeten Arbeitsvertrag, so dass die Erwerbsquelle nicht überraschend für ihn fortgefallen ist. Er hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm eine Erwerbstätigkeit neben dem Studium nicht mehr zumutbar ist, zumal er im April 2007 einer solchen wieder nachgegangen ist. Schließlich ist das Studium auch noch nicht soweit fortgeschritten, dass dessen Abbruch als unverhältnismäßig hart angesehen werden müsste, da er im Zeitpunkt der Antragstellung noch weit mehr als ein Jahr vom Studienabschluss entfernt gewesen ist und nach dem vorgelegten Studienverlaufsplan noch erhebliche Teile des Studiums zu absolvieren sind.
Sonstige Umstände, die einen Härtefall im Sinne des § 5 Abs. 7 S. 2 SGB II begründen könnten, sind nicht ersichtlich, so dass trotz der revisionsgerichtlich anhängigen Verfahren (siehe oben) die Erfolgsaussichten des Klagebegehrens im Sinne des § 114 ZPO zu verneinen sind.
Dies gilt auch im Hinblick auf die zum 01.01.2007 in Kraft getretene Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II (Gesetz vom 20.07.2006 – BGBl. I S. 1706), weil der Kläger, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis zählt (vgl. Berlit in LPK-SGB II,2. Aufl., § 22 Rn 127).
Die Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 127 Abs. 4 ZPO beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 25.07.2007
Zuletzt verändert am: 25.07.2007