Die Beschwerden der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 07.11.2016 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Q, L, wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen begehren die Zahlungen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die am 00.00.1984 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der am 00.00.2005 geborenen Antragstellerin zu 2). Beide sind rumänische Staatsangehörige und reisten eigenen Angaben zufolge im Jahr 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 16.06.2016 beantragten sie beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bisher seien sie keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, sondern durch die Geschwister der Antragstellerin zu 1) unterstützt worden. Diese seien aber zurück nach Rumänien gereist. Zur Bedarfsgemeinschaft gehörten zwei Personen, weitere Personen lebten nicht im Haushalt. Der Vater der Antragstellerin zu 2) sei unbekannt, lebe in Rumänien und zahle keinen Unterhalt. Außer Kindergeld und Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung hätten sie kein Einkommen. Die Antragstellerin zu 1) reichte einen vom 01.06.2016 bis 31.05.2017 befristeten Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte mit der E GmbH ein, wonach sie zu einer monatlichen Vergütung von 200,- Euro als Küchenhilfe eingestellt wurde. Zur Sozialversicherung gemeldet wurde die Antragstellerin zu 1) ab dem 15.06.2016. Die Bezügeabrechnungen weisen für Juni 2016 einen Netto-Verdienst von 122,79 Euro (15 Stunden/Monat) und für August von 162,77 Euro (20 Stunden/Monat) aus. Die Antragstellerin zu 1) reichte einen Mietvertrag über eine Wohnung in C, Im X 00, vom 24.03.2016 ein. Als Mieter sind die Antragstellerinnen und Herr S aufgeführt. Die Miete beträgt 440,- Euro zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung von 150,- Euro und Heizkostenvorauszahlung von 110,- Euro. Die (bisherige) Anschrift der Antragstellerin zu 1) und Herrn S ist im Mietvertrag mit C Straße 00 in L angegeben. Für April 2016 war keine Miete zu zahlen. Nach einem handschriftlichen Zusatz zum Mietvertrag wurden die Kaution und die Nebenkosten für April bar bezahlt. Der Mietvertrag ist nur von Herrn S unterschrieben worden.
Mit Schreiben vom 14.06.2016 und 22.06.2016 forderte der Antragsgegner die Antragstellerinnen zur Vorlage verschiedener Unterlagen und Erklärungen auf. Mit Bescheid vom 16.09.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Die Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen. Es fehlten Angaben zu Herrn S, der Zahlungsverbindung für das Kindergeld und zum Familienstand.
Am 22.09.2016 legte die Antragstellerin zu 1) den Bescheid vom 16.09.2016 und den Mietvertrag ohne weitere Erläuterungen beim Antragsgegner vor.
Am 10.10.2016 haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Köln beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II "für den Monat Oktober und den nachfolgenden Bewilligungszeitraum” zu zahlen. Sie hätten vor fünf Monaten Unterlagen eingereicht, bisher habe der Antragsgegner hierüber nicht entschieden. Ihnen stehe nur Kindergeld und der Lohn aus geringfügiger Beschäftigung zur Verfügung. Zugleich haben die Antragstellerinnen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Der Antragsgegner hat sich auf die Bestandskraft des Bescheides vom 16.09.2016 berufen. Darüber hinaus sei Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Die erforderlichen und angeforderten Unterlagen seien nicht nachgereicht worden. Zweifel resultierten auch daraus, dass die Kaution in bar gezahlt worden sei. Die Antragstellerinnen seien gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Die Tätigkeit als Küchenhilfe werde erst seit kurzem und in geringem Umfang ausgeübt und stelle sich daher als völlig untergeordnet dar. Die Antragstellerinnen hätten kein Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der Verordnung (EU) 492/2011, weil die Antragstellerin zu 1) nach eigenen Angaben seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht erwerbstätig gewesen sei.
Nach einer vom Sozialgericht eingeholten Meldeauskunft über Herrn S war dieser bis zum 16.05.2016 in der C Straße 00 und anschließend Im X 01 in C gemeldet.
Mit Beschluss vom 07.11.2016 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Ein Anordnungsgrund sei nicht erkennbar. Die Antragstellerinnen hätten zu den berechtigten Einwendungen des Antragsgegners keine Stellungnahme abgegeben, eine Notlage sei daher nicht feststellbar. Da der Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden sei, seien hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes zu stellen.
Mit Schreiben vom 09.11.2016 haben die Antragstellerinnen ausgeführt, es sei ihnen nicht bekannt, welche Unterlagen dem Antragsgegner noch fehlten. In der Vorlage des Mietvertrages und des Bescheides am 22.10.2016 sei ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid zu sehen. Sie haben Lohnabrechnungen für Juli 2016 (245,56 Euro) und September 2016 (216,53 Euro) eingereicht, zudem Kontoauszüge für die Zeit bis 26.08.2016, auf denen ein Kindergeldzufluss von 190,- Euro am 04.08.2016 zu verzeichnen ist. Ebenfalls mit Schreiben vom 09.11.2016 haben die Antragstellerinnen Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.09.2016 eingelegt.
Gegen den am 11.11.2016 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerinnen am 14.11.2016 Beschwerde erhoben. Die Antragstellerin zu 1) gehe einer ernsthaften Beschäftigung nach. Die Antragstellerinnen haben ergänzend die Anmeldebestätigung der Antragstellerin zu 1) bei der Minijobzentrale, die Meldebescheinigung zur Sozialversicherung sowie weitere Lohnabrechnungen vorgelegt (August 2016 162,77 Euro, Oktober 2016 245,56 Euro).
Mit Verfügung vom 01.12.2016 hat der Senat den Antragstellerinnen aufgegeben, umgehend mitzuteilen, ob die Antragstellerinnen mit Herrn S in einer Bedarfsgemeinschaft leben, wovon Herr S lebt und ob Mietschulden bestehen. Am 31.01.2017 hat der Senat darauf hingewiesen, die Verfügung vom 01.12.2016 sei nach wie vor nicht hinreichend beantwortet, zudem fehle bisher eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Sozialgerichts. Die Antragstellerin haben eine E-Mail der Hausverwaltung vorgelegt, wonach bis auf Oktober 2016 alle Mieten gezahlt worden seien und die Miete von Herrn S beglichen werde. Es könne aber nicht sein, dass fremde Personen, die dazu nicht imstande seien, die Hilfebedürftigen ohne gesetzliche Verpflichtung "durchziehen" müssten. Die Antragstellerin zu 1) habe ihre geringfügige Beschäftigung zum 31.10.2016 beendet.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. BSG Beschluss vom 07.04.2011 – B 9 VG 15/10 B). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 Rn. 24 f). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 Rn. 26; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 21.07.2016 – L 7 AS 1045/16 B ER).
Der Senat lässt offen, ob bereits die Bestandskraft des Bescheides vom 16.09.2016 einem Anordnungsanspruch entgegensteht. Grundsätzlich dient das einstweilige Rechtsschutzverfahren (nur) der Sicherung des in der Hauptsache mit Aussicht auf Erfolg geltend gemachten Anspruchs, wenn es dem Betroffenen nicht zumutbar ist, aufgrund der zu erwartenden Dauer des Verfahrens die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. An einer in diesem Sinne sicherungsfähigen Rechtsposition fehlt es, wenn ein Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden und für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist (§ 77 SGG). Die ohne weitere Erläuterungen erfolgte Vorlage des Bescheides vom 16.09.2016 und des Mietvertrages kann auch unter Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes nicht als Widerspruch ausgelegt werden, da nicht einmal ansatzweise deutlich geworden ist, was die Antragstellerinnen mit dieser Vorlage bezweckten. Der Widerspruch vom 09.11.2016 ist offensichtlich verfristet. Ein Anordnungsanspruch könnte allerdings für die Zeit ab dem 10.10.2016 bestehen, ohne dass § 77 SGG dem entgegensteht, da der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auch als Neuantrag auf Leistungen angesehen werden kann und der Antragsgegner durch sein Vorbringen im gerichtlichen Verfahren hinreichend deutlich gemacht hat, dass er nach Prüfung diesem Antrag ebenfalls nicht entsprechen wird.
Indes haben die Antragstellerinnen ihre Hilfebedürftigkeit, die Voraussetzung für Leistungen nach dem SGB II ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II), nicht glaubhaft gemacht. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).
Die Antragstellerinnen tragen vor, sie hätten mit Ausnahme von 190,- Euro Kindergeld und schwankendem Erwerbseinkommen der Antragstellerin zu 1) aus einer geringfügigen Beschäftigung keine Mittel zur Verfügung. Zwar wurde dies nicht an Eides Statt versichert (§§ 202 SGG, 294 Abs. 1 ZPO). Das Gericht kann aber seine Überzeugung auch ohne Vorlage dieser Versicherung allein auf den Vortrag der Beteiligten stützen, wenn dies im Rahmen freier Beweiswürdigung möglich erscheint, d.h. die Aussage glaubhaft und schlüssig ist und nicht zu anderen Beweisergebnissen im Widerspruch steht (Beschluss des Senats vom 27.04.2016 – L 7 AS 384/16 B; BSG Beschluss vom 10.02.1998 – B 2 U 2/98 B mwN). Daran fehlt es hier.
Die Antragstellerinnen haben nicht schlüssig dargelegt, wovon sie in der Zeit ab Antragstellung im Juni 2016 bis heute, mithin über einen Zeitraum von ca. neun Monaten, ihren Lebensunterhalt bestritten haben. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Miete offenbar von Herrn S gezahlt wurde, besteht hinsichtlich der Bedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts eine erhebliche Unterdeckung. Die Antragstellerin zu 1) hat nur in drei Monaten mehr als 200,- Euro verdient, im Übrigen ca. 150 – 170,- Euro monatlich, zudem hat sie lediglich von Juni 2016 bis Oktober 2016 gearbeitet. Auch wenn man unterstellt, dass das Kindergeld jeden Monat auf dem Konto der Antragstellerin zu 1) eingeht, was anhand der Kontoauszüge nur für einen Monat nachgewiesen ist, so ist nicht nachvollziehbar, dass die Antragstellerinnen allein von diesen Einkünften ihren Lebensunterhalt bestritten haben wollen, also ab November 2016 bis aktuell ausschließlich vom Kindergeld für die Antragstellerin zu 2) gelebt haben wollen. Trotz Ankündigung haben die Antragstellerinnen bis heute keine aktuellen Kontoauszüge vorgelegt. Der letzte Auszug datiert auf Ende August 2016 und gibt damit nicht die aktuellen Verhältnisse wieder.
Nicht schlüssig sind die Angaben zur Wohnsituation, wenn die Antragstellerin zu 1) einerseits gemeinsam mit Herrn S, der denselben Nachnamen trägt wie die Antragstellerin zu 2), einen Mietvertrag über eine Wohnung abschließt, andererseits bei Antragstellung angibt, die Wohnung ausschließlich mit der Antragstellerin zu 2) zu bewohnen. Dies gilt umso mehr als Herr S ursprünglich unter derselben Adresse wie die Antragstellerinnen amtlich gemeldet war. Die Antragstellerinnen sind hierzu trotz mehrfacher Nachfragen auch durch den Senat eine Erklärung schuldig geblieben.
Nach Aktenlage ergeben sich Anhaltspunkte für Unterstützungsleistungen Dritter. So waren die Antragstellerinnen (und Herr S) den Angaben im Mietvertrag zufolge jedenfalls in der Lage, die Kaution iHv 800,- Euro zuzüglich der Nebenkosten für den Monat April 2016 (150,- Euro, evtl. zuzüglich der Heizkostenvorauszahlung von 110,- Euro) in bar zu zahlen, zudem wurde die Miete den Angaben der Antragstellerinnen zufolge bisher durchgehend monatlich – mit Ausnahme des Monats Oktober 2016 – gezahlt. Ob die Zahlung der Miete nur darlehensweise oder als Überbrückungsleistungen erfolgt ist (hierzu BSG Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 46/11 R), lässt sich nicht überprüfen. Hierzu fehlt es bereits an einem belastbaren Beteiligtenvortrag.
Nachdem unter Zugrundelegung des Vorbringens der Antragstellerinnen die Rechtsverfolgung von Beginn an keine Aussicht auf Erfolg hatte, kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ff. ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).
Erstellt am: 04.04.2017
Zuletzt verändert am: 04.04.2017