Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des am 27. September 2015 verstorbenen A. (im Folgenden: der Verstorbene) auf Gewährung von Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum vom 01. September 2014 bis zum 12. März 2015.
Der im November 1955 geborene bei der B-BKK – der Rechtsvorgängerin der Beklagten – freiwillig mit Anspruch auf Gewährung von Krankengeld versicherte Verstorbene, dessen Beschäftigungsverhältnis aufgrund eines Auflösungsvertrages am 30. Juni 2014 endete, erhielt von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zunächst vom 01. Juli 2014 – mit einer ruhensbedingten Unterbrechung vom 01. August 2014 bis zum 04. August 2014 – bis einschließlich zum 31. August 2014 Krankengeld, nachdem der den Verstorbenen behandelnde Arzt ua Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 31. August 2014 attestiert hatte.
Mit der ärztlichen Bescheinigung zur Erlangung von Krankengeld vom 01. September 2014 bescheinigte der den Verstorbenen behandelnde Arzt aufgrund der ärztlichen Untersuchung von diesem Tage erneut Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich zum 30. September 2014. Mit Schreiben vom 04. September 2014 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Verstorbenen mit, dass die Zahlung von Krankengeld mit dem 31. August 2014 eingestellt werde, weil die Arbeitsunfähigkeit zuletzt bis zum 31. August 2014 bescheinigt worden und die Verlängerung erst am 01. September 2014 erfolgt sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Verstorbenen vom 20. September 2014 wies die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2015 als unbegründet zurück. Ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld über den 31. August 2014 hinaus bestehe nicht, weil der Verstorbene seine Arbeitsunfähigkeit nicht am 31. August 2014, sondern erst am 01. September 2014 habe feststellen lassen. Eine deshalb erst ab dem 02. September 2014 in Betracht kommende Gewährung von Krankengeld scheitere aber daran, dass der Verstorbene an diesem Tage nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Die Satzung der Beklagten sehe mit Blick auf die Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes für freiwillig Versicherte ohne Arbeitsentgelt nur eine freiwillige Weiterversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld vor. Die ab dem 01. September 2014 bestehende Mitgliedschaft des Verstorbenen bei der Beklagten, die über die Mitgliedschaft der Ehefrau des Verstorbenen im Rahmen der Familienversicherung vermittelt werde, umfasse keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld.
Mit bei dem Sozialgericht Neuruppin am 04. Februar 2015 eingegangenem Schriftsatz vom 02. September 2015 hat der Verstorbene bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Gewährung von Krankengeld weiter verfolgt. Er bringt im Wesentlichen vor, es sei zwar unstreitig, dass der Verstorbene erst am 01. September 2014 den ihn behandelnden Arzt aufgesucht habe, weshalb die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 01. September 2014 nicht unter die Krankengeldbewilligung für den davor liegenden Zeitraum falle. Mit Blick auf die abschnittsweise Bewilligung von Krankengeld entstehe durch die Vorlage einer erneuten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aber ein erneuter Anspruch auf Gewährung von Krankengeld, weshalb dem Verstorbenen auch ab dem 01. September 20014 Krankengeld zu gewähren sei.
Nachdem die Klägerinnen das Verfahren als Rechtsnachfolgerinnen des Verstorbenen (vgl den Gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Schwedt (Oder) – ( …) – vom 29. März 2016) aufgenommen haben und nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 01. Januar 2017 mit dieser fusionierte, beantragen die Klägerinnen (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 04. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 verlautbarten ablehnenden Verfügung zu verurteilen, ihnen Krankengeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) für den Zeitraum vom 01. September 2014 bis zum 12. März 2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen in den angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidungen.
Nach dem zum 01. Juli 2020 erfolgten Wechsel in der Kammerzuständigkeit hat das Gericht die Beteiligten mit Verfügung vom 27. Juli 2020 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Prozessakte sowie auf die den Verstorbenen betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom 27. Juli 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Klageverfahrens ist der Anspruch der Klägerinnen auf Gewährung von Krankengeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V). Das dementsprechend auf Aufhebung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 04. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 verlautbarten ablehnenden Verfügung und auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 01. September 2014 bis zum 12. März 2015 gerichtete Begehren ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (vgl § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG und § 56 SGG) und auch im Übrigen zulässig, wobei die Klägerinnen ihre Ansprüche – mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine Sonderrechtsnachfolge im Sinne der Regelung des § 56 Abs 1 S 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I), weil der Verstorbene weder die Klägerin zu 1. noch die Klägerin zu 2. vor seinem Tod wesentlich unterhalten hat – als Gesamtrechtsnachfolgerinnen des Verstorbenen zu Recht als notwendige Streitgenossinnen verfolgen, weil die Entscheidung über einen Nachlassanspruch, zu dem auch der hier streitgegenständliche Krankengeldanspruch gehört, nur gegenüber allen Mitgliedern einer Erbengemeinschaft einheitlich ergehen kann (§ 74 SGG iVm § 59 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 74 SGG iVm § 62 Abs 1 ZPO).
2. Die danach insgesamt zulässigen Klagen sind jedoch unbegründet.
a) Die auf Aufhebung der streitgegenständlichen Verfügungen gerichtete Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und der Verstorbene war durch sie nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert und die Klägerinnen sind durch sie nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG). Denn dem Verstorbenen stand und den Klägerinnen steht für den von ihnen begehrten Zeitraum kein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld zu.
aa) Anspruchsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Krankengeld für freiwillig Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung ist – wie für Pflichtversicherte aufgrund einer Beschäftigung auch – die Regelung des § 44 Abs 1 SGB V und die Regelung des § 46 S 1 Nr 2 SGB V – jeweils in der Fassung, die die genannten Vorschriften zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu aus dem Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 1/20 R, RdNr 13 mwN; hier also in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009, BGBl I S 1990, 3578; im Folgenden: aF).
Gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB V aF haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für Krankengeld vorliegt. An die Stelle des Versicherungsverhältnisses tritt bei einem nachgehenden Anspruch die hieraus erwachsende Berechtigung (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R, RdNr 8 mwN).
Gemäß § 46 S 1 SGB V aF entsteht der Anspruch auf Krankengeld 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs 4 SGB V, § 24 SGB V, § 40 Abs 2 SGB V und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, 2. im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Dies gilt auch für an die ärztliche Erstfeststellung von Arbeitsunfähigkeit anschließende Folgefeststellungen (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R, RdNr 14). Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R, RdNr 9 mwN), der die Kammer insoweit folgt, weil sie sie für überzeugend hält, bot das Gesetz bis zu seiner – hier wegen des Geltungszeitraumprinzipes nicht zu berücksichtigenden Änderung durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz–GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl I S 1211), das aufgrund von Artikel 20 Abs 1 des Gesetzes zum 23. Juli 2015 in Kraft getreten ist – weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 S 1 Nr 2 SGB V aF als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Anspruch auf Gewährung von Krankengeld gemäß § 44 SGB V aF schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht.
bb) aaa) Diese Anspruchsvoraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Dies gilt für den 01. September 2014 wegen der Regelung des § 46 S 1 Nr 2 SGB V aF schon deshalb, weil erst für diesen Tag an diesem Tag Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt worden ist. Aber auch für den Zeitraum ab dem 02. September 2014 – mithin dem Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt – besteht der begehrte Anspruch auf Gewährung von Krankengeld nicht, weil der Verstorbene ab dem 02. September 2015 nicht mehr als freiwillig Versicherter mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen ist. Freiwillig Versicherte mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze haben Anspruch auf Krankengeld, sofern sie bei Entstehung des Krankengeldanspruchs aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, das der Beitragsberechnung zugrunde lag (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Dezember 2018 – L 8 KR 65/18, RdNr 21 mwN). Der Anspruch des Verstorbenen auf Zahlung von Krankengeld ab dem 02. September 2014 scheitert jedoch daran, dass bei diesem für den 01. September 2014 keine Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt worden ist, weil nach der dargestellten und hier noch maßgeblichen gesetzlichen Konzeption für den Umfang des Versicherungsschutzes auf den Tag abzustellen ist, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Damit endete der Anspruch des Verstorbenen auf Krankengeld am 31. August 2014 als dem letzten Tag, für den der den Verstorbenen behandelnde Arzt voraussichtlich Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hatte. Eine (neue) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist dem Verstorbenen dann erst aufgrund dessen Arztbesuches am 01. September 2015 an diesem Tage ausgestellt worden.
bbb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R, RdNr 17 mwN), der die Kammer folgt, weil sie sie für überzeugend hält, obliegt es dem Versicherten, zur Vermeidung einer Unterbrechung von Krankengeldansprüchen für eine Folge-Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung spätestens am letzten Tag der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Sorge zu tragen. Maßgebend für den Krankengeldbeginn ist dabei nicht der "wirkliche" oder der "ärztlich attestierte" Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern der Tag der ärztlichen Feststellung. Es obliegt allein dem Versicherten, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen und ggf fortgesetzt rechtzeitig feststellen zu lassen. Dies kann regelmäßig anlässlich der ärztlichen Behandlung und Diagnostik geschehen und stellt auch in den übrigen Fällen keine unzumutbaren Anforderungen an den Versicherten. Sinn und Zweck dieser Anforderung ist es – wie schon in der Entstehungsgeschichte der Normen zum Ausdruck kommt –, beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Deshalb kann zB ein Versicherter, der das Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit akzeptiert und über Monate hinweg Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bezieht, die er bei Arbeitsunfähigkeit nicht hätte erhalten dürfen, nicht mehr mit der nachträglichen Behauptung gehört werden, er sei in der gesamten Zeit zu Unrecht als arbeitslos statt richtigerweise als arbeitsunfähig behandelt worden (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R, RdNr 20). Zwar hat das Bundessozialgericht diese Rechtsprechung zu den pflichtversicherten Personen entwickelt, aus Sicht der Kammer gibt es jedoch keinen Grund, dies bei freiwillig Versicherten, die einen Anspruch auf Krankengeld geltend machen, anders zu sehen (so auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Dezember 2018 – L 8 KR 65/18, RdNr 24).
ccc) Auch liegen die Voraussetzungen einer der vom Bundessozialgericht entwickelten Ausnahmetatbestände, die es erlauben würden, den Verstorbenen so zu behandeln, als hätte er von dem aufgesuchten Arzt rechtzeitig die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erhalten, nicht vor (vgl hierzu ausführlich Bundessozialgericht, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R, RdNr 20 ff mwN).
aaaa) Nach dieser Rechtsprechung, der die Kammer zumindest für den hier streitgegenständlichen Zeitraum folgt, weil sie sie für überzeugend hält, steht dem Krankengeldanspruch eine erst verspätet erfolgte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung nicht entgegen, wenn
1) der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um
a) die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und
b) dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden oder anspruchserhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch erfolgt ist,
2) er an der Wahrung der Krankengeldansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde (zB eine irrtümlich nicht erstellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), und
3) er – zusätzlich – seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.
Einem "rechtzeitig" erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt steht es dabei gleich, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden oder anspruchserhaltenden zeitlichen Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, und es zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt aus dem Vertragsarzt und der Krankenversicherung zurechenbaren Gründen erst verspätet, aber nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist (vgl zu dieser Verfeinerung der bisherigen Rechtsprechung ausführlich Bundessozialgericht, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R, RdNr 22 ff mwN).
bbbb) Die Kammer vermag – ausgehend von diesen Grundsätzen – schon nicht zu erkennen, dass es am 31. August 2014 zu einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt gekommen ist oder der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt aus Gründen, die dem Vertragsarzt und der Krankenversicherung zuzurechnen sind, erst verspätet, aber nach Wegfall dieser Gründe, stattgefunden hat.
ddd) Ein Anspruch des Verstorbenen auf Krankengeld entstand – entgegen der Auffassung der Klägerinnen – auch nicht wieder am 02. September 2014 mit der Ausstellung einer neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 01. September 2014.
aaaa) Zwar war der Verstorbene zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten (auch weiterhin) freiwillig versichert. Denn nach § 191 Nr 1 SGB V bis § 191 Nr 4 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft nur, wenn die Voraussetzungen eines der dort abschließend genannten Tatbestände erfüllt sind. Für das Vorliegen einer der dort genannten Voraussetzungen hat die Kammer keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere ist die Regelung des § 191 Nr 2 SGB V nicht einschlägig, weil die über die Klägerin zu 1. an sich ggf entstandene Familienversicherung gemäß § 10 SGB V die freiwillige Versicherung des Verstorbenen – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht verdrängt. Denn die Familienversicherung ist insoweit nachrangig (vgl § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V aE). Weil auch die Voraussetzungen des § 191 Nr 3 SGB V mangels Kündigung durch den Verstorbenen nicht vorliegen und die weiteren Tatbestände des § 191 Nr 1 SGB V und des § 191 Nr 4 SGB V ersichtlich nicht vorliegen, hat die freiwillige Versicherung des Verstorbenen damit auch noch am 01. September 2015 fortbestanden.
Anders als bei den Pflichtversicherten kommt es bei freiwillig Versicherten damit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses auf einen fortlaufenden Bezug von Krankengeld zur Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld nicht an. Eine der Vorschrift des § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V entsprechende Regelung, wonach die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger ua erhalten bleibt, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder bezogen wird, kennt das Gesetz nicht. Bei mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig Versicherten kommt es daher nur darauf an, dass die Mitgliedschaft fortbesteht (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 4/12 R, RdNr 20f).
bbbb) Dem Anspruch steht jedoch entgegen, dass am 02. September 2014 – als dem Tag eines nach § 46 S 1 Nr 2 SGB V aF möglichen Beginns eines neuen Krankengeldanspruchs – die freiwillige Krankenversicherung des Verstorbenen keinen Anspruch auf Krankengeld mehr umfasste.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu freiwillig Versicherten, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, ist es für die Fortdauer eines Krankengeldanspruchs grundsätzlich unerheblich, ob sie nach der Entstehung des Krankengeldanspruchs den bisherigen Betrieb des Unternehmens bzw den zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit notwendigen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen aufrechterhalten. Denn das Krankengeld wird als Ersatz für diejenigen Einkünfte gewährt, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bzw vor Beginn der stationären Behandlung als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen. Der Berechnung des Krankengelds liegt damit die sog Bezugs- bzw. Referenzmethode zugrunde, die – im Gegensatz zum Lohnausfallprinzip – unberücksichtigt lässt, wie sich das Arbeitsentgelt außerhalb des Bezugs- bzw des Bemessungszeitraums, insbesondere also nach Eintritt des Leistungsfalles, entwickelt (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Mai 2006 – B 1 KR 19/05 R, RdNr 21 mwN). Es kommt dementsprechend während des Krankengeldbezuges nicht darauf an, dass der Versicherte ohne die eingetretene Arbeitsunfähigkeit die bisherige Erwerbstätigkeit fortsetzen könnte (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 4/12 R, RdNr 27). Allerdings muss der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit den Versicherten daran gehindert haben, Arbeitseinkommen zu erzielen. Daran fehlt es, wenn der Versicherte schon vor Arbeitsunfähigkeitsbeginn seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hat. Krankengeld kann grundsätzlich nur als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bzw vor Beginn der stationären Behandlung als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen (tatsächlich) bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen (Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Mai 2006 – B 1 KR 19/05 R, RdNr 23).
cccc) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die die Kammer auf freiwillig versicherte Arbeitnehmer wie den Verstorbenen für übertragbar hält (so auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Dezember 2018 – L 8 KR 65/18, RdNr 28), hatte der Kläger nach dem Ende des vorangegangenen Krankengeldbezugs zum 31. August 2014 keinen Anspruch auf Krankengeld mehr. Der Krankengeldanspruch des Klägers nach § 44 Abs 1 SGB V aF beruhte auf dem vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis; das Krankengeld kompensierte das ausfallende Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung. Dieses Beschäftigungsverhältnis hatte jedoch mit dem 30. Juni 2014 sein Ende gefunden. Zwar berührte das bei fortlaufend bestehender und ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den "nachlaufenden" Krankengeldanspruch des Verstorbenen aus der früheren Beschäftigung nach den oben dargelegten Grundsätzen zunächst nicht. Dies änderte sich jedoch mit Ablauf des 31. August 2014, da mit diesem Tag der Krankengeldanspruch wegen des Fehlens einer rechtzeitigen Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigung entfiel. Damit wandelte sich das freiwillige Versicherungsverhältnis des Klägers in ein solches ohne Krankengeldanspruch um, weil ab dem 01. August 2014 bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit kein ausfallendes Einkommen mehr zu ersetzen war; der Bezug zu der vorangegangenen Beschäftigung war mit dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit zum 31. August 2014 entfallen. Damit konnte im Zeitpunkt der Ausstellung der neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 01. September 2014 bei dem Verstorbenen kein Anspruch auf Krankengeld ab dem 02. September 2014 mehr entstehen.
dddd) Wenn nach alledem bereits aus den dargelegten Gründen des insoweit höherrangigen Rechts eine Fortsetzung der freiwilligen Mitgliedschaft nur ohne Anspruch auf Gewährung von Krankengeld erfolgte, kann offen bleiben, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten berechtigt war, eine solche Rechtsfolge auch in ihrer Satzung (vgl hierzu § 194 SGB V) zu regeln.
b) Wenn danach die auf Aufhebung der streitgegenständlichen Verfügung gerichtete Anfechtungsklage unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die von den Klägerinnen in notwendiger Streitgenossenschaft mit ihr kombinierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG sowie § 74 SGG iVm § 59 ZPO und § 74 SGG iVm § 62 Abs 1 ZPO, weil wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses nur eine zulässige und begründete Anfechtungsklage den Weg für eine zulässige und begründete Leistungsklage ebnen kann und weil den Klägerinnen – wie aufgezeigt – für den streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld zusteht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten insgesamt einander keine Kosten zu erstatten haben, weil der Kläger mit seinem Begehren im Klageverfahren vollumfänglich unterlag.
4. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG sowie § 183 S 2 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
( …)
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Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 26.08.2020
Zuletzt verändert am: 23.12.2024