Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versorgung mit einer dynamischen Finger-Hand-Handgelenk-Unterarm-Orthese des Typs SaeboFlex.
Der im Januar 1984 geborene Kläger leidet nach einem im Jahre 2013 erlittenen Schlaganfall unter anderem unter einer spastischen armbetonten Hemiparese links und ist deshalb in seiner Handmobilität eingeschränkt. Nach den Angaben des Herstellers verfügt die von dem Kläger begehrte Orthese über ein spezielles Federsystem, welches den Muskeln, die die Finger beugen, einen Führungswiderstand gibt, und die Finger anschließend in die Streckung nimmt und die Hand öffnet. Das Produkt umschließt dabei jeden Finger und den Daumen mit einer eigenen Halterung. Von dieser aus führen Federzüge zu einer Platte auf dem Handrücken und zu einer Manschette am Unterarm. Die Federzüge werden dabei individuell auf jeden Patienten eingestellt. Sie definieren die Öffnung der Hand. Werden die Finger nun gebeugt, geschieht dies immer in die zum Greifen optimale Richtung. Sie soll den Betroffenen helfen, wieder greifen und loslassen zu können, wobei die Orthese jeden Finger individuell führt, die Bewegung lenkt und die Streckung unterstützt. Der Hersteller gibt ferner an, dass die Betroffenen, wenn die Nervenverbindung zwischen Hand und Gehirn etwa nach einem Schlaganfall nicht mehr richtig funktioniert, das Greifen und Loslassen wieder zurückgewinnen können sollen. Durch die geführten Bewegungen der Finger soll die Hand wieder zufassen können. Darüber hinaus sollen funktionelle Bewegungen der Hand nicht nur durchgeführt werden können, sondern durch die vielen Wiederholungen im Alltag wieder "neu im Gehirn verschaltet" werden (so die Beschreibung auf der Internetseite der Herstellerin Pro Walk Rehabilitationshilfen und Sanitätsbedarf GmbH, https://www.prowalk.de/produkte/saebo-flex/; abgerufen am 09. Juni 2020).
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 1 (dort unter "Begründung") bis Seite 2 (dort bis zum zweiten Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 19. Dezember 2016, mit dem diese den Widerspruch des Klägers vom 14.September 2016 gegen die die Versorgung des Klägers mit der Handorthese ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 30. August 2016 als unbegründet zurückwies. Wegen der Begründung der Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort ab dem dritten Absatz) bis Seite 4 (dort bis zum fünften Absatz) des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 19. Dezember 2016.
Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2016 – bei dem Sozialgericht Neuruppin am 30. Dezember 2016 eingegangen – hat der Kläger bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Versorgung mit der Handorthese weiter verfolgt. Er trägt im Wesentlichen vor, das in Rede stehende Hilfsmittel sei als Hilfsmittel zum unmittelbaren Ausgleich seiner Behinderung erforderlich und werde nicht vordergründig zu therapeutischen Zwecken begehrt. Auf andere Hilfsmittel könne er nicht verwiesen werden, da diese in ihrer Auswirkung auf den Behinderungsausgleich hinter dem streitgegenständlichen Hilfsmittel zurückblieben. Ferner sei ein günstigeres Hilfsmittel, welches die Behinderung in gleicher Weise zum Ausgleich bringe, am Markt nicht erhältlich. Insoweit sei die verordnete Versorgung auch nicht unwirtschaftlich. Jedenfalls werde der Anspruch aber ohnehin auch nicht durch das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu Fall gebracht. Im Bereich der Hilfsmittelversorgungen seien keine Kosten-Nutzen-Überlegungen anzustellen, weil menschliche Rehabilitation nicht finanziell messbar sei. Überdies komme dem verordnenden Arzt bei der Auswahl des Hilfsmittels die Therapiehoheit zu. Bei der erfolgten Probeversorgung habe der Kläger unter Beweis stellen können, dass er die Funktionen des streitgegenständlichen Hilfsmittels nutzen könne. Er profitiere von den Gebrauchsvorteilen in seinem gesamten Alltag.
Der Kläger beantragt (nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 31. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2016 verlautbarten ablehnenden Verfügung zu verurteilen, ihn mit einer Handorthese des Typs SaeboFlex zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist sie auf ihre Erwägungen im auch angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2016 und das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung e. V. vom 29. August 2016. Sie ergänzt im Wesentlichen, bei der Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel handele es sich wegen dessen Trainings-Modus-Funktion um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs 1 SGB V, die einer Prüfung und Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bedarf, die nicht vorliege.
Das Gericht hat den medizinischen Sachverhalt durch die Einholung eines Befundberichtes bei Dr. med. P. vom 31. August 2017 sowie eines chirurgischen und sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens des Dr. med. B. vom 31. Oktober 2018 nebst ergänzender Stellungnahme vom 13. Mai 2019 weiter aufgeklärt.
Das Gericht hat die Beteiligten schließlich mit Verfügung vom 11. Februar 2020 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit Verfügung vom 12. März 2020 sowie mit ergänzender Verfügung vom 21. April 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. Das – auf Aufhebung der mit dem Bescheid der Beklagten vom 31. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2016 verlautbarten ablehnenden Verfügung und auf Verurteilung der Beklagten zur Versorgung des Klägers mit einer Handorthese des Typs SaeboFlex gerichtete – Begehren ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (vgl § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG sowie § 56 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
2. Die zulässigen Klagen sind jedoch unbegründet.
a) Die mit der Leistungsklage kombinierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und der Kläger durch sie nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert ist (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG).
aa) Die angegriffenen Verfügungen der Beklagten sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, weil es die Beklagte zu Recht abgelehnt hat, den Kläger mit der begehrten Handorthese zu versorgen.
bb) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Versorgung mit der begehrten Handorthese nicht zu. Anspruchsgrundlage für das Leistungsbegehren ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind.
cc) Bei der von dem Kläger begehrten Handorthese handelt es sich zwar um eine sächliche medizinische Leistung und deswegen um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs 1 S 1 SGB V. Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen steht zur Überzeugung des Gerichts (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG) darüber hinaus fest, dass das Hilfsmittel hier dem Versorgungziel der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient (§ 33 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGB V). Dies ist der Fall, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V) eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 18 mwN). Der spezifische Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs 1 S 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 18 mwN).
So liegt es hier: Der Kläger leidet ua an einer spastischen armbetonten Hemiparese links und ist deshalb in seiner Handmobilität eingeschränkt. Er wird deswegen seit Jahren fortlaufend ärztlich betreut. Im Rahmen dieser Betreuung hat der Kläger diverse Rehabilitationsbehandlungen erhalten und an verschiedenen Therapieprogrammen teilgenommen. Die therapeutischen Bemühungen sind darauf gerichtet, die Halbseitenlähmung des Klägers zu bessern. Betreffend die Handmobilität des Klägers besteht das Ziel darin, eine Besserung und Erleichterung der Greiffunktionen zu erreichen. Durch das streitgegenständliche System sollen nicht nur funktionelle Bewegungen der Hand durchgeführt werden können, sondern diese durch die vielen Wiederholungen im Alltag wieder "neu im Gehirn verschaltet" werden, der Kläger soll im Ergebnis letztlich durch die Nutzung des Hilfsmittels wieder lernen zu greifen.
Sein Einsatz soll auch im Rahmen der ärztlichen Behandlung erfolgen, zu der ein enger Zusammenhang besteht. Insoweit hat die Beklagte unter zutreffendem Verweis auf die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die ärztliche Verordnung des streitgegenständlichen Hilfsmittels auch eine weiter andauernde ärztliche Überwachung und Kontrolle der Therapie erforderlich macht und dass der Therapieplan darin besteht, einer zunehmenden Beugekontraktur der linken Hand und der Langfinger vorzubeugen.
Im Übrigen ist der Zusammenhang auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass nur unregelmäßig Vorstellungen bei den den Kläger behandelnden Ärzten erfolgen. Denn auf die Anzahl oder Häufigkeit der Arztbesuche kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 19 unter Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Juli 2015 – B 3 KR 5/14 R, RdNr 20 aE). Der Einstufung als Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung steht im Übrigen auch nicht entgegen, dass die Behandlung nicht auf die Heilung der eingeschränkten Handmobilität ausgerichtet ist. Im Rahmen von § 33 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGB V ist es ausreichend, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 19 unter Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Juli 2015 – B 3 KR 5/14 R, RdNr 21), was vorliegend auch der Kläger nicht in Zweifel zieht.
dd) Dem Anspruch des Klägers steht indes die Sperrwirkung des § 135 Abs 1 S 1 SGB V entgegen. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs 2 S 1 SGB V, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit – auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden – nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (Nr. 1), die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern (Nr 2), und die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung (Nr 3).
Diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor. Die Behandlung der eingeschränkten Handmobilität des Klägers im Wege der Führung mit individuell eingestellten Federzügen stellt eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs 1 SGB V dar, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen System steht und (noch) nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt ist.
aaa) Das begehrte Hilfsmittel basiert auf einer neuen Behandlungsmethode, denn die hierdurch sollen nicht nur funktionelle Bewegungen der Hand durchgeführt werden können. Darüber hinaus sollen sie durch die vielen Wiederholungen im Alltag wieder "neu im Gehirn verschaltet" werden, der Kläger soll durch das begehrte Hilfsmittel wieder "lernen" zu greifen. Diese Art und Weise der Behandlung unterscheidet sich im Hinblick auf die medizinisch-technische Vorgehensweise sowie mögliche Risiken und Aspekte der Wirtschaftlichkeit erheblich von den herkömmlichen Behandlungsvarianten (ua krankengymnastische und ergotherapeutische Übungsbehandlungen, angepasste konfektionierte Unterarm-Hand-Fingerorthese und Unterarm-Hand-Lagerungsschiene) und stellt daher eine "neue", bisher nicht anerkannte Behandlungsmethode dar. Die gesetzliche Ausgestaltung der Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses als Anspruchsvoraussetzung bei neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden dient der Sicherung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen. Neue medizinische Verfahren dürfen zum Schutz der Patienten nicht ohne hinreichende Prüfung ihres diagnostischen bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewandt werden (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 20).
bbb) Der Einsatz des streitgegenständlichen Hilfsmittels steht hier auch in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Abs 1 S 1 SGB V. Ein solcher Zusammenhang besteht schon deswegen, weil die technisch neuartige Wirkungsweise der Federzugtechnik unmittelbar mit Nutzung des Hilfsmittels verbunden (und bezweckt) ist. Wegen dieses Zusammenhanges ist Voraussetzung für einen Leistungsanspruch des Versicherten, dass die neue Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt worden ist (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 21 mwN). An einer derartigen Anerkennung der Methode durch den Gemeinsamen Bundessausschuss fehlt es, was zwischen den Beteiligten auch zu Recht nicht umstritten ist.
ee) Der Kläger kann das begehrte Hilfsmittel – entgegen seiner Auffassung – auch nicht auf der Grundlage von § 33 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGB V beanspruchen. Ein Hilfsmittelanspruch zum Ausgleich einer Behinderung setzt voraus, dass das Hilfsmittel im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden darf, wozu es zunächst einer positiven Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses zu der zu Grunde liegenden Behandlungsmethode bedarf (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 22 unter Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Juli 2015 – B 3 KR 5/14 R, RdNr 46). Da der Einsatz des Hilfsmittels hier – wie aufgezeigt – nicht von der zu Grunde liegenden Behandlungsmethode zu trennen ist, gilt die Sperrwirkung des § 135 Abs 1 S 1 SGB V mit dem grundsätzlichen Erfordernis einer positiven Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 6/16 R, RdNr 27ff), die nicht vorliegt (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 6/16 R, RdNr 23ff und 30ff). Solange und soweit der Gemeinsame Bundesausschuss eine solche positive Empfehlung (noch) nicht abgegeben hat, sind anders lautende medizinische Empfehlungen – auch diejenigen der behandelnden Ärzte oder von (gerichtlichen) Sachverständigen – unerheblich.
ff) Die Behandlungsmethode der Federzugtechnik darf auch nicht ausnahmsweise ohne positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden. Als Ausnahmefallgruppen anerkannt sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Fälle des § 2 Abs 1a SGB V, ferner sog Seltenheitsfälle und der Fall des sog Systemversagens (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 23 ua unter Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteile vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R, jeweils RdNr 53). Vorliegend liegen die Voraussetzungen von keiner dieser Fallgruppen vor: Bei der Einschränkung der Handmobilität handelt es sich weder um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche, noch um eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung im Sinne des § 2 Abs 1a SGB V. Ein Seltenheitsfall liegt ebenso wenig vor wie ein Systemversagen (vgl Sozialgericht Berlin, Urteil vom 03. November 2017 – S 112 KR 218/16, RdNr 23).
b) Wenn nach alledem die Anfechtungsklage unbegründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 4 SGG, weil in Verfahren der vorliegenden Art eine zulässige und begründete Leistungsklage wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzt und weil zugunsten des Klägers – wie aufgezeigt – ein Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel nicht besteht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten insgesamt einander keine Kosten zu erstatten haben, weil der Kläger mit seinem Begehren im Klageverfahren vollumfänglich unterlag.
4. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung
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Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 15.07.2020
Zuletzt verändert am: 23.12.2024