Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23.5.2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Regelaltersrente, hilfsweise Beitragserstattung.
Vom 1.6.1979 bis zum 31.10.1986 und damit 89 Monate war die am 00.00.1949 geborene Klägerin Mitglied der seinerzeitigen landwirtschaftlichen Alterskasse (Aufnahmebescheid vom 10.9.1979; Bescheid über Beendigung der Mitgliedschaft vom 18.10.1988) und zahlte Beiträge. Auf ihre Anfrage hin wurde der Klägerin im Jahre 1986 ein Merkblatt zu Beiträgen, Befreiung von der Beitragspflicht etc. übersandt. Mit Bescheid vom 18.10.1988 stellte die Beklagte die Beendigung der Mitgliedschaft und den Wegfall der Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse fest. Darin heißt es u.a.:
" …
Wir machen darauf aufmerksam, dass ein Altersgeld nur gewährleistet ist, wenn unter anderem mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres und für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt wurden. Wir empfehlen Ihnen deshalb dringend, über den oben genannten Zeitpunkt hinaus Beiträge gemäß § 27 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) freiwillig weiter zu entrichten …
Wichtig: Sollten Sie einen Beitragszuschuß oder eine Beitragsentlastung erhalten haben, fällt dieser Anspruch mit dem o.g. Zeitpunkt weg. Hierüber erhalten Sie einen gesonderten Bescheid. Sofern Sie von der Möglichkeit der Weiterversicherung Gebrauch machen, ist der Beitragszuschuß neu zu beantragen. Dies ist mit der anliegenden Erklärung über die Weiterversicherung möglich. Wir bitten aber, dies entsprechend anzukreuzen … "
Die seit November 1986 überzahlten Beiträge in Höhe von 4.118,00 Deutsche Mark (DM) wurden der Klägerin erstattet. Eine freiwillige Weiterentrichtung von Beiträgen durch die Klägerin erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 29.3.1989 teilte die Beklagte der Klägerin auf deren Anfrage mit, dass sie für den Fall, dass sie bei einer eventuellen Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung einen Zuschuss von der landwirtschaftlichen Alterskasse in Anspruch nehme, gem. § 48 Abs. 1 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) aus der landwirtschaftlichen Alterskasse ausscheide. Gem. § 48 Abs. 2 GAL müssten ihr die als landwirtschaftliche Unternehmerin eingezahlten Beiträge von Amts wegen erstattet werden. Da Leistungen auf Kosten der Alterskasse nicht gewährt worden seien, könnten die entrichteten Beiträge erstattet werden.
Auf die Bitte der Klägerin um Prüfung eines Rentenanspruchs teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 6.5.2014 mit, dass die Wartezeit für den möglichen Bezug einer Rente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse mangels Weiterentrichtung der Beiträge nicht erfüllt sei. Daraufhin übersandte die Klägerin per Mail einen Auszug aus dem Vorlagebeschluss des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 17.3.2010 (L 2 LW 5/09), wonach dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage zur Entscheidung vorgelegt werde, ob die Regelungen in § 90 Abs. 1 und § 93 Abs. 3 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) gegen die Grundrechte der Beitragslücken aufweisenden Versicherten aus Art. 14 und 3 Grundgesetz (GG) verstießen. Leider sei es zu einem Urteil des BVerfG nicht gekommen, denn die Vorlage sei unzulässig geworden, weil die in dem Verfahren beklagte landwirtschaftliche Alterskasse nachträglich die Ansprüche des Klägers anerkannt habe.
Die Beklagte verwies daraufhin auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.8.2000 (B 10 LW 7/00 B), in dem die Rechtmäßigkeit der Vorschrift nicht beanstandet worden sei. In der Rechtsprechung des BSG habe man bislang keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen gesehen. Nunmehr bat die Klägerin mit Schreiben vom 26.11.2014 um Prüfung, ob die 87 Beitragsmonate einschließlich Kindererziehungs- und Pflegezeiten bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund durch Anrechnung zur Wartezeiterfüllung bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse anerkannt werden könnten. Gegebenenfalls könne sie noch für vier Monate freiwillige Beiträge zur DRV zahlen. Die Beklagte teilte hierzu mit, dass eine Anrechenbarkeit auf die Wartezeit nicht durch spätere weitere Pflichtbeitragszeiten in anderen Alterssicherungssystemen herbeigeführt werden könne.
Am 14.12.2015 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Regelaltersrente bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 13.1.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Wartezeit von 15 Jahren sei nicht erfüllt. Da die Beitragszeiten vor dem 1.1.1995 mangels lückenloser Weiterzahlung bis zum 31.12.1994 nicht angerechnet werden könnten, seien keine anrechenbaren Zeiten bei der Alterskasse vorhanden. Deshalb könnten auch keine Zeiten aus anderen Vorsorgesystemen zur Erfüllung der Wartezeit herangezogen werden.
Die Klägerin erhob am 9.2.2016 Widerspruch unter Hinweis auf den Vorlagebeschluss des LSG Niedersachsen-Bremen v. 17.3.2010, L 2 LW 5/09.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.6.2016, welcher der Klägerin unter dem 26.7.2016 übersandt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies auf die Notwendigkeit der Weiterentrichtung der Beiträge zum Erwerb eines späteren Rentenanspruches gem. § 90 ALG, worüber die Klägerin ausführlich informiert worden sei (Bescheid vom 18.10.1998), die sie aber nicht vorgenommen habe. Sie verwies weiter auf die seinerzeit eingeräumte, aber nicht in Anspruch genommene Möglichkeit der Beitragserstattung bei Inanspruchnahme eines Zuschusses zur Nachentrichtung zur Rentenversicherung der Angestellten. Heute seien eine rechtswirksame Weiterentrichtung und auch eine Zuschussgewährung zu einer Nachentrichtung nicht mehr möglich. Die gesetzliche Regelung in § 90 ALG zur geforderten lückenlosen Beitragszahlung verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Das BSG habe in seinen Entscheidungen bisher keinen Verstoß dieser Rechtsnorm gegen Verfassungsrecht angenommen. Das LSG Nordrhein-Westfalen (NRW) habe mit Urteil vom 16.5.2012 (L 8 LW 21/11) die Verfassungsmäßigkeit bestätigt. Die gesetzliche Rechtsfolge aus § 90 ALG sei in stetiger Wiederholung durch das BSG bestätigt worden, z.B. mit Beschluss vom 18.2.2004 (B 10 LW 10/03) und mit Beschluss vom 2.10.2015 (B 10 LW 2/15 B). Aus der Widerspruchsbegründung sei keine andere Rechtsfolge als die unbedingte wortgetreue Anwendung des § 90 Abs. 1 ALG auf ihre Wartezeiterfüllung herzuleiten. Grundlage für das Anerkenntnis im zitierten Vorlagefall vor dem BVerfG sei eine Änderung der verfassungskonformen Rechtsanwendung der landwirtschaftlichen Alterskasse zu § 93 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 ALG aus Anlass des Vorlagebeschlusses des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.3.2010 zur Berechnung der Höhe einer Erwerbsminderungsrente bei erneut eingesetzter Beitragspflicht nach einer sog. Beitragslücke gewesen. Im Falle des (dortigen) Klägers habe die Rechtsanwendung im Wege der so genannten teleologischen Reduktion zu einem Anerkenntnis hinsichtlich der Höhe der bereits festgestellten Erwerbsminderungsrente geführt. § 93 Abs. 2 Nr. 2 ALG sei inzwischen mit der gesetzlichen Neufassung vom 22.12.2011 entsprechend dieser verfassungskonformen Anwendung zur Berechnung von Erwerbsminderungsrente nach erneuter Beitragspflicht angepasst worden, so dass das zitierte Anerkenntnis gesetzlich bestätigt worden sei. Hiervon sei die unveränderte Rechtsanwendung zur Wartezeiterfüllung zur Begründung eines Rentenanspruchs nach § 90 Abs. 1 ALG völlig unbeeinflusst. § 93 ALG habe als eigenständige Norm die Rentenberechnung und nicht den Rentenanspruch dem Grunde nach betroffen.
Mit ihrer zum Sozialgericht (SG) Duisburg am 26.8.2016 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie habe von der Möglichkeit der Nachentrichtung von Beiträgen zur DRV mit der damit verbundenen Beitragserstattung und Zuschussgewährung damals keinen Gebrauch gemacht, weil sie sich für die Nachentrichtung in einem Angestelltenverhältnis habe befinden müssen, was nicht der Fall gewesen sei. Denn sie habe damals Kinder gehabt und sich um ihren alten Vater gekümmert, der zu dieser Zeit bereits pflegebedürftig gewesen sei. Nach dem damaligen Recht habe es nicht so ausgesehen, als würde sie irgendwann einmal Rente aus der DRV beziehen können. Sie habe ja nicht gewusst, dass sie später durch Kindererziehungs- und Pflegezeiten einen Anspruch auf Rente in der DRV erhalten werde. Die fehlende lückenlose Beitragsentrichtung bis zum 31.12.1994 stehe der Gewährung von Regelaltersrente wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Verfassungsrecht nicht entgegen, denn die Voraussetzung einer Wartezeit von 180 Monaten gem. §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 90 Abs. 1 Satz 1 ALG verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG und sei nichtig. Indem über 89 Monate vor dem Jahr 1995 geleistete Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse ersatzlos entfielen und sie, die Klägerin, so gestellt werde, als ob sie nie Beiträge entrichtet habe, werde ihr Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unverhältnismäßig beschränkt. Der vorliegende Sachverhalt könne nicht anders behandelt werden als der des Vorlagebeschlusses, denn es mache keinen Unterschied, ob Beitragszeiten wegen einer Beitragslücke nicht berücksichtigt würden oder wegen Nichterfüllung der Wartezeit sowie einer nicht fortgesetzten Beitragsentrichtung bis zum 31.12.1994 ersatzlos wegfielen. Die Möglichkeit der freiwilligen Fortführung sei kein ausreichender Ausgleich gewesen. Denn diese setze voraus, dass die zuvor Pflichtversicherte auch nach Aufgabe der Landwirtschaft über ausreichende finanzielle Mittel verfügt hätten. Diese Mittel seien jedoch beschränkt, wenn sie einer anderen Tätigkeit nachgingen und dort der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlägen. Es entspreche zwar dem allgemeinen Versicherungsgedanken, den Leistungsanspruch vom Umfang und Dauer der entrichteten Beiträge abhängig zu machen. Werde aber der Rentenanspruch von einer übermäßig hohen Wartezeit abhängig gemacht und Beitragszeiten nur unter der Erfüllung des Lückenlosigkeitsprinzips berücksichtigt, wie es nach §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 90 Abs. 1 Satz 1 ALG vorliegend der Fall sei, werde das Versicherungsprinzip verlassen. Einem verminderten Umfang an Beitragsleistungen könne allenfalls durch geminderte Altersrentenansprüche Rechnung getragen werden. Eine Schlechterstellung ehemaliger Pflichtversicherter in der landwirtschaftlichen Alterskasse gegenüber solchen Selbstständigen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert seien, sei verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Bei Stichtagsregelungen dürfe die Wahl des Zeitpunkts nicht willkürlich gewählt werden, sondern müsse im Hinblick auf das System der Gesamtregelung gerechtfertigt sein. Der sachliche Grund der Gewährleistung der Finanzierung und der Aufrechterhaltung des Generationenvertrages in der landwirtschaftlichen Alterskasse stehe nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der bewirkten Ungleichbehandlung.
Hilfsweise seien ihr nach § 117 Abs. 2 ALG die gezahlten Beiträge zu erstatten. Diese Regelung sei wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG ebenfalls verfassungswidrig, als sie den Erstattungsanspruch ohne das Erreichen einer Wartezeit von 180 Kalendermonaten ausschließe. Eine Rückerstattung entspreche ihrem Schutzbedürfnis nach Erlangung eines gleichen Versicherungsschutzes in einem anderen Versicherungssystem allerdings nicht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.1.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.6.2016 zu verurteilen, ihr eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen,
hilfsweise
das Verfahren auszusetzen, um dem BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 GG die Frage der Vereinbarkeit der §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 90 Abs. 1 Satz 1 ALG mit dem Grundgesetz vorzulegen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihr die bisher eingezahlten Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung weiterhin für rechtmäßig gehalten. Zum hilfsweise gestellten Antrag auf Beitragserstattung sei anzumerken, dass eine Beitragserstattung nicht Gegenstand des Verfahrens gegen einen Rentenablehnungsbescheid sei. Eine solche komme aber auch nicht in Betracht.
Das SG Duisburg hat mit Urteil vom 23.5.2018 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 6.7.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3.8.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie trägt ergänzend vor, der hilfsweise Erstattungsantrag sei zulässig. Denn dieser sei Folge der Entscheidung über den Hauptantrag. Eine Erstattung könne nur hilfsweise beantragt und mit dem Hauptantrag verbunden werden. Ein separater Antrag gegenüber der Beklagten wäre nicht möglich. Aufgrund des zwingenden Sachzusammenhangs wäre daher auch der Hilfsantrag zulässig.
Nach dem aktuellen Beschluss des BVerfG zur sog. Hofabgabeklausel vom 23.5.2018 (1 BvR 97/14, 1 BvR 2392/14) stehe außer Frage, dass Art. 14 Abs. 1 GG auch Rentenansprüche und Rentenanwartschaften schütze. Die Ausführungen des LSG Niedersachsen-Bremen in seinem Beschluss vom 17.3.2010 (L 2 LW 5/09) würden damit bestätigt. Das Erfüllen der Wartezeit als weitere Voraussetzung für das Erstarken des Anwartschaftsrechts zum Vollrecht sei nicht erforderlich, um in den Genuss des Schutzes von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu gelangen, sodass der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit eröffnet sei. Der vorliegende Fall könne nicht anders behandelt werden als der des LSG Niedersachsen-Bremen. Denn der Gesetzgeber versage ihr, der Klägerin, trotz erbrachter erheblicher Rentenbeitragsleistungen von 89 Monaten DEREN Relevanz für die Berechnung der im Grundsatz beitragsabhängigen Rente, weil die erforderliche Wartezeit nicht erfüllt sei. Überzogene Anforderungen stellten eine unzumutbare, nicht hinzunehmende Härte dar, die durch Kompensations- und Härtefallregelungen hätte entschärft werden müssen.
Die freiwillige Bindung an das System der landwirtschaftlichen Alterskasse sei tatsächlich nicht freiwillig, wenn Versicherte wie sie, die Klägerin, die erforderliche Wartezeit noch nicht erfüllt hätten, weil die freiwillige Mitgliedschaft zur Pflicht werde, wenn die Beitragszahlungen erhalten bleiben sollen. Die freiwillige Versicherung in der landwirtschaftlichen Alterskasse setze somit voraus, dass die zuvor Pflichtversicherte auch weiterhin nach der Aufgabe der Landwirtschaft über ausreichende Mittel verfüge. Diese Mittel seien jedoch beschränkt gewesen. Denn um über diese Mittel zu verfügen, hätte man eine anderweitige sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen müssen, um die Beiträge entrichten zu können. Mit der Neuregelung des § 47 GAL habe der Gesetzgeber es den landwirtschaftlichen Unternehmern ermöglichen wollen, durch Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung einen umfassenden sozialen Schutz in diesem Sicherungssystem, dem sie dann neu angehörten, aufzubauen. Ihre, der Klägerin, persönliche Situation werde dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Sie sei aufgrund familiärer Verpflichtungen gegenüber Kindern und Eltern gar nicht in der Lage gewesen, eine anderweitige sozialversicherungspflichtige Berufstätigkeit auszuüben.
Es werde auch weiterhin die Unvereinbarkeit mit Art. 3 GG gerügt. Auf das Vorbringen im Klageverfahren wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Duisburg vom 23.5.2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.1.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.6.2016 zu verurteilen, ihr eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen, um dem BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 GG die Frage der Vereinbarkeit des § 11 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG mit dem Grundgesetz, insbesondere Art. 14 GG und Art. 3 GG, vorzulegen.
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihr die bisher eingezahlten Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Beitragserstattung sei unzulässig. Eine Beitragserstattung sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Ein Verwaltungs-/Vorverfahren zu einem Antrag auf Beitragserstattung sei der Klage nicht vorausgegangen. Nach rechtskräftiger Ablehnung des Rentenantrages wäre ein Antrag auf Beitragserstattung ggf. Gegenstand eines gesonderten Verwaltungsverfahrens.
Auch eingedenk des Beschlusses des BVerfG vom 23.5.2018 zur sog. Hofabgabeklausel bestehe weiterhin kein Anlass zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Wartezeitregelung des § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG. Das BVerfG habe ausgeführt, dass die Kopplung einer Altersrente an die Abgabe des landwirtschaftlichen Hofes faktisch in die Eigentumsfreiheit des Art. 14 GG eingreife. Die Pflicht zur Hofabgabe werde verfassungswidrig, wenn diese in unzumutbarer Weise Einkünfte entziehe, die zur Ergänzung einer als Teilsicherung ausgestalteten Alterssicherung notwendig seien, und die Gewährung einer Rente an den einen Ehepartner dürfe nicht von der Entscheidung des anderen Ehepartners über die Abgabe des Hofes abhängig gemacht werden. Es sei seit langem anerkannt, dass Art 14 GG auch Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben worden seien, schütze. In durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rentenanwartschaften oder -ansprüche werde aber nicht eingegriffen. Die Kopplung des Rentenanspruchs nach dem ALG an die Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG sei demgegenüber ein Eingriff in das Sacheigentum des vom Beschluss des BVerfG betroffenen Beschwerdeführers. Durch die Statuierung der Hofabgabe als Voraussetzung eines Rentenanspruchs nach dem ALG in § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG werde nicht in die durch Art. 14 GG geschützte Rentenanwartschaft oder Rentenansprüche eingegriffen, da § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG erst die Voraussetzungen für die Entstehung von Anwartschaften oder Rentenansprüchen im Bereich der Alterssicherung der Landwirte schaffe und die Hofabgaberegelung somit in Bezug auf diese Rechtsposition Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzen könne.
Die Ausführungen des BVerfG seien nicht auf vorliegenden Fall der Wartezeitregelung gem. § 90 Abs. 1 GG übertragbar. Hier sei keine mittelbar faktische Beeinträchtigung des Eigentumsrechts mit eingriffsgleicher Wirkung erkennbar. Die Wartezeitregelung sei ohne gesetzliche Verschärfung 1995 vom GAL ins ALG aus zulässigen Gründen übernommen worden. Die vorherige gesetzliche Regelung der lückenlosen Beitragszahlung für einen Altersgeldanspruch bis zu den bestimmten Endzeitpunkten im GAL sei aus denselben Gründen in der Rechtsprechung stets als verfassungsgemäß beurteilt worden. Der Gesetzgeber sei gemäß der bisher erfolgten Rechtsprechung befugt gewesen, die Altersgeldvoraussetzung einer lückenlosen Beitragszahlung im GAL zum 1.10.1972 einzuführen. Mit der Neugestaltung der Alterssicherung 1995 habe er aus zulässigen Gründen im Wege der Stichtagsregelung an der erforderlichen Lückenlosigkeit der Beitragszahlung für Zeiträume vor 1995 festgehalten und nur für Beitragszeiten ab 1995, die unter Geltung des ALG entrichtet worden seien, auf die künftige Lückenlosigkeit verzichten können. Gesetzlicher Härtefallregelungen bedürfe es zu § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG nicht. Es habe in der persönlichen Entscheidungsbefugnis der Klägerin gestanden, die Beiträge bis zur Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen auf der Grundlage einer fristgebundenen Erklärung gem. § 27 GAL zum Erwerb eines Rentenanspruchs weiter zu entrichten oder darauf zu verzichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere nach den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 3, 64 Abs. 1, 3, 63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist der Klägerin am 6.7.2018 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem LSG NRW am 3.8.2018 eingegangen.
II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat die für das mit dem Hauptantrag verfolgte Rechtsschutzbegehren (§ 123 SGG) statthafte (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 56 SGG) und im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§§ 87 Abs. 1 Satz 1, 90, 64, 63 SGG) erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 13.1.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.6.2016 beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil dieser rechtmäßig ist. Die Beklagte hat die Gewährung von Altersrente einfachgesetzlich zu Recht abgelehnt (1.). Die von ihr angewandten Rechtsvorschriften begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (2.). Ebenfalls zu Recht hat das SG die mit dem Hilfsantrag verfolgte Leistungsklage als unzulässig abgewiesen (3.).
1. Die Beklagte hat die Gewährung der Regelaltersrente zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 13.1.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.6.2016 und Gewährung einer Regelaltersrente. Die Voraussetzungen liegen mangels Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren nicht vor.
Landwirte haben gem. § 11 Satz 1 ALG in der ab dem 9.8.2018 gültigen Fassung Anspruch auf Regelaltersrente, wenn
1. sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2. sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.
Die Klägerin hat die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt, da sie keine auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten hat. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ALG werden Beitragszeiten angerechnet. Beitragszeiten sind Zeiten, für die Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt sind (§ 18 ALG). Solche hat die Klägerin nicht, denn die vom 1.6.1979 bis 31.10.1986 zurückgelegten Beitragszeiten sind nach § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG nicht anrechenbar. Danach werden Beitragszeiten vor dem 1.1.1995 auf die Wartezeit für eine Rente an Landwirte nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Eintritt von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des bis zum 31.12.2000 geltenden Rechts, mit Ausnahme der Zeiten des Bezugs eines vorzeitigen Altersgeldes, einer Landabgaberente oder eines Hinterbliebenengeldes, längstens jedoch bis um 31.12.1994, anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat. Das darin liegende Erfordernis der "Lückenlosigkeit" der Beitragsentrichtung, das auf § 2 Abs. 1 Buchst. b) zurückgeht, hat der Gesetzgeber in das ALG hinein verlängert (BSG, Beschluss v. 18.2.2004, B 10 LW10/03 B, juris-Rdnr. 6; Beschluss v. 2.10.2015, B 10 LW 2/15 B, juris-Rdnr. 8; BayLSG, Urteil v. 30.4.2014, L 1 LW 20/13, juris-Rdnr. 32).
Im Hinblick darauf kommt die Anrechnung anderweitiger Zeiten gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 ALG nicht in Betracht (allg. M.: BSG, Urteil v. 24.4.2003, B 10 LW 15/02 R, juris-Rdnr. 18; Beschluss v. 18.2.2004, B 10 LW 10/03 B; BayLSG, Urteil v. 30.4.2014, L 1 LW 20/13, juris-Rdnr. 30). Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) können daher nicht angerechnet werden. Solche Zeiten können auf die Wartezeit von 15 Jahren gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ALG nur ergänzend angerechnet werden, wenn anrechenbare Beitragszeiten zur Alterssicherung der Landwirte vorliegen (vgl. BSG, Beschluss v. 18.2.2004, B 10 LW 10/03 B, juris).
Für dieses Verständnis spricht vom Wortlaut her zunächst der Begriff "ferner". Systematisch lässt sich anführen, dass der Anspruch auf Altersrente "Landwirten" zusteht (§ 11 Abs. 1 ALG). Der Zugang zu Ansprüchen nach dem ALG soll also nur diesem Personenkreis eröffnet werden. Damit wäre ein Verständnis der Vorschrift dahingehend, dass man zwar Landwirt ist, aber keinerlei anrechenbare Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte entrichtet haben muss, nicht vereinbar. Teleologisch und entstehungsgeschichtlich lässt sich anführen, dass das Agrarstrukturreformgesetz (ASRG) in erster Linie eine Verbesserung der sozialrechtlichen Absicherung der Ehegatten von Landwirten im Auge hatte. Dass es darüber hinaus Ansprüche auf Leistungen begründen sollte, die vor seinem Inkrafttreten wegen Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren, lässt sich ihm dagegen nicht entnehmen.
2. Der Ausschluss eines Rentenanspruchs der Klägerin begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Weder Art. 14 Abs. 1 GG noch Art. 3 Abs. 1 GG sind verletzt (vgl. Senat, Urteil v. 16.5.2012, L 8 LW 21/11, juris; Bay. LSG, Urt. v. 30.4.2014, L 1 LW 20/13, juris; Votum zu L 8 LW 1/18; zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 31.8.2004, 1 BvR 945/95, juris). Hieran ist auch für vorliegendes Verfahren festzuhalten, zumal das Berufungsvorbringen keine Gesichtspunkte aufzeigt, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten.
a) Die Klägerin sieht im Ausschluss der Anrechnung von Beitragszeiten, die nicht dem Erfordernis der Lückenlosigkeit bis zum 31.12.1994 genügen, auf die Wartezeiten nach dem ALG in erster Linie einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG und bezieht sich hierfür namentlich auf die Rechtsprechung des BVerfG zur (teilweisen) Verfassungswidrigkeit der Hofabgabeklausel (BVerfG, Beschluss v. 23.5.2018, 1 BvR 97/14, NJW 2018, 3007 ff). Tatsächlich liegt aber gerade unter Berücksichtigung dieser Entscheidung ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor.
aa) Das BVerfG hat klargestellt, dass auch Ansprüche und Anwartschaften nach dem ALG dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen (juris-Rdnr. 72). Es hat aber gleichzeitig ausgeführt, dass die Voraussetzungen für das Entstehen eines Anspruchs bzw. einer Anwartschaft erst durch § 11 Abs. 1 ALG (der Entscheidung nach noch unter Berücksichtigung der inzwischen durch Art. 4a Nr. 4 Buchst. a) cc) Qualifizierungschancengesetz v. 18.12.2018 [BGbl. I S. 2651] aufgehobenen Nr. 3 dieser Vorschrift [sog. Hofabgabeklausel]) geschaffen werden, sodass die Bestimmungen über das Entstehen der Anwartschaften keine Verletzung des Eigentumsgrundrechts darstellen können. Daher ist die (teilweise) Verfassungswidrigkeit der Hofabgabeklausel in eigentumsrechtlicher Hinsicht vom BVerfG ausschließlich auf eine Verletzung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Sacheigentums (am Hof) gestützt worden. Das etwaige Fehlen der Hofabgabe führte vorliegend jedoch nicht zur Ablehnung des Rentenanspruchs, sondern das Nichterfüllen der Wartezeit von 180 Monaten.
bb) Im Übrigen hat das BVerfG auch schon früher ausgeführt, dass eine eigentumsrechtliche Anwartschaft erst durch Erfüllung der Wartezeit entsteht (BVerfG, Beschluss v. 31.8.2004, B 1 BvR 945/95, SozR 4-2600 § 7 Nr. 2) und insofern zwischen Erwerbsberechtigung und Anwartschaftsrecht unterschieden. Das deckt sich mit dem Verständnis des Begriffs des Anwartschaftsrechts durch das BSG (vgl. Vorlagebeschluss v. 16.11.2000, B 4 RA 3/00 R, juris-Rdnr.81) und der allgemeinen Lesart des Begriffs "Anwartschaftsrecht" dahingehend, dass bei dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtes schon so viele Erfordernisse erfüllt sein müssen, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann (vgl. statt aller BGH, Urteil v. 30.4.1982, V ZR 104/81, BGHZ 83, 395 ff, juris-Rdnr. 14). Eine derart gesicherte Rechtsposition liegt jedoch bei Rentenansprüchen erst dann vor, wenn es zur Erstarkung der Anwartschaft zum Vollrecht nur noch des Eintritts des Versicherungsfalls bedarf.
cc) Ausgehend davon hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rentenanwartschaft aus der Alterssicherung der Landwirte erworben, weil sie zu keinem Zeitpunkt die Wartezeit für einen Anspruch auf Altersgeld oder -rente erfüllt hat.
(1) § 2 Abs. 1 GAL knüpfte die Entstehung der Anwartschaft auf Altersgeld an die Erfüllung der Wartezeit von 180 Kalendermonaten bei gleichzeitiger Beitragszahlung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres. Diese Voraussetzung hat die Klägerin nicht erfüllt. Eine Anrechnung anderweitiger Beitragszeiten (insbesondere zur gesetzlichen Rentenversicherung) kam vor dem 1.1.1995 nicht in Betracht. Das folgt im Umkehrschluss aus § 33 Abs. 5 GAL i.V.m. Abs. 1 GAL, wonach – und zwar nur für Personen, die bei Inkrafttreten des GAL nicht mehr landwirtschaftliche Unternehmer waren – Ersatzzeiten, nicht aber Beschäftigungsbeitragszeiten auf die Wartezeit angerechnet wurden.
(2) Mit Inkrafttreten des ASRG war durch § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG klargestellt, dass die bis zum 31.12.1994 geleisteten, die Wartezeit nach dem GAL noch nicht erfüllenden Beitragszahlungen nicht auf die Wartezeit für eine Rente nach dem ALG anzurechnen sind.
b) Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Unterschiedlich behandelte Vergleichsgruppen sind insoweit die Versicherten, die vor dem 1.1.1995, aber nicht bis zum 31.12.1994 Beiträge lückenlos gezahlt und aufgrund dessen keinen Rentenanspruch haben – unterschiedslos, ob sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet haben -, und die Versicherten, die nach dem 31.12.1994 Beiträge (nicht lückenlos) gezahlt und entweder mit oder ohne Hinzurechnung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Senat hat bereits entschieden, dass die Ungleichbehandlung dieser beiden Gruppen durch das Inkrafttreten des ASRG und den damit verbundenen Systemwechsel in mehrfacher Hinsicht auf dem Boden der Stichtagsrechtsprechung des BVerfG gerechtfertigt ist (Senat, Urteil v. 16.5.2012, L 8 LW 21/11, juris).
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (std. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 [300 f.]). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Urteil v. 23.1.1990, 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87, BVerfGE 81, 156 [205]; BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33; m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr. 8), was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BVerfGE 102, 68 [87]).
bb) Nach diesen Maßstäben lässt sich eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte hier nicht feststellen.
(1) Die ursprüngliche Regelung des § 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL, die eine ununterbrochene Beitragsleistung bis zu den bezeichneten Endpunkten verlangte, war durch sachbezogene und einleuchtende Gründe gerechtfertigt und benachteiligte die Klägerin daher nicht im Verhältnis zu anderen Gruppen von Versicherten. Der Gesetzgeber durfte die Voraussetzungen des Bezugs von Rente in der Alterssicherung der Landwirte anders regeln als die Voraussetzungen für den Bezug von Rente in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung. Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist vom Gesetzgeber bewusst als eigenständige Materie ausgestaltet worden, die ihrer eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegt. Der Gesetzgeber durfte daher bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen zu nach wie vor mehr als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden. Dieser Umstand der weitgehenden Fremdfinanzierung, durch den das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält, rechtfertigt es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu binden als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. (BVerfG, Entscheidung v. 15.4.1969, 1 BvL 18/68, BVerfGE 25, 314 [321 f.]; BSG, Urteil v. 21.3.1991, 4 RLw 1/90, juris; Senat, Urteile v. 19.10.2011, L 8 LW 9/11 u.a.; juris).
(2) Der Gesetzgeber hat das Erfordernis der Lückenlosigkeit ab Inkrafttreten des ASRG einheitlich für alle betroffenen Versicherten mit Wirkung für die Zukunft fallen lassen. Die Regelung des § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG beinhaltet eine Differenzierung daher lediglich insoweit, als der Gesetzgeber davon abgesehen hat, auch solche Versicherten vom Erfordernis der Lückenlosigkeit freizustellen, die ihrerseits vor dem 31.12.1994 auf eine lückenlose Beitragszahlung verzichtet hatten. Es ist indessen bereits fraglich, ob insoweit überhaupt vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Jedenfalls ist es dem Gesetzgeber durch Art. 3 Abs. 1 GG aber nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, soweit die Einführung eines solchen Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (std. Rspr.; statt aller: BVerfG, Beschluss v. 21.7.2010, 1 BvL 11/06 u.a., SozR 4-5050 § 22b Nr. 9; BVerfG, Urteil v. 7.7.1992, 1 BvL 51/86, SozR 3-5761 Allg Nr. 1).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Gesetzgeber hat die Alterssicherung der Landwirte mit dem ASRG in wesentlichen Teilen neu gestaltet. Ein wesentlicher Teil des zum 1.1.1995 in Kraft getretenen Reformkonzepts war die Einführung der Linearisierung der Leistungsgewährung, d.h. die Orientierung der Leistungshöhe an der Zahl der Beitragsjahre (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ALG gegenüber dem bis zum 31.12.1994 in § 4 Abs. 1 Satz 1 GAL geregelten Festbetrag; zu den Gründen für die Umstellung näher BR-Drs. 508/93, S. 65 zu 2.a). Die lückenlose Beitragsentrichtung führte ab dem 1.1.1995 somit nicht mehr nur zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersrente, sondern zugleich zu einer höheren Rentenleistung. Dieser Systemwechsel rechtfertigt es unbedenklich, auf das Erfordernis der lückenlosen Beitragsentrichtung mit Wirkung für die Zukunft zu verzichten.
Das Festhalten an der Lückenlosigkeit für Versicherungszeiten bis zum 31.12.1994 war hingegen erkennbar von dem Willen getragen zu verhindern, dass durch das ALG Ansprüche auf Leistungen begründet wurden, die vor seinem Inkrafttreten wegen der Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren (vgl. BSG, Beschluss v. 18.2.2004, B 10 LW 10/03 B, juris). Die darin liegende Differenzierung war notwendig, um eine weitere finanzielle Belastung des Alterssicherungssystems der Landwirte, die gegebenenfalls aus dem Steuerhaushalt hätte finanziert werden müssen, zu vermeiden.
Sie war auch angemessen. Denn diejenigen Landwirte, die bis zum 31.12.1994 keine lückenlosen Beiträge entrichtet hatten, hatten sich – wie die Klägerin – bewusst und in Kenntnis der damit verbundenen Konsequenzen aus der Alterssicherung der Landwirte verabschiedet. Ihnen wurden damit keine Ansprüche entzogen, die nach der am 31.12.1994 geltenden Gesetzeslage nicht ohnehin bereits verloren gegangen waren. Sie hatten auch keinerlei Vertrauensposition, in der sie durch das Inkrafttreten des ALG hätten enttäuscht werden können.
Die Angemessenheit ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der Möglichkeit zu einer Weiterentrichtung von freiwilligen Beiträgen gem. § 27 GAL gegeben, worüber die Klägerin im Bescheid vom 18.10.1988 mit einer dringenden Empfehlung ausdrücklich unterrichtet wurde. Der individuellen Einkommenssituation trugen zudem die Regelungen zur Zuschussgewährung zu den Beiträgen im Falle der Weiterentrichtung gem. §§ 27 Abs. 4, 3c Abs. 1 bis 4 u. 6 GAL Rechnung. Schließlich wurde die Klägerin mit dem Bescheid vom 18.10.1988 ebenfalls deutlich auf die Möglichkeit der Zuschussgewährung im Falle der Weiterentrichtung von Beiträgen gem. § 27 GAL hingewiesen. Die Weiterzahlungsmöglichkeit als solche war verfassungsrechtlich zulässig ausgestaltet (vgl. BVerfG, Beschluss v. 3.9.1982, 1 BvR 114/79, SozR 5850, § 27 Nr. 5).
cc) Das BSG hat zuletzt (Beschluss v. 2.10.2015, B 10 LW 2/15 B, juris) der Frage nach der Vereinbarkeit der unterschiedlichen Regelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) beigemessen.
dd) Der Vorlagebeschluss des LSG Niedersachsen-Bremen v. 17.3.2010 (L 2 LW 5/09, juris) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zum einen bezieht er die vorstehenden Ausführungen des Senats nicht in seine Überlegungen mit ein, zum anderen beziehen sich seine Ausführungen auf § 93 ALG, auf den es für vorliegenden Fall jedoch nicht ankommt.
3. Die Klage ist hinsichtlich des mit dem hilfsweise gestellten Antrag geltend gemachten Beitragserstattungsanspruchs unzulässig, da zuvor kein Verwaltungs- und Vorverfahren durchgeführt wurde (§ 78 Abs. 1 und 3 SGG). Eine Aussetzung entsprechend § 114 Abs. 2 SGG kommt nicht in Betracht, da kein Verwaltungsverfahren durchgeführt wurde und es bisher an jeglicher überprüfbarer Verwaltungsentscheidung fehlt. Deshalb stellt sich die Frage einer etwaigen Entbehrlichkeit des Vorverfahrens schon nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 20.11.2019
Zuletzt verändert am: 20.11.2019