Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 03.01.2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 300,00 EUR auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Pflicht zur Auskunft nach § 117 SGB XII.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger ist der geschiedene Ehemann, der am 00.00.1966 geborenen Hilfeempfängerin (HE) N T. Diese ist jedenfalls seit dem 01.12.2003 erwerbsgemindert. Sie bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von anfangs 565,53 EUR. Seit dem 01.09.2005 erhält sie von dem Beklagten ergänzende Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Kläger und die Hilfeempfängerin hatten am 29.09.1989 geheiratet. Die Ehe wurde am 16.08.2005 durch das Amtsgericht Geilenkirchen (11 F 42/05) geschieden. Ein Unterhaltsurteil existiert nicht. Die Ehefrau steht unter Betreuung.
Mit Rechtswahrungsanzeige zum 24.03.2006 teilte der Beklagte dem Kläger den Übergang eventueller Unterhaltsansprüche der Hilfeempfängerin gegenüber dem Kläger bis zur Höhe der geleisteten Sozialhilfeaufwendungen mit. Auf § 94 SGB XII wurde hingewiesen. Mit Bescheid vom 24.03.2006, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 15.08.2006, ersuchte der Beklagte den Kläger um Auskunft über seine Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Beibringung von Nachweisen über sein Einkommen sowie Unterlagen über Vermögen und Belastungen. Er stützte das Auskunftsersuchen auf § 117 SGB XII.
Am 11.09.2006 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Auskunftsanspruch unter keinem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht komme. Er hat vorgetragen, seine geschiedene Ehefrau habe bereits nur einen äußerst begrenzten Trennungsunterhalt gehabt und es sei gerichtlich festgestellt, dass er nicht zum Trennungsunterhalt verpflichtet sei. Er habe auch keinen nachehelichen Unterhalt zu leisten. Da aus keinen rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterhaltsanspruch seiner geschiedenen Frau ihm gegenüber bestehe, habe der Beklagte auch keinen entsprechenden Auskunftsanspruch.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2006 aufzuheben.
Der Beklagten hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat in Abrede gestellt, dass ein Trennungsunterhalt nicht zu zahlen sei. Dies sei vom Kläger bisher nicht nachgewiesen worden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, warum der geschiedenen Ehefrau kein nachehelicher Unterhaltsanspruch dem Kläger gegenüber zustehen solle.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt:
"Die Pflicht zur Auskunft des Klägers über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergibt sich aus § 117 Abs. 1 SGB XII. Die Rechtmäßigkeit eines entsprechenden Auskunftsersuchens setzt nicht voraus, dass ein Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeempfängers tatsächlich besteht. Es genügt, dass der Auskunftspflichtige als Unterhaltsschuldner des Sozialhilfeempfängers in Betracht kommt. Zweck der Auskunftspflicht ist es den Sozialhilfeträgern die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch Inanspruchnahme Dritter hergestellt werden kann. Dieser Zweck gebietet es, als "Unterhaltspflichtige" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d. h. nicht offensichtlich ausscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 = BVerwGE 91, 375 = NJW 1993, 2762 = FVES 44, 184 = FamRZ 1993, 1067).
Ein Fall der so genannten Negativevidenz, d. h. des offensichtlichen Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs der HE gegenüber dem Kläger, liegt hier nicht vor. Soweit der Kläger geltend macht, es habe kein oder nur zeitlich begrenzter Trennungsunterhaltsanspruch der HE bestanden, hat er hierfür trotz Hinweis der Beklagten und Anfrage des Gerichts keinen Nachweis erbracht. Auf das (Nicht-)Bestehen eines Trennungsunterhaltsanspruchs gem. § 1361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kommt es aber auch nicht an. Entscheidend ist, dass ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der HE gegenüber dem Kläger gem. § 1572 BGB jedenfalls nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann. Nach dieser Vorschrift kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Soweit der Kläger geltend macht, es fehle insoweit bereits an den "Einsatzzeiten" – gemeint ist offensichtlich der "Einsatzzeitpunkt" – für die Geltendmachung nachehelichen Unterhalts, ist dies nicht nachvollziehbar. Zeitpunkt der Scheidung ist der 16.08.2005. Die HE ist jedoch bereits seit (zumindest) 01.12.2003 voll erwerbsgemindert. Dies ergibt sich aus dem Rentenbescheid der DRV Bund vom 12.08.2005. Allein der Umstand, dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB vom Berechtigten zunächst nicht geltend gemacht wird, lässt den Anspruch nicht für alle Zeiten entfallen. Dies ergibt sich schon aus § 1577 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Antrag des Kläger keine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakte betrifft, bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag für ihn ergebenden Bedeutung der Sache. Bei einer Klage gegen ein Auskunftsersuchen nach § 117 SGB XII ist die Häfte des sich aus § 52 Abs. 2 GKG ergebenden Regelstreitwerts von 5.000,00 EUR, also 2.500,00 EUR angemessen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2006, 350, 354)."
Gegen den ihm am 08.01.2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 08.02.2007 eingegangene Berufung des Klägers. Er weist daraufhin, dass nachehelicher Unterhalt im Hinblick auf die seiner geschiedenen Frau zustehenden Rente in Höhe von 558,74 EUR nicht in Betracht komme. Ergänzend verweist der Kläger auf das Protokoll des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 14.06.2005, wonach ein Trennungsunterhalt nicht in Betracht komme.
Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger mitgeteilt,er habe bereits gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland Auskunft über seine Vermögensverhältnisse gegeben und dieser gegenüber mitgeteilt, dass Ansprüche ihm gegenüber wohl nicht bestünden. Er sehe nicht ein, nochmals Auskunft zu erteilen.
Auf den Hinweis des Senats, dass das Auskunftsbegehren für berechtigt angesehen werde, der Berufung keine Erfolgsaussicht beigemessen werde und beabsichtigt sei, bei Fortsetzung des Verfahrens § 192 SGG anzuwenden, hat der Bevollmächtigte des Klägers erklärt, er sei ein schlechter Anwalt und könne die Hinweise des Senats nicht nachvollziehen. Der Verhängung von Verschuldenskosten zu Lasten des Klägers sehe er entgegen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 03.01.2007 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland Auskunft über seine Vermögensverhältnisse erteile, ihm gegenüber jedoch nicht. Die Verfahren seien von einander unabhängig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Kläger zur Auskunftserteilung verpflichtet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2006 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Zur Begründung verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides und schließt sich diesen nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage an. Von einer Wiederholung wird gem. § 153 Abs. 2 SGG abgesehen. Das Vorbringen im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass, den Sachverhalt anders zu beurteilen. Der Umstand, dass der Kläger bereits im Januar 2007 gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland Auskunft über seine Vermögensverhältnisse gemacht haben will, schließt den Anspruch des Beklagten nicht aus. Wenn der Kläger dies dem Beklagten zeitnah mitgeteilt hätte, hätte sich das vorliegende Verfahren zwar möglicherweise erübrigt, wenn der Beklagte nach Beiziehung der Akten des Landschaftsverbandes Rheinland zu der Auffassung gekommen wäre, dass die dort erteilte Auskunft richtig und vollständig gewesen ist. Es geht jedoch nicht an, den Beklagten erstmals im April 2008 auf eine einer anderen Behörde vor über einem Jahr erteilten Auskunft zu verweisen. Ein solches Vorgehen hält der Senat für rechtsmissbräuchlich.
In Ergänzung der erstinstanzlichen Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass das vom Sozialgericht zitierte Urteil vom Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.1993 – 5 C 22/90 -, welches zu § 116 BSHG ergangen ist, auch nach Inkrafttreten des SGB XII zu § 117 SGB XII weiterhin Gültigkeit hat (vgl. Hessisches Landessozialgericht vom 05.09.2006 – L 9 SO 48/06 ER; Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008,.§ 117 Rdnr. 9; Schoch in LPK – SGB XII,§ 117 Rdnr. 30/31). Es kommt nicht darauf an, ob eine Unterhaltsverpflichtung besteht. Die Offensichtlichkeit des Nichtbestehens einer solchen (sogenannte Negativevidenz) ist nicht erkennbar.
Bezüglich der Kostenentscheidung und der Streitwertfestsetzung wird zunächst ebenfalls auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen. Der Senat hat zudem dem Kläger, der sich das Verhalten seines Bevollmächtigten nach § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG zurechnen lassen muss, Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auferlegt. Der Kläger ist zuvor auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Der Auffassung, der Beklagte müsse sich auf eine diesem nicht bekannte, einer anderen Behörde gegenüber erteilten Auskunft verweisen lassen, hält der Senat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für vertretbar. Bei der Höhe der Verschuldenskosten hat der Senat den nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG verlangten Mindestbetrag geringfügig überschritten, was für angemessen, aber auch ausreichend angesehen wird.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 22.12.2008
Zuletzt verändert am: 22.12.2008