Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.07.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die teilweise Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines türkischen Reisepasses als Zuschuss.
Der 1947 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er lebt seit mehr als 35 Jahren in der Bundesrepublik und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis.
Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen (Zustand nach Magenkarzinom mit Gastrektomie und Anlage eines Ersatzmagens [März 2010] sowie nachfolgender Tumorkachexie, Lungenemphysem, degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach cervicaler Spinalkanalstenose, spastische Hemiparese links) erkannte ihm das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 100 einschließlich des Merkzeichens "G" zu.
2013 war der Kläger in der Gesetzlichen Pflegeversicherung der Pflegestufe I zugeordnet und erhielt Pflegegeld. Inzwischen besteht Pflegestufe II. Im Oktober 2012 wurde für ihn eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge eingerichtet.
Der Kläger lebt mit seiner Ehefrau, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besitzt und unter Betreuung steht, sowie einer gemeinsamen Tochter in einer Mietwohnung im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Die Ehefrau verfügte im September 2012 über Einkünfte aus einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (637,72 EUR) und aus einer Werksrente (157,10 EUR). Die Tochter bezog Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Jobcenter der StädteRegion B.
Seit November 2012 erhält der Kläger vom Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung, der ihm zuvor schon eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zuerkannt hatte, Regelaltersrente (Zahlbetrag Stand November 2012: 174,65 EUR). Daneben bezieht der Kläger noch eine türkische Rente (65 EUR monatlich).
Seit Januar 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger durchgehend aufstockende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Im Leistungszeitraum November 2012 bis Oktober 2013 wurde ihm unter Berücksichtigung von Mehrbedarfszuschlägen wegen kostenaufwändiger Ernährung (38,20 EUR) und wegen Mobilitätseinschränkung (58,65 EUR) sowie unter Anrechnung seiner Altersrente, der türkischen Rente und überschießender Renteneinkünfte seiner Ehefrau ab Januar 2013 monatlich ein Betrag von 59,05 EUR ausgezahlt (Bescheid vom 21.11.2012, Änderungsbescheid vom 19.12.2012).
Am 18.02.2013 beantragte der Kläger durch seinen gesetzlichen Vertreter die Übernahme der Kosten für die Beschaffung eines neuen türkischen (Reise-)Passes i.H.v. 208 EUR als Zuschuss (nach § 73 SGB XII), hilfsweise als Darlehen. Er benötige einen neuen Reisepass, um seiner Passpflicht in Deutschland zu genügen. Sein alter Pass sei nicht mehr gültig.
Mit Bescheid vom 21.02.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Kosten für die Beschaffung des Passes seien bereits im Regelsatz berücksichtigt (Bezugnahme auf LSG NRW, Beschluss vom 28.01.2013 – L 12 AS 1836/12 NZB). Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, den erforderlichen Betrag anzusparen. Ggf. könne gemäß § 37 Abs.1 SGB XII ein Darlehen gewährt werden, wenn der Kläger einen gesonderten Antrag stelle und die Höhe der Passkosten im Einzelnen nachweise.
Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, im Regelsatz seien die Kosten für die Beschaffung eines (deutschen) Personalausweises mit nur etwa 0,25 EUR monatlich berücksichtigt. Demgegenüber seien die Passbeschaffungskosten für türkische Staatsangehörige mit 208 EUR sehr hoch. Die Ausführungen des Landessozialgerichts NRW (a.a.O.) seien auf seinen Fall nicht übertragbar, weil sie sich auf die Rechtslage zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bezögen; im Übrigen seien die Passkosten im dortigen Fall wesentlich geringer gewesen. Gemäß § 3 AufenthG dürften sich Ausländer nur mit einem gültigen Pass in der Bundesrepublik aufhalten. Ein Verstoß gegen die Passpflicht werde mit Freiheitsentziehung oder Bußgeld geahndet (§ 95 AufenthG).
Auf gesonderten Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ihm unter Abzug der mit dem Regelsatz als abgegolten angesehenen Kosten für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises (28,80 EUR) zwischenzeitlich ein Darlehen gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII i.H.v. 179,20 EUR (Bescheid vom 28.02.2013). Zur Begründung führte sie aus, die Beschaffung eines Passes werde nur in größeren zeitlichen Abständen erforderlich. Dieser Sondersituation, die einen höheren unabweisbaren Bedarf verursache, könne durch Gewährung des Darlehens Rechnung getragen werden.
Am 15.03.2013 stellte das türkische Konsulat dem Kläger einen neuen Pass mit einer Geltungsdauer bis zum 13.02.2023 aus. Hierfür musste der Kläger eine Gebühr von 211 EUR entrichten. Die Beklagte erhöhte den Darlehensbetrag dementsprechend auf 182,20 EUR (Bescheid vom 16.04.2013). Das Darlehen wurde zwischenzeitlich in voller Höhe an die Beklagte zurückgeführt. Einen Ausweisersatz (§ 48 Abs. 2 AufenthG) hätte die Ausländerbehörde dem Kläger nicht ausgestellt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2013 wies die Widerspruchsbehörde nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.02.2013 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Passbeschaffungskosten als Zuschuss. Eine besondere (atypische) Lebenslage im Sinne von § 73 SGB XII sei nicht erkennbar. Eine solche Lebenslage bestehe insbesondere nicht bei lediglich allgemeiner Einkommensarmut oder Bedarfslagen, die bereits von § 27 SGB XII erfasst würden. § 73 SGB XII sei keine allgemeine Auffangregelung. Über die Verwendung der pauschal gewährten Regelsätze (nach § 27a Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 28 SGB XII) könnten alle Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei hätten sie den unregelmäßigen Anfall von Bedarfen – z.B. Passkosten – zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit eines neuen Passes sei dem Kläger bekannt gewesen, so dass er die dazu erforderlichen Mittel aus den Regelsatzleistungen hätte ansparen können. Dass Passbeschaffungskosten keine atypische Bedarfslage im Sinne des § 73 SGB XII begründeten, ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Sozialgerichts Aachen (Urteil vom 05.06.2012 – S 20 SO 179/11) und des Landessozialgerichts NRW (Beschlüsse vom 03.01.2011 – L 7 AS 460/10 B und vom 25.02.2011 – L 19 AS 2003/10 B). Der Einwand des Klägers, die Entscheidungen des Landessozialgerichts NRW beträfen die Grundsicherung für Arbeitssuchende, verfange nicht, denn die gesetzlichen Vorgaben für die Bemessung der Regelsätze bzw. der Regelleistung im SGB XII und im SGB II seien identisch. Ihre Passpflicht könnten die Betroffenen – wie gerade der vorliegende Fall zeige – jedenfalls dann erfüllen, wenn sie ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Anspruch nähmen.
Am 22.05.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Er hat sich ergänzend auf Entscheidungen des erkennenden Senats (vom 23.05.2011 – L 20 AY 19/08, vom 10.03.2008 – L 20 AY 16/07 und vom 14.09.2007 – L 20 B 67/07 AY ER) zu der entsprechenden Problematik im Anwendungsbereich des AsylbLG bezogen. Der im Widerspruchsbescheid benannten Entscheidung des Landessozialgerichts NRW vom 03.01.2011 – L 7 AS 460/10 B sei nicht zu folgen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn sie die Rechtsprechung des Landessozialgerichts NRW zum AsylbLG nicht für auf das SGB XII übertragbar halte. Sowohl im Regelsatz nach dem SGB XII als auch in den Leistungen nach dem AsylbLG seien die Kosten für einen ausländischen Ausweis nicht enthalten; berücksichtigt seien lediglich (mit 28,80 EUR) die Kosten für die Beschaffung eines deutschen Personalausweises. Es liege in der Natur der Sache, dass Kosten für einen ausländischen Pass nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingeflossen seien; denn diese fielen nur bei ausländischen Leistungsberechtigten an. In seinem Fall überstiegen die Kosten für die Passbeschaffung diejenigen für ein deutsches Ausweispapier um mehr als 700 %; wäre dies berücksichtigt worden, hätte der Regelsatz entsprechend höher sein müssen. Er hätte die Passkosten über Jahre ansparen müssen. Das Landessozialgericht NRW habe im Beschluss vom 25.02.2011 – L 19 AS 2003/10 B entschieden, dass Passkosten kein laufender Bedarf seien und deshalb § 27a Abs. 4 S.1 SGB XII nicht zur Anwendung komme. Damit aber sei (insbesondere unter Berücksichtigung der Urteile des erkennenden Senats vom vom 23.05.2011 – L 20 AY 19/08 und des BSG vom 19.08.2010 – B 14 AS 13/10 R) der Anwendungsbereich des § 73 SGB XII eröffnet. Die Betroffenen befänden sich bei ihrer Verpflichtung zur Passbeschaffung in einer mit sonstigen atypischen Bedarfslagen vergleichbaren Situation. Wegen der bei Nichterfüllung der Passpflicht drohenden Sanktionen bestehe ein grundrechtlicher Bezug zu Art. 2 Abs. 1 GG; wegen Benachteiligung im Vergleich zu anderen Leistungsberechtigten nach dem SGB XII werde zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG verstoßen. Die Rechtsprechung des 7. und 19. Senats des Landessozialgerichts NRW habe zur Folge, dass betroffene Leistungsberechtigte bei nur darlehensweiser Unterstützung über Jahre hinweg unterhalb des Existenzminimums lebten und nicht mehr in der Lage seien, durch Ansparen andere im Regelsatz pauschal berücksichtigte Aufwendungen zu decken. In seinem Fall komme hinzu, dass er inzwischen pflegebedürftig nach der Pflegestufe II sei, seine Ehefrau ebenfalls die hohen Kosten für einen türkischen Pass aus ihrer Rente finanzieren müsse und er eine Versicherung für die Rückführung in sein Heimatland für den Todesfall (50 EUR jährlich) sowie eine Rechtsschutzversicherung (201,27 EUR jährlich) bedienen müsse.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 sowie unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 28.02.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.04.2013 zu verurteilen, ihm Kosten für die Beschaffung des türkischen Reisepasses i.H.v. 182,20 EUR als Zuschuss zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Sache hat sie nicht weiter vorgetragen.
Mit Urteil vom 16.07.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Anders als nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht seien seit dem 01.01.2011 durch § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (RBEG) – unter Abteilung 12 (andere Waren und Dienstleistungen) – Kosten für die Beschaffung von Ausweispapieren im Regelbedarf berücksichtigt. Dies sei auch der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3404 S. 64) zu entnehmen. Seit dem 01.01.2011 könne deshalb § 73 SGB XII in solchen Fällen nicht angewandt werden; denn die Aufwendungen für die Beschaffung von Pässen beruhten seither nicht mehr auf einer sog. unbenannten Bedarfslage. Vielmehr gehörten Passkosten seither zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne der §§ 27, 27a, 28 SGB XII; ihre Übernahme nach § 27 a Abs. 4 S.1 SGB XII scheide aus, da es sich nicht um einen laufenden Bedarf handele.
Gegen das Urteil richtet sich die am 13.08.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Seine Aufwendungen für die Verlängerung des türkischen Passes seien mit den Kosten für die Ausstellung bzw. Verlängerung eines deutschen Personalausweises, die Eingang in die Regelsatzbemessung gefunden hätten, nicht vergleichbar. Weder die Art des Papieres (einerseits bloßes Ausweispapier, andererseits Pass) noch die Kosten entsprächen einander. Wenn überhaupt, habe eine Ansparmöglichkeit aus dem Regelsatz erst seit dem 01.01.2011 und damit nur für wenige Monate vor der notwendigen Erneuerung seines Passes bestanden. Das der Beklagten in § 73 S. 2 SGB XII für eine Zuschussgewährung zustehende Ermessen sei aufgrund der Besonderheiten seines Einzelfalles auf Null reduziert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.07.2013 zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 21.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 182,20 EUR für Passbeschaffungskosten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
I. Die wegen Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Gegenstand des Verfahrens ist (abweichend von der Rechtsauffassung des Sozialgerichts) allein der Bescheid vom 21.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 (§ 95 SGG). Die Bescheide vom 28.02.2013 und 16.04.2013 (Übernahme der Passbeschaffungskosten als Darlehen) sind – unbeschadet dessen, dass sie sich zwischenzeitlich durch Rückzahlung des Darlehens ohnehin erledigt haben (§ 39 Abs. 2 SGB X) – auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens gewesen. Denn eine Leistungsgewährung durch Darlehen (§ 37 Abs. 1 SGB XII) stellt im Vergleich zur Leistung als Zuschuss (nach dem SGB XII) kein "Minus", sondern ein "aliud" dar (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2013 – B 8 SO 4/12 R Rn. 11; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2011 – L 2 SO 5226/10 Rn. 29 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.03.1992 – 9b RAr 17/90; BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 4 AS 5/09 Rn. 10). Durch die Bescheide vom 28.02.2013 und 16.04.2013 wurde der Bescheid vom 21.02.2013, mit dem allein die Übernahme der Passbeschaffungskosten als Zuschuss abgelehnt wurde, mithin weder abgeändert noch (teilweise) ersetzt. Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die Beklagte die Darlehensgewährung nicht auf § 37 Abs. 1 SGB XII, sondern auf § 73 (S. 2) SGB XII gestützt hätte, kann der Senat offen lassen.
Ob unter dem Gesichtspunkt der Meistbegünstigung (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 7/13 R Rn. 20 m.w.N.) das Begehren des Klägers auch so verstanden werden muss, dass es auf die Erhöhung der Regelbedarfsleistung nach § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII (und damit im Sinne von § 44 SGB X auf eine Überprüfung der Leistungsbescheide vom 31.11.2012 und 19.12.2012) gerichtet ist, bedarf ebenfalls keiner Klärung; denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zu (dazu später).
2. Die auf (erneute, nunmehr zuschussweise) Auszahlung des Betrages von 182,20 EUR gerichtete und damit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, 56 SGG) statthafte (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2013 – B 8 SO 4/12 R Rn. 9) und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 21.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
a) Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen im Rahmen ihrer sachlichen (§ 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 AG-SGB XII und § 1 der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII in der StädteRegion B) und örtlichen (§ 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII) Zuständigkeit getroffen. Die gemäß § 116 Abs. 2 SGB XII erforderliche Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erteilung des Widerspruchsbescheides hat stattgefunden.
b) Auch materiell-rechtlich ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Denn das SGB XII (als das für den Kläger in Ansehung seines Alters und seines Aufenthaltsstatus einschlägige Regime der Existenzsicherung) enthält keine Anspruchsgrundlage für eine zuschussweise Übernahme seiner Passbeschaffungskosten.
aa) Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 73 (S. 1) SGB XII.
Die Vorschrift verlangt eine sonstige Lebenslage, die den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigt. Dies ist der Fall bei einer sog. unbenannten Bedarfslage, welche eine gewisse Vergleichbarkeit mit den ansonsten von der Sozialhilfe abgedeckten Lebenslagen aufweist (atypische Bedarfslage). Eine unbenannte Bedarfslage liegt vor, wenn der Lebenssachverhalt weder einer der anderen in § 8 SGB XII genannten Hilfearten unterfällt, noch in den sonstigen Bereichen des (Sozial-)Rechts eine abschließende Regelung erfährt (vgl. zum Ganzen Urteil des Senats vom 23.05.2011 – L 20 AY 19/08 Rn. 31 ff. m.w.N.; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 24. Erg.-Lfg. VIII/11, K § 73 Rn. 5; ähnlich Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 73 Rn. 21; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 73 Rn. 4; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 73 Rn. 5).
Die Notwendigkeit der Beschaffung eines neuen türkischen Passes des Klägers stellte keine solche unbenannte Bedarfslage dar. Denn sie ist bereits von den in § 8 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB XII genannten Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII erfasst.
Der Kläger stand 2013 bereits im Leistungsbezug bei der Beklagten, die ihm laufend Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und damit – entsprechend der Anlage zu § 28 SGB XII – Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 gewährte (vgl. § 42 Nr. 1 SGB XII). In diesen Leistungen sind seit dem 01.01.2011 Aufwendungen für die Beschaffung bzw. Ausstellung eines deutschen Personalausweises berücksichtigt (vgl. § 5 Abs. 1 RBEG und Abteilung 12 Nr. 82 EVS-Code 1270 900, BT-Drs. 17/3404 S. 63).
Mit diesen Ausweiskosten fließt ein Bedarf in den Regelsatz ein, wie er "seiner Art nach" auch vom Kläger für seinen türkischen Pass zu decken war. Er war auf die Erneuerung seines türkischen Passes angewiesen, um seiner sich aus den §§ 3, 48 AufenthG ergebenden Passpflicht zu genügen. Für deutsche Staatsangehörige bestimmt § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (PAuswG) eine Pflicht zum Besitz eines Personalausweises. Die Gleichartigkeit dieser Ausweispflichten für Inländer und Ausländer ergibt sich aus der beiden Personengruppen gleichermaßen auferlegten Pflicht zum Besitz eines Ausweispapiers (§ 1 Abs. 1 S. 1 PAuswG, § 3 Abs. 1 AufenthG) sowie dazu, diesen Ausweis auf Verlangen vorzulegen (§ 1 Abs. 1 S. 2 PAuswG, § 48 Abs. 1 AufenthG). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist für Inländer wie Ausländer gleichermaßen bußgeldbewehrt (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 PAuswG; § 98 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 AufenthG).
Allein der Umstand, dass die Passbeschaffungskosten für den Kläger (bzw. für Ausländer wohl regelmäßig) höher sind als die Kosten für einen deutschen Personalausweises, führt nach Ansicht des Senats nicht etwa dazu, dass es sich bei den Kosten für einen Auslandspass um etwas wesentlich, "der Art nach" anderes handelt als bei den Kosten für einen Personalausweis, und dass der Anwendungsbereich von § 73 SGB XII eröffnet wäre. Ein vom Kläger gesehener Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt bei dieser Lesart der Vorschrift nicht vor. Entsprechen sich für In- und Ausländer die gesetzliche Ausweis- bzw. Passflicht und verfolgen sie dementsprechend kongruente Zwecke, und ist der damit einhergehende Beschaffungsbedarf für Ausweispapiere im Regelsatz seiner Art nach berücksichtigt, so ist die Anwendung von 73 SGB XII von vornherein verschlossen.
Der Senat setzt sich insoweit nicht etwa in Widerspruch zu seinem Urteil vom 23.05.2011 – L 20 AY 19/08 (Rn. 34 bis 36), auf das sich der Kläger jedoch stützt. Denn diese Entscheidung erging noch zur früheren, bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage. Seinerzeit waren Gebühren für die Beschaffung eines Ausweispapiers noch nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingeflossen. Hierauf hat der erkennende Senat bereits in seiner damaligen Entscheidung (a.a.O. Rn. 35) hingewiesen.
Soweit der Gesetzgeber im Leistungsregime des AsylbLG zwischen der (Personal-) Ausweispflicht für Inländer und der Passpflicht für Berechtigte nach dem AsylbLG differenziert, indem er die Kosten für einen Personalausweis für das ab dem 01.03.2015 geänderte AsylbLG aus der Kalkulation der dortigen Leistungen mit der Begründung herausgenommen hat (vgl. BT-Drs. 18/2592 S. 22 unten, ferner Schwabe, ZfF 2015 S. 49 ff. [59]), dass die Aufwendungen für die Beschaffung von Auslandspässen im Einzelfall nach § 6 AsylbLG zu übernehmen seien, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr lässt sich der Berücksichtigung von Ausweiskosten bei der Bemessung des Regelsatzes bzw. der Regelleistung (im SGB XII und SGB II) entnehmen, dass er eine individualisierte Berücksichtigung solcher Kosten im Einzelfall im Bereich des SGB XII (und des SGB II) gerade nicht wollte. Soweit nach Maßgabe des AsylbLG keine Grundleistungen nach §§ 3 ff. des Gesetzes mehr bezogen werden, sondern Leistungen entsprechend dem SGB XII nach § 2 AsylbLG, gelten im Übrigen im Bereich des AsylbLG ohnehin keine anderen Maßstäbe als im SGB XII.
Für die Lesart des Senats sprechen im Übrigen auch systematische Gründe. § 73 S. 1 SGB XII greift nicht bereits dann ein, wenn wegen Fehlens einzelner Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf sonstige im SGB XII aufgeführte Hilfen gerade nicht besteht oder dessen Rechtsfolgen als unzureichend empfunden werden. Insbesondere darf eine "sonstige Lebenslage" nicht allein deshalb angenommen werden, um die (auf die betroffene Lebenslage eigentlich zugeschnittene) Darlehensregelung des § 37 SGB XII zu umgehen (vgl. zum Ganzen auch Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 73 Rn. 22 f. m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2014 – L 2 SO 1431/14 Rn. 25; Urteil des erkennenden Senats vom 23.09.2013 – L 20 SO 279/12 Rn. 41. Soweit das Bundessozialgericht in der Vergangenheit in der vereinzelt gebliebenen Entscheidung vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R Rn. 21 ff. [zur Frage der Übernahme von Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts von Eltern mit ihren Kindern] die Anwendung von § 73 S. 1 SGB XII auch bei solchen Bedarfslagen für möglich gehalten hat, die – jedenfalls zum Teil – bereits von der Regelleistung erfasst waren, folgt der Senat dem nicht; spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 u.a. sowie der nachfolgenden Einführung von § 21 Abs. 6 SGB II ist diese Rechtsprechung ohnehin überholt).
bb) Ob eine Überprüfung des klägerischen Begehrens anhand von § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII aus prozessualen Gründen überhaupt in Betracht kommt (s.o. 1.), kann der Senat offen lassen. Denn sollte dies der Fall sein, ergäbe sich jedenfalls auch dann kein Leistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung seines neuen türkischen Passes.
(1) Denn § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII findet von vornherein nur Anwendung, wenn es um die Deckung laufender, nicht nur einmaliger Bedarfe geht.
Zwar folgt dies nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Die Vorschrift ist jedoch systematisch allein auf Fälle regelhaft wiederkehrender und nicht nur einmaliger Bedarfe zugeschnitten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 26.05.2014 – L 9 SO 474/13 Rn. 46 f.; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 27a Rn. 57 m.w.N.; Schmidt in Oestreicher u.a., SGB XII, Stand: EL 64 November 2011, § 27a Rn. 35 f.; Dauber in Mergler/Zink, SGB XII, 23. Lfg. August 2013, § 27a Rn. 34; Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 27a Rn. 86 f. m.w.N., der jedoch selbst eine andere Auffassung vertritt [s.u.]).
So hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.12.1994 – 5 C 55/92 Rn. 11 m.w.N.) bereits zur Vorgängervorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 BSHG entschieden, diese komme nur dann zur Anwendung, wenn der Hilfesuchende einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf geltend mache, welcher bei der generalisierenden Bemessung der Regelsatzleistungen nicht berücksichtigt worden sei und (weil einzelfallabhängig) auch nicht habe berücksichtigt werden können. Für § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII kann nichts anderes gelten (vgl. LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.).
Soweit insofern eingewandt wird, das SGB XII habe die Unterscheidung zwischen laufenden und einmaligen Bedarfen weitgehend aufgegeben (so Gutzler in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 27a Rn. 86 f.), leugnet dies die im Zusammenhang mit der den Regelsätzen zugrundeliegende Ansparkonzeption für einmalige Bedarfe mit § 37 Abs. 1 SGB XII eingeführte Möglichkeit, insoweit unvorhergesehene Bedarfsspitzen (nur) im Wege eines rückzahlbaren Darlehens aufzufangen (LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.). Würde § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII auch einmalige Bedarfe erfassen, entstünde ein systematischer Widerspruch; denn sowohl § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII als auch § 37 Abs. 1 SGB XII setzen einen "unabweisbaren" Bedarf voraus. Fänden beide Regelungen auf einmalige Bedarfe Anwendung, wäre nicht auszumachen, in welchen Fällen einmalige vom Regelsatz umfasste Bedarfe als leistungserhöhender Zuschuss (§ 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII) und wann lediglich als Darlehen (§ 37 Abs. 1 SGB XII) zu übernehmen wären.
Selbst wenn sich dieser Widerspruch zwischen § 37 Abs. 1 SGB XII und § 27a Abs. 4 S. 1 2. Var. SGB XII (mit Gutzler, a.a.O. Rn. 86.1) durch eine Abgrenzung danach auflösen ließe, ob eine von der in den Regelbedarfen typisierend erfassten abweichende Bedarfslage vorliegt (dann § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII) oder nicht (dann § 37 Abs. 1 SGB XII), könnte dies nicht überzeugen. Denn eine Anwendungsbeschränkung des § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII auf laufende Bedarfe erscheint ferner für eine "harmonisierenden Auslegung" zum SGB II notwendig (LSG NRW a.a.O. Rn. 47 m.w.N.). Die Parallelvorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II sieht zusätzliche zuschussweise Leistungen ausdrücklich nur bei laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfen vor. Existiert danach bei einmaligen Bedarfen im Grundsicherungsregime des SGB II nur die Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II, so kann mit Rücksicht auf Art. 3 Abs. 1 GG im Grundsicherungsregime des SGB XII nichts anderes gelten.
Soweit für die Grundsicherung nach dem SGB II erwogen wird, beim Auftreten atypischer, einmaliger Bedarfe § 21 Abs. 6 SGB II analog anzuwenden (vgl. Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 30 ff.; Behrend in jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2015, § 24 Rn. 35), erscheint fraglich, ob damit nicht die gesetzlich erkennbar aufrecht erhaltene Trennung zwischen einmaligen und laufenden Bedarfen unterlaufen und eine Regelungslücke angenommen würde, die gar nicht existiert. Das Gesetz macht zudem (durch abschließende Aufzählung in § 31 SGB XII bzw. § 24 Abs. 3 SGB II) deutlich, in welchem Umfang neben Regelsatzleistungen einmalige Bedarfe zu decken sein sollen. Einer Entscheidung hierzu bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil es sich bei den Passkosten um einen der Art nach vom Regelbedarf umfassten, mithin gerade nicht um einen atypischen Bedarf im vorgenannten Sinne handelt.
(2) Findet § 27a Abs. 4 S. 1 (2. Var.) SGB XII nur bei laufenden Bedarfen Anwendung, kann die Vorschrift dem Kläger keinen Anspruch vermitteln. Denn seine Passkosten sind ein lediglich einmaliger Bedarf.
Das Gesetz selbst definiert einmalige Bedarfe nicht. Angesichts der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 6 SGB II (vgl. BT-Drs. 17/1465 S. 9 oben; ferner Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 21 Rn. 68 m.w.N.) liegt es zumindest nahe, (auch im SGB XII) die Abgrenzung zu laufenden Bedarfen danach vorzunehmen, ob der Bedarf in einem Bewilligungszeitraum zumindest einmal auftritt. Da der Kläger Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bezieht, die gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB XII jeweils für ein Jahr bewilligt werden, und da die Passkosten ausweislich der Gültigkeitsdauer des im März 2013 tatsächlich ausgestellten Passes alle zehn Jahre anfallen, handelte es sich bei ihnen nicht um einen laufenden Bedarf. Ob die Abgrenzung stets mit Blick auf den jeweiligen Bewilligungszeitraum vorzunehmen ist, kann offen bleiben. Denn selbst bei einer Einzelfallbetrachtung unabhängig vom Bewilligungszeitraum (vgl. dazu etwa Schmidt a.a.O. Rn. 36 unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 12.12.2007 – L 12 SO 18/06) ist jedenfalls ein nur alle zehn Jahre anfallender Bedarf als (jeweils) einmalig anzusehen.
Pass- oder Personalausweisbeschaffungskosten sind auch nicht deshalb laufende Bedarfe, weil Personalausweiskosten rechnerisch mit ihrem monatlichen Anteil (d.h. bezogen auf die Regelbedarfsstufe 1 mit etwa 0,25 EUR pro Monat) in den Regelsatz eingeflossen sind. Anknüpfungspunkt ist insoweit nicht etwa ein entsprechender laufender monatlicher Ansparbedarf (der dementsprechend wegen teurerer Auslandspässe individuell höher zu bemessen wäre). Denn dem Ansparkonzept liegt nicht die Vorstellung zugrunde, dass monatlich für eine Vielzahl verschiedener Bedarfe stetig jeweils eine ebensolche Vielzahl kleinerer Beträge zurückzulegen sei. Es berücksichtigt vielmehr, dass einmalige Bedarfe jeweils nur gelegentlich anfallen; die insgesamt angesparten Mittel können dann jeweils für einen gerade entstandenen konkreten Bedarf eingesetzt werden, da andere einmalige Bedarfe regelmäßig erst zu anderen Zeiten anfallen. Leistungsberechtigte haben also in wirtschaftlicher Vorausplanung jeweils zu entscheiden, ob und für welche nicht laufend anfallenden Bedarfe sie den als Ansparbetrag im Regelsatz enthaltenen Betrag ansparen möchten. Treffen mehrere, ggf. kostenträchtigere einmalige Bedarfe doch einmal zeitlich so zusammen, dass auch bei vorausschauender Planung nicht genügend angesparte Mittel zur Verfügung stehen, kann dem durch ein Darlehen nach § 37 Abs. 1 SGB XII Rechnung getragen werden, das hernach ratenweise zu tilgen ist; insofern ist das Darlehen lediglich gleichsam ein nachgelagertes Gegenstück der Vorab-Ansparung.
c) Konnten die Passkosten des Klägers als einmaliger Bedarf nach allem nur als Darlehen gemäß § 37 Abs. 1 SGB XII übernommen werden, so dringt der Kläger auch mit dem Einwand nicht durch, er habe im Laufe seines bisherigen (zu kurzen) Leistungsbezuges den aufzuwendenden Betrag noch gar nicht ansparen können. Denn eine Bedarfsspitze kann auch deshalb bestehen, weil noch keine ausreichende Ansparzeit zur Verfügung gestanden hat; ihr kann deshalb gerade mit einem Darlehen wirksam begegnet werden. Auch hier verlagert die Rückzahlung des Darlehens das Ansparen gleichsam nur in Zeit nach der Bedarfsdeckung.
d) Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen veranlasst, namentlich nicht mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 23.07.2014 – 1 BvL 10/12 u.a. Rn. 115 ff.). Denn die Differenz zwischen den in dem Regelsatz berücksichtigten Kosten für einen Personalausweis (28,80 EUR) und den vom türkischen Konsulat dem Kläger in Rechnung gestellten Gebühren (211 EUR) ist mit 182,20 EUR zwar nicht unerheblich. Da der entsprechende Bedarf jedoch nur alle zehn Jahre anfällt, führt dies bei einer Umrechnung auf den Monat nur zu einem geringen Betrag von ca. 1,52 EUR, um den der Kläger mit höheren Kosten belastet wird als im Falle eines Personalausweises. Es liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Leistungsbezieher je nach ihrem Lebenszuschnitt unterschiedliche Einmalbedarfe haben; diese resultieren etwa aus individuellen Konsumvorlieben und -notwendigkeiten sowie aus individuellen Lebensentscheidungen, welche jeweils besondere Bedarfszuschnitte erzeugen können. Sind die höheren Kosten für den türkischen Pass des Klägers letztlich Folge seiner individuellen Lebensentscheidung, sich – ohne Einbürgerung – über einen langen Zeitraum in Deutschland niederzulassen, so sind sie lediglich individuelle Besonderheiten gerade seines Einzelfalles, so wie in anderen Einzelfällen jeweils andere individuelle Bedarfe anfallen. Die Größenordnung dieser Belastung ist so gering, dass der Kläger auf eine Deckung aus dem individuell einsetzbaren Ansparanteil der Regelleistung verwiesen werden kann (ob bei exorbitanten Gebühren, die ein anderer Staat von seinen in Deutschland lebenden Angehörigen für die Ausstellung von Pässen verlangen könnte, anders zu entscheiden wäre, kann der Senat offenlassen).
Wenn der Kläger schließlich auf Aufwendungen für eine Rechtsschutzversicherung und eine Versicherung für eine Rückführung in die Türkei nach dem Tode verweist, so führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Es handelt sich dabei um aus dem freihändig einzusetzenden Ansparbetrag aufzuwendende Ausgaben für individuelle Absicherungswünsche, die das Existenzminimum des Klägers nicht betreffen, und die deshalb dem eigenverantwortlichen Ausgabeverhalten im Rahmen des durch die existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII Ermöglichten zuzuweisen sind.
Offen lassen kann der Senat insoweit, ob ein Verweis des Klägers auf Mittel aus dem im Regelsatz enthaltenen Ansparbetrag auch schon deshalb gerechtfertigt erscheint, weil bei der Bemessung des Regelsatzes in der Abteilung 3 die Verbrauchsausgaben für Herren- und Damenbekleidung sowie für Herren- und Damenschuhe systemwidrig zusammengerechnet worden sind und deshalb ohnehin mehr als die eigentlich für das Existenzminimum notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden (nach Schwabe in ZfF 2013 S.1 ff. [5] belief sich dieser Mehrbetrag im Jahr 2013 auf monatlich 5,27 EUR).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
III. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 29.07.2015
Zuletzt verändert am: 29.07.2015